Geschäftsbericht 2008
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Wie die Wirtschaft übt glücklicherweise auch<br />
die Bundesregierung substanzielle Kritik an dem<br />
Richtlinienvorschlag und stellt in Frage, ob weitere<br />
Rechtsvorschriften zur Antidiskriminierung auf<br />
europäischer Ebene überhaupt erforderlich sind.<br />
Da diese Richtlinie im Ministerrat dem Prinzip der<br />
Einstimmigkeit unterliegt, wäre es für Deutschland<br />
möglich, diesen Richtlinienvorschlag auch alleine<br />
zu blockieren. Jetzt ist aber zunächst die Kommission<br />
durch den Ministerrat aufgefordert, „noch offene<br />
Fragen“ zu klären.<br />
Ausweitung des Mutterschutzes<br />
bringt unnötige Mehrbelastung<br />
für deutsche Arbeitgeber<br />
Im Oktober <strong>2008</strong> hat die EU-Kommission einen<br />
Vorschlag zur Revision der Mutterschutzrichtlinie<br />
(92/85/EWG) vorgelegt. Der Kommissionsvorschlag<br />
ist Teil eines Pakets verschiedener Initiativen<br />
zur Vereinbarkeit von Berufs-, Privat- und<br />
Familienleben und sieht eine Aktualisierung und<br />
Ausweitung der bestehenden EU-Rechtsvorschriften<br />
vor.<br />
Das grundsätzliche Ziel der Kommission, die<br />
Vereinbarkeit von Familie und Beruf zu verbessern,<br />
wird von den Arbeitgebern voll unterstützt.<br />
Der Weg dorthin ist allerdings falsch. Erstens hat<br />
die Kommission als Rechtsgrundlage für die Mutterschutzrichtlinie<br />
den Gesundheitsschutz und die<br />
Sicherheit bei der Arbeit gewählt: Aus rein gesundheitlichen<br />
Erwägungen jedoch ist eine Verlängerung<br />
der Mutterschutzfrist von 14 auf 18 Wochen<br />
nicht erforderlich. Zweitens liegen die Gründe für<br />
eine späte Rückkehr vieler Frauen in den Beruf<br />
ganz eindeutig in mangelnden Betreuungsmöglichkeiten<br />
für Kinder unter drei Jahren. Hier kann eine<br />
Mutterschutzrichtlinie nichts bewirken. Nur der<br />
Ausbau der Krippeninfrastruktur würde maßgeblich<br />
zum schnelleren beruflichen Wiedereinstieg<br />
von Müttern beitragen. Und schließlich würden die<br />
Vorschläge der Kommission besonders in Deutschland<br />
zu erheblichen zusätzlichen Kosten für die<br />
Unternehmen führen: Denn in Deutschland tragen,<br />
anders als in den meisten Mitgliedstaaten der Europäischen<br />
Union, die Arbeitgeber die Hauptlast<br />
der Finanzierung der Mutter. Bereits heute entstehen<br />
den deutschen Betrieben jährlich Kosten in<br />
Höhe von 1,6 Mrd. €. Durch eine Verlängerung der<br />
Mutterschutzfrist von 14 auf 18 Wochen würden<br />
die Lohnzusatzkosten um weitere rund 500 Mio. €<br />
im Jahr steigen. Vor diesem Hintergrund plädiert<br />
die Wirtschaft dafür, von einer Revision der Richtlinie<br />
abzusehen. Die EU ist ohnehin verpflichtet,<br />
beim Gesundheitsschutz entsprechend den Bestimmungen<br />
des EG-Vertrages Mindeststandards<br />
festzusetzen, und dies ist mit der bestehenden<br />
Mutterschutzrichtlinie ausreichend gewährleistet.<br />
Zeitarbeit: kein Änderungsbedarf<br />
in Deutschland durch<br />
EU-Richtlinie<br />
Im „Paket“ mit der Arbeitszeitrichtlinie ist beim Sozialministerrat<br />
im Juni <strong>2008</strong> die Zeitarbeitsrichtlinie<br />
verhandelt worden, die ebenfalls jahrelang blockiert<br />
war. Insbesondere Großbritannien hatte den<br />
darin vorgesehenen Gleichbehandlungsgrundsatz<br />
abgelehnt. Erst nachdem die britische Regierung<br />
im Mai <strong>2008</strong> mit dem britischen Arbeitgeberverband<br />
CBI und dem britischen Gewerkschaftsbund<br />
TUC eine Vereinbarung zur Zeitarbeit abgeschlossen<br />
hatte, wonach der Gleichbehandlungsgrundsatz<br />
für Zeitarbeitnehmer in Großbritannien ab<br />
einer Beschäftigungsdauer von zwölf Wochen gelten<br />
soll, war Großbritannien auch auf europäischer<br />
Ebene zu Zugeständnissen bereit. Das Europäische<br />
Parlament hat das „Paket“ aus Zeitarbeitsrichtlinie<br />
und Arbeitszeitrichtlinie aufgeschnürt und<br />
im Oktober den Ratskompromiss zur Zeitarbeitsrichtlinie<br />
ohne Abänderungen gebilligt. Damit ist<br />
die Zeitarbeitsrichtlinie in der Fassung des Ratskompromisses<br />
verabschiedet. Nach Veröffentlichung<br />
im Amtsblatt haben die Mitgliedstaaten drei<br />
Jahre Zeit, die Richtlinie in nationales Recht umzusetzen.<br />
Zentraler Punkt der Zeitarbeitsrichtlinie<br />
ist der Grundsatz, wonach ein Zeitarbeitnehmer<br />
grundsätzlich wie ein vergleichbarer Arbeitnehmer<br />
des Entleihbetriebs behandelt werden muss.<br />
Die Möglichkeit, durch tarifvertragliche Vereinbarungen<br />
von diesem Grundsatz abzuweichen, sieht<br />
auch die Richtlinie unverändert vor. Hiervon haben<br />
die Tarifvertragsparteien in Deutschland verantwortungsvoll<br />
Gebrauch gemacht. Die Zeitarbeitsrichtlinie<br />
führt damit zu keinem Änderungsbedarf<br />
im deutschen Recht. Mit diesem klaren Votum zur<br />
Zeitarbeit ist ein stabiler rechtlicher Rahmen für<br />
die Entfaltung des Jobmotors Zeitarbeit auch von<br />
europäischer Ebene erzielt worden.<br />
BDA | <strong>Geschäftsbericht</strong> <strong>2008</strong> | Europa und Internationales 125