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BOGART 23 (BeOurGuestARTist)

Das Gießener Mitmachmagazin für Creative - Aktuelles und Zeitloses aus Kunst, Kultur und Comic

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BE OUR<br />

GUEST,<br />

ARTIST!<br />

<strong>BOGART</strong><br />

<strong>23</strong> / 2015 März | April | Mai | 8. Jahrgang € 3,90<br />

Aktuelles les und Zeitloses aus Kunst, Kultur & Comic<br />

Sergej Oster (Wetzlar) – Aquarellstift auf Papier 30 x 40 cm<br />

MARKUS LÜPERTZ:<br />

Malergenie jazzte<br />

Gießener Kulturszene<br />

MONIKA LUTZ:<br />

Subtile Anspielungen<br />

auf das Tierleben<br />

JOCHEN SCHAUDIG<br />

"Gießener Schule"<br />

prägte seine Cartoons<br />

DAS GIESSENER MITMACHMAGAZIN FÜR CREATIVE


Markus Lüpertz: Farbserigraphie "Konzert in Gießen" (galerieroy.de)


INHALT<br />

EDITORIAL<br />

mal ernsthaft<br />

mal rätselhaft<br />

mal augenzwinkernd<br />

KUNST – KULTUR<br />

INSIDE <strong>BOGART</strong>: Rückblick · Einblick · Ausblick<br />

MARKUS LÜPERTZ: Kunstikone jazzt das Liebigcenter<br />

PIA GAMBART: Ihre Fabelwesen inspirieren Literaten<br />

MARTIN KALBFLEISCH: Mit 80 noch bon & apart<br />

MONIKA LUTZ: Subtile Anspielungen<br />

ANDREAS REH: Einzigartige Porträts auf Glasplatte<br />

FRANK MAESSIG: Gemälde von "Rock bis Rokoko"<br />

POPCORNER: Remmi-Demmi um Motörhead Lemmy<br />

"GRÜNER KAKTUS": Blick zurück auf Kabarett-Ära<br />

URBAN GLAMOUR: 3STEPS ante portas SCHIRN<br />

<strong>BOGART</strong>-KINOSTART "kumbaya" Thorsten Schneider<br />

SIRPAUL: Gizmorians-3-Mon.-Kalendarium<br />

CARTOON – COMIC<br />

JOCHEN SCHAUDIG: Cartoons à la "Gießener Schule"<br />

CARICATURA: "Komisches" mit Glück und Kamagurka<br />

TOBI DAHMEN: Der FAHRRADMOD ist auf Etappe 327<br />

100 JAHRE COMIC: Von Altamira nach Entenhausen VI<br />

SUPERCHATTER (8): "Wenn der Hahn kräht..."<br />

JULIA KORDA: Edtion "Ha-Tha" auf Shirt und Tasse<br />

<strong>BOGART</strong><br />

<strong>BeOurGuestARTist</strong><br />

Das Gießener Mitmachmagazin für Creative<br />

Verlag und Redaktion:<br />

Reinhard Müller-Rode<br />

c/o MediaART-Werbung<br />

Lonystraße 19, 35390 Gießen<br />

Tel.: 0641.9845451, email: r.mr@gmx.de<br />

Mitarbeit:<br />

Hans-Michael Kirstein,<br />

Sascha Wanke, GIZMORIAN<br />

Ulrich Reukauf<br />

Titel: Sergej Oster<br />

www.gi-mix.de/bogart<br />

Verantwortlich im Sinne des Presserechts: Reinhard Müller-Rode<br />

© 2015 für alle Beiträge liegt beim Verlag bzw. den Autoren; alle<br />

Rechte vorbehalten. Die auf § 49 UrhG gestützte Übernahme<br />

von Artikeln in gewerbliche Pressespiegel bedarf der vorherigen<br />

schriftlichen Zustimmung des Verlags.<br />

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"Berliner Matjes-Häckerle mit Kartoffel-Karotten-Rösti und einer Schüssel Feldsalat mit<br />

Speck", ließ sich Wahlhauptstädter Markus Lüpertz im Gasthaus JUSTUS nach seinem<br />

fulminanten musikalischen und malerischen Auftritt in Gießen (Gemeinschaftspraxen im<br />

Liebigcenter; s.S. 6, 7) servieren. In der munteren Nachfeierrunde mit seiner JAZZ-Truppe<br />

im Kreise der Veranstalter schaute auch Kunstkenner Frank Maessig mehr als nur über<br />

den Tellerrand des Großmeisters, mit dem sich der "Profi-Rocker" und ambitionierte Bildschöpfer<br />

über die gemeinsamen Leidenschaften austauschte (s.S. 16/17). – Foto: rmr<br />

Markus Lüpertz beglückte<br />

die Kulturstadt an der Lahn<br />

Begleitet von großem medialen Interesse bot das im<br />

Vorfeld nicht öffentlich beworbene "Doppelkonzert" des<br />

mit vielen Attributen (Malerfürst, Geck, Genie, Poseur)<br />

besetzten und hochdekorierten Künstlers Markus Lüpertz<br />

den "eingeweihten" 200 Gästen eine hautnahe Begegung mit der<br />

Ausnahmeerscheinung. Die mit regelmäßigen Ausstellungen in ihren<br />

Räumlichkeiten aufwartenden Gemeinschaftspraxen umgingen damit den<br />

"Sturm" auf das Liebigcenter, dessen Leerstand im Erdgeschoss kurzzeitig zur<br />

"Music Hall" umfunktioniert wurde. Waren ausführliche Stimmungsberichte<br />

in den regionanlen Tageszeitungen zu lesen, kann in der Mediathek auf<br />

mittelhessen-tv.de der wohlgetimte Beitrag des dem "Objekt seiner<br />

Begierde" musisch nahestehenden Film- und Literaturschaffenden<br />

Charly Weller (aktuell: Romandebüt mit EULENKOPF) nacherlebt werden.<br />

Das blieb letztlich auch den durchweg abwesenden kommunalen<br />

"Kulturwächtern" vorbehalten, deren terminliche Entschuldigungen<br />

Holger Sauer (Gießener Anzeiger) in seinem "Stadtgespräch" mit den<br />

kopfschüttelnden Worten von Frank Maessig unterlegte: "...da kommt ein<br />

Künstler der Champions-League, und kein Vertreter der Stadt geht hin!" –<br />

Die noch laufende Ausstellung des "Oldies-Frontman" im Lindener Rathaus<br />

eröffnete Bürgermeister Jörg König mit hohem Respekt vor dessen Maltalent,<br />

in dem auch Einflüsse von Markus Lüpertz durchscheinen.<br />

"Je suis Lüpertz" steht ab 4. Oktober durch seinen Schüler Friedrich<br />

Dickgiesser (* 1952; im Screenshot, r.) – er hat sich aktuell als besonderen<br />

Malgrund dem Samt zugewandt – im Wetzlarer Kunstverein an.<br />

Darauf freut sich auch<br />

Reinhard Müller-Rode<br />

Die nächste Ausgabe<br />

erscheint am 1. Juni 2015<br />

Jahresabo € 15,-<br />

(4 Ausgaben, incl. Zustellung):<br />

r.mr@gmx.de<br />

Das Mitmachmagazin für Creative<br />

Bogart 3


INSIDE<br />

gi-mix.de/bogart: ca. 30.000 Online-Besuche der -Ausgaben 16-22<br />

Du hast mich berührt<br />

mit deinen Worten,<br />

säuselnd in meinen Ohren,<br />

mein Bauch tosend<br />

Du hast mich berührt<br />

mit deiner Hand,<br />

streichelnd über meinen Arm,<br />

meine Haut kribbelnd<br />

Du hast mich berührt<br />

mit deinem Blick,<br />

stechend in meinen Augen,<br />

mein Hirn explodierend<br />

Willkommen bei Wortsucher.com<br />

So begrüßt <strong>BOGART</strong>-Poet Sascha A. Wanke (s.l.) auf seiner frischen Website das<br />

literarisch interessierte Publikum und wendet sich dabei vordringlich an PublizistINNen,<br />

die dem Gefühl quälender Sprachlosigkeit und ihrer Jagd nach Worten<br />

und Formulierungen bereits Ausdruck verliehen haben.<br />

"Auf dieser Seite wollen wir unser stärkstes Instrument einsetzen indem wir in<br />

Worte fassen, was uns bewegt. Sei es in Gedichten oder Prosa, sei es über Liebe,<br />

Gesellschaft oder Politik, sei es humorvoll oder ernst: Wir schreiben es auf<br />

und drücken uns aus. Ihr seid aufgerufen mitzumachen. Auch unser Youtube-<br />

Kanal bietet euch die Möglichkeit eure gefundenen Worte zu präsentieren (Poesie<br />

Clips)", so der Gießener Urheber dieses neuen Forums.<br />

Alle Texte sind willkommen, solange sie nicht pornografisch, beleidigend oder<br />

rassistisch sind. Die geplanten Kategorien sind: Lyrik, Prosa, Gesellschaft, Humor/<br />

Satire, Politik, Kunst, Musik, Poesie Clips, u.a.m.<br />

"Findet eure Worte und lasst sie hier zum Leben erwachen. Unter Kontakt könnt<br />

Ihr eure Texte einreichen. Wir freuen uns darauf".<br />

Du hast mich berührt<br />

mit deinen Lippen,<br />

zärtlich auf meinem Mund,<br />

mein Herz zerschlagend<br />

Du hast mich berührt<br />

Sascha A. Wanke, 2014<br />

Mehr vom Autor zu lesen und zu hören<br />

gibt es im 60seitigen Gedichtband<br />

"Augenblicke" mit Zeichnungen<br />

von Otti Wanke (u.a. bei Amazon/5.95)<br />

und auf Audio-CD für 5.95 direkt bei<br />

autor-wanke@gmx.de.<br />

Band 27 seiner Buchreihe "Kunst, Geschichte und Fotografie in Giessen"<br />

reflektiert auf 28 knallharten Schwarz-Weiss-Bildtafeln die Augenblicke von<br />

Herausgeber und Autor Frank Sygusch bei seinem Vorschlusstag-Rundgang über<br />

das Gelände der Gießener Landesgartenschau (26. April - 5. Oktober 2014). - Die hier<br />

menschenleere und aktionsbefreite Flora und Fauna – auch mal unterbrochen von einsamen<br />

Begegnungs- und Verweilstätten – scheinen hier dem Betrachter nach monatelanger<br />

Bespaßung fast anklagend sagen zu wollen: "Nun ist aber Schluß mit lustig, lasst uns in<br />

Ruhe wachsen und gedeihen!" – Eigentlich ja ein sehr natürliches (Auf-)Begehren!<br />

"Landesgartenschau Gießen - Ein Fotoessay<br />

von Frank Sygusch", mit einem ausführlichen<br />

Vorwort über den natürlichen<br />

Ursprung und heutigen<br />

Anspruch Gießens – vom<br />

Provinzstädtchen zur<br />

Excellentcity.<br />

Hardcover, 28 Seiten, s/w-<br />

Hochglanz auf 170g Papier,<br />

ISBN: 978-3-945165-20-0<br />

Preis: € 49,-. Zu beziehen über:<br />

info@giessen-server.de<br />

4 Bogart<br />

Das Mitmachmagazin


RUECKBLICK EINBLICK AUSBLICK<br />

Aus der PopArt-Werkreihe "10 Tausend".<br />

Neue Website<br />

rainermueller-art.de<br />

Seine bereits in mehreren Ausstellungen präsentiertes Repertoire bildnerischer<br />

Einlassungen hat Rainer Müller (s.a. <strong>BOGART</strong> 18) jetzt auf seiner neuen Website<br />

mit aktuellen Arbeiten unter Metall, Popart und Ballungsgebiete thematisiert. "Der<br />

begabte Elektizist entwickelt sich in wenigen Jahren zum Werk-Meister mit individueller Typisierung,"<br />

beschreibt Kunstkritiker Hans-Michael Kirstein in <strong>BOGART</strong> 18 (gi-mix.de/bogart) das rege Schaffen<br />

des 55jährigen Reiskircheners, dessen Auftritt den Betrachter nun auch via Bildschirm überzeugt.<br />

Der in Frankenbach gebürtige und<br />

jetzt in Hamburg schauspielernde<br />

Thorsten Schneider (Szenenfoto<br />

in der Rolle des "Vermieters") gehört mit<br />

zum zehnköpfigen Ensemble, das aktuell<br />

mit der Comedy-Serie „Kumbaya“ für mediale<br />

Aufmerksamkeit sorgt. Diese skurrile<br />

Geschichte um die Gründung einer neuen<br />

Religion entsprang Nick Buckenauer (26)<br />

und Sebastian Droschinski (27) während<br />

einer durchzechten Nacht...<br />

In dem 9teiligen Beitrag der Film-Fernsehschaffenden<br />

von Shoreless Pictures<br />

gibt der mit seinen fulminanten<br />

szenischen<br />

Lesungen (Der Hund von<br />

Baskerville, s.a. BOG-<br />

ART 18 und Moby Dick)<br />

in seiner Heimatgemeinde<br />

gastierende Herderschüler<br />

seinen Einstand<br />

in der Folge 3 (min.<br />

2.30). – S. a. Seite 22:<br />

kumbayaserie.de<br />

www.egonkramer.de<br />

1992<br />

Stadttheater - Mimen (VII)<br />

GROSSES HAUS<br />

25. April 2015 | Premiere<br />

IN DER REPUBLIK DES GLÜCKS<br />

Schauspiel von Martin Crimp<br />

Dieser "Charakterkopf" begrüßt die Besucher über dem Eingangsportal.<br />

für Creative Bogart 5


Geniestreich:<br />

Kunstikone Lüpertz<br />

jazzt das Liebigcenter<br />

TTT mit Free Jazz "at its best"! V.l.n.r.: Ryan Carniaux, Gerd Dudek, Samuel Dühsler, Frank Wollny, Markus Lüpertz<br />

BEHIND THE SCENE: Das Projekt, die Protagonisten und die Privatinitiatoren<br />

Fotos: Reinhard Müller-Rode<br />

Ja mein Bruder<br />

ist ein Maler,<br />

ich bin nur ein<br />

Musikant." – Was<br />

Troubadour Udo<br />

Jürgens in dieser<br />

Liedzeile noch<br />

selbstbescheiden<br />

gegenüberstellte,<br />

Frank Wollny, Gundolf Roy<br />

vereint exakt das<br />

ambivalente Wesen und Wirken der TTT-"Lautmaler".<br />

Das eine zu tun, ohne das andere zu lassen, war das Resümee<br />

von Frank Wollny (*1948 in Blankenburg) am<br />

Ende seiner zehnjährigen Rockmusikerkarriere (zuletzt<br />

bis 1982 bei "Ute Freudenberg und Elefant Weimar"),<br />

als er sich verstärkt der bildenden Kunst zu wenden<br />

wollte. Erste Station war NY, ehe er 1984 in London<br />

die Bekanntschaft von Joseph Beuys machte. Von A. R.<br />

Penck (*1939 in Dresden), dem Urmeister der Strichmännchen<br />

nachhaltig inspiriert, und vom Wechselspiel<br />

der Begriffe Musik, Malerei und Skulptur beseelt, gründete<br />

Wollny mit ihm das TripleTripTouch–Projekt<br />

(TTT) als "verbale Abstraktion einer improvisierten<br />

Musik, deren Struktur durch konzentriertes Entstehenlassen<br />

grooviger Rhythmik und frei improvisierter Melodieführung<br />

eines oder mehrerer solistischer Instrumente<br />

geprägt ist" (wollny-artconcepte.de).<br />

Das seit 1983 stets weiter gepfl egte Projekt in wechselnden<br />

Besetzungen aus weltbekannten Maler- und Jazz-<br />

Persönlichkeiten wie Louis T. Moholo, Billy Bang, Manfred<br />

Schoof, u.a. – auch Udo Lindenberg "drummte"<br />

einmalig mit – vertraten in Gießen die oben benannte<br />

Formation mit dem in den neunziger Jahre für "Schlagzeuger"<br />

A.R. Penck den Part des bildenden Künstlers<br />

einnehmenden Markus Lüpertz, der nun für eine<br />

tiefere harmonische Dimension des Bandklangs sorgte.<br />

Wie das T als abstrakt-zeichenhafte Deutung von<br />

„Horizontal“ und „Vertikal“ in der Malerei interpretiert<br />

werden kann, so wird in der improvisierten TTT-Musik<br />

Rhythmik und Solo konzipiert – quer zueinander stehend.<br />

„Durch diese bewusste Funktionstrennung versuchen<br />

wir,“ so Wollny,<br />

„das musikalische Ego der<br />

beteiligten Musiker oder<br />

Künstler herauszuhalten.“<br />

– Konzertmitschnitte auf<br />

Vinyl-LP mit Cover-Illustrationen<br />

von Penck (kl. Bild,<br />

1998; Live in Weimar) und<br />

Lüpertz sind gelegentlich<br />

im "Netz" zu ersteigern...<br />

Organisatorisch und dekorativ<br />

in Szene gesetzt werden<br />

diese "Kunst on Tour"<br />

vom 59jährigen Zülpicher<br />

Galeristen Gundolf<br />

Roy, der darüberhinaus<br />

mit vielen renommierten<br />

zeitgenössischen Künstlern über seine Grafi kwerkstatt<br />

fachlich-freundschaftlichen Kontakt pfl egt (u.a. pfl egte<br />

er IMMENDORFFS Werksverzeichnis ein). Diese nutzen<br />

gern seine perfektioniertes Knowhow traditioneller<br />

Drucktechniken wie Radierung, Lithographie und Siebdruck<br />

(bis 200/300 cm). So produziert er auch die limitierten<br />

Konzertplakate (s.a. Seite 2), die mit der individuellen<br />

Grußbotschaft des Bildautors versehen, nun<br />

auch Gießens Liebigcenter "als Weltkulturerbe" unvergessen<br />

dokumentieren. Die hohe Professionalät seiner<br />

Druckkunst eignete sich Roy während des Mathematik-<br />

und Elektronikstudiums an: "Siebdrucke brauchte<br />

ich damals besonders für Gitarrenverstärker", die er<br />

zusäzlich noch "nebenbei" für Bon Jovi, die Scorpions,<br />

Europe, u.a. baute, später dann setzte er die fotomechanische<br />

Schablonentechnik auch für "seine" Künstler<br />

ein. "Musiker und Maler haben im Prinzip die gleichen<br />

Probleme. Mit den ihnen eigenen Mitteln möchten sie<br />

gezielt Dinge beschreiben" (Siehe auch: galerieroy.de).<br />

Auslöser dieses exclusiven klangfarblichen Zusammentreffens<br />

war die ähnlich gelagerte "Umtriebigkeit" des<br />

Local-Rockhero Frank Maessig (Bild links, mit Ehefrau<br />

Eva Lüneburg) der neben seinen inzwischen 1600<br />

Gigs in 35 Jahren mit der Coverband "The Oldies"<br />

nicht nur die Kunstliteratur verschlang, sondern auch<br />

als Sammler selbst gezielt "auf dem Markt" unterwegs<br />

ist und mit seinem Œuvre im öffentlichen Raum auftritt<br />

(s.S. 16). Über dieses Szenario stieß M. für seine seriellen<br />

Editionen auf Gundolf Roy, dessen Lüpertz'sches<br />

Ausstellungs-Konzept er den bekannterweise kunstaffi<br />

nen Facharztpraxen im Liebigcenter vorstellte.<br />

"Das können wir eigentlich auch bei uns machen",<br />

war zunächst spaßig angesagt, wurde dann aber zum<br />

Wohlgefallen der 200 geladenen Gäste und Beteiligten<br />

engagiert realisiert.<br />

(rmr)<br />

6 Bogart<br />

Das Mitmachmagazin


Markus Lüpertz imponierte<br />

mit Virtuosität und Vitalität<br />

Kunstinitiative<br />

„Ich bin es, der die Struktur vorgibt in Form eines Akkords<br />

oder einer kleinen Sentenz, und die anderen müssen<br />

sehen, wie sie damit klar kommen. Das ist jedes Mal eine<br />

spannende Geschichte,“ umriss Markus Lüpertz (*1941 in Liberec / 5facher Familienvater) einmal seinen Part<br />

an anderer Wirkungsstätte im Zusammenspiel mit den TTT-Weltklasse-Instrumentalisten. Die unnachahmliche<br />

Virtuosität an der Staffelei blieb aber auch dem die Entwicklung der Klaviermusik maßgeblich begleitetenden und im<br />

Liebigcenter ihm eigens bereit gestellten Bösendorfer-Flügel nicht verborgen. Und das die Persönlichkeit einbeziehende nde<br />

"Gesamtkunstwerk Lüpertz" gab in den Praxisfl uren mit beredten Werk-Beispielen der 1961 begonnenen Arbeiten als Maler,<br />

Grafi ker und Bildhauer die einzig richtige Antwort auf die eigenhändig erworbene trutzig-facettenreiche Lebensbejahung; ejahung;<br />

nämlich meisterlich im wohl verstandenen Schaffenssinne und nicht einfach mal majestätisch zu sein. Und so entgegnete der<br />

nie um ein Bonmot verlegene Freigeist dem Interviewer des SZ-Magazin.de im Vorjahr auf die Frage: "Welcher Titel würde es für<br />

Sie genau treffen?" – "Meister wäre richtig. Leider wird der heute nicht mehr verwendet, schade. Als ich Rektor war, sagten die Leute<br />

immer, es spreche nun seine Magnifi zenz Prof. Dr. Markus Lüpertz. Da habe ich mich jedes Mal umgedreht und geguckt, wen sie wohl<br />

meinen könnten." – Übrigens, zahlreiche der präsentierten Meisterwerke und Konzertplakate gingen noch während der Veranstaltung<br />

in Gießener Privatsammlungen über.<br />

Gute Laune pur bei der Signierstunde mit den Gastgebern<br />

Henrik Stroh (im Bild), Oliver Wüsten, Michael Hahn,<br />

Falko Fischer und Marko Klippel (ob., v.l.n.r.).<br />

Ich bin ein Genie.<br />

Das ist das Einzige,<br />

was mir nicht nachgesagt wird,<br />

das muss ich selbst<br />

behaupten.<br />

Ohne Titel; Radierung überarbeitet mit Aquarell; ca. 1990;<br />

handsigniert; ca. 50 cm x 70 cm Preis auf Anfrage galerieroy.de<br />

Fotos: os:<br />

Reinhard Müller-Rode<br />

Stimmungsbildner Markus Lüpertz ist mit den Künsten im harmonischen Dreiklang:<br />

Als Jazzpianist, Maler und Lyriker gab er in Gießen davon beredte Beispiele.<br />

FRAU UND HUND – Zeitschrift für kursives Denken wird seit 2003 von Markus Lüpertz<br />

aus "Unzufriedenheit mit der Kunstkritik" herausgegeben. Der Deutschlandfunk stellte<br />

lt. Wikipedia in einer Rezension fest: „Abseitige Texte mit abstrusen Privatphilosophien<br />

fi nden sich ebenso wie originelle Beiträge nicht ohne Anmut und Witz.“<br />

Wenn die Feuerwehr die Macht ergreift<br />

Und jedes Feuer löscht,<br />

Dann wird die Welt kalt und weit,<br />

Weil keiner brennen läßt.<br />

Die Liebe wäre ein Eiswürfelsspiel<br />

Und hätte keine Wärme:<br />

Die kalte Suppe schmeckt nicht viel,<br />

Verkühlt nur die Gedärme.<br />

Das Feuer, wenn es lustig brennt<br />

In meinen Liebestümpeln,<br />

Verfärbt ganz rot mein Totenhemd,<br />

Verbrennt mein Herzgerümpel.<br />

Markus Lüpertz<br />

(aus: Nr. 9 / 2006 (Softcover, geb. 10x15 cm, 1.420 S.)<br />

für Creative Bogart 7


PIA GRAMBART ZEMENTIERT FROHNATUREN<br />

Frisch-Freche Fabelwesen<br />

inspirieren Gießener<br />

Szenaristen<br />

Lorsbacher Strasse 1<br />

60326 Frankfurt<br />

Besuchstermin tel.erbeten<br />

unter 069.66563488 oder<br />

016018<strong>23</strong>529<br />

pia-grambart@pia-grambart.com<br />

www.pia-grambart.com.<br />

„Meine Geschöpfe haben alle ein gutes Herz; sind bunt, freudig, surreal und selbstbewußt!“, beschreibt Pia Grambart ihr mit Zement- und Papiermasse geformten<br />

und farbenfroh bemalten Figuren In Kanada geboren und dort in einer freidenkenden Familie aufgewachsen, absolvierte sie nach ihrer Schulzeit Kurse<br />

in Malerei am Ontario College of Art in Toronto. Nach Zwischenstationen in Tokyo und Paris lebt die Weitgereiste seit 2005 mit ihrer Familie in Frankfurt,<br />

wo sie Kunst und Kommunikationsdesign in der Academy of Visual Arts studiert und später Aktzeichnen an der Städel Abendschule vertiefte, um ihre<br />

Ausdrucksmöglichkeiten zu erweitern.<br />

Ihre Bildern und Skulpturen – seien es Menschen, Tiere oder Fabelwesen – sind stark und lebensbejahend. Schweine, die akrobatisch auf<br />

einem Bein elegant balancieren, die Kuh, die selbstbewußt wie ein Modell die Hand in die Hüfte stemmt, überlange künstliche Wimpern oder<br />

die breite Zahnreihe erweitern den Schönheitsbegriff und sollen dem Betrachter Mut schenken, zu sich selbst zu stehen. Je stärker die Figuren<br />

verfremdet sind, desto freier sind sie von anderen Assoziationen und somit klarer in ihrer Wirkung, den Betrachter zu erfreuen – was<br />

Grambarts ausdrückliches Ziel ist.<br />

Zurzeit drückt sie sich bevorzugt mit dreidimensionalen Modellen<br />

aus, wie sie auch im Mörfelder Skulpturenpark zu sehen sind.<br />

Bei den langen und dünnen Menschenfi guren ist die Wanderung<br />

zwischen den beiden Kulturen erkennbar. Die Totempfähle der<br />

kanadischen Ureinwohner haben sie zu dieser Arbeit inspiriert.<br />

Aktuell ist eine ganze Serie dieser Figuren in Planung<br />

Seit 1996 hat das BBK-Mitglied ihre Arbeiten nicht nur in Kanada<br />

sondern auch in vielen hessischen Metropolen – zuletzt<br />

2012 im Frankfurter Senckenberg Museum – präsentiert.<br />

Das Atelier Nr. 6 vertritt hier in Gießen (Mühlstraße 6) die Frankfurter<br />

Künstlerin mit ihren Exponaten (s.a. atelier-nr6.de).<br />

Und in der Nachbarschaft seines ehemaligen City-Center Domizils<br />

lernte "unser Kulturdenkmal" Ulrich Reukauf (Aktionskünstler, Satiriker,<br />

Pianist, Laudator u.v.a.m) "Louise" und "Geraldine" kennen und lieben, die ihm bereitwillig ihr Innenleben<br />

offenbarten, was auf der gegenüberliegenden Seite in Fortsetzungen protokolliert ist.<br />

Öl- und Acrylgemälde auf Leinwand:<br />

"String Theory" 80x80 cm, € 400<br />

"Good Morning" 100x70cm, € 450<br />

"Another Fish" 40x50cm, € 225<br />

8 Bogart<br />

Das Mitmachmagazin


AUS LOUISES LOGBUCH<br />

Überhaupt, meine Lieben …<br />

… wer möchte ausschließen, dass sich mein Karton und sein Inhalt<br />

während der langen Reise, die mich hierhin geführt hat, nicht<br />

intensiv über das innerweltliche Verhältnis zueinander unterhalten<br />

haben oder darüber in Streit geraten sind, ob es eine Außenwelt<br />

gibt oder nicht und wenn ja, ob diese nicht auch nichts anderes ist,<br />

als gut oder schlecht designtes Packpapier?<br />

Oder nichts anderes als Luftnoppenfolie, deren Bläschen zerplatzen,<br />

wenn Druck ausgeübt wird?<br />

Dass die Welt mehr als ein Saustall ist, wusste ich bereits aus den<br />

vielen Erzählungen von Mama und Papa und dass auch das Leben<br />

nicht von Pappe ist, wurde mir in dem Moment klar, als der Deckel<br />

aufging.<br />

Aber das vorübergehende Leben im dionysischen Karton hat Fragen<br />

aufgeworfen, die beantwortet werden wollen.<br />

Am liebsten hätte ich ja gesagt: „Es zieht, mach' den Deckel wieder<br />

zu!“ Aber ich muss mich der Realität stellen.<br />

Wie dem auch sei und auch wenn man sich schon einmal an einem<br />

anderen Ort gesehen zu haben glaubt: Das außerpappliche Sein<br />

scheint von fremden Wesen beseelt.<br />

Geraldine sah irgendwie giraffi sch aus<br />

und war mir mit ihren abstehenden<br />

Ohren und den haarbebüschelten<br />

Antennen erstmal unheimlich. „Nasigoreng“<br />

war ihr erstes Wort, und ich<br />

habe gesagt, dass ich Louise heiße.<br />

Recht besehen, war das innerpappliche<br />

und noppenfoliierte Sein<br />

eigentlich ganz gemütlich, wenn auch<br />

nicht so kuschelig wie im Koben auf<br />

dem Stroh unter der Rotlichtlampe, dafür<br />

war diese kleine Welt überschaubar<br />

und schützend, irgendwie intrauterin,<br />

wenn auch nicht so feucht wie im säuischen<br />

Leib – wo Wohlfühlen, Wärme<br />

und Geborgenheit angesagt waren,<br />

beruhigende Vibrationen wenn Mama<br />

grunzte, altersgerechte Ernährung,<br />

im Fruchtwasser plantschen und so.<br />

Pränatale Wellness im Spa-Bereich von Fotos: Ulrich Reukauf<br />

Mutterns Bauch eben.<br />

Aber damit war dann ja Schluss. Brrr … dieses grässliche Geworfensein<br />

in die Welt, die so kalt ist und mit Rotlichtlampen geheizt<br />

werden muss, weil die Sonne nicht durch die Stalltür passt, war<br />

mein erster Gedanke, bis ich an Mamas Bauch lauter kleine Füllhörnchen<br />

entdeckte, die, Fortuna sei‘s gedankt, alle für mich waren<br />

und dem Leben einen ersten Sinn gaben. Schnell hatte ich mit<br />

etwas Übung meine volle Saugkraft erreicht und schlummerte, voll<br />

des Guten, nach kurzer Zeit zufrieden ein, bis mich ein polternder<br />

Zweibeiner mit gummierten Füßen lautstark in die Wirklichkeit<br />

zurückholte.<br />

Der Bauer, manche riefen ihn auch Dülmel, Herrscher über dieses<br />

Rotlichtmilieu, war ein grober Mensch, schmallippig, Borsten im<br />

Eine Ver- und Entwicklungs-Geschichte<br />

Protokoll und Übersetzung:<br />

Von Rauf van Winkel<br />

einem begnadeten Tiersprachenversteher<br />

Aus der Reihe „Schräge Reihe“ (Band 2)<br />

Gesicht, was ihn wenigstens etwas sympathisch machte, aber<br />

meist schlecht gelaunt. Immerhin hatte er die für Zweibeiner typischen,<br />

geschickten Vorderpfoten, die allerdings meistens, wenn er<br />

nichts tat und er mal nicht der Kuh von gegenüber am Füllhorn<br />

rummachte, an ihm herunterhingen oder in zwei Bauchtaschen<br />

verschwanden.<br />

Gebrüllt hat er, als er mich das erste Mal sah: „Die Sau hat geworfen!“,<br />

aber anscheinend war ich nicht der große Wurf, den er<br />

sich versprochen hatte.<br />

Papa Eber schien auch nicht bester Laune als er gewahr wurde, dass<br />

seine Kinder immer wieder Ferkel sind. Das war wohl ein Problem<br />

für ihn, aber schließlich sei seine Frau, wie er einsichtig vor sich<br />

hingrunzte, während er mich versöhnlich anschaute, eine Sau.<br />

Er hatte es ja auch genau gewusst, als er vor einigen Jahren mein<br />

Muttertier gefragt hatte, ob sie nicht seine Sau werden wolle und<br />

ob sie zusammen Ferkeleien machen wollten.<br />

Verlegen an einer Eberesche habe er sich damals geschubbert, als<br />

er sie anmachte, erzählt Mutter immer.<br />

Und ob sie wollte! Hat sie sich doch in ihrem spärlichen rosa Borstenkleidchen<br />

an ihn gelehnt und er hatte ihr ein frisch aus dem<br />

Waldboden hervorgewühltes, aufregend duftendes Trüffelchen<br />

in das Schnäuzelchen geschoben. Am Ohr hatte sie ihn dann geknabbert,<br />

leise kleine schweinische Sachen hineingegrunzt und ihm<br />

versichert, dass sie eine richtige kleine Sau sei und die Seinige wohl<br />

werden wollte und dabei ihren Schinken an dem seinem gerieben.<br />

Und dann kam irgendwann ich, und als auch der grobe Zweibeiner<br />

sah, dass ich ein Ferkel bin und er der Meinung war, dass ich nun<br />

Alleinanspruch auf Mamas Füllhörnchen hätte und Papa eigentlich<br />

nicht hierher gehöre, er überhaupt ein Aufrührer und Draufgänger<br />

sei, hat er ihn aus dem Rotlichtmilieu weggeschafft, weggesperrt<br />

wie einen Halunken. Jungsauen- und Abferkelställe waren für ihn<br />

fortan tabu. Gequiekt hatte mein Erzeuger, als Dülmel ihn an<br />

Schwanz und Ohrwascheln aus dem Koben herauszerrte, anstatt<br />

sich, wie die Nachbarsauen sich empörten, für Stallehre und Familie<br />

zur Wehr zu setzen, und Mutter war nun alleinsäugend.<br />

Zudem hat ein richtiger Saustall, nach Vorstellung der an den Füssen<br />

gummierten Zweibeinern, eine matriarchalische Sozialstruktur:<br />

Eber haben hier nur noch unter Aufsicht Zutritt, weil deren pheromone<br />

Ausdünstungen angeblich nur Unruhe brächten.<br />

Eine wahrlich lustfeindliche Maßnahme das Ganze also, die nur<br />

Menschen einfallen kann und die Papa naturgemäß überhaupt<br />

nicht passte.<br />

Aber als die erste Aufregung vorbei und die Tröge gefüllt worden<br />

waren, war drum herum erstmal zufriedenes Gegrunze und beruhigendes<br />

Geschmatze zu hören, durchaus<br />

auch mal ein entspann-ter Furz von Herzen.<br />

Eines Tages hätte sich Papa dann, so wird<br />

im Stall getratscht, mir nichts dir nichts mit<br />

einer anderen Sau vom Acker gemacht und<br />

Mama glaubt dem Klatsch, meint, er suhle<br />

sich jetzt mit der anderen im Schlamm,<br />

einer ‚dreckigen alten Schlampe‘, wie<br />

sie – das Wort ‚Drecksau‘ gemäß stallinterner<br />

politischer Korrektheit vermeidend<br />

– schimpfte.<br />

„Tja, so sind die Männer, wenn sie<br />

Schweine sind“, hat Geraldine gesagt, als<br />

ich ihr davon erzählte.<br />

Über eine schwer zu glaubende Wahrheit,<br />

die sich keiner traut, Mama zu sagen, wird<br />

hinter vorgehaltener Pfote spekuliert:<br />

Beim Freigang auf dem Hofe sei er fürwahr<br />

einer anderen Sau hinterher und dann<br />

prompt einem Mann mit weißer, knirschender<br />

Schürze in die Arme gelaufen, und<br />

der habe, als Papa, des komischen Geruches<br />

der Schürze wegen kurz zögerte, Urlaub<br />

vom Bauernhof versprochen und gesagt, er<br />

werde nicht in diesem Saustall zurückkehren<br />

müssen und solle jetzt einfach mal mitkommen,<br />

woanders hin, da, wo all die schönen<br />

Schinken herkämen und wo er mal so richtig<br />

abhängen könne.<br />

„Schinken“ – das war für Papa, der den<br />

Sauen immer auf die ihrigen schaute, das<br />

Stichwort. Leutselig und gutmütig wie er<br />

Ulrich Reukauf (61)<br />

studierte in Gießen Sozialwissenschaften<br />

mit<br />

anschließendem Lehrauftrag.<br />

Als Künstler trat er<br />

mit seinen "vermöbelten"<br />

Materialcollagen (s.a. BO-<br />

GART 6) hervor, leitete die<br />

vormalige Kunstwerkstatt<br />

Perspektive (Heuchelheim)<br />

und betrieb eine<br />

Galerie im Seltersweg.<br />

Er lebt jetzt in Gaggenau<br />

und ist häufi g Gast - auch<br />

als Laudator - der lokalen<br />

Szene. Unvergessen sein<br />

"Seitensprung" in der<br />

närrischen Hochkultur<br />

als Adjudant des GFV-<br />

Prinzenpaares 2006.<br />

war und ohne zu wissen, was es mit den Schinken nun auf sich<br />

habe, hat er es geglaubt und ist dem Mann in den Reiseanhänger<br />

hinterhergetrottet.<br />

Hätte er sich auf sein Bauchgefühl und seine hervorragende Nase<br />

verlassen, wäre das wohl nicht passiert. Wie dem auch sei, er war<br />

plötzlich verschwunden. „Tja, so ist nun mal der Lauf der Welt“,<br />

schnaubte Geraldine in altklugem Ton.<br />

Pappkarton hin, Saustall her – mal ehrlich, das kann doch nicht<br />

die reale Welt sein? Oder ist das da vielleicht die Welt an sich?<br />

Und steckt da was dahinter? Ist da etwa irgendwas im Busch? Der<br />

Weltgeist vielleicht?<br />

Geraldine und ich haben uns eine ganze Weile darüber gestritten.<br />

„Papperlapapp“, hat sie gesagt und gemeint, dass die Welt jenseits<br />

von Noppenfolie und Pappe, die ich jetzt vor Augen habe, diejenige<br />

sei, die man mit Welt an sich bezeichnet und damit basta!<br />

Fortsetzung folgt<br />

für Creative<br />

Bogart 11


Bon & apart: Martin Kalbfleisch (80)<br />

hat die Seele seines Lokals bewahrt<br />

Vor exakt 30 Jahren gratulierte dem am<br />

28. Februar 1934 in Gießen geborenen<br />

MARTIN KALBFLEISCH das "gestandene bajuwarische<br />

Mannsbild" Franz-Josef Strauß (1915-1988)<br />

– ehemaliger Finanz- und Verteidigungsminister –<br />

noch höchstpostalisch zum "goldenen" Geburtstag<br />

(Bild unten). Und auch zum aktuellen Ehrentag werden<br />

ihn neben Freunden und Gästen in und um den<br />

"Club Bonaparte" auch so mancher Travestiekünstler<br />

aus den Hochzeiten seines weit über die Stadtgrenzen<br />

hinaus beliebten Etablissements nicht nur mit<br />

Blümchen überraschen.<br />

"Ich wollte schon immer ein Herrenlokal betreiben",<br />

erfüllte sich der gelernte Textilkaufmann und spätere<br />

Boutiqueinhaber dann 1970 im idyllisch gelegenen<br />

elterlichen Haus in der Liebigstraße 66 seinen Herzenwunsch,<br />

nachdem er noch kurzzeitig das traditionelle<br />

familiäre Lebensmittelgeschäft mit Kaffee-Rösterei<br />

weiter geführt hatte.<br />

Die finanziellen Grundlagen dafür erwarb er sich zwischendurch<br />

noch in Doppeltätigkeit als Anzeigenvertreter<br />

bzw. nächtlicher Zeitungsausfahrer bei einem<br />

Gießener Verlag.<br />

1970 - 2009<br />

10 Bogart<br />

Das Mitmachmagazin


"Den Clubnamen habe ich aus Paris "mitgebracht",<br />

das Interieur ist dem englischen Caféhausstil<br />

nachempfunden, die Lampen stammen<br />

aus Amsterdam und die Spiegel sind aus Rom",<br />

beschreibt der Inhaber das mit rund 170 verschiedenen<br />

Spirituosen angereicherte Ambiente,<br />

das gern auch mal nachsichtig als "Tuntenbarock"<br />

tituliert wurde.<br />

"Nicht jeder Mann ist auch ein Herr", setzte Martin<br />

Kalbfleisch von Beginn an als klaren Akzent<br />

der Gästeliste voran. Und das generationenund<br />

geschlechterübergreifende internationale<br />

Publikum honorierte sein "etwas anderes" Gastronomie-Konzept<br />

mit reger Besucherfrequenz.<br />

So gab es im "Bonaparte" einen Stammtisch der<br />

Schwulen Hochschulgruppe, Single- und Drag-<br />

Queen-Feten sowie Spieleabende des HOMO<br />

e.V., unter denen sich mit dem Wandel der Zeit<br />

kontinuierlich auch die "Normalbürger" wohl<br />

fühlten. Nicht zuletzt durch manche hochkarätige<br />

Show der "Herrendamen", die in der Schauspielerin<br />

("Die Dritte von rechts") und Schlagerdiva<br />

Evelynn Künneke (1921-2001; "Solang nicht<br />

die Hose im Kronleuchter hängt") ein absolutes<br />

Highlight in der Kulturstadt an der Lahn setzte.<br />

Mit verrucht-verrauchter Stimme verzauberte<br />

Aktrice und Chansonette Mady Rahl (1915-<br />

2009; Bild oben). Als erster männlicher Stripper<br />

zeigte sich der smarte Hamburger Jung' (links<br />

im sw-Foto) von seiner besten Seite.<br />

Mit der Geschäftsübergabe des "urgemütlich–<br />

tolerant–weltoffen" firmierenden Amüsement-<br />

Lokals vor sechs Jahren verschwand zwar nicht<br />

der Name aber sein mit ihm verbundenes Programm<br />

von der "rosa" Landkarte der Region.<br />

Fast vier Jahrzehnte konnte der immer noch vitale<br />

Martin Kalblfleisch seinen Traum intensiv<br />

leben. "Mir ist davon trotz anfänglich behördlicher<br />

Querelen und selbst nach einem brutalen<br />

Raubüberfall bis zum Lebensende eine Menge<br />

positiver Erlebnisse übriggeblieben".<br />

"Wer kennt die Namen, wer nennt die Zahl", der in fast vierzig Jahren das Gießener Edellokal<br />

belebenden Promis und Gäste? Die aus Einzelfotos hier wieder "restaurierte" Bilderwand ist<br />

gespickt mit den Konterfeis respektabler Persönlichkeiten aus Politik, Wirtschaft und vor allem<br />

Kultur, die selbst in den Miniporträts erkennbar bleiben. So der jüngst verstorbene Bundespräsident<br />

Richard Weizäcker, Disseuse Evelynn Künneke, die "Chilenische Nachtigall" Rosita<br />

Serrano, das Travestieduo Mary & Gordy, die "pudeligen" Jacob Sisters, das Tanzensemble<br />

vom Stadttheater und, und und...<br />

Martin Kalbfleisch: Seinem Vorbild Hans Albers "ins Gesicht geschnitten" und als lockiger Knabe .<br />

In dem 1895 im klassizistischen<br />

Stil gehaltenen<br />

Gebäude in der Liebigstraße<br />

(l.) erblickte Martin<br />

Kalbfleisch vor 80 Jahren<br />

das Licht der Welt. Blieb<br />

das Haus von den Kriegswirren<br />

verschont, war der<br />

Vater als politischer Gegner<br />

in dieser Zeit im KZ Buchenwald<br />

interniert. Nach<br />

der Befreiung führe er mit<br />

seiner Ehefrau das 1910<br />

gegründete Lebensmittelgeschäft<br />

fort, das später<br />

an einen Waschsalon vermietet<br />

wurde, ehe es 1970<br />

als Club Bonaparte den<br />

Lebenstraum des Jubilars<br />

verwirklichte.<br />

für Creative<br />

Bogart 11


MONIKA LUTZ - SUBTILE ANSPIELUNGEN


Bogart 15 13


How to get a collodion wetplate?<br />

Andreas Reh beherrscht die hohe Kunst der klassischen Nassplatten-Fotografie<br />

"Fotografi e ist für mich Ausdrucksform und Leidenschaft<br />

zugleich. Begonnen vor Jahrzehnten mit der Landschaftsund<br />

Makrofotografi e agiere ich seit 2007, logistisch unterstützt<br />

von meiner Frau Irene – vorwiegend im Rahmen<br />

freier inszenierter Arbeiten – hinter der Kamera," umreisst<br />

der 49jährige Biebertaler Andreas Reh die ganz persönliche<br />

Beziehung zu seinem schöpferischen Metier.<br />

Als freiberufl icher Artist in den Bereichen künstlerische<br />

Portrait- und Aktfotografi e setzt er seine Erfahrungen sowohl<br />

in der Anwendung digitaler Fototechniken als auch<br />

dem historischen fotografi schen Prozess der Nassplatten-<br />

Kollodium-Fotografi e ein.<br />

Zahlreiche Veröffentlichungen in Fachmagazinen (s.a.<br />

<strong>BOGART</strong> 17) spiegeln die hohe Akzeptanz seiner Professionalität<br />

wider, was gleichzeitig mit verstärkter Publikumsnachfrage<br />

für ein Porträt- und Aktshooting im Stil des<br />

1850/1851 von Frederick Scott Archer und Gustave Le<br />

Gray entwickelten Verfahrens, also Silberbilder auf Glas zu<br />

bannen. Und das eben nicht mit Handycam und Bildbearbeitungs-Apps,<br />

sondern mit den analogen Plattenkamera–<br />

"Möbelstücken" jener Lichtbildner-Epochen. "Nur 5% der<br />

Betrachter realisieren, dass da mehr dahintersteckt als Photoshop,"<br />

sieht Andreas Reh ein Stück Ehrlichkeit in der Fotografi<br />

e bei der Selfi e-Generation auf der Strecke bleiben.<br />

"Das gesamte Handling, die Vorbereitung, Belichtung,<br />

Entwicklung, Fixierung und Lackierung der Platten geht<br />

inzwischen routiniert von der Hand. Unter kontrollierten<br />

Bedingungen weiss ich inzwischen sehr genau, was mich<br />

in Sachen Chemie erwartet und was zum Problem werden<br />

könnte. Und das Ergebnis ist dieser spezielle "orthochromatische"<br />

Look. Bedingt durch die Blauempfi ndlichkeit des<br />

Aufnahmemediums werden Erdfarben sehr dunkel dargestellt,<br />

Himmelsfarben dagegen extrem hell, Haut erscheint<br />

in einem bronzefarbenen fast metallischen Teint.<br />

Das Making-Off vom Shooting mit Kathi gibt einen reizvollen<br />

Einblick in den rund dreistündigen Ablauf vom zeitgenössischen<br />

Original zum urmütterlichen Duplikat. Wer<br />

diese Zeitreise einmal selbst erleben möchte, ist stets nach<br />

Verabredung im Studio Reh willkommen:<br />

www.andreasreh.de – mail@ andreasreh.de<br />

22 14 Bogart<br />

Das Mitmachmagazin


In drei Stunden vom<br />

Original zum Unikat<br />

Chemie und Akribie: Sieben Arbeitsschritte sind erforderlich, ehe<br />

das latente Bild nach der Fixage im Wasser fertig ausschwimmt...<br />

Fotos: Reinhard Müller-Rode<br />

Selfie im Look des 19. Jahrhunderts: Wirkt länger ein<br />

und länger nach (Andreas & Katharina anno 2015).<br />

für Creative<br />

Bogart <strong>23</strong> 15


16 Bogart Das Mitmachmagazin


Fotos: Reinhard Müller-Rode<br />

Über 50 neue Arbeiten seines<br />

inzwischen ungezählten<br />

Œuvre aus vieljährigem<br />

Schaffen präsentiert Maler<br />

und Sänger Frank Maessig<br />

bei seinem Heimspiel im Lindener<br />

Rathaus noch bis Anfang April. Hausherr<br />

und Bürgermeister Jörg König (kl. Bild)<br />

begrüßte mit dem Protagonisten nebst Ehefrau<br />

Eva und Sohn Silas (Bild Mitte, vorn) die<br />

rund 100 Erstbesucher – darunter auch das<br />

komplette „The Oldies-Ensemble“ – und ließ<br />

launig durchblicken, dass die vornehmlich im<br />

farblichen Dreiklang von schwarz/rot/gelb<br />

gehaltenen Motive nicht als partei-politisches<br />

Farbenspiel, sondern als Maessig‘scher Akkord<br />

seiner von Rock bis Rokoko verspielten<br />

Acryl/Öl-Kompositionen zu verstehen<br />

sind. Manche der Motive des ausgewiesenen<br />

Kunstkenners- und -sammlers zeigen auch<br />

eine gewisse Nähe zu den Großen seiner<br />

Zunft (Bugert, Daniel Richter, Lüpertz), wobei<br />

die Originalität des Eigentalents vordergründig<br />

bleibt.<br />

(s.a. <strong>BOGART</strong> Nrn. 17, 20, 21; gi-mix.de/bogart)<br />

für Creative


POPCORNER<br />

Nach Presseschelte wieder voll drauf:<br />

Lemmy und Dirk Benninghoff (Foto: BILD)<br />

Remmi-Demmi um Lemmy:<br />

Headbanger „erschlagen“<br />

METAL HAMMER – Kritiker<br />

Einen kräftigen Tritt in seine „vier Buchstaben“<br />

bekam <strong>BOGART</strong>- und Familienfreund<br />

Dirk Benninghoff (Chef vom<br />

Dienst bei BILD) für seine Konzertkritik<br />

im Springer-Magazin “Metal Hammer“<br />

(Ausgabe 7/2014). Beim Wüstenauftritt<br />

von MOTÖRHEAD im Rahmen des<br />

traditionellen Musikfestivals im Coachella<br />

Valley (Indio/Kalifornien) ließ der<br />

bekennende „Schwermetaller“ und St.<br />

Pauli-Roar gestählte Vollblut-Journalist<br />

(Financial Times, Stern) Frontmann Lemmy<br />

Kilmister (*24.12.45) mehr als nur<br />

verdörrt aussehen („Der ist nach seinem<br />

gesundheitlichen Horrorjahr 2013 noch<br />

längst nicht der Alte. Wird er es jemals<br />

wieder sein?“).<br />

Das schon vor Wacken 2013, dem<br />

deutschen Hard-Rock Mekka, kurzfristig<br />

abgekackte Pik-Ass seiner Zunft<br />

(Hit: Ace of Spades) brauchte diesmal<br />

einfach mehr Pinkelpausen („Die Stimme<br />

dünn, die Beine wacklig, er quält<br />

sich.“), zeigte sich der Reporter durchaus<br />

um die Gesundheit des Defibrillator-<br />

Trägers besorgt, wollte dessen dahin<br />

plätschernden Auftritt aber angesichts<br />

der teuer bezahlten Publikumserwartungen<br />

zu Recht nicht unangemerkt durchgehen<br />

lassen.<br />

Dass Benninghoffs noch moderatem<br />

Sandlüftchen journalistischer Leserfürsorge<br />

ein tsunamigleicher Shitstorm aus<br />

dem Lager der hartgesottenen Headbanger<br />

mit übelsten Verbalinjurien in<br />

Hunderten Posts und Tweets folgte, verursachte<br />

sogar selbst bei seinen oft nicht<br />

zimperlich recherchierenden Verlagsund<br />

Standeskollegen jedweder Coleur<br />

mitfühlendes Kopfschütteln. Immerhin<br />

heisst es ja im Grundgesetzt Artikel 5:<br />

„Jeder hat das Recht, seine Meinung<br />

in Wort, Schrift und Bild frei zu äußern<br />

und zu verbreiten,..." Oder wie Rudi<br />

Dutschke es gesagt hat: "Ohne radikale<br />

Selbstkritik gibt es keine Kritik der Verhältnisse".<br />

Da mittlerweile der Facebook-Eintrag<br />

von der Motörhead-Fanseite gelöscht<br />

wurde und sich die Band für deren<br />

hirnrissige Verfolgungjagd auf den<br />

dort sogar „steckbrieflich“ benannten<br />

aufrechten Pressemann entschuldigte,<br />

sollen an dieser Stelle die unsäglichen<br />

Dumm-Dumm-Geschosse unzitiert in den<br />

Niederungen des WWW verbleiben.<br />

JE SUIS MOTÖRHEAD<br />

Einige Monate später gaben die beiden<br />

wechselseitig „Gescholtenen“ bei<br />

ihrer Begegnung der zweiten Art dann<br />

ein ganz neues Bild in BILD von sich,<br />

was Autor Benninghoff wie folgt publizierte:<br />

„...Ein sehr freundlicher, etwas<br />

schmächtiger älterer Herr sitzt mit einem<br />

Drink vor einem Münzspielautomaten,<br />

den er offenbar gerade „abgemolken“<br />

hat. Es ist kurz vor dem Motörhead-<br />

Konzert in der Berliner Max-Schmeling-<br />

Halle. Wir plaudern ein wenig über<br />

seine Wahlheimat Los Angeles. Oft war<br />

ich in seiner Nachbarschaft abends<br />

aus, ohne ihn zu treffen. Jeden Abend<br />

sei er nicht mehr in seiner Stammbar,<br />

dem „Rainbow“, sagt Kilmister und aus<br />

dem freundlichen älteren Herren wird<br />

auf Knopfdruck die harte Rampensau.<br />

Und die ist in wesentlich besserer Form,<br />

als ich sie noch im Frühjahr in der Wüste<br />

Kaliforniens erlebt habe (…) Und bei<br />

den Schlussworten We are Motörhead,<br />

don’t forget us überkommt mich diesmal<br />

keine Wehmut.“ – „Es wird ein Wiedersehen<br />

geben. Sicher!“<br />

An einem neuen Album wird seit Anfang<br />

Januar 2015 gebastelt, Tourdaten<br />

in europäischen Nachbarländern für<br />

Mitte des Jahres stehen bereits fest.<br />

Übrigens, Ian Fraser Kilmisters aus notorischer<br />

Spielgeldknappheit geborener<br />

Slogan „Lemme a fiver“ brachte ihm<br />

seinen Spitznamen ein. Die fast senkrechte<br />

Bühnen-Mikrofonstellung entwickelte<br />

er während seines ersten Gigs,<br />

weil er so über die leeren Stuhlreihen im<br />

Saal hinweg blicken konnte.<br />

Reinhard Müller-Rode<br />

Illustration/Collage: Hans Michael Kirstein/RMR<br />

18 Bogart<br />

Das Mitmachmagazin


25 Jahre „Grüner Kaktus“<br />

Gießener Kabarett blickt zurück<br />

auf die Erfolgsjahre 1989 - 1997<br />

Politisches und sozialkritisches Kabarett ist für Jugendliche<br />

oft so unterhaltsam wie eine Wurzelbehandlung<br />

beim Zahnarzt. Das war in den 80ern Jahren<br />

genauso wie heute. Dennoch kam vor 25 Jahren<br />

eine Gruppe Jugendlicher zusammen um genau ein<br />

solches Kabarett zu gründen; nämlich das „Cabarét<br />

Grüner Kaktus“.<br />

1989 war ein wichtiges Jahr in Deutschland, die Mauer<br />

fiel und das geteilte Land schickte sich an wieder<br />

zusammen zu kommen. Es gab genug Themen, die<br />

es wert waren kritisch und auf humorvolle Weise zu<br />

bearbeiten und anzusprechen. Das Besondere daran<br />

war, dass alle Stücke selbstgeschrieben wurden. Es<br />

wurde nichts nachgespielt.<br />

Das Wort „Comedy“ oder „Comedians“ war noch<br />

nicht sehr geläufig, doch war es gerade das, was die<br />

Gruppe produzierte und ausmachte: lustig zu sein,<br />

saukomisch, „Schenkelklopfer“ zu erschaffen. Der<br />

gefürchtete „erhobene Zeigefinger“ kam nur schleichend<br />

und leise daher und wurde daher oft nahezu<br />

unbemerkt vom Zuschauer aufgenommen.<br />

Wenn ein Kriegsflüchtling aus Bosnien vom deutschen<br />

Amtsschimmel hart behandelt wurde lachten<br />

die Leute und fragten sich erst danach, ob der Beamte<br />

nicht doch etwas zu ungerecht sei.<br />

Wenn auf „loriotische“ Weise ein Ortsverein der FDP<br />

eine Sitzung abhielt, um sich in WLNU (Wir lassen<br />

nichts unversucht) umzubenennen, klatschten die<br />

Zuschauer über die nahezu bizarren Figuren dieser<br />

kurzen Geschichte. Der Kern der Aussage des Sketches<br />

sickerte durch und war damals so aktuell wie<br />

heute.<br />

Mit "Haken" und Stecknadeln<br />

Herausragend auch die Angestellte eines Reisebüros,<br />

die einer Kundin eine Rundreise durch Deutschland<br />

zu den wichtigen Stätten des neonazistischen Terrors<br />

der frühen 90er Jahre mit Rostock, Mölln und Hoyerswerda<br />

anpries. Die Reiseroute nachgezeichnet<br />

auf einer Landkarte Deutschlands ergab ein Hakenkreuz.<br />

Eine Stecknadel konnte man hier fallen hören.<br />

Harte, beißende Satire war für den GRÜNEN KAK-<br />

TUS ebenso wichtig wie die brüllende Comedy.<br />

Waschechte Fans kamen mehrmals zu den Auftritten<br />

und konnten Texte teilweise mitsprechen, wie<br />

bei Herrn Becker, der die Vorzüge seines Haustiers,<br />

einem Waschbär, in sehr eindrücklicher Art vortrug.<br />

Nahezu jede Vorstellung war ausverkauft und der<br />

GRÜNE KAKTUS gastierte auf allen Gießener Kleinkunstbühnen:<br />

das ehemalige Ziegelschiff im Hardthof,<br />

das Theater im Löbershof „TIL“, im Jokus und so<br />

ziemlich allen Bürgerhäuser im Umkreis. Es gelang<br />

sogar der Schritt nach Hamburg und München, wo<br />

die Gruppe große Erfolge bei Kirchentagen feierte,<br />

bis hin im Ausland als Kulturdelegation der Stadt<br />

Gießen in der Partnerstadt Kerkrade in den Niederlanden.<br />

Der unvergessene Höhepunkt war wohl der<br />

Auftritt beim Hessentag in Lich. Auf Einladung des<br />

Hessischen Innenministers gastierte der GRÜNE<br />

KAKTUS als Höhepunkt des Abends im total überfüllten<br />

Festzelt. Zeltwände mussten ausgehängt werden,<br />

sodass man auch von draußen noch zuschauen<br />

konnte. Das Publikum war außer Rand und Band<br />

und auch die Tagespresse würdigte in Text und Bild<br />

das feinsinnige Zusammenspiel der Akteure.<br />

1997 war es schließlich nach acht Jahren vorbei.<br />

Aus den Jugendlichen wurden Erwachsene und<br />

zerstreuten sich berufsbedingt im ganzen Land.<br />

Einmal im Jahr treffen sie sich noch, bis heute, jeweils<br />

am 22. Dezember zum Gründungsjubiläum...<br />

und erfreuen sich stets wieder aufs Neue über die<br />

Gags und Gigs und viel Applaus ihrer erfolgreichen<br />

gemeinsamen Zeit.<br />

Sascha A. Wanke<br />

(v.l.): Klaas Pekala (geb. Vogel), Felix Orth,<br />

Katja Heikenwälder, Christina Küper-Ehler,<br />

Claudia Heikenwälder, Sascha A. Wanke<br />

Mit 200 Millionen verkauften Alben sind AC/DC nicht nur die größte Rockband<br />

der Welt. Sie sind gleichzeitig ein von drei Brüdern – George, Malcolm<br />

und Angus Young – aufgebautes Familienimperium. „Die Brüder Young –<br />

Alles über die Gründer von AC/DC“ erzählt die Geschichte der musikalischen und kommerziellen<br />

Giganten am Beispiel von 11 Songs und enthüllt dabei viele<br />

persönliche und kreative Geheimnisse. Erstmalig verraten Insider<br />

wichtige Informationen, die AC/DCs langen Weg an die<br />

Spitze begünstigten und enthüllen dabei verblüffende Fakten.<br />

Bisherige Schilderungen von Ereignissen werden hinterfragt,<br />

Broschur, ca. 21 x 14 cm,<br />

wobei sensationelle Details auftauchen, die den Durchbruch<br />

ca. 352 Seiten<br />

der Band in den USA in einem völlig neuen Licht erscheinen<br />

mit 16 Seiten Fotos<br />

ISBN 978-3-85445-466-3<br />

lassen. AC/DC sind mit ihrer Musik niemals Kompromisse<br />

€ 14,99<br />

eingegangen. Auch „Die Brüder Young – Alles über die Gründer<br />

von AC/DC“ scheut sich nicht davor, die Dinge beim Na-<br />

ISBN 978-3-85445-467-0<br />

auch als Ebook erhältlich<br />

men zu nennen. Seriös und akribisch recherchiert, wird es der<br />

phänomenalen Karriere der drei auf jeder Seite gerecht.<br />

für Creative<br />

Bogart 19


URBAN UN' ART<br />

STERNENWELTEN:<br />

Vor drei Jahren<br />

noch war die plakatierte<br />

Hausfassade<br />

des aus allen Fugen<br />

geratenen"Samenhaus<br />

Hahn" das Eldoroda<br />

für Affichisten. Verblieben<br />

sind lediglich noch<br />

wenige Papierfetzen<br />

am verwitterten Schild<br />

der Abbruchfirma auf<br />

diesem "sagenhaften<br />

Goldland" im Herzen<br />

Gießens...<br />

Fotos: Julia Korda (l.), Reinhard Müller-Rode<br />

URBAN<br />

GLAMOUR<br />

3Steps: Tie-Break; Sprühlack/Papiercollage auf Holz; (gerahmt) 2014<br />

70 x 100 cm; Unikat (Preis auf Anfrage)<br />

1998 gründeten Kai und Uwe Krieger mit Joachim Pitt unter dem Namen “Three Steps Ahead” ihre<br />

Graffi ti Crew. Aus dieser entwickelte sich das unter dem heutigen Namen 3Steps bekannte Street Art<br />

Kollektiv. Aus dem klassischen Graffi ti des New Yorker Stylewriting heraus veränderte sich der Stil des<br />

Kollektives schnell zu großformatigen Wandgeschichten. Seither fi nden sich die Arbeiten von 3Steps in<br />

den Metropolen Europas und auch in New York.<br />

3Steps ist zudem Initiator und Kurator des<br />

internationalen urbanen Kulturfestivals<br />

River Tales | Flussgeschichten. Das mehrfach<br />

geförderte Projekt hat das Ziel einer<br />

Neugestaltung von Stadt, Land und Fluss<br />

durch urbane Mural Art & Street Art. Das<br />

Festival thematisiert urbanen Wandel und<br />

verändert Städte durch Kultur. Hierbei<br />

gestalteten seit 2012 internationale Künstler<br />

unter dem Motto »urbaner Wandel«<br />

1200 Quadratmeter Wandfl äche entlang<br />

des Flusses Lahn und an der Gießener Wieseck<br />

(u. a. zwischen Bleich- und Alicenstraße).<br />

Bei der zweiten Episode des Projektes<br />

im August 2014 bemalten sie mit namhaften<br />

Größen der Mural-Art-Community<br />

weitere 300 Quadratmeter Beton unter der<br />

„Sachsenhäuserbrücke“ in Gießen.<br />

"Früher hatten wir ganz klassische Maler<br />

als Vorbilder wie Michelangelo und Monet.<br />

Dementsprechend haben wir schon zu<br />

Beginn vor über 15 Jahren eher Figuren<br />

als Worte gemalt und orientierten uns<br />

dabei innerhalb der jungen Graffi ti-Szene<br />

auch an Künstlern wie Grey, Loomit, die<br />

MAC-Crew oder die FX-Crew. Natürlich<br />

3Steps: Voice of the Streets Icon | Card<br />

Sunburst Edition; 4 Farben Siebdruck,<br />

handgefertigt auf 280g säurefreiem Papierkarton<br />

(ungerahmt) 2015; 50x70 cm; Edition<br />

von 33 + 9 AP (jedes ein Unikat) €1<strong>23</strong><br />

waren wir zunächst sehr geprägt vom klassischen Graffi ti und Stylewriting. Über die Jahre hinweg<br />

begeistern uns Künstler wie Ackermann, Kaws, Shepard Fairey, Faile, Kienholz, Rehberger oder auch<br />

Newton. Seit drei Jahren konzentrieren wir uns auf unsere Bildmotive mit Geschichten, die wir in<br />

unseren Arbeiten erzählen möchten. Die Inspiration kommt aus dem, was wir erlebt haben, was uns<br />

umgibt, was auf der Straße zu fi nden ist und dem, was wir uns wünschen," leitet das Trio die Intensionen<br />

für ihre mehr und mehr eigenschöpferischen Arbeiten ab.<br />

Ihre jüngste Ausstellung unter dem Motto “Urban Glamour” dokumentierte die parallele Entwicklung<br />

von Kai, Uwe und Joachim neben Graffi ti- und Street-Art-Projekten hin zur hohen Schule der<br />

Pop-Art-Collagen, die im Konzert der renommierten Vertreter dieses Genres den "Gießen-Style" signifi<br />

kant intonieren. Die erste von 3Steps im eigenen Studio handgefertigte Siebdruck-Edition zu Vernissage<br />

war schnell vergriffen wie die auch zwischen 100 und 8.000 EUR ausgepreisten limitierten<br />

Serigrafi en und großformatige Unikate, die ernsthafte Kunstsammler auf den Plan gerufen hatte.<br />

Zur Finissage am 13. Februar ist die zweite handgefertigte Serigrafi e im Vierfarb-Siebdruck in einer<br />

Edition erschienen. Jedes ist durch eine besondere handgedruckte Technik ein Unikat und kostet<br />

1<strong>23</strong>,- EUR. Der Ausstellungskatalog zu den Werken ist online als PDF via www.3steps.de oder auf<br />

Anfrage verfügbar. Im Show-Room (Gießen, Bleichstraße 35) können verbleibende Werke nach Vereinbarung<br />

unter 0641.580 930 33 betrachtet werden.<br />

20 Bogart<br />

Das Mitmachmagazin


Römerberg<br />

DIE RADIKALE KUNST DER AFFICHISTEN<br />

POESIE DER GROSSSTADT (bis 25. MAI 2015)<br />

Di, Fr–So 10–19; Mi, Do–22 Uhr<br />

Ob frühe Pop-Künstler, Wegbereiter der Street-Art oder<br />

Vermittler einer „natürlichen Poesie“ der Wirklichkeit:<br />

In den 1950er-Jahren traten die Affichisten mit einem<br />

völlig neuen Begriff des Tafelbildes hervor. Auf Streifzügen<br />

durch Paris und Rom sammelten sie Teile der in den<br />

Straßen der Stadt allgegenwärtigen, oft verwitterten<br />

und zerfetzten, sich in Schichten überlagernden Plakatwände<br />

und erhoben die urbane Alltagswelt selbst zum<br />

Gemälde. Ihr ebenso subversiver wie poetischer Zugriff<br />

auf die Wirklichkeit machte sie zu Pionieren eines<br />

„Neuen Realismus“.<br />

Jacques Villeglé beim Abreissen von Plakaten in den Straßen von<br />

Paris, 1963 – Foto: Shunk-Kender © J. Paul Getty Trust. The Getty<br />

Research Institute, Los Angeles. (2014.R.20) Gift of the Roy Lichtenstein<br />

Foundation in memory of Harry Shunk and Janos Kender<br />

Mit der ersten umfassenden Überblicksausstellung seit über 20 Jahren<br />

ist die radikale Kunst der Affichisten wieder in Deutschland<br />

zu sehen. In 150 Exponaten stellt die Schirn Kunsthalle Frankfurt<br />

die Kunst des Plakatabrisses in ihrer ganzen Bandbreite vor, von<br />

kleinen Fragmenten zu überwältigenden Großformaten, von abstrakten<br />

Farbformationen bis hin zu Ikonen der Popkultur – ergänzt<br />

durch fotografische, filmische und poetische Experimente der beteiligten<br />

Künstler: Raymond Hains, Jacques Villeglé, François Dufrêne<br />

sowie Mimmo Rotella und Wolf Vostell.<br />

Die Ausstellung umfasst den Zeitraum zwischen 1946 und 1968<br />

und richtet ein besonderes Augenmerk auf die Entstehung der<br />

Kunstströmung und die frühen Phasen im Schaffen der Affichisten.<br />

Mit dem 2,56 Meter breiten manifestartigen Fries „Ach Alma<br />

Manetro“ legten die Franzosen Raymond Hains und Jacques<br />

Villeglé 1949 nicht nur den Grundstein für die künstlerische Praxis<br />

des Plakatabrisses (im Französischen affiche lacérée oder décollage<br />

genannt), sondern formulierten zugleich einen neuen Werkbegriff,<br />

der davon ausgeht, dass „die Kunst von allen gemacht sei.<br />

Nicht von einem.“ Von Anfang an setzte sich der Plakatabriss von<br />

der vorherrschenden lyrisch-abstrakten Malerei, wie auch von der<br />

Collage und dem Readymade der Vorkriegsavantgarde ab. Dabei<br />

stand er in enger Beziehung zu anderen künstlerischen Ausdrucksformen<br />

und Medien, wie der Sprache und Poesie, der Fotografie<br />

und dem Film.<br />

Die Ausstellung in der Schirn beleuchtet den besonderen Stellenwert<br />

der französischen Affichisten François Dufrêne, Raymond<br />

Hains, Jacques Villeglé und des Italieners Mimmo Rotella innerhalb<br />

der Avantgarde der 1950er- und 1960er-Jahre. Der deutsche<br />

Künstler Wolf Vostell nimmt in seiner Beziehung zu den Affichisten<br />

eine gesonderte Position<br />

ein. Die Schau vereint die<br />

bedeutendsten Werke der<br />

fünf Affichisten.<br />

„Jeder kennt heute Street-<br />

Art und ihre prominenten<br />

Vertreter weltweit – von<br />

Brasilien über die USA bis<br />

nach Großbritannien. Doch<br />

nur die wenigsten wissen,<br />

dass die Affichisten die ersten,<br />

echten Wegbereiter<br />

der Street-Art sind“, betont<br />

Max Hollein, Direktor der<br />

Schirn Kunsthalle Frankfurt.<br />

Mimmo Rotella: Marylin, 1963-64; Plakatabriss; 133 x 94 cm; Agnes & Frits<br />

Becht Collection © VG Bild-Kunst Bonn, 2015 – Foto: Thijn van de Ven<br />

für Creative<br />

Mimmo Rotella: Ritz, 1963; Plakatabriss auf Leinwand; 116 x 58 cm Catanzaro,<br />

Fondazione Mimmo Rotella © VG Bild-Kunst Bonn, 2015<br />

Bogart 21


<strong>BOGART</strong>-KINOSTART<br />

Laufendes Web-Programm: kumbayaserie.de<br />

Die beiden Nichtsnutze Jacob und David finden nach einem Absinth rausch einen Pizzakarton, auf dem sie im<br />

Delirium die Grundthesen einer neuen Religion niedergeschrieben haben. Im Internet findet ihre neue Kirche<br />

zahlungskräftige Anhänger, ihr PayPal Account platzt bald aus allen Nähten.<br />

Da die beiden lieber Videospiele spielen als sich um ihre Gemeinde zu kümmern, stellen sie Eva ein, die sich<br />

fortan um die virtuelle Seelsorge kümmern soll.<br />

Um vor dem Fiskus den Anschein der Seriosität zu wahren und einen realen Klingelbeutel herumreichen zu<br />

können, soll nun eine richtige Kirche gebaut werden. Zufällig hat Eva gerade einen Tischler kennengelernt.<br />

Scheint ganz nett zu sein. Sein Name ist Jesus.<br />

David: Nick Buckenauer; Jacob: Sebastian Droschinski; Jesus: Nassim Avat; Eva: Franciska Friede, u.a.m.<br />

Ab 19.3.: New York, 1981<br />

- das Jahr, das mit seiner Kriminalitätsrate<br />

als gefährlichstes in die<br />

Stadtgeschichte eingehen wird.<br />

Der immigrierte Geschäftsmann<br />

Abel Morales (Oscar Isaac) und<br />

seine Frau Anna (Jessica Chastain)<br />

stehen vor ihrem größten Coup und<br />

Wagnis. Mit einer hohen Anzahlung<br />

erwerben sie die Option auf ein<br />

Industriegelände, mit dem sie ihre<br />

Ab 7.5.: Das Jahr 1919.<br />

Der erste Weltkrieg mag vorüber<br />

sein. Nicht aber für Joshua Connor<br />

(Russell Crowe). Der australische<br />

Farmer macht sich auf die weite und<br />

beschwerliche Reise in die Türkei, um<br />

endlich mehr über das Schicksal seiner<br />

drei Söhne zu erfahren, die seit<br />

der Schlacht von Gallipoli verschollen<br />

sind. Die türkischen Behörden aber<br />

zeigen wenig Interesse daran, einem<br />

Screenshot: Anika Lehmann und Thorsten Schneider als Vermieter (s.a. S. 4)<br />

© 2015 © SquareOne/Universum<br />

© Universal Pictures 2015<br />

© 2015 Constantin Film Verleih GmbH<br />

Regie: Janco Christiansen, Lasse Buchhop, Dennis Riebenstahl<br />

Kamera: Dennis Riebenstahl, Jonas Langmaack, Christoph Beckmerhagen, Jonas Schneider, Timmi Davis<br />

Serie 9 Folgen (kpl. 120 min.), Farbe, 16:9, HD 1080p, produziert 2014<br />

facebook.com/kumbayaserie · shoreless-pictures.de · kumbayaserie.de<br />

Um dem 40köpfigen Team eine kleine Spende zukommen zu lassen, bitte einfach das<br />

unglaubliche Outtakes Material kaufen! – Garantiert genauso lustig wie die Serie. ;-)<br />

gemeinsame Heizölfirma zu einer<br />

der bedeutendsten in New York<br />

machen könnten. Ein Monat bleibt<br />

ihnen, die Restzahlung in Millionenhöhe<br />

zu beschaffen – andernfalls<br />

verlieren sie alles…<br />

Angehörigen des Kriegsgegners zu<br />

unterstützen. Doch Joshua ist nicht<br />

lange auf sich allein gestellt: Ayshe<br />

(Olga Kurylenko), die bildschöne<br />

Besitzerin seines Hotels in Istanbul,<br />

erklärt sich bereit, ihm zu helfen...<br />

Ab 14.5.: In ihrem zweiten<br />

Abenteuer stehen der schwarze<br />

Hengst Ostwind und das rothaarige<br />

Mädchen Mika erneut vor einer großen<br />

Aufgabe und machen diesmal<br />

Bekanntschaft mit einem fremden<br />

Jungen und einer geheimnisvollen<br />

Schimmelstute. Darsteller: Hanna<br />

Binke, Amber Bongard, Jannis<br />

Niewöhner, Marvin Linke, Cornelia<br />

Froboess, Tilo Prückner, Nina Kronjäger,<br />

Jürgen Vogel, Max Tidof, Walter<br />

Sittler, Henriette Morawe, u.v.a.<br />

Drehbuch: Lea Schmidbauer, Kristina<br />

Magdalena Henn<br />

Regie: Katja von Garnier<br />

FOTOAUSSTELLUNG<br />

BIS JUNI 2015<br />

photography & image retouch<br />

wie ein topmodel gestylt,<br />

fotografi ert<br />

und professionell retuschiert.<br />

das 50-50-50 konzept.<br />

150 € für ein modelshooting.<br />

www.annavoelske.com 0175-51<strong>23</strong>375 diezstr. 10 gießen<br />

Wie es oft so ist, entdeckt man<br />

neue Faszinationen durch<br />

Zufall und so war es auch bei<br />

SIRPAUL.<br />

Beim Durchstreifen nach<br />

Referenzbildern stach mir ein Portrait ins<br />

Auge und ich gelangte darüber auf die<br />

Homepage des in New York lebenden<br />

Künstlers. Hier gab es mehr als reichlich<br />

Informationen; u.a. seine Musikstreams<br />

und Videos. Auch außergewöhnlich und<br />

bewundernswert war die Tatsache, daß<br />

er sich nicht abhängig von den großen<br />

Musikfirmen macht, sondern sein<br />

eigenes Label "Controversial Records"<br />

betreibt und nebenbei auch immer<br />

wieder für andere Künstler produziert.<br />

Seine Musik ist im Indie-Electropop-<br />

Bereich einzuordnen und er schreckt<br />

auch nicht vor Provokationen zurück in<br />

seinem Kampf für Gleichberechtigung<br />

der Lesben und Schwulen.<br />

Nach Veröffentlichung meiner Illustration<br />

hat sich SIRPAUL höchstpersönlich bei<br />

mir für dieses Portrait bedankt und es<br />

ist ein sehr netter Kontakt entstanden.<br />

Ebenso wie ich auf ihn, ist auch er<br />

genauso zufällig im Internet auf mich<br />

und meine Kunst gestoßen.<br />

24 Bogart<br />

Das Mitmachmagazin


MIT GIZMORIAN DURCH DIE JAHRESZEITEN<br />

© GIZMORIAN: SIRPAUL (2014) www.gizmorian.com<br />

MO DI MI DO FR SA SO MO DI MI DO FR SA SO MO DI MI DO FR SA SO MO DI MI DO FR SA SO MO DI MI DO FR SA SO MO DI<br />

MÄRZ 2015 01 02 03 04 05 06 07 08 09 10 11 12 13 14 15 16 17 18 19 20 21 22 <strong>23</strong> 24 25 26 27 28 29 30<br />

APRIL 2015 01 02 03 04 05 06 07 08 09 10 11 12 13 14 15 16 17 18 19 20 21 22 <strong>23</strong> 24 25 26 27 28 29 30<br />

MAI 2015 01 02 03 04 05 06 07 08 09 10 11 12 13 14 15 16 17 18 19 20 21 22 <strong>23</strong> 24 25 26 27 28<br />

für Creative<br />

Bogart <strong>23</strong>


Sie beginnen jetzt nach Gesetzen zu rufen, um<br />

Gefährdungen durch Karikaturen in Zukunft zu verhindern.<br />

Sie meinen dadurch wohlgemerkt keine Gesetze, die<br />

Terrorismus erschweren, sondern die Veröffentlichung von<br />

Cartoons. – Ich schrieb nach den Anschlägen auf Charlie<br />

Hebdo, dass uns die Terroristen nicht die Freiheit nehmen<br />

könnten, sondern nur wir selbst. – Wohlan, das Rennen ist<br />

eröffnet. (Jochen Schaudig via Facebook, Januar 2015)<br />

20 <strong>BOGART</strong><br />

Das Mitmachmagazin


Cartoons<br />

"Die Gießener Zeit prägte seine Kunst," überschrieb Sascha<br />

A. Wanke für <strong>BOGART</strong> Nr. 9 seinen Beitrag über Jochen<br />

Schaudig. "So errang der JLU-Kunstpädagogig-Student<br />

1997 bei einem Wettbewerb des Gießener Magazins „Express“<br />

den zweiten Platz, bekam Aufträge von Kulturveranstaltungen<br />

und Gießener Kneipen zur Erstellung von<br />

Cartoons und Werbefiguren." Seine pointierten Arbeiten<br />

"über Gott und die Welt" sind zwischenzeitlich auch in den<br />

renommierten Satire-Magazinen angekommen. – 1973 in<br />

Mainz geboren, lebt und arbeitet "Haugrund" inzwischen<br />

wieder in seiner Heimatstadt.<br />

für Creative Bogart 25


COMIC UND CARTOON<br />

Die SPRECHBLASE <strong>23</strong>2<br />

"Die SPRECHBLASE schafft es<br />

immer wieder, hierzulande Unbekanntes<br />

aus der Comic-Geschichte<br />

zu Tage zu fördern, in ausführlicher<br />

Weise", postet dieser Tage<br />

Kaschi bei comicguide.net. So<br />

wartet auch die aktuelle Ausgabe<br />

wieder mit 100 hochkarätigen<br />

Seiten auf:<br />

PHANTOM LADY von Matt Baker<br />

Von den Good-Girl-Art-Comics<br />

der 40er und 50er Jahre gehört<br />

die nun auch auf Deutsch erscheinende<br />

PHANTOM LADY zu den<br />

bekanntesten Titeln.<br />

ZORRO von Alex Toth<br />

ODINSON<br />

von Jesús<br />

Blasco<br />

Die hervorragend<br />

gezeichnete<br />

Wikinger-<br />

Serie aus<br />

der Werkstatt<br />

Peter<br />

Wiechmanns<br />

ist<br />

nie auf<br />

Deutsch erschienen.<br />

Wir stellen<br />

den Künstler und eine spannende<br />

ODINSON-Episode vor.<br />

LOVECRAFT-Hommage<br />

von FuFu Frauenwahl<br />

FuFus Comic „Not a Common<br />

Place“ ist sensationell. Eindringlicher<br />

kann H.P. Lovecraft nicht<br />

interpretiert werden.<br />

RAUCHENDE COLTS<br />

Die berühmte Western-TV-Serie<br />

jetzt auch auf Deutsch auf DVD<br />

Weitere Artikel (u.a.):<br />

DYLAN DOG ist zurück!<br />

Zum Tod von Hajo F. Breuer<br />

Terry Moore-Interview<br />

THE STAR WARS – Die Urfassung<br />

Außerdem: Teil 4 unseres exklusiven<br />

SIGURD-Comics, die Rückkehr<br />

der satirischen Rubrik „Volkers finstere<br />

Fakten“, HARRY-Magazin,<br />

Leserbriefe.<br />

€ 9,90; Verlag Abenteuer pur<br />

(Gerhard Förster/Hans Stojetz)<br />

Die Sprechblase c/o G. Förster<br />

Winckelmannstr. 2/8 A-1150 Wien<br />

www.die-neue-sprechblase.at<br />

Geahnt hatte er es schon lange. © Gerhard Glück<br />

Noch bis 22. März 2015<br />

KAMAGURKA. How to become a German<br />

Die Deutschwerdung des Kamagurka<br />

Weckmarkt 17<br />

Di bis So 10–18, Mi 10–21 Uhr<br />

caricatura‐museum.de<br />

2. April bis 13. September 2015<br />

GERHARD GLÜCK –<br />

Komische Kunst<br />

Das caricatura museum holt mit dem Künstler<br />

Gerhard Glück einen der renommiertesten<br />

Vertreter der Komischen Kunst an dessen<br />

Geburtsort Frankfurt zurück und knüpft damit<br />

an die hiesige Ausstellung vor acht Jahren an.<br />

Kamagurka, bürgerlich Luk Zeebroek, geboren 1956 in Nieuwpoort,<br />

gilt als der Erfinder und alleinige Vertreter des belgischen Humors.<br />

Mit unzähligen Cartoons, Comics, Gemälden, Fernsehsendungen, © Stefaan Vandorpe<br />

Bühnenshows und Aktionen hat er sich über die Jahrzehnte sein Heimatland untertan gemacht und<br />

durch schiere Produktivität eine unbezwingbare Monopolstellung in der niederländischsprachigen<br />

Welt erobert.<br />

Zwei tägliche Cartoons in wichtigen flämischen Tageszeitungen, Journalismusparodien in der<br />

belgischen Fernsehzeitschrift Humo, Ausstellungen, Bücher und Artikelpublikationen in allen<br />

bekannten internationalen Satire- und Kulturmagazinen, vom Punch über Charlie Hebdo und Titanic<br />

bis hin zum New Yorker, vor allem aber sein rabenschwarzer Humor haben ihn nicht nur in seiner<br />

Heimat Belgien, sondern in der ganzen Welt bekannt gemacht. Wer Niederländisch spricht, kennt<br />

Kamagurka. Alle anderen haben ihn gefälligst kennenzulernen.<br />

© Kamagurka<br />

26 Bogart<br />

Das Mitmachmagazin


Autor: Étienne Davodeau<br />

ISBN: 978-3-7704-5512-6<br />

Preis: € 24,99<br />

Seitenzahl: 144<br />

Farbigkeit: schwarzweiß<br />

Buchform: gebunden<br />

Fabien arbeitet als Museumsaufsicht im<br />

Louvre. Als seine Freundin ihn mit zu ihrer<br />

Familie nimmt, ist ihm nicht ganz wohl in<br />

seiner Haut. Begeistert zeigen ihm die Benions<br />

den schielenden Hund, ein altes Gemälde, das<br />

sie vor Kurzem auf dem Dachboden entdeckt<br />

haben. Nun steckt Fabien in der Klemme.<br />

Denn wenn er es mit seinen amourösen Avancen<br />

ernst meint, dann sorgt er dafür, dass das Bild<br />

bald im Louvre zu sehen ist. Der schielende Hund<br />

vom Erfolgsautor Étienne Davodeau ist eine<br />

charmante Farce, die der Frage nachgeht: Was<br />

genau ist eigentlich Kunst?<br />

Im Anhang klärt der Autor, wie das Pariser<br />

Louvre für seine griechischen und römischen<br />

Antikensammlungen, der italienischen<br />

Renaissancemalerei bzw. der flämischen<br />

Malerei des 16. und 17. Jahrhunderts sowie<br />

der französischen Malerei des 15. bis 19.<br />

Jahrhunderts ein Bild auswählt, über das letztlich<br />

ein 22köpfiges Komitee entscheidet.<br />

© RMR<br />

Nur Verachtung zeigte einer der beliebtesten und meistbeschriebenen<br />

Altmeister der franko-belgischen Comicszene, HERMANN, ob<br />

des feigen Attentats auf die Redaktion des Pariser Satiremagazin<br />

"Charlie Hebdo". Am liebsten hätte er seinen Co-Helden aus der Serie<br />

"Jeremiah", den knarzigen Kurdy Malloy, als Rächer seiner Kollegen zur<br />

Verfolgung der Irr-Slamisten in die französische Metropole entsandt. Hermann<br />

war mit den prominenten, quasi hingerichteten vier Mitarbeitern<br />

des Magazins wohl vertraut; insbesondere mit Georges Wolinski (1934-<br />

2015) bzw. Jean Cabut (1938-2015), die seit den 60ern zu den Edelfedern<br />

illustrativer Sozialkritik gehörten.<br />

Exklusiv für <strong>BOGART</strong> übermittelte er Freund und Partnerautor HMK ("Nylon-Mann")<br />

mit dieser Illustration seine spontane Gemütsstimmung per<br />

FAX, die von der gern auch mal "hintersinnigen" Redaktion bedingungslos<br />

nachempfunden wird. So verkörpert die Figur des rauhen Drifters Kurdy<br />

aus Hermanns langlebiger Serienstrecke "Jeremiah" (seit 1978) perfekt<br />

die Grundidee eines freiheitlichen Lebens ohne hardcore-ideologische<br />

Anmaßungen und Penetranzen! Insofern ist "Jeremiah" als<br />

Comix aus Italowestern, Science Fiction und zeit-<br />

genössischen Anspielungen die prototypische<br />

Serie einer freigeistigen Mentalität. Jüngst<br />

erschienen auch in Deutschland seine Al-<br />

ben "Reise in den Kongo", eine schel-<br />

mische Hergej-Paraphrase oder<br />

"Station 6", ein gerade farbbe-<br />

wußter Suspencer in der Art<br />

angelsächsischer<br />

Mystery-<br />

Serien à la den "X-Files".<br />

Hermann, seit seinen<br />

künstllerischen Anfän-<br />

gen der Protagonist<br />

pragmatisch-skeptischer<br />

(Comic-) Professionals,<br />

erweist<br />

mit seinem eigenbrötlerischen<br />

Individualisten<br />

Kurdy<br />

verantwortlichen<br />

Gestaltern seine<br />

Referenz ...und<br />

erteilt jedweden<br />

übergriffigen<br />

Ideologiemodellen<br />

eine Absage.<br />

für Creative<br />

Bogart 27


TOBI DAHMEN<br />

www.fahrradmod.de<br />

Fortsetzung und vorläufiger Schluss: In den<br />

Spätachtzigern entstand nun in den angelsächsischen<br />

Comiczentren der sogenannte<br />

"Designercomic", vorwiegend begründet von<br />

jungen Kunsthochschulabsolventen (alle geboren<br />

um 1960) mit ausgeprägt experimentellem<br />

Feeling. Zu nennen sind hier Zeichner<br />

und Autoren wie Howard Chaykin, Frank<br />

Miller (der 1986 den alten Recken "Batman"<br />

zeit- und sozialkritisch remobilisierte) Dave<br />

McKean (der in einer speziell eingerichteten<br />

"Batman"-Reihe mit Texter Grant Morrison<br />

Von Altamira bis Entenhausen -<br />

COMICS: Erscheinungsbilder einer<br />

populären Kunstform<br />

Seite 327 (03/03/2015)<br />

Seit 2007 arbeitet Tobi Dahmen (s. a. <strong>BOGART</strong> 12 und 17) an<br />

diesem ständig wachsenden FAHRRADMOD-Projekt, was an<br />

die 400 Seiten umfassen wird und im Herbst in Buchform erscheinen<br />

soll. Zuvor kann im Web der autobiographische Comic aus<br />

seiner Weseler Sixties Jugendsubkultur der 80-er und 90-er Jahre mit<br />

einem Update jeweils donnerstags verfolgt werden. Diese Geschichte<br />

"einer Hassliebe" über das Leben in der Kleinstadt, um Freundschaft<br />

und den eigenen Platz wurde 2011 mit "Silber" beim SONDERMANN-<br />

Wettbewerb in der Kategorie "Webcomic" ausgezeichnet.<br />

Tobi Dahmen wurde 1971 in FrankfurtM. geboren und hat den<br />

Grossteil seiner Jugend am Niederrhein durchgebracht. In Düsseldorf<br />

studierte er Visuelle Kommunikation und machte dort sein Diplom mit einem illustrierten<br />

Buch über Jack Kerouac und die Jazz-Welt. Der dreifache Familienvater lebt und<br />

arbeitet im niederländischen Utrecht als Illustrator und Comiczeichner.<br />

Die spektakuläre Scootering-Illustration (kl. Bild) kann neben anderen launigen Sujets<br />

seiner nachgelebten Vergangenheit bei society6.com (Suchwort: Dahmen) auf 13 verschiedenen<br />

Medien z.B. als Druck, Kissen, Becher, Uhr, Hülle ab ca. 15 € bestellt werden.<br />

den Geniestreich "Arkham Asylum" schuf. In<br />

ebenfalls mischstiligen Seitentableau erreicht<br />

McKean die totale Auflösung raum-zeitlicher<br />

Orientierungsmuster – der Comic geht weg<br />

von illusionistischer Fixierung zugunsten<br />

fragmentarischer Chiffren und ermöglicht<br />

so auch optisch neue Wege der Personencharakteristik).<br />

Überhaupt traten zu Beginn<br />

der 2000er viele neue Texter- und Zeichentalente<br />

im angelsächsischen Raum auf den<br />

Plan. Ed Brubaker, Warren Ellis, Garth Ennis,<br />

Brian Azzarello oder Greck Rucka stehen für<br />

innovatives Erzählen und Tim Sale, Chris Weston,<br />

Mike Mignola, Frank Quitely, Eduardo<br />

Risso, Marcelo Frusin sowie Goran Parlov für<br />

kreatives Artwork. Eine Sonderstellung genießt<br />

der britische Comictexter, Filmszenarist<br />

und Romanciert Neil Gaiman (*1960), der den<br />

"Sandman" zur Kultfigur schrieb.<br />

Natürlich floß dies zurück ins Franko-Belgische:<br />

Zeichner wie Eric Larnoy lieferten<br />

mit "Shadowslayer" (eine das Manichäische<br />

skizzierende Serie über eine Art neurotischen<br />

Exorzisten) stilistische Koordinatensysteme<br />

zwischen Breughel'scher lllusionistik und unkörperlichen<br />

Farbformen und -strukturen im<br />

Sinne des "Abstrakten Expressionismus" oder<br />

des " Informel ".<br />

Olivier Ledroit (1968-) serviert das Album<br />

"Xoco der Obsidianschmetterling" düsterillusionistisch<br />

geairbrusht und gemalt; hier<br />

bedroht der Teufel ein klaustrophobes New<br />

York der 30er. Das Fantasygenre mit all seinen<br />

anti-naturgesetzlichen Freiheiten ist auch in<br />

diesem Fall ein glaubwürdiger szenaristischer<br />

Konfliktrahmen für durchfermentierte Zeichensysteme,<br />

die die "alten" Konturen sprengen<br />

und in malerischen Lösungen unverbrauchte<br />

Gestaltungsfindungen suchen.<br />

Sogar der aus dem Blickfeld geratene, altgediente<br />

US-Zeitungsstrip erlebt Regenerationen:<br />

Der Karikaturist und Pulitzerpreisträger<br />

Jeff McNelly zeichnet seit 1977 die nur scheinbar<br />

drollige Serie "Shoe" um antropomorph<br />

gestaltete Vögel; hier räsonnieren fabelhafte<br />

Baumkronenneurotiker über alltägliche Frustrationen<br />

.<br />

28 Bogart<br />

Das Mitmachmagazin


Hans-Michael Kirstein<br />

100 Jahre comic (VI)<br />

Illustriertes Skript, großformatig<br />

8stg. € 4,60: r.mr@gmx.de<br />

Und seit den Mittachtzigern präsentiert der<br />

Autor Bill Watterson seinen erstaunlichen,<br />

phantastischen "Family strip" "Calvin & Hobbes":<br />

Mit hastig-unorthodoxem Pinselzug<br />

erzählt er kleine, "Grand Guignol"-hafte Alltagsstories,<br />

die ein Lausejunge mit seinem<br />

Stotiger (der nur für ihn polymorphe Wandlungen<br />

durchmacht!) erlebt. Phantasie, Traum<br />

und Alptraum bilden die narrative Linie dieses<br />

"grenzwandlerischen" Streifens.<br />

Einer großen Flutwelle gleich schwappte in<br />

den letzten Jahren der japanische Comic alias<br />

Manga auf die westlichen Comicmärkte.<br />

Diese durchweg maschinell-mechanisch gezeichnet<br />

wirkenden Comics sind signalhafte<br />

Kinder einer vor allem (high-)technologisch<br />

The East meets the West: Auch Manga-Starzeichner<br />

Kia Asamiya (*1963) gestaltete eine Batman-Episode.<br />

aus: Batman "Child of Dreams 2" (2002 PANINI)<br />

geprägten Bildkultur: Die Ästhetisierungen<br />

des Videoclips und des Computerspiels sind<br />

die Leitplanken dieser hyperdynamisch umbrochenen<br />

Zeichenfolgen; durchweg nicht<br />

nur die (zumeist sciencefictionalen) Inhalte,<br />

sondern auch die Formalismen bestehen<br />

aus hysterischer, nahezu unpersönlicher und<br />

die Differenzierungen des Menschenbildes<br />

leugnender Violenz. Die hierzulande wohl<br />

bekannteste Serie ist die auf ca. 2000 Seiten<br />

angelegte apokalyptische SF-Saga "Akira"<br />

(seit 1982) von Katsuhiro Otomo (*1954), eine<br />

großmaulige Negativutopie als Vorwand for<br />

ein zeichenmaschinenhaftes inszeniertes Actionmaterial.<br />

Aber auch eine differenzierte<br />

illustrative Bildsprache ist bei Mangas vorhanden<br />

– so bei "Okami" von Zeichner Goseki Kojima,<br />

"Kamui" von Sanpei Shirato oder "Crying<br />

Freeman" von Ryochi Ikegami.<br />

Langsam, aber sicher nähert sich die konzentrierte<br />

Reise durch die Comicgeschichte dem<br />

(vorläufigen) Ende. Da bleibt natürlich noch<br />

die Frage nach der Befindlichkeit des deutschen<br />

Comics:<br />

Was kam nach Ahnherr Busch? Im Vergleich<br />

zu den oben genannten "Comic-Eldorados"<br />

blieben die Ausdifferenzierungen eher rudimentär;<br />

E.O. Plauens (1903-44)<br />

liebenswürdig-pfiffiger "Family strip"<br />

"Vater und Sohn" innerhalb der 30er<br />

bildete da eine Ausnahme. In der<br />

12jährigen "hohen Zeit sendungsbewußten<br />

Deutschtums" konnte sich erst<br />

recht keine unterstellt "amerikanistische" Comic-Kultur<br />

ausprägen. In den 50ern waren es<br />

neben diversen Importen als eigenständiges<br />

"nationales" Kind die vergnügliche Krimi-Gesellschaftssatire<br />

"Nick Knatterton" (1950) von<br />

Manfred Schmidt (1913-1999); graphisch in<br />

der Konturierung und grauwertlavierend in<br />

der Binnenzeichnung, steht dieser gekonnt<br />

redundante Streifen in der stilistischen Tradition<br />

der deutschen Karikatur à la Paul Simmel<br />

(1887-1933). Ähnliches gilt für Roland<br />

Kohisaats märchenhaftes Abenteuerstück<br />

"Jimmy, das Gummipferd", einer der variantenreichsten<br />

Streifen deutscher Provenienz<br />

(1953-77 im Magazin "Stern").<br />

Während die kunstlosen "serials" des drittklassigen<br />

Hansrudi Wäscher (1928-) um Ritter wie<br />

"Falk" und "Sigurd" Eskapismus auf kleinster<br />

Flamme gekocht bescherten (bei gleichzeitigen<br />

Perioden großen Erfolges in den "gesamtmedial"<br />

noch unverwöhnten 50ern und<br />

60ern); lieferte erst Dieter Kalenbach (*1937)<br />

im damals neuen, franko-belgische Highlights<br />

konsequent publizierenden Magazin "Zack"<br />

einen Abenteuercomic im inszenatorischen<br />

Hermannidiom: die im europäischen Norden<br />

angesiedelten Stories um eine Lappenfamilie<br />

- "Turi und Tolk". Matthias Schultheiss (1946-)<br />

bringt dann den definitiven Anschluß an das<br />

internationale Niveau. Mit den von amerikanischer<br />

Handlungsliteratur stimulierten<br />

Serien wie "Die Haie von Lagos" (1985) oder<br />

"Die Wahrheit über Shelby" (1986) definiert<br />

Schultheiss formdramaturgisch perfekte, mal<br />

illusionistisch gemalte Seiten, die von flirrenden<br />

Highlights erhöht werden, oder hastige<br />

Konturen mit ausgewaschenem Aquarelikolorit.<br />

Moderne Piraterie und kryptische<br />

Experimente in den Labors der Technokraten<br />

sind seine Sujets, hineingespiegelt werden<br />

die Schicksale gebrochener Typen. Schultheiss'<br />

Tendenz zur spekulativen Gewaltdarstellung<br />

trübt allerdings manchmal das "Gesamtpanorama".<br />

Buntstiftkolorierte Tuschzeichnungen,<br />

die das Fin<br />

de Siecie mit moderner<br />

Modeillustration verkuppeln,<br />

sind die Spezialität<br />

des Österreichers<br />

Chris Scheuer (1952-).<br />

Seinem Hang zu karikatural<br />

outrierter Laszivität<br />

kann er in der für den<br />

französischen Markt entwickelten<br />

Serie "Marie<br />

Jade" freien Lauf lassen.<br />

Als geneigt-spöttischer<br />

Chronist homophiler Szene erweist<br />

sich der Autor/Zeichner<br />

Ralf König (*1960). Stilistisch<br />

medioker, ja ungehobelt und<br />

sich auf ein kleinkrämerisches<br />

Repertoire von Versatzstücken verlassend,<br />

überzeugt König vor allem mit Dialog- und<br />

Situationswitz. Sein "Bewegter Mann" (1987)<br />

wurde auch als Realverfilmung zum Thema<br />

"Beziehungskomödie" ein großer Kinoerfolg<br />

(1994, Regie: Sönke Wortmann).<br />

Interessant bleibt die Beobachtung einer<br />

speziell nach der "Wende" 1989 in Ostberlin<br />

entwickelten Comic-Kultur. Zeichnerinnen<br />

wie Anke Feuchtenberger (*1964), Atak oder<br />

der Westberliner Guido Sieber (*1963) präsentieren<br />

mal hochintrospektive Stripsequenzen<br />

mit "uncomichaft" begriffenen, scheindekorativen<br />

Zeichensystemen oder aber an<br />

"Neusachlichkeit" gemahnende Kompositionsformen.<br />

Zur Veröffentlichung kommen<br />

Comics dieser Kategorie in entsprechenden<br />

Avantgardemagazinen wie "Boxer' oder dem<br />

schweizerischen "Strapazin".<br />

Nach so vielem Feststellen und Analysieren<br />

noch eine Zukunftsprognose? Wird der Comic<br />

im "sinnlichen" Album überhaupt die zunehmende<br />

Elektronisierung und Digitalisierung<br />

unserer Kommunikationssysteme oberleben?<br />

Es gibt Comics auf CD-Rom, sie existieren<br />

mittlerweile - z.T. exclusiv dafür geschaffen -<br />

im Internet, und in Japan liest man sie mittlerweile<br />

im "Readboy", einem sogenannten<br />

"Digital Book Player", der große Mengen an<br />

Daten komprimiert fassen kann, 500 g wiegt<br />

und mit Cursor und Zoom ausgestattet ist ...<br />

Dies hier soll kein Platz für große larmoyant<br />

oder euphorisch gestrickte Extrapolationen<br />

sein, die bei allem intellektuellem Spiel irgendwo<br />

nutzlos sind. Aber: Der industrielltechnologische<br />

Fortgang, der unsere "sachzwangdominierte"<br />

Existenz als unerbittlicher<br />

Kapitän regiert, wird den "alten", buch- oder<br />

heftmäßig eingefaßten Comic dann überleben<br />

lassen, wenn auch das Buch überlebt.<br />

Nicht mehr und nicht weniger.<br />

"Let's hope for the near future!"<br />

Mathias Schultheiß, der Macher deutscher Harboiled-Comics,<br />

bleibt auch 2014 seinem Sujet und Style treu: "Die Haie von<br />

Lagos" (SPLITTER-Verlag).<br />

für Creative<br />

Bogart 29


REALSATIRE<br />

"Wenn der Hahn<br />

kräht am Reichensand,<br />

dann ändert sich<br />

hier nichts<br />

und bleibt 'ne<br />

Gießener<br />

Schand'!"<br />

<strong>BOGART</strong><br />

BUBBLE<br />

Große Bauvorhaben stehen in Gießen an und gehen fl ott<br />

voran. Bis 2017 soll auch nach über 30jähriger Planungsphase<br />

das Schmutzstück im Herzen der City zu neuem<br />

Nutzen und Frommen geführt werden...<br />

Alles Banane, oder?<br />

Illustration und Foto: Julia Korda<br />

Szenario: Wadim Reis / Text: R. Müller-Rode<br />

SUPERCHATTER ( 8 )<br />

30 Bogart<br />

Sieht aus, als würdest<br />

Du uns verlassen,<br />

Cocky?<br />

❢ ❢❢<br />

❢<br />

❢❢<br />

❢<br />

SUPPENMAN<br />

Von wegen! Die Möbel<br />

wurden viel zu<br />

früh geliefert!<br />

SPERMI<br />

NATOR<br />

Naja, Du hast ja noch<br />

Dein Zwischenlager<br />

in der "Alten Post"...<br />

MAYOR<br />

EDITION <strong>BOGART</strong>: Helia Marx "Liebesnest"<br />

Künstlertasse mit Henkel, lim. Auflage, € 8,90<br />

(Bestellungen: r.mr@gmx.de)<br />

– Weitere Motive siehe gi-mix.de/bogart (Nr. 21, letzte Seite)<br />

WOMAN<br />

HAVE A LOOK AT<br />

YOU TUBE: GOOGLE<br />

SAMENHAUS HAHN<br />

VIDEO!<br />

Liebe Leute<br />

vom Magazin<br />

<strong>BOGART</strong>,<br />

Es wird allerhöchste<br />

Zeit,<br />

dass ich mich<br />

mal bedanke,<br />

dass Ihr in<br />

<strong>BOGART</strong> Nr. 22<br />

so nett Werbung für mein Magazin<br />

SPRECHBLASE machtet (Seite 26)<br />

[...] auf jeden Fall habe ich mich<br />

sehr drüber gefreut.<br />

Im Übrigen hat mir das ganze Heft<br />

gefallen. Es ist sympathisch! Und<br />

Ihr punktet bei der Gestaltung und<br />

den Abbildungen (besonders die<br />

von Thomas Lingelbach haben es<br />

mir angetan).<br />

Dann wünsche ich Euch noch alles<br />

Gute mit dem Magazin!<br />

Liebe Grüße aus Wien<br />

Gerhard Förster<br />

<br />

Foto: Bernd Glasstetter / splashpages.de<br />

Das Mitmachmagazin


EDITION <strong>BOGART</strong><br />

KUEnstlertassen<br />

HA-THA<br />

Keramik, weiß, glänzend,<br />

Höhe 95 mm, Ø 82 mm,<br />

Druckfläche 85x180 mm,<br />

spülmaschinengeeignet<br />

limitierte Auflage<br />

€ 8 90<br />

bei Abholung, Versand zzgl. 2 €<br />

1<br />

EDITION <strong>BOGART</strong><br />

KUEnstler-tshirt<br />

HA-THA<br />

T-Shirt mit rundem Halsausschnitt, vorne bedruckt<br />

auf FRUIT-OF-THE-LOOM 160g/qm,<br />

100% Baumwolle; hochwertiger Textil-Direktdruck<br />

(fotorealistisch, vergleichbar mit Siebdruck).<br />

limitierte Auflage<br />

€ 14 90<br />

bei Abholung, Versand zzgl. 2 €<br />

2 4<br />

3<br />

Umlaufende Gesamtansichten, 85 x 180 mm; der Motive v.l.: 2, 4, 1<br />

Bestellungen:<br />

mediaARTgiessen, Lonystr. 19<br />

☎ 0641. 9845451; r.mr@gmx.de<br />

für Creative<br />

Bogart 31


Inh.: Sergej Oster<br />

Braunfelser Str. 25 · 35578 Wetzlar<br />

Tel. 01 77 / 5 26 40 41<br />

Mail: reddragon78@web.de<br />

Mo-Fr: 12 - 20 Uhr; Sa: 12 - 18 Uhr<br />

GRAFIKDESIGN · KUNSTMALEREI · TATTOO

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