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Ostern ist nicht Friede, Freude, Eierkuchen, auch wenn Ostereier ...

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P. Johannes Kleene OP<br />

Predigt <strong>Ostern</strong>acht 2009 St. Bonifaz<br />

<strong>Ostern</strong> <strong>ist</strong> <strong>nicht</strong> <strong>Friede</strong>, <strong>Freude</strong>, <strong>Eierkuchen</strong>, <strong>auch</strong> <strong>wenn</strong> <strong>Ostereier</strong>, Schokohäschen und grünes<br />

Plastikgras den Eindruck erwecken wollen.<br />

<strong>Ostern</strong> <strong>ist</strong> ein kerniges und ein sehr ehrliches Fest. Ein Fest, das die Welt so nimmt, wie sie<br />

<strong>ist</strong>. Aber Hoffnung in sie hineinträgt.<br />

<strong>Ostern</strong> <strong>ist</strong> ein Fest auf den Gräbern. <strong>Ostern</strong> gibt eine Antwort auf die schrecklichen Dinge,<br />

die Menschen erleben müssen Tag für Tag, auf die Lieblosigkeiten, Kälte, Ungerechtigkeit,<br />

bis hin zu Hass, Gewalt und Rache.<br />

Diese Scheußlichkeiten haben wir in dieser Woche, in dieser Karwoche, weder verdeckt noch<br />

verniedlicht.<br />

Der gekreuzigte Jesus vom Karfreitag, der <strong>ist</strong> ja so ein Mißhandelter und Gequälter, einer<br />

von den Opfern. Und <strong>wenn</strong> eine Welt selbst den Gottessohn tötet, also jemanden, der absolut<br />

gut <strong>ist</strong>, dem man <strong>nicht</strong>s, absolut gar <strong>nicht</strong>s vorwerfen kann, dann <strong>ist</strong> sie durch <strong>nicht</strong>s zu<br />

beschönigen oder zu verniedlichen.<br />

Diese Welt <strong>ist</strong> <strong>nicht</strong> das Paradies. Und mit Osterkitsch, mit dem kann ich darum <strong>nicht</strong> viel<br />

anfangen.<br />

<strong>Ostern</strong> geht es um Leben und Tod. Um Ringen, um Kämpfen – und oft genug hat dieser<br />

Kampf kein Happy-End. Aber diesmal <strong>ist</strong> es anders.<br />

Chr<strong>ist</strong>us hat es gewagt, den Kampf mit der Gewalt aufzunehmen, er hat sich hineinbegeben<br />

in den Rausch der Grausamkeit. Er hat sich aber bis zum Ende zu keinem bösen Wort provozieren<br />

lassen, er hat sogar seinen Peinigern am Ende noch verziehen. Er hat erklärt: „Eure<br />

Grausamkeit <strong>ist</strong> gerade <strong>nicht</strong> die meine. Was ihr euch an Grausamkeit ausgedacht und ausgeheckt<br />

habt, beantworte ich mit Liebe und Vergebung.“ Die Gewalt konnte machen was sie<br />

wollte, Chr<strong>ist</strong>us hat ihr den Spaß verdorben. Und schließlich hat sie sich an ihm zu Tode getobt.<br />

Es hat sich ausgetobt.<br />

Und damit noch <strong>nicht</strong> genug – <strong>wenn</strong> Gott etwas macht, dann macht er es gründlich. Die Osterikonen<br />

der orthodoxen Kirche erzählen davon. Er <strong>ist</strong> „hinabgestiegen in das Reich des Todes“.<br />

Und wie die Väter deuten: Er hat sich so unerkannt in das gegnerische System eingeschlichen<br />

– als Toter.<br />

Und zum Schrecken des Herrschers des Todes konnte er dann das Reich des Todes von innen<br />

her öffnen.<br />

Die Radikalität seiner Liebe <strong>ist</strong> der Schlüssel, der die Tore öffnet. Die Liebe dessen, der als<br />

Gott Mensch wurde, um sterben zu können, sie hat die Kraft, die Tür zu öffnen. So vollendet<br />

er den letzten Akt der Liebe. Durch sein Sterben nimmt er Adam, nimmt er die wartenden<br />

Menschen an die Hand und führt sie ans Licht.


2<br />

Wähnten sich Gewalt und Tod vorher noch als Sieger, so hat Gott ihnen gezeigt, wer der eigentliche<br />

Sieger <strong>ist</strong>, wer recht hat und wer <strong>nicht</strong>, wer die Deutungshoheit hat und wer zuletzt<br />

lacht.<br />

Denn echte Liebe <strong>ist</strong> <strong>nicht</strong> billig. Sie kann <strong>auch</strong> streng sein. Sie le<strong>ist</strong>et dem Bösen Widerstand,<br />

um dem Menschen das wirklich Gute zu bringen.<br />

Wir werfen Gott oft vor, dass er zu allem schweigt, dass er mit einer viel zu großen Geduld<br />

dem Bösen freien Lauf lässt. An diesem Punkt aber hat er endlich einmal radikal eingegriffen<br />

und ein Stück Welt und Schöpfung saniert. Er hat den, den sie zermürben und zermartern<br />

wollten, auferstehen lassen.<br />

Und ab da hat sie begonnen, die fortwährende Verwandlung. Die Welt wird saniert bis in die<br />

kleinste Ritze hinein. Gewalt wird in Liebe transformiert, Stück für Stück, Und so wird still<br />

und manchmal unmerklich Tod in Leben verwandelt.<br />

Das <strong>ist</strong> so, wie <strong>wenn</strong> sich ein Teelicht sanft aber sicher und bestimmt in der Dunkelheit<br />

durchsetzt und sie besiegt. Oder wie <strong>wenn</strong> beim Dominospiel der erste Stein fällt und eine<br />

Kettenreaktion auslöst, die <strong>nicht</strong> mehr aufzuhalten <strong>ist</strong>. Die Welt wird geduldig, aber sicher<br />

umgeformt.<br />

Der Tod mag uns noch für eine kurze Zeit fesseln und in seinen Vorstufen quälen. Und er<br />

mag uns einreden wollen, alles sei so geblieben, wie es war, dunkel und düst. Und doch <strong>ist</strong><br />

seit diesen Tagen in Jerusalem eben <strong>nicht</strong>s mehr wie es war. Da <strong>ist</strong> etwas auf den Punkt gekommen.<br />

Der überwältigende, <strong>nicht</strong> mehr endende Sonnenaufgang hat begonnen, der mit<br />

seinem Licht alles in ein neues Licht t<strong>auch</strong>t und verwandelt.<br />

Und <strong>auch</strong>, <strong>wenn</strong> wir uns mitsamt der ganzen Schöpfung immer noch quälen müssen, wie ein<br />

Küken sich aus dem Ei quälen muss, der Domino-Effekt <strong>ist</strong> eingetreten, der Stein, der Grabstein<br />

<strong>ist</strong> ins Rollen gekommen. Das Grab <strong>ist</strong> leer. Die Liebe lässt sich <strong>nicht</strong> töten. Auf Dauer<br />

kann uns der Tod <strong>nicht</strong> mehr festhalten.<br />

Zu <strong>Ostern</strong> darf sich das Leben also selbst übermütig feiern. Gott <strong>ist</strong> Sieger. Halleluja.<br />

Amen.

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