Diplomarbeit - Optometrie Cagnolati
Diplomarbeit - Optometrie Cagnolati
Diplomarbeit - Optometrie Cagnolati
Erfolgreiche ePaper selbst erstellen
Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.
6 Lese - Rechtschreibschwäche 69<br />
6.4 Häufigkeit der Lese– Rechtschreibschwäche<br />
Die Frage nach der Häufigkeit der Lese-Rechtschreibschwäche ist, obwohl es viel<br />
Zahlenmaterial gibt, nicht einfach zu beantworten. Die jeweilige Statistik ist davon abhängig,<br />
was unter LRS verstanden wurde und ob auch leichtere oder nur schwere Fälle aufgenommen<br />
wurden. Der Bundesverband Legasthenie e.V. geht von etwa 15% aller Schüler des 2. und 3.<br />
Grundschuljahres aus, die Schwierigkeiten beim Erlernen der Schriftsprache haben. Die Hälfte<br />
dieser Kinder ist im Sinne der Definition als lese-rechtschreibschwach einzustufen und<br />
wiederum die Hälfte dieser Gruppe als schwer lese-rechtschreibschwach. Dies deckt sich mit den<br />
Angaben von Klasen (Klasen, 1995a, S. 20) aus dem Jahre 1994, wonach die Zahl der<br />
Schulkinder des 2. und 3. Schuljahres mit Lese- und Rechtschreibstörungen bei bis zu 7%<br />
anzunehmen ist, wobei 4% der Kinder schwere umschriebene Beeinträchtigungen im Lesen und<br />
Rechtschreiben haben.<br />
In der Verteilung der betroffenen Mädchen und Jungen gibt es neue Erkenntnisse. Stephenson<br />
stellte schon 1904 fest, dass die Anzahl der betroffenen Jungen die der Mädchen übertreffe. Die<br />
Dominanz der Jungen war bis zur Gegenwart gesicherter Befund (Warnke, 1992, S. 20).<br />
Shaywitz (Shaywitz, 1999, S. 1) kam zu abweichenden Schlüssen. Er beobachtete über mehrere<br />
Jahre die Schullaufbahn einer großen Anzahl von Kindern. Dabei stellte sich heraus, dass fast<br />
genauso viele Mädchen wie Jungen von LRS betroffen sind. Bisherige Forschungen widmeten<br />
sich nur als lese-rechtschreibschwach eingestuften Kindern, hier hingegen wurden alle Kinder<br />
beobachtet. Dies lässt vermuten, dass viele lese-rechtschreibschwache Mädchen während ihrer<br />
gesamten Schullaufbahn unerkannt bleiben.<br />
6.5 Ursachen der Lese-Rechtschreibschwäche<br />
6.5.1 Überblick<br />
„In der klassischen LRS-forschung bestand von Anfang an der Verdacht, dass die<br />
Schwierigkeiten, Lesen und Rechtschreiben zu erlernen, bei normal intelligenten, weder lernnoch<br />
milieumäßig vernachlässigten Kindern etwas mit mangelnder Funktionstüchtigkeit jener<br />
zentralen Instanzen [!] zu tun haben müssten, die den Leseakt beeinflussen“ (Schenk-Danzinger,<br />
1991, S. 81). Die LRS wird nach der internationalen Klassifikation der Erkrankungen der WHO<br />
als eine umschriebene Entwicklungsstörung des Lesens und Schreibens definiert und ist nach<br />
medizinischem Konzept auf eine Funktionsstörung des Gehirns zurückzuführen. Im Gegensatz<br />
zu der Annahme am Beginn der LRS-Forschung, dass diese allein auf eine Ursache