Geschäftsbericht 2008
Zu begrüßen ist auch, dass einige Hinweise der BDA zum Referentenentwurf im Gesetzentwurf berücksichtigt wurden. So wurde z. B. klargestellt, dass Unternehmen ihre Pensionsverpflichtungen auch mit einem pauschalen Zinssatz für das gesamte Unternehmen bewerten dürfen. Dadurch konnte zusätzlicher Aufwand vermieden werden, der durch die Zugrundelegung eines laufzeitadäquaten Zinssatzes für jede einzelne Betriebsrentenanwartschaft entstanden wäre. Wenn aber eine steuerrechtliche Flankierung der Bilanzreform ausbleibt, wird das zu einem Auseinanderfallen von steuer- und handelsbilanzieller Bewertung von Pensionsverpflichtungen führen, so dass die Unternehmen regelmäßig ihre Pensionsverpflichtungen zweimal gutachterlich bewerten lassen müssen. Nach derzeitigem Handelsbilanzrecht ist die Bewertung nach steuerrechtlichen Vorschriften ausreichend. Die zusätzliche bürokratische Belastung der Unternehmen wird auch im Gesetzentwurf eingeräumt, allerdings liegt die Schätzung der Mehrkosten mit ca. 50 Mio. € im Jahr deutlich zu niedrig. Realistischer sind hingegen Kostensteigerungen um das Zwei- bis Dreifache pro Jahr. Dabei vermögen die in der Vergangenheit angeführten fiskalischen Argumente, denen zufolge erhebliche Steuerausfälle zu befürchten sind, wenn auch in der Steuerbilanz eine Bewertung der Pensionsverpflichtungen nach marktüblichem Zinssatz erfolgt, nicht zu überzeugen. Zum einen würde der zusätzliche Rückstellungsbedarf nicht zu endgültigen Steuerausfällen führen, sondern lediglich zu Steuerstundungen, da die Rückstellungen bei Betriebsrentenauszahlung wieder gewinnerhöhend aufgelöst werden müssen. Zum anderen ließen sich die mittelfristigen fiskalischen Auswirkungen durch eine angemessene Übergangsregelung nahezu auf null minimieren. Die steuerliche Berücksichtigung der tatsächlichen Belastung der Unternehmen durch Pensionsverpflichtungen entspräche zudem dem Prinzip der Besteuerung nach der Leistungsfähigkeit, wonach eine erhöhte Belastung auch die Besteuerungsgrundlage vermindert. Die BDA hat zu diesen Themen den kompakt „Betriebliche Altersvorsorge“ veröffentlicht. Belastungen durch Solvency II vermeiden Derzeit wird zwischen dem Europäischen Parlament (EP), der EU-Kommission und den EU-Finanzministern ein Richtlinienvorschlag der EU- Kommission vom 26. Februar 2008 zur Aufnahme und Ausübung der Versicherungstätigkeit (Solvency II) beraten. Im Zentrum des Vorschlages stehen neue Eigenkapitalvorschriften für Versicherungsunternehmen (Solvabilitätsvorschriften) sowie Regelungen zum Risikomanagement und zu Berichtspflichten. Erfreulicherweise haben sowohl die EU-Finanzminister in ihrer Sitzung am 2. Dezember 2008 als auch zuvor der zuständige EP-Ausschuss für Wirtschaft und Währung (ECON-Ausschuss) am 7. Oktober 2008 beschlossen, dass Einrichtungen der betrieblichen Altersvorsorge vom Anwendungsbereich der geplanten Richtlinie ausgenommen werden sollen. Für diese Beschlüsse haben sich die BDA und BUSINESS- EUROPE intensiv und mit Erfolg eingesetzt. Eine Anwendung der geplanten Richtlinie auf Pensionskassen und Pensionsfonds – wie derzeit noch im Kommissionsvorschlag vorgesehen – würde der betrieblichen Altersvorsorge erheblichen Schaden zufügen. Denn im Gegensatz zum bisherigen europäischen Aufsichtsregime Solvency I soll sich die Eigenkapitalausstattung nicht nur am Volumen des Geschäfts orientieren, sondern darüber hinaus stärker am Marktrisiko. Diese Anforderung ist für Versicherungsunternehmen durchaus nachvollziehbar, nicht hingegen für Einrichtungen der betrieblichen Altersvorsorge, die aufgrund der bis zu 30 % höheren Eigenkapitalanforderungen deutlich verteuert und zudem durch umfangreiche zusätzliche Berichtspflichten belastet würden. Das zusätzliche Eigenkapital könnten diese Einrichtungen entweder nur durch Leistungskürzungen zu Lasten der Betriebsrentner oder durch höhere Beiträge der Trägerunternehmen aufbringen. Auch wenn der Beschluss des ECON-Ausschusses zu begrüßen ist, ist die Gefahr einer Anwendung von Solvency II auf Einrichtungen der betrieblichen Altersvorsorge noch nicht gebannt. Deshalb wird die BDA in den anstehenden Beratungen weiter darauf hinwirken, dass keine Verschärfungen für die betriebliche Altersvorsorge beschlossen werden. BDA | Geschäftsbericht 2008 | Soziale Sicherung 33
Anwendung von Solvency II würde Pensionskassen und Pensionsfonds mit zusätzlicher Bürokratie belasten Solvency II beruht auf einem 3-Säulen-Konzept, dessen 2. und 3. Säule bereits teilweise heute schon Anwendung auf Einrichtungen der betrieblichen Altersvorsorge (Pensionskassen und -fonds) finden: 1. Eigenkapitalanforderung: strengere Anforderung an die Eigenkapitalausstattung (Solvabilität) für Versicherer, stärkere Einbeziehung von Marktrisiken der Kapitalanlagen und striktere Anforderungen an versicherungsmathematische Rückstellungen 2. Aufsichtsrecht: neue Anforderungen an Risikobestimmung und -management, Verpflichtung der Versicherer zur Einrichtung von internen Steuerungs- und Kontrollsystemen und einer internen Revision 3. Berichtswesen: erweiterte Veröffentlichungspflichten gegenüber der Aufsicht und der Öffentlichkeit insbesondere zum Risikomanagement und der Unternehmensstrategie Der überwiegende Teil der neuen Vorschriften (insbesondere die 1. Säule) soll bis zum 31. Oktober 2012 in nationales Recht umgesetzt werden. Derzeit würde auch die 1. Säule von Solvency II aufgrund eines Verweises in der Pensionsfondsrichtlinie für Einrichtungen der betrieblichen Altersvorsorge gelten. Gesetzliche Krankenversicherung: Beitragssatzanhebung auf 15,5 % ist ein gesundheitspolitischer Offenbarungseid Die große Koalition ist zu Beginn der Legislaturperiode mit der Zusage angetreten, den Beitragssatz in der gesetzlichen Krankenversicherung „mindestens stabil zu halten und möglichst zu senken“ (Koalitionsvertrag vom 11. November 2005). Passiert ist jedoch das genaue Gegenteil. Lag der durchschnittliche Beitragssatz zu Beginn der Legislaturperiode noch bei 14,2 %, wird für die Absicherung des Krankheitsrisikos ab 1. Januar 2009 der Rekordbeitragssatz von 15,5 % fällig. Das ist ein gesundheitspolitischer Offenbarungseid. Allein in den Jahren 2006 und 2007 haben sich die Gesamtausgaben der gesetzlichen Krankenversicherung um 10 Mrd. € erhöht, während die übrigen Sozialleistungen um 5 Mrd. € zurückgingen. Im deutschen Sozialstaat ist die gesetzliche Krankenversicherung damit inzwischen der mit Abstand größte Kostentreiber. Statt die Herausforderungen und Probleme, vor denen das deutsche Gesundheitswesen steht, endlich mittels durchgreifender Strukturreformen auf der Finanzierungs- und Leistungsseite zu lösen, hat die Bundesregierung lediglich beschlossen, im kommenden Jahr zusätzliches Geld in das Gesundheitssystem zu geben. Herausgekommen ist das teuerste sozialpolitische Paket der gesamten Legislaturperiode: Nach Schätzungen des Bundesgesundheitsministeriums werden die Kran- 34 BDA | Geschäftsbericht 2008 | Soziale Sicherung
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Solvency II beruht auf einem 3-Säulen-Konzept, dessen 2. und 3. Säule bereits teilweise heute schon<br />
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1. Eigenkapitalanforderung: strengere Anforderung an die Eigenkapitalausstattung (Solvabilität) für<br />
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an versicherungsmathematische Rückstellungen<br />
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Versicherer zur Einrichtung von internen Steuerungs- und Kontrollsystemen und einer internen Revision<br />
3. Berichtswesen: erweiterte Veröffentlichungspflichten gegenüber der Aufsicht und der Öffentlichkeit<br />
insbesondere zum Risikomanagement und der Unternehmensstrategie<br />
Der überwiegende Teil der neuen Vorschriften (insbesondere die 1. Säule) soll bis zum 31. Oktober 2012<br />
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Gesetzliche Krankenversicherung:<br />
Beitragssatzanhebung auf 15,5 %<br />
ist ein gesundheitspolitischer<br />
Offenbarungseid<br />
Die große Koalition ist zu Beginn der Legislaturperiode<br />
mit der Zusage angetreten, den Beitragssatz<br />
in der gesetzlichen Krankenversicherung „mindestens<br />
stabil zu halten und möglichst zu senken“<br />
(Koalitionsvertrag vom 11. November 2005). Passiert<br />
ist jedoch das genaue Gegenteil.<br />
Lag der durchschnittliche Beitragssatz zu<br />
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1. Januar 2009 der Rekordbeitragssatz von 15,5 %<br />
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Allein in den Jahren 2006 und 2007 haben<br />
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Krankenversicherung um 10 Mrd. € erhöht, während<br />
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Im deutschen Sozialstaat ist die gesetzliche<br />
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Statt die Herausforderungen und Probleme,<br />
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endlich mittels durchgreifender Strukturreformen<br />
auf der Finanzierungs- und Leistungsseite zu lösen,<br />
hat die Bundesregierung lediglich beschlossen,<br />
im kommenden Jahr zusätzliches Geld in das<br />
Gesundheitssystem zu geben. Herausgekommen<br />
ist das teuerste sozialpolitische Paket der gesamten<br />
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Bundesgesundheitsministeriums werden die Kran-<br />
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