Cornea plana congenita und Kontaktlinsen - Optometrie Cagnolati
Cornea plana congenita und Kontaktlinsen - Optometrie Cagnolati
Cornea plana congenita und Kontaktlinsen - Optometrie Cagnolati
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<strong>Cornea</strong> <strong>plana</strong> <strong>congenita</strong> <strong>und</strong> <strong>Kontaktlinsen</strong><br />
Wolfgang <strong>Cagnolati</strong> 1 , Sabrina J. Rose 2<br />
Zusammenfassung:<br />
Ein 24-jähriger Mann suchte das Institut für Augenoptik<br />
<strong>und</strong> <strong>Optometrie</strong> <strong>Cagnolati</strong> zwecks einer <strong>Kontaktlinsen</strong>folgeversorgung<br />
auf. Im Alter von 4 Jahren wurde ihm<br />
erstmalig eine Brille verordnet. Eine Amblyopiebehandlung<br />
wurde ebenfalls in der Kindheit durchgeführt.<br />
Seit dem Jahr 2004 trug der Patient formstabile <strong>Kontaktlinsen</strong>.<br />
Die vor 4 Jahren augenärztlich angepassten<br />
formstabilen <strong>Kontaktlinsen</strong> konnten aufgr<strong>und</strong> einer<br />
schlechten Verträglichkeit täglich nur noch 6 St<strong>und</strong>en<br />
getragen werden. Der Fallbericht beschreibt die kontaktoptische<br />
Versorgung bei Vorliegen einer <strong>Cornea</strong> <strong>plana</strong><br />
mit formstabilen <strong>Kontaktlinsen</strong>.<br />
Schlüsselwörter:<br />
<strong>Cornea</strong> <strong>plana</strong>, formstabile <strong>Kontaktlinsen</strong>, Glaukomrisiko<br />
Anamnese<br />
Der 24-jährige L. S. trug seit seinem 4. Lebensjahr<br />
eine Brille. Parallel hierzu wurde<br />
anfänglich eine Amblyopiebehandlung<br />
durchgeführt. Seit dem Jahr 2004 trug der<br />
Patient formstabile <strong>Kontaktlinsen</strong>; die im<br />
Jahr 2007 augenärztlich angepaßten <strong>Kontaktlinsen</strong><br />
konnten täglich nur noch maximal<br />
6 St<strong>und</strong>en getragen werden. In der<br />
Vergangenheit wurden bei dem Patienten<br />
familiär keine Augenerkrankungen festgestellt;<br />
ebenfalls lagen keine systemischen<br />
Erkrankungen bei ihm sowie innerhalb<br />
seiner Familie vor. Medikamente wurden<br />
nicht eingenommen.<br />
Bisher getragene Brille<br />
O.D.: sph +7,50dpt cyl –1,75dpt x 104°<br />
<strong>und</strong><br />
O.S.: sph +8,75dpt cyl –1,25dpt x 88°<br />
Bisher getragene <strong>Kontaktlinsen</strong><br />
O.D.: BC. 10,25/9,5mm; +9,75dpt/<br />
+6,25dpt; Durchmesser 10,2mm<br />
O.S.: BC. 10,15/10mm; +9,5dpt; Durchmesser:<br />
9,00mm<br />
Fluoreszeinbild: dezent steiles Sitzverhalten<br />
OU<br />
Klinischer Bef<strong>und</strong><br />
Objektive <strong>und</strong> subjektive Refraktion<br />
O.D.: sph +7,50dpt cyl –3,5dpt x 108°<br />
O.S.: sph +8,25dpt cyl –1.5dpt x 95°<br />
Sehschärfe mit Brillenkorrektur<br />
O.S.: 1,0<br />
O.S.: 0,8-<br />
Stereopsis:<br />
positiv<br />
Vorderer Augenabschnitt<br />
Augenlider <strong>und</strong> Konjunktiva beider Augen<br />
zeigten keine Auffälligkeiten. Die Vorderkammer<br />
war klar <strong>und</strong> typisch für eine <strong>Cornea</strong><br />
<strong>plana</strong> äußerst flach.<br />
Die Augenmedien inklusive Hornhaut waren<br />
klar; die Hornhaut zeigte leichte Vaskularisationen<br />
sowie einen Arcus senilis<br />
(Bild 1 <strong>und</strong> Bild 2).<br />
Abstract:<br />
A 24 year old man visited the Institute for Ophthalmic<br />
Optics and Optometry <strong>Cagnolati</strong> for contact lens care.<br />
He was prescribed glasses at the age of 4 years.<br />
Additionally an amblyopia treatment was performed<br />
during childhood. The patient was wearing contact lenses<br />
which were prescribed and fitted by an ophthalmologist<br />
4 years ago. Because of lens intolerance the daily wearing<br />
time of the contact lenses was reduced to 6 hours a day.<br />
The case report describes the RGP contact lens fitting in a<br />
patient with cornea <strong>plana</strong>.<br />
Keywords:<br />
<strong>Cornea</strong> <strong>plana</strong>, RGP contact lenses, glaucoma risk<br />
Die Pupillen waren r<strong>und</strong> <strong>und</strong> reagierten<br />
auf Licht. Der Tränenmeniskus war beidseitig<br />
> 0,2mm; der Tränenfilm war dezent<br />
wässrig.<br />
Hinterer Augenabschnitt<br />
Der zentrale F<strong>und</strong>us zeigte keine Auffälligkeiten;<br />
das vertikale Cup/Disc Verhältnis<br />
betrug rechts 0,6 sowie links 0,4.<br />
Tonometrie (NCT)<br />
O.D.: 20mm Hg<br />
O.S.: 21mm Hg<br />
Uhrzeit: 10.45<br />
1 DSc*, MSc*, FCOptom, FAAO<br />
*Pennsylvania College of Optometry<br />
2 BSc Augenoptik/<strong>Optometrie</strong> Bild 1: Rechtes Auge Bild 2: Linkes Auge<br />
<strong>Optometrie</strong> 15<br />
Hornhauttopographie<br />
Mit Hilfe des Atlas Topograpie Systems<br />
wurde eine Analyse <strong>und</strong> Quantifizierung<br />
der Hornhaut des rechten <strong>und</strong> linken Auges<br />
vorgenommen. (Bild 3 <strong>und</strong> 4)<br />
Die hier ermittelte Krümmung betrug:<br />
die Kontaktlinse 5/2012
16<br />
<strong>Optometrie</strong><br />
Bild 3: Hornhauttopographie OD<br />
Bild 5: Fluoreszeinbild<br />
2. Meßlinse OD<br />
O.D.: zentral 9,25mm@23/10,3mm; gemittelte<br />
Exzentrizität 0,91<br />
O.S.: zentral 9,60mm@5/ 10,1mm; gemittelte<br />
Exzentrizität 0,89<br />
<strong>Kontaktlinsen</strong>anpassung<br />
Ausgehend von der Refraktion, der Hornhauttopographie/Keratometrie<br />
sowie aller<br />
weiteren beschriebenen Messungen passten<br />
wir dem Patienten formstabile gaspermeable<br />
<strong>Kontaktlinsen</strong> an.<br />
Erste Diagnostiklinsen<br />
O.D./O.S.:<br />
Basiskurve: 10,2mm<br />
Scheitelbrechwert: +8,87dpt<br />
Durchmesser: 11,8mm<br />
Design: dreikurvig mit Bevel (Falco: FMI 4)<br />
Material: Boston EO blau<br />
Der hiermit erzielte Visus betrug mit einer<br />
Überrefraktion von rechts = plan sowie<br />
links = +0,75dpt auf dem rechten Auge 0,6<br />
<strong>und</strong> auf dem linken Auge 0,8.<br />
Der Linsensitz zeigte auf beiden Augen eine<br />
starke inferiore <strong>und</strong> temporale Dezentration<br />
sowie ein ausgeprägtes Randabstehen.<br />
Der Durchmesser der Linsen war zu groß.<br />
die Kontaktlinse 5/2012<br />
Bild 6: Fluoreszeinbild<br />
2. Meßlinse OS<br />
Bild 4: Hornhauttopographie OS<br />
Bild 7: Fluoreszeinbild<br />
Rezeptlinse OD<br />
Zweite Diagnostiklinsen<br />
O.D.:<br />
Basiskurve: 10,1mm<br />
Scheitelbrechwert: +8,37dpt<br />
Durchmesser: 10,0mm<br />
Design: zweikurvig mit Bevel (Falco:<br />
FMI3)<br />
Material: Boston XO ice<br />
O.S.:<br />
Basiskurve: 10,1mm,<br />
Scheitelbrechwert: +9,25dpt<br />
Durchmesser: 10,0mm<br />
Design: zweikurvig mit Bevel (Falco: FMI3)<br />
Material: Boston XO lila<br />
Der hiermit erzielte Visus betrug mit einer<br />
Überrefraktion von rechts = –0,25dpt sowie<br />
links = +0,25dpt auf dem rechten Auge<br />
0,8 <strong>und</strong> auf dem linken Auge 0,8.<br />
Der Linsensitz war rechts inferior <strong>und</strong><br />
temporal nun deutlich geringer dezentriert;<br />
am Fluoreszeinbild zeigte sich der<br />
Randbereich superior <strong>und</strong> inferior als zu<br />
eng sowie nasal <strong>und</strong> temporal als zu offen<br />
(Bild 5).<br />
Der Linsensitz auf dem linken Auge war<br />
zentral gut – dagegen temporal im Randbereich<br />
zu eng <strong>und</strong> nasal zu offen (Bild 6).<br />
Bild 8: Fluoreszeinbild<br />
Rezeptlinse OS<br />
Rezeptlinse<br />
Um den Linsensitz zu verbessern, entschieden<br />
wir uns zur Versorgung des rechte<br />
Auges für eine mehrkurvige rücktorische<br />
Linse (Bild 7); links modifizierten wir<br />
geringfügig den Radius der 3. Kurve (Bevel),<br />
(Bild 8).<br />
Das hiermit erzielte Sitzverhalten sowie<br />
der Visus von rechts 1.0 <strong>und</strong> links 0,8 waren<br />
zufriedenstellend, weshalb wir den Patienten<br />
mit folgenden Rezeptlinsen versorgten<br />
(Bild 9 <strong>und</strong> Bild 10):<br />
O.D.: FMT 3<br />
Scheitelbrechwert 1: +8,37dpt<br />
Scheitelbrechwert 2: +5,75dpt<br />
r 0.1 /r 0.2 : 10,2mm/9,6mm Ø 0 6,80mm<br />
r 1.1 /r 1.2 : 11,3mm/10,6mm Ø 1 9,20mm<br />
r 2.1 /r 2.2 : 14,5mm/13,0mm Ø t 10,00mm<br />
Material: Boston XO ICE<br />
Linsentyp: Falco FMT 3 (mehrkurvige<br />
rücktorische Kontaktlinse, Bild 9)<br />
O.S.: FMI 3<br />
Scheitelbrechwert: +9,62dpt<br />
r 0.1 : 10,15mm Ø 0 6,80mm<br />
r 1.1 : 10,55mm Ø 1 9,40mm<br />
r 2.1 : 13,50mm Ø t 10,00mm<br />
Material: Boston XO Lila
Bild 9: Design Falco FMT 3 Bild 10: Design Falco FMI 3<br />
Linsentyp: Falco FMI 3 (mehrkurvige<br />
Kontaktlinse, Bild 10)<br />
<strong>Kontaktlinsen</strong>hygiene:<br />
Boston Advance<br />
Linsenakzeptanz<br />
Anlässlich der Nachkontrollen 14 Tage<br />
nach Abgabe, 5 Wochen nach Abgabe sowie<br />
6 Monate nach Abgabe zeigte sich eine<br />
ausgezeichnete objektive <strong>und</strong> subjektive<br />
Verträglichkeit; die Linsen konnten nun<br />
ganztägig getragen werden. Der Visus war<br />
mit 1,0 rechts <strong>und</strong> 0,8 links ausgezeichnet.<br />
Diskussion<br />
<strong>Cornea</strong> <strong>plana</strong> wurde erstmalig von Rubel<br />
im Jahr 1912 beschrieben (Rubel 1912). Es<br />
handelt sich hierbei um eine seltene bilaterale<br />
Veränderung der Hornhaut; diese<br />
zeichnet sich durch eine angeborene Hemmungsmißbildung<br />
des korneoskleralen<br />
Übergangs aus (Waizenegger et al. 1995).<br />
Wir unterscheiden hierbei als leichte Erkrankung<br />
die autosomal dominante Form,<br />
bei welcher die Brechkraft der Hornhaut<br />
auf 38dpt – 42dpt verringert ist von der autosomal<br />
rezessiven Form; hierbei ist die<br />
Brechkraft der Hornhaut auf 25dpt –<br />
35dpt reduziert. In der Literatur finden wir<br />
Hinweise, dass die Inzidenz der autosomal<br />
rezessiven Form der <strong>Cornea</strong> <strong>plana</strong> im Norden<br />
Finnlands relativ hoch ist (Vesaluama<br />
et al. 2000). Verb<strong>und</strong>en mit einer <strong>Cornea</strong><br />
<strong>plana</strong> ist unter anderem in Abhängigkeit<br />
vom Grad der Erkrankung eine leichte bis<br />
schwere Visusverschlechterung. Okuläre<br />
Begleiterscheinungen der <strong>Cornea</strong> <strong>plana</strong><br />
sind unter anderem ein Embryotoxon corneae,<br />
Kolobome der Iris <strong>und</strong> Choroidea,<br />
eine <strong>congenita</strong>le Cataract aber auch die Peters-Anomalie;<br />
histologisch ist die Hornhaut<br />
bis auf die Abflachung normal. (Yanoff<br />
<strong>und</strong> Fine 1996; Kanski 1996). Aufgr<strong>und</strong><br />
der flachen Vorderkammer besteht<br />
ein erhöhtes Glaukomrisiko, weshalb wir<br />
unserem Patienten auch eine zusätzliche<br />
augenärztliche Untersuchung empfahlen.<br />
Ebenfalls treten bei schweren Fällen Trübungen<br />
der Hornhaut sowie Pupillenveränderungen<br />
auf. Ein Arcus senilis, wie in<br />
dem beschriebenen Fall, findet sich ebenfalls<br />
häufig; darüber hinaus ist die Hornhaut<br />
in vielen Fällen je nach Ausprägung<br />
verdünnt. Eine Kontaktlinsesenversorgung<br />
ist bei Vorliegen einer <strong>Cornea</strong> <strong>plana</strong><br />
eine mögliche Form der visuellen Rehabilitation.<br />
Wolfgang <strong>Cagnolati</strong><br />
<strong>Optometrie</strong> 17<br />
ist Absolvent der HFOF<br />
Berlin <strong>und</strong> des Pennsylvania<br />
College of Optometry;<br />
er führt einen<br />
Master of Science in<br />
Clinical Optometry<br />
sowie einen Doctor of<br />
Science Grad dieser<br />
Universität, wo er auch als Visiting Associate<br />
Professor tätig ist. Neben seiner<br />
Tätigkeit im eigenen Fachinstitut für<br />
Augenoptik <strong>und</strong> <strong>Optometrie</strong> in Duisburg,<br />
besitzt er auch einen Lehrauftrag an der<br />
Beuth Hochschule für Technik in Berlin,<br />
wo er im Masterstudiengang Kinderoptometrie<br />
lehrt.<br />
Zusammen mit Hilmar Bussacker ist er<br />
Chefredakteur der „Kontaktlinse“.<br />
Sabrina J. Rose<br />
Literatur:<br />
--- Kanski Jack J. (1996). Iridokorneale Dysgene--sie.<br />
In: Lehrbuch der klinische Ophthalmologie<br />
2. Auflage. (Hrsg. Kanski Jack J.) Georg Thieme<br />
Verlag, Stuttgart, 260–262<br />
Rubel B. (1912). Kongenitale familiäre Flachheit<br />
der Kornea. Klin Monatsbl Augenheilkd.,<br />
50: 42<br />
--- Vesaluama Minna H., Sankila Eeva-Marja, Gallar<br />
Juana et al. (2000). Autosomal Recessive<br />
<strong>Cornea</strong> Plana: In Vivo <strong>Cornea</strong>l Morphology<br />
and <strong>Cornea</strong>l Sensitivity. Invest Ophthalmol Vis<br />
Sci., 41(8):2120–6<br />
--- Waizeneger Ulrike R., Kohnen Thomas, Weidle<br />
Egon G., et al. (1995). Kongenitale familiäre<br />
<strong>Cornea</strong> <strong>plana</strong> mit Ptosis, peripherer Sklerokornea<br />
<strong>und</strong> Bindehaut-Xerose. Klin Monatsbl<br />
Augenheilk 1995., 207(8),111–116<br />
--- Yanoff Myron, Fine Ben S. (1996) <strong>Cornea</strong> and<br />
Sclera. In Ocular Pathology 4 th studierte von 2007 bis<br />
2012 Augenoptik/<br />
<strong>Optometrie</strong> an der<br />
Beuth Hochschule<br />
Berlin mit dem<br />
Abschluß Bachelor of<br />
Science Augenoptik/<br />
<strong>Optometrie</strong>; während<br />
dieser Zeit absolvierte sie ihr Praxissemester<br />
bei <strong>Optometrie</strong> <strong>Cagnolati</strong> in Duisburg;<br />
momentan studiert sie im Masterstudiengang<br />
Augenoptik/<strong>Optometrie</strong> der<br />
Beuth Hochschule Berlin.<br />
Der Autor:<br />
Wolfgang <strong>Cagnolati</strong> DSc*, MSc*<br />
Edition. (Hrsg. Am Buchenbaum 21<br />
Yanoff Myron, Fine Ben S.) Mosby and Wolfe, 47057 Duisburg<br />
231–300<br />
E-Mail: wolfgang@optometrie-cagnolati.de<br />
die Kontaktlinse 5/2012