Geschäftsbericht 2008
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Arbeitszeitrichtlinie: vernünftiger<br />
Kompromiss durch EP gefährdet<br />
Nach jahrelangem Tauziehen, insbesondere um<br />
die Qualität von Bereitschaftsdiensten (Arbeitszeit<br />
oder nicht?), ist es dem Sozialministerrat im Juni<br />
<strong>2008</strong> gelungen, eine politische Einigung zur Arbeitszeitrichtlinie<br />
zu erzielen. Bei den Beratungen<br />
der Arbeits- und Sozialminister hat sich letztlich<br />
eine pragmatische Linie durchgesetzt, die die Notwendigkeit<br />
von mehr Flexibilität für Unternehmen<br />
bei der Gestaltung der Arbeitszeit anerkennt. Nur<br />
aktiver Einsatz während eines Bereitschaftsdienstes<br />
soll als Arbeitszeit gelten, nicht aber tatsächliche<br />
Ruhezeiten während der Bereitschaft. Sollte<br />
diese Lösung, auf die der Rat sich geeinigt hat,<br />
auch vom EP in zweiter Lesung bestätigt werden,<br />
so wäre das sehr positiv für die Beschäftigung in<br />
Deutschland und Europa.<br />
Die BDA hatte seit langem gefordert, den Weg<br />
für eine Revision der Arbeitszeitrichtlinie freizumachen,<br />
um die kostenträchtigen Auswirkungen der<br />
Rechtsprechung des EuGH in den Rechtssachen<br />
„Simap“ und „Jaeger“ zu korrigieren. Mit dem im<br />
Rat verabschiedeten Kompromiss, wonach die inaktive<br />
Zeit des Bereitschaftsdienstes nicht mehr<br />
als Arbeitszeit zählt, ist diese Forderung endlich<br />
erfüllt worden. Wenn es dem Rat gelingt, auch das<br />
Europäische Parlament zu überzeugen – wozu<br />
es noch erheblicher Anstrengungen bedarf –,<br />
dann eröffnet sich für den deutschen Gesetzgeber<br />
die Chance für eine Regelung, nach der inaktive<br />
Zeiten während des Bereitschaftsdienstes<br />
nicht mehr als Arbeitszeit zählen. Dies wäre ein<br />
wichtiger Beitrag für mehr Arbeitszeitflexibilität,<br />
z. B. bei Feuerwehrleuten und in Krankenhäusern.<br />
Der Sozialministerrat hat zu Recht der Versuchung<br />
widerstanden, die Fortschritte bei der<br />
Korrektur des Bereitschaftsdienstes durch neue<br />
Beschränkungen bei der Arbeitszeitgestaltung zu<br />
konterkarieren. Die „Opt-out“-Regelung zur Abweichung<br />
von der wöchentlichen Höchstarbeitszeit<br />
wird unbefristet beibehalten. Diese Regelung<br />
hilft vor allem kleinen und mittleren Unternehmen,<br />
Auftragsschwankungen auszugleichen und Beschäftigung<br />
zu sichern, und entspricht einer Forderung<br />
der BDA. Deshalb darf die Anwendung des<br />
„Opt-out“ auch nicht durch zusätzliche Vorgaben<br />
unnötig verkompliziert werden. Die Einigung im<br />
Rat bei der Arbeitszeitrichtlinie ist auch eine Folge<br />
der Beharrlichkeit der Wirtschaft. Immer wieder<br />
hatte die BDA die Notwendigkeit der Korrekturen<br />
beim Bereitschaftsdienst und die Beibehaltung der<br />
„Opt-out“-Regelung angemahnt und davon auch<br />
die Bundesregierung überzeugt.<br />
Entwarnung kann jedoch noch nicht gegeben<br />
werden. Das Europäische Parlament kann<br />
den Kompromiss in zweiter Lesung wieder kippen.<br />
Die sehr heftigen Reaktionen aus den linken<br />
Fraktionen des Europäischen Parlaments und der<br />
Gewerkschaften lassen schwierige Auseinandersetzungen<br />
im weiteren Gesetzgebungsverfahren<br />
befürchten, entsprechend konfliktreich gestalten<br />
sich jetzt auch die laufenden Beratungen im<br />
Europäischen Parlament. Der Beschäftigungsausschuss<br />
im EP hat einen Empfehlungsentwurf<br />
für die zweite Lesung verabschiedet, der klar in<br />
Widerspruch zum gemeinsamen Standpunkt des<br />
Rates steht. Der gesamte Bereitschaftsdienst wird<br />
danach als Arbeitszeit angesehen. Die „Opt-out“-<br />
Regelung soll nach einem Übergangszeitraum<br />
von drei Jahren auslaufen. Wenn sich das Plenum<br />
des Europäischen Parlaments nicht eines Besseren<br />
besinnt, wird der mühsam errungene Ratskompromiss<br />
wieder komplett in Frage gestellt.<br />
Dabei sind nach der überfälligen Einigung im Rat<br />
alle EU-Institutionen aufgefordert, das Gesetzgebungsverfahren<br />
zügig abzuschließen. Die BDA ist<br />
in engem Kontakt mit deutschen Abgeordneten,<br />
um sie von der Angemessenheit des Ratskompromisses<br />
zu überzeugen.<br />
Die BDA hat zu diesem Thema den kompakt<br />
„EU-Arbeitszeitrichtlinie“ veröffentlicht.<br />
Bessere Rechtsetzung muss<br />
konsequent weiterverfolgt werden<br />
Die Verringerung der Verwaltungslasten in den<br />
Unternehmen ist ein wichtiges Ziel, das die EU-<br />
Kommission im Rahmen ihrer Strategie zur Schaffung<br />
einer besseren Rechtsetzung verfolgt. Die<br />
hierdurch entstehenden Kosten sollen bis 2012<br />
um 25 % verringert werden.<br />
Die EU-Kommission hat eine Onlinekonsultation<br />
gestartet, um die Unternehmen unmittelbar<br />
in den Abbauprozess einzubinden. Um die Forderungen<br />
der Wirtschaft hinsichtlich besserer Recht-<br />
BDA | <strong>Geschäftsbericht</strong> <strong>2008</strong> | Europa und Internationales 127