Geschäftsbericht 2008
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Zur Einhaltung des 40 %-Ziels müssen jedoch<br />
dringend weitere Schritte unternommen werden.<br />
Die Senkung des Beitragssatzes zur Arbeitslosenversicherung<br />
um 0,5 Prozentpunkte zum 1. Januar<br />
2009 für 18 Monate (ab 1. Juli 2010 nur noch um<br />
0,3 Prozentpunkte) reicht unter dem Strich nicht<br />
aus, die gleichzeitig stattfindende Erhöhung des<br />
einheitlichen Beitragssatzes zur gesetzlichen Krankenversicherung<br />
um 0,6 Prozentpunkte sowie die<br />
bereits zur Jahresmitte <strong>2008</strong> wirksam gewordene<br />
Beitragssatzanhebung in der Pflegeversicherung<br />
um 0,25 Prozentpunkte zu kompensieren. Sowohl<br />
in der Kranken- wie in der Pflegeversicherung<br />
bedarf es grundsätzlicher struktureller Reformen.<br />
Dazu zählen in beiden Versicherungszweigen die<br />
Abkoppelung der Finanzierung vom Arbeitsverhältnis,<br />
ein wirksamer Wettbewerb, eine stärkere<br />
Eigenbeteiligung und insbesondere in der Pflegeversicherung<br />
der Aufbau von Kapitaldeckung. In<br />
der Rentenversicherung kann der Beitragssatz ab<br />
2009 von 19,9 auf 19,6 % reduziert werden, ohne<br />
dass dafür auf die Rentenrücklagen zurückgegriffen<br />
werden müsste.<br />
Gesetzliche Rentenversicherung:<br />
Mehrausgaben durch<br />
Sonder-Rentenerhöhung<br />
Das am 1. Juli <strong>2008</strong> in Kraft getretene „Gesetz zur<br />
Rentenanpassung <strong>2008</strong>“ sieht vor, die sog. Riester-<br />
Treppe, welche die finanziellen Belastungen der<br />
Erwerbstätigen aus der zusätzlichen privaten Altersvorsorge<br />
auf die Rentner überträgt und deshalb<br />
den Rentenanstieg pro Jahr um gut 0,6 Prozentpunkte<br />
dämpft, in diesem und im nächsten Jahr<br />
auszusetzen und erst in den Jahren 2012 und<br />
2013 nachzuholen. Dadurch stiegen die Renten<br />
zur Jahresmitte <strong>2008</strong> um 1,1 statt um 0,5 %, und<br />
auch zum 1. Juli 2009 wird der aktuelle Rentenwert<br />
nochmals außerordentlich angehoben. Damit<br />
sollen die Rentner – so die Begründung der Bundesregierung<br />
– „angemessen“ am Wirtschaftsaufschwung<br />
beteiligt werden.<br />
Der beschlossene Eingriff in die Rentenformel<br />
öffnet einer Rentenpolitik nach Wahlterminen und<br />
Kassenlage Tür und Tor. Das Abweichen von der<br />
gesetzlichen Rentenformel sendet die Botschaft,<br />
dass die Rentenhöhe weniger von klaren Regeln<br />
als von politischer Opportunität abhängt. Wer zur<br />
Finanzierung zusätzlicher Rentenanpassungen<br />
kurzfristig in die Rentenformel eingreift, darf sich<br />
nicht wundern, wenn bei künftigen Rentenanpassungen<br />
erneut eine zusätzliche Anhebung gefordert<br />
wird.<br />
Für die Kosten der geplanten zusätzlichen<br />
Rentenleistungen – rund 12 Mrd. € in den Jahren<br />
<strong>2008</strong> bis 2013 im Bereich der gesetzlichen Rentenversicherung<br />
– müssen vor allem die Beitragszahler<br />
aufkommen. So werden die Beitragssätze<br />
nicht wie geplant in den nächsten Jahren sinken.<br />
Die Folge sind höhere Personalzusatzkosten für<br />
die Arbeitgeber und weniger Netto für die Beschäftigten.<br />
Mit den zusätzlichen Rentenerhöhungen <strong>2008</strong><br />
und 2009 führt die Koalition ihre eigene Rentenpolitik<br />
ad absurdum: Das mit der „Rente mit 67“<br />
verfolgte Ziel, die nachhaltige Finanzierbarkeit der<br />
Rentenversicherung zu verbessern, wird durch<br />
den beschlossenen Eingriff konterkariert. Bis zum<br />
Jahr 2020 sind die aus dem Eingriff in die Rentenanpassungsformel<br />
resultierenden Belastungen<br />
größer als die Entlastungen, die mit der schrittweisen<br />
Anhebung des gesetzlichen Renteneintrittsalters<br />
verbunden sind.<br />
Die zusätzlichen Rentenleistungen in den<br />
Jahren <strong>2008</strong> bis 2013 führen zu einer einseitigen<br />
Besserstellung der heutigen Rentner zu Lasten<br />
der heutigen Beitragszahler: Sie müssen mit höheren<br />
Beiträgen dafür aufkommen, dass die heutigen<br />
Rentner zusätzliche Leistungen erhalten,<br />
werden dafür aber selber keine zusätzlichen Anwartschaften<br />
erwerben, weil das langfristige Rentenniveau<br />
durch die jetzt geplanten zwischenzeitlichen<br />
Rentenerhöhungen nicht verändert wird.<br />
Es ist schwer begreiflich, warum die Jüngeren<br />
angesichts des derzeitigen gesetzlichen Rentenniveaus<br />
von rund 50 % über mehrere Jahre hinweg<br />
höhere Rentenleistungen finanzieren sollen,<br />
obwohl bei ihrem Renteneintritt das Rentenniveau<br />
unvermeidlich deutlich niedriger liegen wird (46 %<br />
im Jahr 2020 und 43 % im Jahr 2030 nach letzten<br />
Vorausberechnungen).<br />
Der Fall zeigt erneut: Finanzielle Rücklagen<br />
verführen zu Leistungsausweitungen, denn sie<br />
ermöglichen, kurzfristig höhere Leistungen ohne<br />
28 BDA | <strong>Geschäftsbericht</strong> <strong>2008</strong> | Soziale Sicherung