Ganz neu in unserem Sortiment: die Zukunft. - Proud Magazine
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BERLIN ISSUE #17 • BRItta aRNoLd • aFRICa RISE • pEtER kRUdER JUNI 2010<br />
JUNI 2010<br />
BERLIN #17<br />
BRItta aRNoLd<br />
chEfIN dEs BaR25 LaBELs<br />
aFRICa RISE<br />
actIoN foR afRIca<br />
pEtER kRUdER<br />
tEchNotoRtENschLacht<br />
+<br />
FaShIoNpaRty<br />
ELLEpaRamoUR<br />
wEE FLowERS<br />
dRoIdCoN<br />
daFydd dIL<br />
moNo CoLoR
SWEDISH UNDERWEAR<br />
COLOURFUL SINCE 1984
BJORNBORG.COM
4 EDITORIAL<br />
ch stehe im Ausguck. H<strong>in</strong>ten liegt der vergangene Monat und<br />
schwankt. Gestaltloses Gewaber von Ereignissen und ihren<br />
Reaktionen. Erst beim Umschauen bekommen sie Konturen.<br />
Kann nichts passiert se<strong>in</strong>? Eher nicht. Wenn ich wach war, ist<br />
immer etwas passiert und wenn ich schlief, habe ich etwas<br />
verpasst. Das Problem ist wahrsche<strong>in</strong>lich ke<strong>in</strong>es des Geschehens<br />
sondern se<strong>in</strong>er Aufzeichnung. Begebenheiten s<strong>in</strong>d ihrer<br />
Benennung nicht vorgängig, sie entstehen erst, wenn von ihnen gesprochen wird.<br />
Produzieren wir also den Mai. Wie folgt wird er gewesen se<strong>in</strong>:<br />
Todgelaubt, erwacht, zielstrebig nach Osten orientiert, <strong>die</strong> Jannowitzbrücke zu jeder<br />
Tages- und Nachtzeit. Klabautermänner lenken Dich <strong>in</strong> Treibsand. Segel weiter über<br />
<strong>die</strong> Düne!<br />
Rückzug von Öffentlich zu Privat und wenn es geht auf e<strong>in</strong>em anderen Irrweg wieder<br />
zurück.<br />
Insgesamt wechselweise Umkehrungen. Abwechselnd machen wir das Wochenende<br />
zur Arbeitszeit. Versuch der Synchronisierung kann gel<strong>in</strong>gen. Rettung durch Radikalisierung,<br />
das übliche Zeitschema durchbrochen, Gleichgewicht hergestellt.<br />
Die Wirklichkeit schwillt an und s<strong>in</strong>kt plötzlich. Der Wasserpegel im Aquarium bleibt<br />
konstant. Nicht nur daher ke<strong>in</strong> angenehmer Ort des Rückzugs von Zeitlauf und Trübs<strong>in</strong>n.<br />
Garnele im W<strong>in</strong>kel. Inneres klärt sich nicht immer gleich, wenn du durch Glas<br />
und bläuliches Wasser schaust. Spr<strong>in</strong>g re<strong>in</strong>. Doch und wieder. Andere Faktoren bestimmen<br />
Gefühltes.<br />
Wir erkennen <strong>die</strong> Realität von Ebbe und Flut und <strong>die</strong> Gezeiten als Funktionsweise der<br />
Realität. Grenzen der narrativen Zeit verwischt wie <strong>die</strong> der Persönlichkeit.<br />
Wie kann Nähe entstehen, wo schon ke<strong>in</strong>e Distanz mehr ist? E<strong>in</strong> Schritt zurück und<br />
zwei Trippelschritte vor, vielleicht. Es muss offen bleiben. Ke<strong>in</strong>e Angst, auch nicht<br />
vor Schocks. Selbst was auf me<strong>in</strong>en Kopf fällt – Melone schützt, der Ernst prallt ab.<br />
Woh<strong>in</strong>?<br />
Wir irrfahren durch Wald und Regen und Nacht. Zum volkseigenenen Gelände Zauberwelt<br />
Musikvergnügen. Aber was war, ist plötzlich untergegangen. Was bleibt ist<br />
feuchte Erde und gemusterte Tapete. Efeu kopfüber, es <strong>in</strong>teressiert niemanden mehr.<br />
Wächst er, wenn niemand h<strong>in</strong>sieht, oder hört er auf zu existieren? Wer hier ist, ist auf<br />
der Suche nach was Anderem. Umkehr auf den Wegen, <strong>die</strong> im Nichts enden, Leerstellen<br />
auf der Rückbank: Wir blicken von Außen auf den rechten Weg und treiben<br />
weiter. Quallen <strong>in</strong> Sirup. Es blitzt. Gestalt kehrt zurück, <strong>die</strong> Welt wieder fest. Der Stift<br />
schreibt nicht, er schneidet <strong>in</strong>s Fleisch und tätowiert monochrom verschwommen <strong>in</strong><br />
de<strong>in</strong>er Hand. Nicht wichtig, Digitales übernimmt, während Judy zurücktritt.<br />
Und ohne zu zögern, alle Bekenntnisse (auch <strong>die</strong> erzwungenen) s<strong>in</strong>d wahr. Und wenn<br />
<strong>die</strong> Sprache lügt, versuchen wir <strong>die</strong> Schrift. Am schönsten als Aktion, wenn alles e<strong>in</strong>fach<br />
ist, nach zwanzig Stunden Tanzen. Und <strong>die</strong> Sonne aufgeht.<br />
Richard Kirschste<strong>in</strong> & Neele Illner
© BEN & JERRY’S HOMEMADE, INC. 2010 COWS: WOODY JACKSON 1997<br />
Hier endet das<br />
Pirschen nach<br />
Kirschen.<br />
Wir machen ke<strong>in</strong> normales Eis, sondern Eis mit Geschmackes. Zum Beispiel mit be<strong>in</strong>ahe schon<br />
unvernünftig vielen Kirschen. Bei der Entwicklung unserer Sorten gehen wir eben gern ungewöhnliche<br />
Wege. Die Idee zu Cherry Garcia schickte uns e<strong>in</strong> Fan per Postkarte, <strong>in</strong>spiriert vom<br />
Gitarristen se<strong>in</strong>er Liebl<strong>in</strong>gsband. Wir fanden den Vorschlag so gut, dass wir sofort e<strong>in</strong> Eis daraus<br />
gemacht haben. In den USA ist <strong>die</strong> Sorte übrigens längst e<strong>in</strong> Hit. Mehr gibt’s auf www.benjerry.de<br />
Cream<br />
Peace,<br />
Peace, Lo Love & Ice
6 staRt<br />
aRt DiRECtoR<br />
V<strong>in</strong>zent Britz<br />
aDvERtis<strong>in</strong>g ManagER<br />
Em<strong>in</strong> Henri Mahrt<br />
Kirsten Toft Nagel<br />
Richard Kirschste<strong>in</strong><br />
EDitoRiaL tEaM<br />
Benjam<strong>in</strong> Gruber<br />
Cim Topal<br />
Ida Westheuser<br />
Joseph<strong>in</strong>e Müller<br />
Lukas Kampfmann<br />
Miron Tenenberg<br />
Moritz Stellmacher<br />
Pelen Boramir<br />
Ron Wilson<br />
Ronny Schröder<br />
Sophie Senoner<br />
hanibaLL<br />
saLiba<br />
EMPLOYEE OF<br />
THE MONTH<br />
PubLishER<br />
Em<strong>in</strong> Henri Mahrt<br />
Richard Kirschste<strong>in</strong><br />
EDitoR <strong>in</strong> ChiEF<br />
Em<strong>in</strong> Henri Mahrt<br />
Richard Kirschste<strong>in</strong><br />
Fashion DiRECtoR<br />
Haniball Saliba<br />
MusiC EDitoR<br />
Lev Nordstrom<br />
Uwe Krass<br />
EvEnt ManagER<br />
Cim Topal<br />
Ricardo Kramer<br />
CovER<br />
V<strong>in</strong>zent Britz, Philipp Bögle,<br />
Pola Kardum<br />
KontaKt<br />
Kirschste<strong>in</strong> & Mahrt GbR<br />
Naunynstraße 27<br />
10997 Berl<strong>in</strong> Kreuzberg<br />
+49 (0) 30 78 08 80 97<br />
hq@ .de<br />
CREativE DiRECtoR<br />
Moritz Stellmacher<br />
ContRibutoRs<br />
Andrej Rüb<br />
Core Amore<br />
Denise Ankel<br />
Gesa Hollender<br />
Neele Illner<br />
Peer Illner<br />
Sarah Staiger<br />
Sofie Ühla<br />
Tobias Schult<br />
Jazz Mang<br />
Willi Zägenhagen<br />
sPECiaL thanKs<br />
Ariane Kirschste<strong>in</strong><br />
Eva und Lale Mahrt<br />
Karl-He<strong>in</strong>z Kirschste<strong>in</strong><br />
Nuri Sezer<br />
Oliver Keresztes<br />
Sünje von Ahn<br />
Klaus Mabel Aschenneller<br />
Pauken und Trompeten, Feuerwerk –<br />
Haniball hat unser Moderesort gerettet.<br />
Was im Januar 2009 mit der<br />
#001 als als engagierter Dilettantismus<br />
begann, erfuhr durch Haniball e<strong>in</strong>e<br />
Revolution. H<strong>in</strong> zu Konzept und gutem<br />
Aussehen. In der Bandbreite zwsichen<br />
Rosenthaler-Szene-Ghetto und<br />
Wedd<strong>in</strong>ger H<strong>in</strong>terhof (dritter l<strong>in</strong>ks)<br />
beherrscht er alle Styles und entzückt<br />
mit Nuancen.<br />
Wir f<strong>in</strong>den Haniball so geil wie se<strong>in</strong><br />
limonen gelbes Auto im Dunklen<br />
leuchtet.<br />
Text Richard Kirschste<strong>in</strong>
BRAU<br />
m o d e r n e<br />
KUNST<br />
Brau|kunst, <strong>die</strong>;<br />
im Wesentlichen durch<br />
folgende Attribute defi niert:<br />
1. Geschmack:<br />
Frisches VELTINS –<br />
Pilsener Brauart;<br />
2. Haptik:<br />
Ergonomische Flaschenform,<br />
liegt gut <strong>in</strong> der Hand;<br />
3. Design:<br />
Puristisch, ohne Label,<br />
ausgezeichnet mit dem<br />
reddot design award.<br />
WWW.FACEBOOK.COM/VELTINS
8 CONTENT<br />
Editorial<br />
Impr<strong>in</strong>t<br />
Content<br />
Maxim Biller Open Word<br />
Muskatnuss Soberdose<br />
W<strong>in</strong><br />
Dafydd Dil Focus Artist<br />
Droidcon Report<br />
Mono Color Shoot<br />
Peter Kruder Chat<br />
Sounds<br />
Elleparamour Open Word<br />
Kopf oder Zahl Open Word<br />
Psychogramm e<strong>in</strong>es Idioten Streets<br />
Metamorphose Last Look<br />
zu|frie|den - Adj. - [zusger. aus älteren Wendungen<br />
wie zu Frieden setzen = zur Ruhe br<strong>in</strong>gen]<br />
04<br />
06<br />
08<br />
18<br />
19<br />
20<br />
21<br />
22<br />
26<br />
52<br />
54<br />
56<br />
58<br />
60<br />
62<br />
CONTENT<br />
INTRO<br />
BERLIN<br />
FASHION<br />
MUSIC<br />
ART<br />
OUTRO<br />
10<br />
12<br />
14<br />
16<br />
34<br />
36<br />
38<br />
44<br />
46<br />
48<br />
66<br />
Flash Miron Tenenberg<br />
Flash Moritz Stellmacher<br />
Report strasserauf Ladebox<br />
Report PlayStation S<strong>in</strong>g Star<br />
Open Word Fashion Party<br />
Report Africa Rise<br />
Artist Shoot Britta Arnold<br />
7Days<br />
Chat Axe Po-Star Anna<br />
Bottled Wee Flowers<br />
Last Word Sophie Senoner<br />
darf nicht ohne das E<strong>in</strong>verständnis von Richard Kirschste<strong>in</strong><br />
oder Em<strong>in</strong> Mahrt, beziehungsweise den Leuten <strong>die</strong> deren<br />
Unterschriften perfekt fälschen können, verkauft, verliehen oder<br />
geknickt werden. respektiert <strong>die</strong> Unterschiedlichkeit der<br />
Menschen und das Allgeme<strong>in</strong>e Gleichbehandlungsgesetz. liebt<br />
Dich doch!<br />
Die publizierten Artikel entsprechen dennoch ausschließlich der<br />
Me<strong>in</strong>ung der Autoren und nicht zwangsläufig der Redaktion.<br />
Diese müssen auch nicht <strong>in</strong>telligent oder gut durchdacht se<strong>in</strong>.<br />
Dafür machen wir mal wieder e<strong>in</strong>e schöne Seite zum Angucken.<br />
Wenn Ihr uns <strong>die</strong> Grafik klaut, holen wir unsere Freunde und Ihr<br />
seid dran.<br />
Ansonsten, alles Roger. Verantwortlicher im S<strong>in</strong>ne des Presserechts<br />
ist Em<strong>in</strong> Mahrt oder Richard.<br />
ist e<strong>in</strong>e freie, monatliche Publikation von Liebhabern und<br />
Legenden.<br />
Photo: im Hof des Büros
ULTIMATE 81 FABRE DC-S COOLDIGE PLUS<br />
Every door hides a story, discover them all at onitsukatiger.com<br />
Onitsuka-<strong>Proud</strong>.<strong>in</strong>dd 1 07.06.10 11:40
arial ist luxus, BaBy<br />
Für Arial <strong>in</strong> diversen Schnitten muss<br />
man heutzutage ke<strong>in</strong> Geld mehr ausgeben.<br />
Fast alle Rechner s<strong>in</strong>d von Werk<br />
aus mit <strong>die</strong>ser Schriftart bestückt. Ke<strong>in</strong><br />
Wunder also, dass wir <strong>die</strong>se auf allen<br />
Arten von Ausdrucken f<strong>in</strong>den können.<br />
Nur muss man sich das leisten können,<br />
liebe Fontfetischisten. Das Portal<br />
pr<strong>in</strong>ter.com testete mehrere Schriften<br />
aus und kam zu dem Ergebnis, dass<br />
Kennt eigentlich jemand e<strong>in</strong> nieder-<br />
ländisches Restaurant mit gehobener<br />
Küche? Nicht wirklich, oder? Holländische<br />
Küche ist Trash Food soweit das<br />
Auge reicht. Die Niederlande bieten<br />
eben <strong>die</strong> besten Bed<strong>in</strong>gungen für den<br />
Genuss von Fettigem und Süßem. Die<br />
<strong>neu</strong>este Entdeckung: Kokosbrood. E<strong>in</strong><br />
traumhafter Brotbelag, der nach gesüßter<br />
Kokosnuss schmeckt und <strong>in</strong><br />
Da wollte e<strong>in</strong> Peruaner <strong>neu</strong>lich se<strong>in</strong><br />
Päckchen vom Zollamt Pforzheim abholen<br />
und erhielt anstatt se<strong>in</strong>es peruanischen<br />
Kräutertees e<strong>in</strong>e schlechte<br />
Nachricht. „Mate de Coca“ ist aufgrund<br />
der getrockneten Kokablätter<br />
im Teebeutel <strong>in</strong> Deutschland illegal.<br />
Text Miron Tenenberg<br />
Layout V<strong>in</strong>zent Britz<br />
flash<br />
<strong>die</strong> Druckkosten von Arial 50 Euro im<br />
Jahr betragen; ausgegangen von 25<br />
Druckblättern <strong>in</strong> der Woche. Century<br />
Gothic liegt gute 15 Euro darunter<br />
und auch Times Roman ist günstiger.<br />
Egal, Helvetica bleibt <strong>die</strong> König<strong>in</strong> der<br />
Schriftarten. Und König<strong>in</strong>nen werden<br />
nicht getestet!<br />
pr<strong>in</strong>ter.com<br />
KoKos, üBernehmen sie!<br />
KoKa, üBernehmen sie!<br />
10 flash<br />
Form von Käsescheiben verkauft wird.<br />
Drüben obligatorisch auf e<strong>in</strong>em Stück<br />
weichen Weißbrotes, hier schmeckt<br />
es auch auf e<strong>in</strong>em Brötchen. Der vollmundige<br />
Geschmack kickt <strong>die</strong> Rezeptoren,<br />
<strong>die</strong> Konsistenz schmeichelt der<br />
Zunge und der Geist will immer mehr.<br />
Vergessen wäre <strong>die</strong> fe<strong>in</strong>e Küche, wenn<br />
man an Kokosbrood ersticken dürfte.<br />
E<strong>in</strong>fuhr, Besitz und Genuss – alles verboten.<br />
Der kräftig nach grünem Tee<br />
schmeckende und mäßig berauschende<br />
Tee sollte ihn eigentlich beruhigen.<br />
Daraus wird wohl nichts, obwohl es<br />
der arme Kerl jetzt wohl am nötigsten<br />
hätte.<br />
teuer billig
Men’s & Women’s Apparel Distributed by ICCDistribution BVBA : T 0032 (0)93244616 : www.iccdistribution.eu : www.supremebe<strong>in</strong>g.com
Menschen s<strong>in</strong>d<br />
uMso erfolgreicher,<br />
je unterschiedlicher<br />
ihre<br />
freunde s<strong>in</strong>d<br />
Menschen über 50 s<strong>in</strong>d generell glücklicher,<br />
weniger gestresst und haben weniger<br />
Ängste als 20jährige.<br />
Die Berührung e<strong>in</strong>er Frau erhöht <strong>die</strong><br />
Risikobereitschaft beim Mann.<br />
Weniger als durchschnittliche sechs<br />
Stunden Schlaf pro Nacht erhöhen das<br />
Risiko auf e<strong>in</strong>en frühzeitigen Tod.<br />
Nikot<strong>in</strong> erhöht fe<strong>in</strong>motorische Fertigkeiten,<br />
Aufmerksamkeit und Kurzzeiter<strong>in</strong>nerung.<br />
Schon fünf M<strong>in</strong>uten <strong>in</strong> der Natur ver-<br />
bessern <strong>die</strong> Gesundheit.<br />
Händewaschen befreit von Zweifeln<br />
nach schwierigen Entscheidungen.<br />
12 flash<br />
flash<br />
superYogi will<br />
nichts essen<br />
E<strong>in</strong> 83-Jähriger Yogi behauptet, seit<br />
mehr als 70 Jahren weder etwas gegessen,<br />
noch getrunken zu haben. Der Inder<br />
Prahlad Jani wurde <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er Kl<strong>in</strong>ik<br />
<strong>in</strong> Ahmedabad zwei Wochen lang von<br />
30 Ärzten untersucht und während<br />
<strong>die</strong>ser Zeit ununterbrochen überwacht.<br />
„Wir wissen immer noch nicht, wie er<br />
überlebt“, sagte der Neurologe Sudhir<br />
Shah.<br />
Der Yogi behauptet se<strong>in</strong>e gesamte Ener-<br />
gie aus Meditation und Yoga-Übungen<br />
zu schöpfen, er brauche ke<strong>in</strong>e Nahrung<br />
weil ihn als Achtjähriger e<strong>in</strong>e Gottheit<br />
gesegnet hat.<br />
craig Venter aka<br />
gott<br />
Craig Venter hat es mal wieder geschafft.<br />
Wir kennen ihn aus Projekten<br />
wie der Genom sequenzierung, Venter<br />
war der erste Mensch dessen DNA<br />
komplett entziffert wurde und als<br />
Bad Boy unter den Wissenschaftlern,<br />
se<strong>in</strong>e Firma hält gut 6000 Patente an<br />
Genomen und wird deshalb als rücksichtloser<br />
Privatisierer von Allgeme<strong>in</strong>gut<br />
geächtet. Jetzt ist es se<strong>in</strong>em Team<br />
gelungen e<strong>in</strong> künstliches Genom im<br />
Labor herzustellen und <strong>in</strong> e<strong>in</strong>e Zelle<br />
zu implantieren. Die Zelle begann nun<br />
Kopien, also künstliche Wesen herzustellen.<br />
Neben Sex nun e<strong>in</strong>e weitere<br />
Möglichkeit für den Menschen leben<br />
zu reproduzieren.<br />
Text und Design Moritz Stellmacher
ARENA<br />
BERLIN TREPTOW<br />
22:00 UHR<br />
8 FLOORS: DRAUSSEN, DRINNEN UND AM POOL<br />
LEXY & K-PAUL LIVE IN KONZERT<br />
BETTY BLITZKRIEG LIVE IN KONZERT<br />
AKA AKA LIVE · WHATYES LIVE<br />
ANDRÉ GALLUZZI · TROY PIERCE<br />
DOMINIK EULBERG · LOO & PLACIDO<br />
BREAKFASTKLUB · GUNJAH<br />
HANSON & SCHREMPF · RECHE & RECALL<br />
WIMPY · DJOKER DAAN · JAN MIR<br />
AKA KRISTIN VS.<br />
BLONDES GIFT SYLVIE MARKS · TOPMODEL<br />
GLORIA GAME BOYZ · KOFFERBOYS<br />
NDK · DEPH & TANATHAN · JORDAN<br />
K.JELL · ALPHA-NERD · NEO.NASTY<br />
FIN PHRANKLIN · GEORGE DEVALL<br />
STANGE / DAS AMT · BENEDICT<br />
KAI BRITSCHBAUER · BEAT’N DISC<br />
RESTLESS LEGS · OLIVER PLAYFORD<br />
ROBERT MARTIN · TRAGIK · T-OBSTER
MaLZcafe<br />
HOTEL UND RESTAURANT<br />
Die schönsten stanDorte Der strasserauf LaDebox<br />
Malzcafe<br />
Hotel, Restaurant und Café<br />
Veteranenstraße 10<br />
10119 Berl<strong>in</strong> – Mitte<br />
malzcafe.de<br />
14 rePort
Johannes Kühne empfängt uns im<br />
Malzcafe. Er ist e<strong>in</strong> bulliger Kerl mit<br />
festem Händedruck und breitem<br />
Kreuz. Em<strong>in</strong>, me<strong>in</strong> Verleger und heutiger<br />
Fotograf, und ich s<strong>in</strong>d schmächtig.<br />
Auf dem Weg hierher haben wir<br />
uns trotzdem mit e<strong>in</strong>em aggressiven<br />
Transporterfahrer angelegt. Und da<br />
es beim verbalen Schlagabtausch<br />
blieb, sehen wir <strong>in</strong> Johannes den<br />
perfekten Typen, um voller Adrenal<strong>in</strong><br />
und klarem Kopf das Wortgefecht<br />
weiter zu führen.<br />
Johannes zeigt sich wenig bee<strong>in</strong>druckt<br />
von <strong>unserem</strong> Adrenal<strong>in</strong>spiegel.<br />
Er bleibt ganz ruhig. Die Aufregung<br />
geht e<strong>in</strong>fach an ihm vorbei. Das<br />
Malzcafe-Hotel, welches direkt an<br />
den We<strong>in</strong>bergspark grenzt, hat ansche<strong>in</strong>end<br />
schon alle Frühstücksgäste<br />
ausgespuckt. Zeit für Johannes das<br />
erste Mal am Tag durchzuatmen. Den<br />
restlichen Tag kümmert er sich um<br />
das Büro. Da bleibt der Puls ohneh<strong>in</strong><br />
ruhig. Se<strong>in</strong>em Partner, Jens Rammelt,<br />
sche<strong>in</strong>t es ähnlich zu gehen. Er steht<br />
h<strong>in</strong>ter der Bar, schaut e<strong>in</strong>ige Male<br />
herüber, poliert Gläser und geht gelegentlich<br />
<strong>in</strong> <strong>die</strong> Küche. E<strong>in</strong> ruhiger<br />
Tag. Zudem glättet das sonore Brummen<br />
von Johannes’ Stimme alle entstandenen<br />
Wogen. Em<strong>in</strong> bestellt e<strong>in</strong><br />
Frühstück für 5,40 Euro und vers<strong>in</strong>kt<br />
beim Essen <strong>in</strong> Gedanken. Johannes<br />
Stimme, Em<strong>in</strong>s Schweigen – das Interview<br />
kann für mich also beg<strong>in</strong>nen.<br />
Das Lokal kenne ich nur von den<br />
Vorbesitzern, damals hieß es „Pr<strong>in</strong>z<br />
Albert“. Em<strong>in</strong> hat ke<strong>in</strong>e Ahnung was<br />
es mit dem Pr<strong>in</strong>zen auf sich hat und<br />
ich erkläre ihm, dass es der Name für<br />
e<strong>in</strong> Intimpierc<strong>in</strong>g am Penis ist, worauf<br />
ihm der Bissen im Hals stecken bleibt.<br />
Schade um den Bissen! Aber Johannes<br />
ist es wichtiger auf <strong>die</strong> Qualität des<br />
Essens e<strong>in</strong>zugehen, anstatt Em<strong>in</strong> beherzt<br />
auf den Rücken zu schlagen. Im<br />
Malzcafe möchte er vor allem frische<br />
regionale Produkte anbieten, eher<br />
e<strong>in</strong>em Ökotrend nachzujagen. „Wir<br />
haben Beelitzer Spargel auf der Karte,<br />
der wirklich aus Beelitz ist. Da spielt<br />
es ke<strong>in</strong>e Rolle, ob ‚öko’ draufsteht<br />
oder nicht.“ Da sich das Malzcafe-<br />
Hotel im mittleren Preisfeld postiert,<br />
muss er sich um e<strong>in</strong> gutes Preis-Leistungs-Verhältnis<br />
kümmern. Etwas<br />
Gutes zu essen sollte auch etwas kosten.<br />
„Es soll nicht weh tun, aber denk<br />
an <strong>die</strong> Ch<strong>in</strong>apfanne für zwei fuffzig.<br />
Entweder ist da gar ke<strong>in</strong> Fleisch dr<strong>in</strong><br />
oder nur billigste Sorte. Öko ist so e<strong>in</strong><br />
Trend und ich gehe selber im Bioladen<br />
e<strong>in</strong>kaufen, aber ich denke, dass<br />
regional wichtiger ist.“<br />
»Das Geschäft läuft als<br />
Hotelier immer länger<br />
als es <strong>die</strong> Öffnungszeiten<br />
angeben.«<br />
Er ist ohneh<strong>in</strong> gerne im Umland<br />
unterwegs. Johannes und Jens s<strong>in</strong>d<br />
Fallschirmspr<strong>in</strong>ger. Jens bereits seit<br />
zehn Jahren und viel ambitionierter<br />
als er, der gerade mal se<strong>in</strong>e zwölf<br />
Pflichtsprünge im Jahr absolviert,<br />
um <strong>die</strong> nötige Sprunglizenz zu behalten.<br />
„Fallschirmspr<strong>in</strong>gen heißt,<br />
du brauchst e<strong>in</strong>en blauen Himmel<br />
und du brauchst W<strong>in</strong>dstille. Das s<strong>in</strong>d<br />
zwei wichtige Faktoren.“ Johannes<br />
schaut auf den Außenbereich, der zu<br />
dem Restaurant gehört. „Das kannst<br />
du mit der Terrasse vergleichen. Du<br />
brauchst gutes Wetter und W<strong>in</strong>dstille,<br />
da es hier ziemlich w<strong>in</strong>danfällig<br />
ist.“ Johannes schmunzelt wehmütig,<br />
denn Freizeit bedeutet für ihn Luxus.<br />
Das Geschäft läuft als Hotelier immer<br />
länger als es <strong>die</strong> Öffnungszeiten angeben.<br />
„Du bist eben immer erreichbar.<br />
Wenn irgendetwas ist, dann kl<strong>in</strong>gelt<br />
das Handy auch nachts. Wir haben<br />
so e<strong>in</strong> Familienzimmer, da waren mal<br />
fünf Engländer dr<strong>in</strong>. Mitten <strong>in</strong> der<br />
Nacht krieg ich e<strong>in</strong>en Anruf: ‚Ähhh,<br />
ich komme nicht re<strong>in</strong>!’ Als ich ankam<br />
h<strong>in</strong>g der e<strong>in</strong>e dann im Türrahmen,<br />
der andere hat gekotzt, noch e<strong>in</strong> anderer<br />
hat auf der Treppe gepennt und<br />
<strong>die</strong> anderen standen davor und haben<br />
zugeschaut.“ Johannes wirkt e<strong>in</strong><br />
wenig ratlos, „Aber dann schließt du<br />
auf, fährst nach Hause und legst dich<br />
wieder h<strong>in</strong>. Das um zwei Uhr nachts.<br />
Ich b<strong>in</strong> ke<strong>in</strong> Nachtmensch.“ Auch<br />
<strong>die</strong>se Geschichte sche<strong>in</strong>t Johannes<br />
höchstens etwas zu nerven, aber niemals<br />
aus der Ruhe zu br<strong>in</strong>gen. Unter<br />
welchen Umständen schlägt denn<br />
de<strong>in</strong> Puls höher, frage ich ihn. „Beim<br />
ersten Sprung der Saison. Im Flugzeug<br />
sitzt du dann da, konzentrierst<br />
dich, bekommst feuchte Hände, ke<strong>in</strong>e<br />
Angst, aber du bist total nervös. Dann<br />
spr<strong>in</strong>gst du und alles ist easy. Dann<br />
ist der Kopf frei – so frei, dass du danach<br />
Kopfschmerzen hast, weil du<br />
vollgepumpt bist mit Adrenal<strong>in</strong>.“<br />
Wer benutzt denn bei euch so <strong>die</strong><br />
strasserauf Ladebox?<br />
„Die Hotelgäste. Viele vergessen halt<br />
ihr Ladegerät. Abgesehen davon, dass<br />
wir unsere eigenen Handys dar<strong>in</strong> aufladen.<br />
Früher hatten wir mal e<strong>in</strong> paar<br />
Ladekabel, <strong>die</strong> <strong>in</strong> den Zimmern liegen<br />
geblieben s<strong>in</strong>d. Aber <strong>die</strong> s<strong>in</strong>d dann viel<br />
zu schnell veraltet. Wir werden oft von<br />
Kunden gefragt, ob wir e<strong>in</strong>e Steckdose<br />
für ihre eigenen Geräte hätten. Dann<br />
liegen plötzlich fünf Handys im Tresenbereich.<br />
So kann ich e<strong>in</strong>fach sagen, da<br />
ist <strong>die</strong> Ladebox und fertig.“<br />
Mehr Standorte der strasserauf Ladebox<br />
& Infos auf strasserauf.de<br />
Text Miron Tenenberg<br />
Layout Joseph<strong>in</strong>e Müller<br />
rePort<br />
15
SINGSTAR<br />
FUSSBALLHITS<br />
DIe GRöSSTeN FuSSbAllhITS FüR<br />
DIe beSTe PARTy zuR WM!<br />
Die <strong>neu</strong>e Compilation Fußballhits<br />
bietet wirklich alles um <strong>die</strong> Aufmerksamkeit<br />
Aller auf dich zu ziehen.<br />
Public View<strong>in</strong>g wir kommen! Ausgestattet<br />
ist <strong>die</strong> Compilation mit Klassikern<br />
wie Sportfreunde Stillers - '54,<br />
'74, '90, 2010 oder Welthits wie Nelly<br />
Furtados - Forca. Wenn du e<strong>in</strong>e PS3<br />
oder PS2 de<strong>in</strong> Eigen nennst, kannst<br />
du pünktlich zur WM <strong>die</strong> größten<br />
nationalen und <strong>in</strong>ternationalen<br />
Fußballhymnen für <strong>die</strong> WM-Party<br />
vor und nach jedem Spiel bereithalten.<br />
Also e<strong>in</strong> optimales Warm-<br />
Up für <strong>die</strong> Gesänge <strong>in</strong> der Eckkneipe.<br />
Für <strong>die</strong> Berl<strong>in</strong>er fehlt zwar <strong>die</strong><br />
Nationalhymne der Türken, doch <strong>die</strong><br />
lässt sich Onl<strong>in</strong>e nachrüsten. Denn<br />
S<strong>in</strong>gStar gibt dir <strong>die</strong> Möglichkeit im<br />
S<strong>in</strong>gStore de<strong>in</strong>e eigene Songbibliothek<br />
zusammenstellen. Wie <strong>in</strong> der<br />
Realität gibt es e<strong>in</strong>en Multiplayer<br />
Modi, für Duelle oder Duetts.<br />
Da es wohl ke<strong>in</strong>en besseren als den<br />
Fußball Experten Re<strong>in</strong>er Calmund<br />
gibt, befragen wir ihn zum Spiel und<br />
hier s<strong>in</strong>d <strong>die</strong> Antworten:<br />
Herr Calmund, was macht e<strong>in</strong>en<br />
guten Fußballhit aus? Was sollte<br />
16 RePORT<br />
<strong>die</strong>ser unbed<strong>in</strong>gt haben?<br />
„E<strong>in</strong> guter Fußballsong ist e<strong>in</strong> Ohrwurm<br />
– immer! Der populärste Fußballsong<br />
ist sicherlich „You‘ll never<br />
walk alone, der aus Liverpool stammt,<br />
dort immer vor dem Anpfiff gesungen<br />
wird. „Du gehst nie alle<strong>in</strong>e“ - das ist<br />
das Treue-Bekenntnis schlechth<strong>in</strong> für<br />
Fans an den Vere<strong>in</strong>, an <strong>die</strong> Spieler.<br />
Diese Hymne ist e<strong>in</strong>fach ergreifend<br />
und zeigt, dass Fans und Vere<strong>in</strong> <strong>in</strong><br />
guten und <strong>in</strong> schlechten Zeiten zusammenhalten.<br />
Der Song steht für<br />
Emotion, Identifikation und Zusammenhalt.“<br />
Herr Calmund, Fangesänge gehören<br />
ja wie das runde Leder e<strong>in</strong>fach zum<br />
Fußball dazu. Wie sieht Ihr WarmUp<br />
aus, wenn unsere Nationalmannschaft<br />
spielt?<br />
„Im Stadion und auch bei den großen<br />
Public View<strong>in</strong>g-Veranstaltungen<br />
s<strong>in</strong>ge ich mit. Zuhause gehört das<br />
S<strong>in</strong>gStar-Mikro genauso zum WarmUp<br />
wie das Grillwürstchen und e<strong>in</strong><br />
kühles Bier. Jeder will dann <strong>in</strong> das<br />
D<strong>in</strong>g re<strong>in</strong>grölen. Also nicht nur <strong>die</strong><br />
Fußballhits, auch allgeme<strong>in</strong>e Ol<strong>die</strong>s.<br />
Da brennt wirklich <strong>die</strong> Luft und da<br />
geht es rund.“<br />
Herr Calmund, warum s<strong>in</strong>gen Fußballfans<br />
eigentlich so gern? Und was<br />
br<strong>in</strong>gt es den Spielern?<br />
„Es macht auch mir, gerade bei Länderspielen,<br />
so richtig Spaß Fußball-Lieder<br />
mitzus<strong>in</strong>gen. Fans können mit ihrer<br />
gesanglichen Unterstützung zum 12.<br />
Mann werden. Jedes Spiel braucht e<strong>in</strong><br />
Stadion mit Ambiente und vor allem<br />
Atmosphäre. Im Idealfall kommt es<br />
zur Wechselwirkung, dann spr<strong>in</strong>gt der<br />
Funke über vom Rasen auf <strong>die</strong> Ränge<br />
und wieder zurück.“<br />
Vielen Dank.<br />
Auszug aus der Trackliste:<br />
Sportfreunde Stiller - '54, '74, '90, 2010<br />
Franz Beckenbauer - Gute Freunde<br />
kann niemand trennen<br />
Stefan Peters feat. Gotthilf Fischer -<br />
E<strong>in</strong> Stern, der über Deutschland steht<br />
Nelly Furtado - Forca<br />
Bruder Leichtfuß - Deutsche Nationalhymne<br />
Die Toten Hosen - Bayern<br />
EES powered by Mama Afrika - Salutation-Vuvuzela<br />
Song<br />
Revolverheld - Helden 2008<br />
s<strong>in</strong>gstargame.com
Alle<strong>in</strong> <strong>die</strong> Dosis macht das Gift.<br />
überprüft, ob Paracelsus mit<br />
<strong>die</strong>sem Satz Recht hatte und testet<br />
Alltägliches auf unerwartete Eigenschaften.<br />
Nennt uns Eure Hausmittel<br />
und wir sagen Euch, was sie br<strong>in</strong>gen.<br />
miron@ .de<br />
Mit e<strong>in</strong>em kräftigen Zug <strong>in</strong> me<strong>in</strong>e Lungen.<br />
Ja, ich <strong>in</strong>haliere und – es schießt<br />
aus mir heraus wie aus dem Eyjafjallajökull.<br />
Zumal es sich auch so anhört,<br />
als würde ich <strong>die</strong>sen Namen mit<br />
deutscher Kartoffel neben deutschem<br />
Akzent im Mund aussprechen. Trotzdem,<br />
ich nehme noch e<strong>in</strong>en Zug. Aber<br />
hallo! Im Tabak bef<strong>in</strong>det sich heute<br />
Muskat. Fe<strong>in</strong> gerieben <strong>in</strong> Muttis alter<br />
Muskatreibe und großzügig appliziert.<br />
Das Problem dabei: Das Muskatpulver<br />
ist auf dem frischen Tabak nicht zu<br />
sehen. Braun hebt sich vor braun e<strong>in</strong>fach<br />
nicht ab! Ich nehme an, dass es<br />
e<strong>in</strong>e Menge geriebener Muskat ist. Die<br />
versandete Struktur des Tabaks lässt<br />
mich das erahnen. Eyjafjalla, Alter.<br />
Und wie bei dem Inselberggletscher-<br />
Vulkan kommt <strong>die</strong> Energie von ganz<br />
tief unten. Es überkommt mich. Me<strong>in</strong><br />
Freund, mit dem ich das rauche, zieht<br />
sich aus und ich mache es ihm nach.<br />
18 sOBerdOse<br />
sOBerdOse<br />
In der rauchnuss lIegt dIe Kraft<br />
Halbnackt stehen wir <strong>in</strong> se<strong>in</strong>em Zimmer<br />
und uns wird heiß – <strong>in</strong>nerlich<br />
heiß. Wir spüren <strong>die</strong> Energie, <strong>die</strong> ungenutzt<br />
im Raum schwebt. Wir saugen<br />
sie auf und stehen dadurch vor e<strong>in</strong>em<br />
Problem: zuviel Energie.<br />
Das Zimmer ist spärlich e<strong>in</strong>gerichtet.<br />
In der Mitte e<strong>in</strong> Tisch, am Rand e<strong>in</strong>ige<br />
Wohn- und Musik-Accessoires. Wir<br />
entscheiden uns für Bewegung und<br />
beg<strong>in</strong>nen um den Tisch zu rennen.<br />
Erst joggen wir, dann wird es schneller,<br />
zuletzt spr<strong>in</strong>ten wir im Kreis. Wie Bekloppte<br />
geht es wieder und wieder um<br />
den Tisch herum. Wir jagen h<strong>in</strong>ter e<strong>in</strong>ander<br />
her – oder vorneweg. Das Runde<br />
muss um das Eckige. Wir rennen<br />
und rennen und rennen – so schnell<br />
wir können. Er, ich, er, ich, er, ich…<br />
immer weiter. Die Be<strong>in</strong>e scheren aus,<br />
<strong>die</strong> Oberkörper neigen sich <strong>in</strong> <strong>die</strong> Kurve.<br />
Wir verbrennen uns <strong>die</strong> Fußkanten<br />
am Teppich. Wir s<strong>in</strong>d <strong>in</strong> höherer Mission<br />
um den Tisch unterwegs. Höhere<br />
Mission. Dieser Tisch. Welche Mission?<br />
Irgende<strong>in</strong>e Mission. Dieser Tisch. Es ist<br />
uns egal. Hauptsache Mission. Hauptsache<br />
Tisch. Hauptsache Rennen.<br />
Nichts hält uns auf. Der Schweiß läuft,<br />
aber niemand wird überrundet. Wir<br />
hasten wie <strong>die</strong> Besenkten. Mittlerweile<br />
machen wir das geschlagene zehn M<strong>in</strong>uten.<br />
Ke<strong>in</strong> Ende <strong>in</strong> Sicht.<br />
Auf e<strong>in</strong>mal ist es doch vorbei. Der<br />
Spuk hört auf. <strong>Ganz</strong> plötzlich, nach<br />
e<strong>in</strong>er knappen Viertelstunde. Außer<br />
Atem stehen wir vore<strong>in</strong>ander, verwundert<br />
woh<strong>in</strong> uns <strong>die</strong>ser Trip geführt hat<br />
und würden gerne lachen. Aber wir<br />
schnaufen und keuchen, als wäre es<br />
der letzte Spr<strong>in</strong>t unseres Leben gewesen.<br />
Erst jetzt fällt uns auf, dass<br />
wir ziemlich nackt s<strong>in</strong>d. Was war gerade<br />
los? Wir ziehen uns schnell wieder<br />
an und dabei fällt unser Blick auf<br />
<strong>die</strong> hässliche, aufgerauchte Tüte im<br />
Aschenbecher. Das ist also der Muskat-Turn.<br />
Der Geist klebt sich an den<br />
Körper und der Körper rennt weg.<br />
Muskat rauchen empfehle ich allen,<br />
<strong>die</strong> <strong>in</strong>nerhalb von 15 M<strong>in</strong>uten schnell<br />
zu Fuß irgendwo h<strong>in</strong>kommen müssen.<br />
E<strong>in</strong>e prima Droge für kurze Spr<strong>in</strong>ts<br />
und schonungslose Körperaction.<br />
Vergesst Espresso und Amphetam<strong>in</strong>e.<br />
Muskat kann es besser und vor allem<br />
verstrahlt es nicht im Abklang. Viva la<br />
nuez moscada!<br />
Text Miron Tenenberg
maxImum BIller<br />
Burn<br />
Die Oranienstraße liegt wie e<strong>in</strong>e<br />
Schlucht vor mir. Ich schaue sie mir an.<br />
Es ist früh, knapp sechs Uhr und das<br />
Licht noch verhalten. So auch <strong>die</strong> Menschen,<br />
<strong>die</strong> zeitig unterwegs s<strong>in</strong>d. Mir<br />
fallen <strong>die</strong> geschlossenen Läden und das<br />
umrahmende Graffiti auf. Es herrscht<br />
<strong>die</strong> Ruhe bevor es richtig los geht. Der<br />
Tag beg<strong>in</strong>nt. Ich wohne nicht mehr <strong>in</strong><br />
Mitte, sondern b<strong>in</strong> nach Kreuzberg gezogen.<br />
In <strong>die</strong>sem Moment wird mir bewusst,<br />
dass ich endlich <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er Gegend<br />
b<strong>in</strong>, <strong>in</strong> der ich nicht immerzu Maxim<br />
Biller treffe. Ich muss ihn endlich nicht<br />
mehr sehen, wenn ich chille, hetze, oder<br />
streite. Endlich nicht mehr, wenn ich im<br />
Park liege. Ich muss ihm endlich nicht<br />
mehr me<strong>in</strong>e E<strong>in</strong>käufe präsentieren.<br />
Endlich ke<strong>in</strong>e Rauchwolken mehr <strong>in</strong>s<br />
Gesicht pusten, oder mich an ihm vorbeidrängen,<br />
damit ich noch schnell vor<br />
der Straßenbahn halsbrecherisch über<br />
<strong>die</strong> Straße kann. Endlich ist der Spuk<br />
vorbei.<br />
Ich habe mich schon persönlich, vor<br />
Fremden, als Maxim Biller vorgestellt.<br />
Als Antwort erhielt ich meistens nur<br />
verwirrte Blicke. Zu guter Letzt habe<br />
ich auch nicht mehr das Stadtmagaz<strong>in</strong><br />
abonniert, <strong>in</strong> dem er e<strong>in</strong>e Kolumne<br />
schreibt. So erspare ich mir Maxim Billers<br />
Gesicht und se<strong>in</strong>e geistigen Auswüchse<br />
auf der Toilette sehen zu müssen.<br />
Endlich nicht mehr. Erstens lese<br />
ich überhaupt nicht mehr auf der Toilette.<br />
Zweitens hat er immer nur blödes<br />
Zeugs geschrieben. Bücher von ihm besitze<br />
ich erst recht nicht. Das erste und<br />
letzte, dass mir vor e<strong>in</strong> paar Monaten <strong>in</strong><br />
<strong>die</strong> Hand kam, fischte ich aus dem Papiermüll.<br />
Ich legte es dort auch wieder<br />
zurück. Sonst gr<strong>in</strong>st er mir noch ununterbrochen<br />
me<strong>in</strong>e <strong>neu</strong>e Wohnung voll.<br />
Das würde ich nicht aushalten.<br />
Text Miron Tenenberg<br />
rePOrt<br />
19
SCANDIVING EP<br />
VoN ESQUARE<br />
Wenn man nicht weiß, wo man im<br />
Leben steht, dann steht man halt woanders,<br />
aber man steht. Das ist das<br />
Wesentliche. FXYZ und Elle P. haben<br />
es sich – unter dem geme<strong>in</strong>samen Arbeitstitel<br />
esquare – zum Ziel gemacht,<br />
<strong>die</strong> Grenzen des Woanders aufzuspüren<br />
und <strong>in</strong> tanztauglichen, musikalischen<br />
Strukturen aufleben zu lassen.<br />
Die erste EP e<strong>in</strong>er Serie von 12“-Veröffentlichungen<br />
trägt den fetzigen<br />
Namen Scandiv<strong>in</strong>g und ist <strong>in</strong> der Tat<br />
e<strong>in</strong> Sprung <strong>in</strong>s Ungewisse und somit<br />
wie gesagt auch e<strong>in</strong> e<strong>in</strong>tauchen <strong>in</strong>s<br />
Wesentliche, <strong>in</strong> tiefergelegte, metasonore<br />
Sphären. Die Irrfahrt lohnt sich,<br />
dachten sich wohl auch Dapayk und<br />
Uricane, <strong>die</strong> zu den Orig<strong>in</strong>altiteln jeweils<br />
fetzig-fluktuative Remixe liefern.<br />
333 Stück wird es auf V<strong>in</strong>yl geben. 5<br />
davon verlosen wir aktuell unter w<strong>in</strong>@<br />
.de. Den Rest bekommt Ihr woanders.<br />
Der Digital Release hat noch zwei<br />
grandiose Track mehr <strong>in</strong> Petto. Das ist<br />
das Wesentliche. Wow. Melden und<br />
lauschen!<br />
20 WIN<br />
WIN<br />
LoVE BoX<br />
VoN DUREX<br />
E<strong>in</strong> buntes Liebesleben f<strong>in</strong>det grundsätzlich<br />
<strong>in</strong> Begleitung statt und <strong>die</strong>se<br />
möchte man grundsätzlich Bee<strong>in</strong>drucken.<br />
Die Begleitung jedoch mit der<br />
eigenen bunten Begleitung zu bee<strong>in</strong>drucken<br />
mag jetzt schon fast zu bunt<br />
ersche<strong>in</strong>en. Das ist dann aber eher e<strong>in</strong>e<br />
Gestaltungsfrage. Mit der durex Love<br />
Box <strong>in</strong> acht verschiedenen Designs ist<br />
<strong>in</strong> jedem Fall jetzt der passende, sichere,<br />
diskrete und praktische Begleiter für<br />
e<strong>in</strong>e lange und leidenschaftliche Nacht<br />
– wie so oft <strong>in</strong> limitierter Auflage – erhältlich.<br />
Ob <strong>in</strong> der Apotheke, <strong>in</strong> Drogeriemärkten<br />
oder unter shop-durex.de,<br />
wer zuerst kommt, verhütet zuerst.<br />
Die bunt designten Boxen be<strong>in</strong>halten<br />
drei durex Emotions Kondome, können<br />
aber auch mit anderen liebevollen<br />
Wegbegleitern bestückt werden. Das<br />
ist dann wohl eher e<strong>in</strong>e Frage des Geschmacks.<br />
verlost 15 x <strong>die</strong> durex<br />
Love Box. So viel ist sicher. E<strong>in</strong>fach unter<br />
w<strong>in</strong>@ .de melden und e<strong>in</strong>taschen!<br />
APERoL SPRITZ<br />
DESIGN KIT By<br />
oSKo + DEICHMANN<br />
Am Anfang war <strong>die</strong> Orange...und am<br />
Ende der Sommer, oder wie? Die Berl<strong>in</strong>er<br />
Wetterlage zeigt sich gewohnt<br />
schwermütig. Das verlangt nach Initiative.<br />
Kommt der Sommer nicht<br />
von selbst zu mir, muss ich ihn mir<br />
halt herbeispritzen. Aperol Spritz<br />
ist hier <strong>die</strong> Devise: Aperol, Prosecco<br />
oder Weißwe<strong>in</strong>, e<strong>in</strong> Schuss Soda und<br />
e<strong>in</strong>e Orangenscheibe. Ab sofort s<strong>in</strong>d<br />
unter aperol.de <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er limitierten<br />
Auflage <strong>die</strong> exklusiven Kits des Berl<strong>in</strong>er<br />
Designteams Osko + Deichmann<br />
erhältlich: E<strong>in</strong>e traditionell-hölzerne<br />
Orangenkiste, e<strong>in</strong>e Flasche Aperol,<br />
e<strong>in</strong>e Flasche Prosecco, zwei Orangen,<br />
e<strong>in</strong> edler Glas-Siphon und drei charakteristische<br />
Kelche – mit anderen<br />
Worten e<strong>in</strong> erfrischender Sommer für<br />
<strong>die</strong> eigenen vier Wände, oder eben für<br />
unterwegs. Achtung: Gesellschaft ist<br />
nicht im Kit mit<strong>in</strong>begriffen! Aber wo<br />
Sommer ist, s<strong>in</strong>d für gewöhnlich auch<br />
Freunde, oder? verlost unter<br />
w<strong>in</strong>@ .de drei Aperol Spritz Design<br />
Kits. Melden und e<strong>in</strong>schenken!<br />
Texte: Lev Nordstrom
Irgendwann im letzten Jahr stand er,<br />
angekündigt über e<strong>in</strong>en kurzen E-Mail<br />
Wechsel, im Büro. E<strong>in</strong>e sehr saubere<br />
Webseite, viel perfekt bearbeitete<br />
Studiofotografie, viel knall bunt.<br />
Dafydd Dil, ob es se<strong>in</strong> echter oder se<strong>in</strong><br />
Künstlername ist wissen wir bis heute<br />
nicht, ist Schotte. Bereits mit 16 Jahren<br />
stellte er wohl fest, dass Dudelsäcke<br />
und Männerröcke nicht se<strong>in</strong> D<strong>in</strong>g s<strong>in</strong>d<br />
und zog konsequent nach London – wo<br />
er auch se<strong>in</strong>em Studiumsabschluss <strong>in</strong><br />
Fotografie holte.<br />
FOCUS ARTIST<br />
DAFYDD DILL<br />
Wie jeder gute Fotograf hatte auch<br />
Dafydd se<strong>in</strong>en Mentor – Fashion und<br />
Celebrity Fotografen Christopher Sims.<br />
In 2008 waren e<strong>in</strong> paar se<strong>in</strong>er Werke<br />
<strong>in</strong> der AOP Gallery und 2009 <strong>in</strong> der<br />
Parfait Gallery (UK) zu sehen. Zu se<strong>in</strong>en<br />
größten Klienten zählen Marken<br />
wie Ray-Ban und <strong>die</strong> London Fashion<br />
Week.<br />
Seit 2006 lebt er zwischen Berl<strong>in</strong><br />
und London. Ende letzten Jahres<br />
produzierte er mit e<strong>in</strong>e<br />
Strecke mit zwei sehr begabten<br />
Nachwuchsmodellen Verena und<br />
Laura aus Hamburg (Megamodels<br />
Agency). E<strong>in</strong> Bild aus der Strecke seht<br />
ihr auf <strong>die</strong>ser Seite – <strong>in</strong> Farbe und bunt<br />
auf unserer <strong>neu</strong>en, iPad optimierten<br />
Webseite.<br />
dafydddil.com<br />
megamodelagency.com<br />
Text Ed<br />
FOCUS ARTIST<br />
21
Trotz der vielen Teilnehmer wird sich<br />
an der Damentoilette wohl eher ke<strong>in</strong>e<br />
Schlange bilden.. "droidcon" – spätestens<br />
mit dem Tweet von HansJ dürfte<br />
es nun wohl auch dem letzten Nerd<br />
wie Schuppen von den Augen fallen.<br />
In dem 500 Leute fassenden Saal des<br />
Sem<strong>in</strong>aris CampusHotel Berl<strong>in</strong> bef<strong>in</strong>den<br />
sich nur 6 Frauen. Zwei davon<br />
s<strong>in</strong>d Kellner<strong>in</strong>nen. Der Reihe nach<br />
muss sich jeder Nerd im Plenum<br />
mit se<strong>in</strong>en drei "Tags" präsentieren.<br />
Während das Mikrofon durch <strong>die</strong><br />
vorderen Reihen wandert, tausche<br />
ich mit me<strong>in</strong>er Begleitung He<strong>in</strong>rich<br />
van Rixdorf orig<strong>in</strong>elle Ideen wie "Hi,<br />
my Name is Uwe and my tags are:<br />
Android, whiskey and bitches." oder<br />
"My name is Ol' Dirty Bastard and<br />
I'm an alcoholic". Als das Mikrophon<br />
allerd<strong>in</strong>gs endlich bei mir landet<br />
stottere ich mit zittriger Stimme e<strong>in</strong><br />
paar kratzige Wörter heraus. Me<strong>in</strong>e<br />
Barcamp-Entjungferung hatte ich mir<br />
eigentlich schöner vorgestellt, so ist<br />
das halt mit Entjungferungen. Möge<br />
<strong>die</strong> droidcon Berl<strong>in</strong> beg<strong>in</strong>nen. Auf der<br />
Toilette hole ich me<strong>in</strong> Milestone raus<br />
– es wird nicht das letzte Mal se<strong>in</strong>. Ich<br />
twittere, wieviele Smartphones wohl<br />
heute noch beim Twittern <strong>in</strong> <strong>die</strong> Toilette<br />
fallen werden.<br />
Seit anderthalb Monaten freuen He<strong>in</strong>rich<br />
und ich uns nun schon auf <strong>die</strong><br />
Droidcon. 2 Tage lang Schweißgeruch,<br />
Pizza und Apps, Apps, Apps. Da schlägt<br />
das Herz e<strong>in</strong>es jeden Hackers automatisch<br />
höher. Seit 4 Monaten s<strong>in</strong>d wir<br />
beide stolze Besitzer e<strong>in</strong>es Milestones.<br />
Auch das Update auf Android 2.1 hatten<br />
wir selbstverständlich früher als<br />
22 report<br />
droidCon Berl<strong>in</strong><br />
Coolio <strong>in</strong> nerdtopia<br />
alle anderen. Vor zwei Monaten habe<br />
ich selber angefangen mich an Android<br />
Programmierung heran zu pirschen.<br />
Ich b<strong>in</strong> also bereit, mit den E<strong>in</strong>geborenen<br />
<strong>in</strong> ihrer Sprache zu kommunizieren.<br />
Ansonsten s<strong>in</strong>d wir natürlich total<br />
cool – unsere drei wichtigsten Tags:<br />
DJ, Reporter, Gigolo. Auf dem H<strong>in</strong>weg<br />
schließen wir diverse Wetten ab, unter<br />
anderem wer <strong>die</strong> meisten Wedgies verteilt<br />
und wer <strong>die</strong> meisten Pausenbrote<br />
zockt. Beim Barcamp heile angekommen,<br />
Google Maps sei Dank, stellen<br />
wir fest, dass es fast ausschließlich<br />
Männer <strong>in</strong> der Lobby gibt, <strong>die</strong> Quote<br />
an orig<strong>in</strong>alen Nerds aber verschw<strong>in</strong>dend<br />
ger<strong>in</strong>g zu se<strong>in</strong> sche<strong>in</strong>t. Was machen<br />
wir denn, wenn <strong>die</strong> jetzt auch<br />
noch cool s<strong>in</strong>d? Uns überkommt Nervosität,<br />
<strong>die</strong> wir mit e<strong>in</strong> paar hilflosen<br />
Nerd-Witzen, zu verstecken versuchen.<br />
Noch bevor PR-Dame Anja uns<br />
unsere Akkreditierungen br<strong>in</strong>gt, hat<br />
He<strong>in</strong>rich bereits Miss Droidcon Berl<strong>in</strong><br />
gesichtet. Unsere Sicherheit kommt<br />
zurück. Frauen – damit kennen wir<br />
uns aus. Per Augmented Reality werden<br />
ihr rasch Scherpe und e<strong>in</strong> Strauß<br />
Blumen überreicht. He<strong>in</strong>rich möchte<br />
ihr noch rasch den GPS-Tracker unter<br />
den Rock schieben, aber <strong>die</strong> erste Session<br />
beg<strong>in</strong>nt.<br />
Ach, ihr wisst garnicht was e<strong>in</strong> Bar-<br />
camp ist? Nix saufen hier, guckt doch<br />
e<strong>in</strong>fach mal bei Wikipedia, ihr Noobs.<br />
Oder mal für <strong>die</strong> Technogeneration<br />
zusammengefasst: Barcamps s<strong>in</strong>d<br />
sowas wie Open Airs, bloß mit mehr<br />
Computer, weniger Musik und dr<strong>in</strong>nen<br />
eben. Check your local barcamp!<br />
Die erste Session läuft erst seit 5 M<strong>in</strong>uten<br />
und me<strong>in</strong> ADHS schlägt wieder<br />
voll und ganz durch. Im Gegensatz zu<br />
den Uni-Sem<strong>in</strong>aren muss es mir aber<br />
<strong>die</strong>smal nicht unangenehm se<strong>in</strong>, dass<br />
Milestone zu zücken, um Facebook<br />
und Mails zu schreiben. Neben mir<br />
sitzt Marco, stolzer Besitzer von vier<br />
verschiedenen Android Telefonen.<br />
Die brauche er alle zum Testen, sagt<br />
er mir. Marco hat sich vor kurzem als<br />
Android Consultant selbstständig gemacht.<br />
Wir verplappern <strong>die</strong> restliche<br />
Session wie früher <strong>in</strong> der Schule, nur<br />
dass <strong>die</strong> Hauptthemen heute Eclipse<br />
und Snapshots von Android Konfigurationen<br />
s<strong>in</strong>d. Außerdem erzähle ich<br />
ihm von me<strong>in</strong>em Problem, <strong>die</strong> Orientation<br />
des SurfaceView der Systemkamera<br />
auf Portrait zu fixen. Da Nerd<strong>in</strong>g<br />
ja bekanntlich Hunger macht, stürzen<br />
wir uns anschließend auf das Buffet.<br />
Das Cater<strong>in</strong>g lässt ke<strong>in</strong>e Wünsche offen.<br />
Statt Informatikerschweiß liegt<br />
der süßliche Duft von Reichtum <strong>in</strong> der<br />
Luft. Nur <strong>die</strong> bunten Tücher an der Decke<br />
er<strong>in</strong>nern irgendwie an Psy-Trance.<br />
Den Nachmittag vertreiben wir uns<br />
mit diversen Strategiebesprechungen,<br />
wie wir denn nun Miss Droidcon Berl<strong>in</strong><br />
ansprechen sollen. Die Macht der<br />
Smartphones sche<strong>in</strong>t unsere Kräfte zu<br />
bee<strong>in</strong>flussen. S<strong>in</strong>d wir hier womöglich<br />
<strong>die</strong> Geeks und <strong>die</strong> Programmierer <strong>die</strong><br />
Coolen? Aus sicherer Entfernung müssen<br />
wir tatenlos mitansehen, wie charismatische<br />
App-Developer mit ihr lachen<br />
und scherzen, ohne dass sie uns<br />
auch nur e<strong>in</strong>en Blickes würdigt. Also
doch lieber noch e<strong>in</strong> paar Sessions<br />
besuchen, mit dabei "Soundcloud on<br />
Android", "Open Streetmap" und "Unit<br />
Test<strong>in</strong>g", für den angehenden Androiden<br />
Uwe war das droidcon Barcamp<br />
Berl<strong>in</strong> e<strong>in</strong> voller Erfolg. Wirtschafswissenschaftler<br />
He<strong>in</strong>rich beendet das<br />
Barcamp mit der letzten Session "How<br />
can teleportation be done with the<br />
Android?" <strong>in</strong> der Hoffnung sich unter<br />
<strong>die</strong> Bluse se<strong>in</strong>er <strong>neu</strong>en Traumfrau zu<br />
teleportieren.<br />
Sche<strong>in</strong>bar hat He<strong>in</strong>rich <strong>die</strong> falschen<br />
Koord<strong>in</strong>aten e<strong>in</strong>gegeben, denn statt<br />
unter ihre Bluse beamen wir uns erst<br />
zu Rissani und dann zur Afterparty<br />
<strong>in</strong> <strong>die</strong> C-Base. Bei der C-Base handelt<br />
es sich um e<strong>in</strong> altes Raumschiff, das<br />
restauriert und zum Hauptquartier<br />
der Berl<strong>in</strong>er Nerd-Community umfunktioniert<br />
wurde. L<strong>in</strong>ks führt e<strong>in</strong>e<br />
Leiter nach oben, e<strong>in</strong>e Wendeltreppe<br />
führt nach unten. Auf beiden Etagen<br />
wimmelt es nur so von Rechnern und<br />
Computerbüchern. Rechts geht es an<br />
zwei Getränke und e<strong>in</strong>em Super-Arcadeautomaten<br />
zur Bar. Und es riecht<br />
tatsächlich nach me<strong>in</strong>em Liebl<strong>in</strong>gsparfüm<br />
"Eau du Club", e<strong>in</strong>er Mischung<br />
aus kaltem Rausch und getrocknetem<br />
Bier. Damit kriegt mich jede Frau. Ach,<br />
Frauen, stimmt da war ja was. Die Anzahl<br />
der Frauen hat sich für <strong>die</strong> Afterparty<br />
zwar um 6 Frauen erhöht, Miss<br />
Droidcon ist aber leider nicht mehr<br />
da. Ich persönlich entwickle spontan<br />
zwei Theorien dazu: entweder sie ist<br />
noch mit e<strong>in</strong> paar puertoricanischen<br />
Busenmodels um <strong>die</strong> Häuser gezogen<br />
oder – das wäre natürlich um e<strong>in</strong>iges<br />
sexier – sie hat ihr Eclipse hochgefahren,<br />
um sofort ihre Apps nach den <strong>neu</strong><br />
gelernten Programmierparadigmen zu<br />
refaktorisieren.<br />
Verunsichert und mit Schawarma-<br />
Humus im Bauch drehen He<strong>in</strong>rich<br />
und ich unsere Runden. Nun haben<br />
wir also auch <strong>die</strong> Chance verspielt, am<br />
Grill mit den coolen Android-Typen<br />
report<br />
23
<strong>in</strong>s Gespräch zu kommen. He<strong>in</strong>rich<br />
versucht se<strong>in</strong> Glück, <strong>in</strong>dem er nach<br />
e<strong>in</strong>em Ladegerät für se<strong>in</strong> Milestone<br />
fragt, ich versuche es mit dem klassischenAnrempeln-und-Dr<strong>in</strong>k-E<strong>in</strong>laden<br />
Trick. Unsere üblichen Maschen<br />
ziehen <strong>in</strong> Nerdtopia nicht. Unsere anfängliche<br />
Belustigung ist <strong>in</strong>zwischen<br />
<strong>in</strong> bodenlosen Neid umgeschlagen.<br />
Ich wünsche mir, ich wäre niemals<br />
auf den abermillionen Parties gewesen<br />
und hätte me<strong>in</strong>e Zeit <strong>in</strong> State Mach<strong>in</strong>es<br />
und Quellcodes gesteckt. Nerd<br />
is the new cool. Endlich verstehe ich,<br />
dass h<strong>in</strong>ter dem Spruch mehr steckt<br />
als skand<strong>in</strong>avische Models mit Stash<br />
und Rapist-Glasses. Die ganze Zeit<br />
g<strong>in</strong>g es also tatsächlich um Computer.<br />
Um wenigstens so zu tun, als wären<br />
wir Teil <strong>die</strong>ser Community, schicken<br />
24 report<br />
wir He<strong>in</strong>richs Milestone <strong>in</strong>s Rennen<br />
für <strong>die</strong> Bl<strong>in</strong>kendroid Convention. Geme<strong>in</strong>sam<br />
mit vielen weiteren Droidphones<br />
aller Art soll e<strong>in</strong> Rekord für<br />
das größte zusammenhängende Display<br />
aufgestellt werden. Über e<strong>in</strong>en<br />
eigenen Server, auf dem sich <strong>die</strong> Telefone<br />
nache<strong>in</strong>ander anmelden, wird<br />
<strong>die</strong> Verteilung der Geräte angeordnet.<br />
Da me<strong>in</strong> WLAN Probleme hat und ich<br />
außerdem Fotos fürs Magaz<strong>in</strong> machen<br />
muss, ist me<strong>in</strong>e Kiste raus aus dem<br />
Spiel. E<strong>in</strong>zig He<strong>in</strong>rich darf e<strong>in</strong> echter<br />
Teil <strong>die</strong>ses monumentalen Ereignisses<br />
se<strong>in</strong>. Als <strong>die</strong> eigens für <strong>die</strong> Convention<br />
erstellte Animation bereits über 30<br />
Geräte läuft, kommt uns e<strong>in</strong>e geniale<br />
Idee, wie ich doch noch teilhaben<br />
kann. Mit me<strong>in</strong>em eigenen Telefon<br />
wählen wir He<strong>in</strong>richs Nummer. Das<br />
Telefon kl<strong>in</strong>gelt. "Hey, da ruft jemand<br />
an." – "Das ist me<strong>in</strong>e Mutter!", ruft<br />
He<strong>in</strong>rich. Die Brüller s<strong>in</strong>d auf se<strong>in</strong>er<br />
Seite. Das Eis ist gebrochen. Endlich<br />
s<strong>in</strong>d wir beide Teil der Show. Wir sammeln<br />
e<strong>in</strong>ige Karten, schütteln Hände<br />
und schnacken über das customisierbare<br />
Layout von Buttons. Zum Schluß<br />
spreche ich mit Carl. Carl wohnt <strong>in</strong><br />
London und organisiert mit se<strong>in</strong>er Posse<br />
im Oktober <strong>die</strong> London Ausgabe der<br />
Droidcon, zu der He<strong>in</strong>rich und ich h<strong>in</strong>fliegen<br />
werden. Bis dah<strong>in</strong> gibt es noch<br />
viel zu tun. Wir wollen ja schließlich<br />
nächste Mal <strong>die</strong> Miss Droidcon London<br />
auch aus der Nähe begrüßen dürfen.<br />
Let's Nerd it on!<br />
droidcon.de<br />
Text Uwe Krass
:neteib riW<br />
nehcus riW<br />
:sua tkejorP<br />
ngiseD<br />
tsnuK<br />
efiargotoF<br />
kisuM<br />
rutaretiL<br />
nie rüf S C ,tlaheG ehcielg H m W A i<br />
egnal n<br />
hcid briweB .0102 bojsgatbl<br />
-íaçA r<br />
.stkejo<br />
gaT/h4 mu<br />
stlaheG nedne<br />
tkejorP sevit<br />
menie tim )<br />
hciereB nevitaerk neredna en<br />
ud tsednfi<br />
retnu ed.0102bojsgatbl
shirt Lee<br />
26 SHOOT<br />
jeans Acne<br />
belt American Apparel
MONO COLOR<br />
Styl<strong>in</strong>g • Concept • Production<br />
Photographer<br />
Hair • Make-up<br />
Photographer's Assistant<br />
Hair • Make-up Assistant<br />
Models<br />
Special thanks to<br />
body American Apparel<br />
skirt Acne<br />
belt American Apparel<br />
Haniball Saliba<br />
haniballsaliba.de<br />
Tobias Schult @ Kat<strong>in</strong>ka Krieger<br />
tobiasschult.com<br />
Jazz Mang @ Basics us<strong>in</strong>g MAC Products<br />
Felix Holke<br />
Mischka hart<br />
Tim und Kathi @ Seeds<br />
Studio 67<br />
studio-67.com<br />
SHOOT<br />
27
28 SHOOT<br />
poloshirt Ralph Lauren<br />
jeans Cos<br />
belt American Apparel<br />
jacket Alpha Industries<br />
shirt Adidas Orig<strong>in</strong>als<br />
hat Billabong<br />
dr<strong>in</strong>k SCHWARZE DOSE<br />
watch Swatch<br />
scarf V<strong>in</strong>tage<br />
pants Levi's<br />
shoes Camper
tank top Hannibal<br />
skirt Hugo<br />
shoes Adddress<br />
jewelry Sabr<strong>in</strong>a Dehoff<br />
SHOOT<br />
29
30 SHOOT<br />
dress St<strong>in</strong>e Goya
suit Tiger of Sweden<br />
shoes Henrik Vibskov<br />
SHOOT<br />
31
32 SHOOT<br />
pullover Hugo<br />
shirt Drykorn<br />
trousers Adddress Him<br />
shoes Dr. Martens<br />
belt American Apparel
dress Adddress<br />
SHOOT<br />
33
34 REPORT
MONTAG, JULI 17, 2006<br />
Letzten Mittwoch wurde ich von me<strong>in</strong>em<br />
besten Freund e<strong>in</strong>geladen, ihn<br />
und se<strong>in</strong>e wundervolle Freund<strong>in</strong> zu<br />
e<strong>in</strong>er Modenschau zu begleiten. Es<br />
macht immer Spaß mit den Beiden,<br />
also sagte ich zu.<br />
Ich b<strong>in</strong> wahrlich ke<strong>in</strong> Fe<strong>in</strong>d von Mode<br />
und achte auch gerne darauf was ich<br />
trage, aber würde nie behaupten Modedesign<br />
zugeneigt zu se<strong>in</strong>. Beim Wort<br />
Fashion kommt mir da schon eher<br />
was hoch. Da kann man sich ja wahrsche<strong>in</strong>lich<br />
me<strong>in</strong>e Freude vorstellen,<br />
als ich mich h<strong>in</strong>term U-Bahnhof Warschauerstr.<br />
<strong>in</strong> der Schlange zum „défilé<br />
der besten Mode-Design Absolventen“<br />
wiederfand. Zumal <strong>die</strong> für den Spaß 15<br />
Tacken haben wollten, was für e<strong>in</strong> „alg<br />
2“ Empfänger ja nicht gerade geschenkt<br />
ist. Naja, Essen für morgen ist abgesagt,<br />
dachte ich mir. Man will ja ke<strong>in</strong> Spielverderber<br />
se<strong>in</strong>. Unsere<strong>in</strong>s lässt sich<br />
doch von so was nicht unterkriegen,<br />
dachte ich mir und fluchte still <strong>in</strong> mich<br />
h<strong>in</strong>e<strong>in</strong>, darauf bedacht, dass me<strong>in</strong>e beiden<br />
Begleiter nichts mitbekommen. Na<br />
hoffentlich gibt es da dr<strong>in</strong> wenigstens<br />
Sekt-Empfang sagte ich laut an der Kasse.<br />
Fehlanzeige.<br />
Sekt: 2!<br />
Bier: 2 K<strong>in</strong>dl, warm. Besser kann der<br />
Abend ja kaum noch werden. Dann traf<br />
ich doch tatsächlich e<strong>in</strong>e bekannte aus<br />
der Punkerszene und hörte erstaunt,<br />
dass sie <strong>in</strong>zwischen auch stu<strong>die</strong>rt. Modedesign!<br />
Vielleicht sollte ich me<strong>in</strong>en<br />
Standpunkt noch e<strong>in</strong>mal überdenken?<br />
Hat mich me<strong>in</strong>e antiautoritäre, l<strong>in</strong>ksautonome<br />
Erziehung letzten Endes zum<br />
Spießer gemacht?<br />
Da standen wir also, ich mit e<strong>in</strong>em warmen,<br />
sie mit e<strong>in</strong>em, durch Eis verwäs-<br />
sertem, K<strong>in</strong>dl und schauten uns Skiund<br />
Golfmode an.<br />
Wow! Ohne vollkommen besoffen zu<br />
se<strong>in</strong> geh ich hier nicht weg. Sonst verlier<br />
ich <strong>die</strong> Lust morgen, oder eher je wieder<br />
aufzustehen.<br />
Glücklicherweise gibt es <strong>in</strong> Berl<strong>in</strong> auf<br />
jeder Party, jedem Straßenfest ja und<br />
auch sonst überall, das alt bewehrte<br />
Pfandsystem. Als K<strong>in</strong>d sicherte es mir<br />
me<strong>in</strong>e Gummitiere und Wassereis, jetzt<br />
sichert es me<strong>in</strong>en, garantierten Suff.<br />
Genau wie ich es mir gedacht hatte<br />
machte sich ke<strong>in</strong>er der Modebegeisterten<br />
<strong>die</strong> F<strong>in</strong>ger schmutzig. Freie Bahn für<br />
mich also.<br />
Nach me<strong>in</strong>em 5ten Bier, dass entspricht<br />
25 gesammelten Flaschen und Gläsern,<br />
g<strong>in</strong>gen me<strong>in</strong>e beiden lieben Freunde,<br />
denen der Abend mit mir wohl ke<strong>in</strong><br />
Spaß machte, dann. Aber egal, weiter<br />
gehts. Augen offen, Rücken krumm...<br />
Nach ca 15 Bier sammelte ich nur noch<br />
vere<strong>in</strong>zelt. Genau so, dass ich stetig<br />
e<strong>in</strong>e Flasche <strong>in</strong> der Hand hielt. Es wurde<br />
eh immer schwieriger, denn das Bestechungsgeld,<br />
welches <strong>die</strong> Barkeeper<br />
erhoben, wuchs irgendwann zu stark.<br />
Da me<strong>in</strong> Körper schon seit längerem<br />
für mich dachte und <strong>die</strong>ser auf Anti-<br />
Konflikt e<strong>in</strong>gestellt ist, wurde es Zeit für<br />
mich zu tanzen.<br />
Mit dem Schwanz voraus drehte ich<br />
auf der Tanzfläche me<strong>in</strong>e Kreise. Ich<br />
schwang me<strong>in</strong>e Hüften lechzte nach<br />
Frauenkörpern und fand sie auch. Die<br />
erste Dame fand mich auch. Sie fand<br />
mich blöd! Glücklicherweise, für sie, gab<br />
es genug Ersatz auf <strong>die</strong>ser Mode-Party.<br />
Me<strong>in</strong> Bericht gerät jetzt leider <strong>in</strong>s stocken.<br />
Was ich noch weiß, ist dass ich<br />
irgendwann an der Toilettenwand h<strong>in</strong>g,<br />
taggz machen und aggressiv auf <strong>die</strong><br />
vorbeilaufenden Mode-Designer, Modedesign-Absolventen<br />
und Modedesign-<br />
Studenten e<strong>in</strong>brüllte. Dann plötzlich:<br />
Knutschen mit e<strong>in</strong>er 30-jährigen. Man,<br />
dachte ich mir, <strong>die</strong> sieht echt kacke aus.<br />
Aber so e<strong>in</strong>en guten Kuss habe ich schon<br />
lang nicht mehr erlebt. Sie will mich<br />
mit nach Hause nehmen. Ich frage sie,<br />
ob sie genauso gut bläst wie sie küsst?<br />
Die meisten sagen ja, antwortet sie. Nur<br />
schön muss er se<strong>in</strong> und gepflegt. Me<strong>in</strong>er<br />
ist aber krumm und bei dem ganzen<br />
Bier bestimmt auch dreckig. Krumm f<strong>in</strong>det<br />
sie gut und e<strong>in</strong> Waschbecken hat sie<br />
auch, sagt sie. Scheiße! Me<strong>in</strong>e 19-jährige<br />
Freund<strong>in</strong> wartet zu hause. Die ist da<br />
irgendwie doch attraktiver. Schnell weg.<br />
Ich mache mich auf den Weg nach Zehlendorf<br />
zur Arbeit und denke mir aus,<br />
wie wohl me<strong>in</strong>e 19-jährige Freund<strong>in</strong><br />
aussehen sollte...<br />
Die 19-jährigen Mädchen aus me<strong>in</strong>em<br />
Umfeld sehen auch schon alle wie 30<br />
aus. Na ja, denke ich, vielleicht gibt es<br />
ja e<strong>in</strong>e 17-jährige Zehlendorfer<strong>in</strong> und<br />
schlafe e<strong>in</strong>, dabei denke ich an <strong>die</strong> Olsen<br />
Zwill<strong>in</strong>ge.<br />
Ich b<strong>in</strong> dann <strong>in</strong> Potsdam aufgewacht.<br />
Die nächst Bahn fährt erst <strong>in</strong> 15 M<strong>in</strong>uten.<br />
Egal. Ich setze mich vor den Bahnhof<br />
<strong>in</strong> <strong>die</strong> Sonne und frage nach 5 Euro<br />
für e<strong>in</strong> paar Kippen. Nur <strong>die</strong> Studenten<br />
mit ihrem Tabak lassen mich e<strong>in</strong>e<br />
drehen. Nun, ich glaube, ich fahr zum<br />
Schlachtensee...<br />
Text Core Amore<br />
REPORT<br />
35
36 REPORT
PROMIS & ENTWICKLUNG<br />
ACTION FOR AFRIKA<br />
Charity?<br />
Was hab ich davon?<br />
BERLIN UNd HAMBURG FüR<br />
BILdUNG UNd SAUBERES TRINKWASSER IN AFRIKA<br />
Das hat doch nichts mit mir zu tun!<br />
Ist doch nur e<strong>in</strong> Tropfen auf den heißen<br />
Ste<strong>in</strong>!<br />
Da kommt doch sowieso nichts dort<br />
an wo es h<strong>in</strong> soll!<br />
Außerdem hab doch selbst nicht<br />
genug...<br />
Afrika Rise denkt anders. Wir s<strong>in</strong>d e<strong>in</strong><br />
kle<strong>in</strong>er Vere<strong>in</strong> von jungen, kreativen<br />
Köpfen, <strong>die</strong> Ihre Talente, Potentiale und<br />
freien Kapazitäten dafür e<strong>in</strong>setzen, so<br />
direkt wie möglich und ohne teueren<br />
Verwaltungsapparat zu helfen. Zu helfen,<br />
auf e<strong>in</strong>e Art, <strong>die</strong> alle Beteiligten<br />
auf verschiedene Art und Weise davon<br />
profitieren lässt (all-profit)!<br />
In Afrika geht es uns vor allem um das<br />
Schaffen von Perspektiven und <strong>neu</strong>e<br />
Möglichkeiten der Entwicklungszusammenarbeit.<br />
In erster L<strong>in</strong>ie konzentrieren<br />
wir uns dabei auf <strong>die</strong> Förderung<br />
e<strong>in</strong>er handwerklichen Berufschule im<br />
Süden von Uganda. Junge Menschen<br />
auf dem Dorf bekommen dort <strong>die</strong><br />
Möglichkeit, e<strong>in</strong>e Ausbildung <strong>in</strong> Berufen<br />
wie Schre<strong>in</strong>er, Maurer, Schneider,<br />
oder Landwirt zu erlernen. Auf <strong>die</strong>se<br />
Weise können sie nicht nur der Landflucht<br />
und Arbeitslosigkeit entgehen,<br />
sondern auch <strong>die</strong> Lebensbed<strong>in</strong>gungen<br />
der lokalen Bevölkerung langfristig<br />
verbessern.<br />
In Deutschland geht es vor allem dar-<br />
um, junge Menschen mit Spaß an der<br />
Sache für Entwicklungszusammenarbeit<br />
und kulturellen Austausch zu begeistern.<br />
Sei es gute Musik (live, oder<br />
auf CD), freshe Klamotten, oder e<strong>in</strong><br />
stylischer Fußball. Wir sammeln nicht<br />
e<strong>in</strong>fach nur Geld für den guten Zweck<br />
e<strong>in</strong>, sondern wollen, dass <strong>die</strong> Leute etwas<br />
für ihr Geld zurück bekommen,<br />
das alle<strong>in</strong> schon den Wert deckt, den<br />
sie <strong>in</strong>vestiert haben. Darüber h<strong>in</strong>aus<br />
leiten wir <strong>die</strong> gesamten Erlöse direkt<br />
<strong>in</strong> unser gezieltes und langfristig angelegtes<br />
Entwicklungsprojekt und arbeiten<br />
dabei komplett ehrenamtlich.<br />
Natürlich kann man auch e<strong>in</strong>fach nur<br />
so spenden, aber etwas dafür zurück<br />
zu bekommen macht e<strong>in</strong>fach mehr<br />
Spaß!<br />
2010 ist es der Fußball, der den Erdball<br />
bewegt und wir s<strong>in</strong>d natürlich mitten<br />
dr<strong>in</strong> statt nur dabei. Dazu haben wir<br />
uns mit dem Vere<strong>in</strong> Viva Con Agua aus<br />
Hamburg verbündet, der sich ebenfalls<br />
auf sehr <strong>in</strong>novative Art und Weise<br />
für sauberes Tr<strong>in</strong>kwasser und Brunnenbau<br />
<strong>in</strong> verschiedenen Ländern<br />
der dritten Welt e<strong>in</strong>setzt. Zusammen<br />
haben wir e<strong>in</strong>en Fair Trade Fußball<br />
produziert, dessen Erlös zu gleichen<br />
Teilen <strong>in</strong> unsere beiden Projekte fließt.<br />
Diesen feierlichen Anlass werden wir<br />
natürlich gebührend zelebrieren und<br />
zwar mit e<strong>in</strong>em fetten Open Air umsonst<br />
und draußen, zum WM F<strong>in</strong>ale<br />
am 11.07.2010 im "11 FREUNDE WM<br />
Quatier" (Revaler Straße 99)! Mit dabei<br />
s<strong>in</strong>d <strong>die</strong> Ohrbooten, Nosliw, Chefket,<br />
Clusive & Band, Cross Beatbox, Culcha<br />
Candela und Special Guests, <strong>die</strong> wir<br />
noch nicht verraten dürfen. Das solltet<br />
ihr auf ke<strong>in</strong>en Fall verpassen!<br />
Wir freuen uns auf euch und laden<br />
euch des Weiteren auf e<strong>in</strong>en Besuch auf<br />
unserer Website afrikarise.de e<strong>in</strong>! Und<br />
checkt den Spot im Berl<strong>in</strong>er Fenster.<br />
Africa rise!<br />
afrikarise.de<br />
REPORT<br />
37
38<br />
ARTIST SHOOT<br />
shirt M<strong>in</strong>imarket<br />
skirt Smeil<strong>in</strong>ener
A lIl' BRITTA lOvIn'<br />
Du hast gerade de<strong>in</strong>en ersten Release<br />
auf V<strong>in</strong>yl veröffentlicht, mit dem<br />
klanghaften Namen Hummerballett.<br />
Wie kommt man auf <strong>die</strong>sen Namen?<br />
Wir haben e<strong>in</strong>en Namen gesucht und<br />
ungefähr zur selben Zeit kam Alice im<br />
Wunderland heraus und Philip Bader,<br />
me<strong>in</strong> Produzent, war mit se<strong>in</strong>er Tochter<br />
im K<strong>in</strong>o. In dem Film gibt es so e<strong>in</strong><br />
Lied, oder e<strong>in</strong>en Tanz und wir wollten<br />
wissen, wie der heißt. Das Internet hat<br />
dann als Erstes Hummerballett ausgespuckt.<br />
Den ersten Track habe ich aber<br />
2006 auf e<strong>in</strong>er Compilation zusammen<br />
mit Matt John gemacht.<br />
In dem Jahr ist auch das Bar25 Label<br />
entstanden und du wurdest Labelchef<strong>in</strong>?<br />
Ja. Damals war das eher e<strong>in</strong> Spaß-Projekt.<br />
Matt hat den ersten Release gemacht<br />
und dann haben wir auch alle<br />
zusammen noch am Cover gebastelt.<br />
Und so kam es, dass wir das Label <strong>in</strong>s<br />
Leben gerufen haben. Ich hatte noch<br />
gar ke<strong>in</strong>e Ahnung von gar nichts. Aber<br />
ich hatte schon immer e<strong>in</strong>en guten<br />
Musikgeschmack, f<strong>in</strong>de ich.<br />
Du bist 1984 <strong>in</strong> Ost-Berl<strong>in</strong> geboren. Ist<br />
der Mauerfall für dich überhaupt präsent?<br />
Ich kann mich noch daran er<strong>in</strong>nern,<br />
wie ich an der Hand me<strong>in</strong>er Mutti rübergelaufen<br />
b<strong>in</strong>. Wir s<strong>in</strong>d kurz rüber<br />
um mal zu gucken, und dann wieder<br />
zurück. Ich b<strong>in</strong> <strong>in</strong> Schöneweide aufgewachsen,<br />
Treptow da h<strong>in</strong>ten. Mit 15-16<br />
b<strong>in</strong> ich dann zu me<strong>in</strong>em Freund gezogen,<br />
nach Hennigsdorf.<br />
Die S25!<br />
Ja, genau. Mit der b<strong>in</strong> ich dann jeden<br />
Tag gefahren. Bis ich e<strong>in</strong> Jahr später<br />
pROud TRIffT BRITTA ARnOld<br />
nach Prenzlauer Berg gezogen b<strong>in</strong>.<br />
Und jetzt lebst du wirklich hier, auf<br />
dem Areal der Bar25, <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em Wohnwagen?<br />
Richtig. Für mich ist das super. Ich b<strong>in</strong><br />
damals schon unter der Woche immer<br />
<strong>in</strong> Berl<strong>in</strong> gewesen, am Wochenende<br />
aber dann oft auf dem Camp<strong>in</strong>gplatz.<br />
Ich habe eigentlich immer schon im<br />
Wohnwagen gelebt.<br />
Was wolltest du denn mal werden?<br />
Ich wollte mal Ernährungsberater<strong>in</strong><br />
werden und habe dann e<strong>in</strong>e Ausbildung<br />
gemacht, <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er Lebensmittelabteilung.<br />
Das war grauenvoll. Danach<br />
habe ich mich aus Protest nur noch von<br />
Tütensuppe und M<strong>in</strong>utenterr<strong>in</strong>e und<br />
Gummibärchen ernährt. Als kle<strong>in</strong>es<br />
Mädchen wollte ich mal Reitlehrer<strong>in</strong><br />
werden. Ich war mal e<strong>in</strong>e kle<strong>in</strong>e Wendy.<br />
Du hast vor ungefähr e<strong>in</strong>er Woche<br />
e<strong>in</strong>en Mix auf Soundcloud hochgeladen,<br />
mit e<strong>in</strong>em Intro von Pittiplatsch.<br />
Ich mache das ganz gerne, wenn ich<br />
anfange zu spielen, e<strong>in</strong>e kle<strong>in</strong>e Geschichte<br />
als E<strong>in</strong>leitung zu haben, irgendwas<br />
ohne Beat auf jeden Fall.<br />
Letztens hast du auf dem Karneval<br />
der Kulturen gespielt. Und damals<br />
Love Parade?<br />
Ich war '98 schon das erste Mal auf der<br />
Love Parade.<br />
Aber da warst du 14? Wie denn?<br />
Ja ja. Mit 14 war ich auch schon das<br />
erste Mal im Tresor feiern. So f<strong>in</strong>g das<br />
alles an. Ich war ganz gut im Ausweisfälschen,<br />
mit <strong>die</strong>sen Steuermarken von<br />
den Zigarettenschachteln. Ich wollte<br />
halt <strong>in</strong> den Club re<strong>in</strong>.<br />
Mit 14 habe ich mir noch den ersten<br />
Sister Act Soundtrack gekauft. Gibt es<br />
Songs, von damals – also K<strong>in</strong>dheit <strong>in</strong><br />
Ost-Berl<strong>in</strong> – <strong>die</strong> du jetzt wieder hervorholst?<br />
Da b<strong>in</strong> ich gerade dabei mit Steffi Lotta<br />
e<strong>in</strong> Projekt aufzubauen. Wir nennen<br />
uns <strong>die</strong> Trümmertanten und verwerten<br />
ganz viele alte Klassiker, so wie Rio<br />
Reiser. Das ist mehr so e<strong>in</strong>e Art Performance.<br />
Wir haben <strong>neu</strong>lich beim Open<strong>in</strong>g<br />
gespielt und <strong>die</strong> CD-Box vor das<br />
DJ-Pult gestellt und jeder konnte sich<br />
e<strong>in</strong>e CD aussuchen und uns <strong>die</strong> geben<br />
und dann haben wir das re<strong>in</strong>gemixt.<br />
Und Mikros hatten wir auch.<br />
Erzähl mal e<strong>in</strong> wenig zum Shoot.<br />
Der Shoot hat sechs Stunden gedauert.<br />
Wir waren bei der Photograph<strong>in</strong> zuhause.<br />
Die hat ihre ganze Küche ausgeräumt.<br />
Das war ganz witzig, weil sie<br />
so e<strong>in</strong>e weiße Holzverkleidung hatte,<br />
<strong>die</strong> dann zur Kulisse wurde. Hat Spaß<br />
gemacht. Und es gab Nudelsalat.<br />
Hast du noch e<strong>in</strong>e Anekdote aus de<strong>in</strong>er<br />
K<strong>in</strong>dheit?<br />
Im Jahrbuch stand über mich, ich sei<br />
<strong>die</strong> mit den verschiedenen Frisuren. Ich<br />
b<strong>in</strong> schon <strong>in</strong> der ersten oder zweiten<br />
Klasse jeden Morgen e<strong>in</strong>e halbe Stunde<br />
früher aufgestanden und habe mit immer<br />
wilde Frisuren gemacht, mit vielen<br />
Spangen, oder mal e<strong>in</strong>e kle<strong>in</strong>e Palme<br />
und Zöpfe und so.<br />
Aber du bist nicht Stylist<strong>in</strong> geworden,<br />
um auch anderen tolle Frisuren zu<br />
machen. Das ist ja e<strong>in</strong> bisschen egoistisch.<br />
Was <strong>die</strong> Haare angeht, ja.<br />
Interview: Lev Nordstrom<br />
ARTIST SHOOT<br />
39
40 ARTIST SHOOT<br />
sacco Wood Wood<br />
shirt Smeil<strong>in</strong>ener
suit Tiger of Sweden<br />
body Motel<br />
ARTIST SHOOT<br />
41
42<br />
ARTIST SHOOT<br />
jacket Smeil<strong>in</strong>ener<br />
dress Motel<br />
trousers M<strong>in</strong>imarket<br />
shoes Car<strong>in</strong> Wester
jacket Whyred<br />
legg<strong>in</strong>s Monki<br />
hat Rike feuerste<strong>in</strong><br />
Styl<strong>in</strong>g • Concept • Production<br />
Photographer<br />
Hair • Make-up<br />
Haniball Saliba<br />
haniballsaliba.de<br />
Sarah Staiger<br />
sarahstaiger.de<br />
Sofie Ühla us<strong>in</strong>g MAC<br />
sofie-uehla.com<br />
ARTIST SHOOT<br />
43
shirt Vans<br />
trousers Cheap Monday<br />
tank top American Apparel<br />
MONDAY<br />
dress American Apparel<br />
shoes Keds<br />
belt V<strong>in</strong>tage<br />
44 7 DAYS<br />
trousers Jil Sander<br />
shoes John W. Shoes<br />
scarf Bio Shirt Company<br />
skirt Poti Poti<br />
body Motel<br />
shoes V<strong>in</strong>tage<br />
tuESDAY<br />
jeans Cheap Monday<br />
shirt Cos<br />
shoes Open<strong>in</strong>g Ceremony<br />
WEDNESDAY<br />
dress M<strong>in</strong>imarket<br />
legg<strong>in</strong>gs American Apparel<br />
shoes Lise L<strong>in</strong>dvig<br />
sacco Drykorn<br />
jeans Cheap Monda<br />
shoes Sperry<br />
thur<br />
bluson Puma<br />
tank top American<br />
shoes Lise L<strong>in</strong>dvig
y<br />
Apparel<br />
jacket G.Star<br />
jeans Acne<br />
shoes Vans<br />
trousers American Apparel<br />
shoes Santoni<br />
bag urban Outfitters<br />
jeans Gas<br />
shirt American Apparel<br />
shoes Paladium<br />
skirt Monki<br />
shirt American Apparel<br />
shoes Lise L<strong>in</strong>dvig<br />
jacket uniglo<br />
jeans Won hundred<br />
shoes Po<strong>in</strong>ter<br />
SDAY friDAY<br />
SAturDAY<br />
SuNDAY<br />
dress tiger of Sweden<br />
jeans jacket Levi´s<br />
shoes JoJo Jellieg<br />
Styl<strong>in</strong>g • Concept • Production<br />
Haniball Saliba • haniballsaliba.de<br />
Photographer<br />
Frank Johannes • frankjohannes.com<br />
Models<br />
robert, Liz 7 DAYS<br />
45
46 CHAT
Wer kennt ihn mittlerweile nicht: den<br />
schönsten Po der Nation. In der aktuellen<br />
AXE Dry+ Sensitive Kampagne<br />
spr<strong>in</strong>gt uns das H<strong>in</strong>terteil der jungen<br />
Dame förmlich <strong>in</strong>s Gesicht und br<strong>in</strong>gt<br />
so manchen Kerl um den Verstand.<br />
Wir wollten wissen: Wem gehört <strong>die</strong>ses<br />
perfekte Antlitz und haben <strong>die</strong><br />
Besitzer<strong>in</strong> des wunderschönen Pos<br />
zu uns e<strong>in</strong>geladen, um ihr e<strong>in</strong> paar<br />
brisante Fragen zu stellen:<br />
Hallo, erzähl uns mal e<strong>in</strong> bisschen<br />
was über Dich!<br />
Ich b<strong>in</strong> Anna. Ursprünglich komme ich<br />
aus Schweden, ziehe aber bald nach<br />
Hamburg.<br />
Seit wann bist Du Model?<br />
Ich b<strong>in</strong> schon seit e<strong>in</strong>iger Zeit dabei.<br />
Aber me<strong>in</strong> Po macht jetzt e<strong>in</strong>e eigenständige<br />
Karriere. Jeder kennt ihn von<br />
den AXE Dry+ Sensitive Plakaten – er<br />
ist e<strong>in</strong>fach unschlagbar.<br />
FACE HUNTING<br />
ANNA<br />
EIN INTErvIEw mIT ANNA, dEm GEsICHT AUs dEr<br />
AkTUEllEN AXE kAmpAGNE<br />
»Aber me<strong>in</strong> Po macht<br />
jetzt e<strong>in</strong>e eigenständige<br />
Karriere.«<br />
Gutes Thema. Wir hatten De<strong>in</strong>en Po<br />
auf e<strong>in</strong>em A3 Poster <strong>in</strong> unserer Mai-<br />
Ausgabe. Jetzt hängt er bei 20.000<br />
Berl<strong>in</strong>ern <strong>in</strong> der Wohnung oder im<br />
Sp<strong>in</strong>d. Außerdem war er so ziemlich<br />
überall <strong>in</strong> Berl<strong>in</strong> auf Plakaten zu sehen.<br />
Wurdest Du schon anhand de<strong>in</strong>es<br />
Pos erkannt?<br />
Die e<strong>in</strong>en oder anderen Jungs drehen<br />
sich schon nach mir um. Ob sie me<strong>in</strong>en<br />
Po wieder erkennen, kann ich Dir<br />
nicht sagen. Neulich ist aber e<strong>in</strong> Bauarbeiter<br />
fast vom Gerüst gefallen, als<br />
er mir h<strong>in</strong>terher geschaut hat.<br />
Stimmt. Im Onl<strong>in</strong>e-Game auf axe.de<br />
kann man dich <strong>in</strong> voller Form bewundern<br />
- verrät Dir AXE eigentlich, wie<br />
viele hunderttausend Menschen aus<br />
aller Welt <strong>die</strong> Webseite besuchen, um<br />
mit Dir zu spielen?<br />
Das würde ich auch mal gern wissen.<br />
Man kann da ja e<strong>in</strong>e Menge mit mir<br />
anstellen...<br />
Was machst Du neben dem Modeln<br />
noch so, zum Beispiel <strong>in</strong> De<strong>in</strong>er Freizeit?<br />
Hast Du irgendwelche Hobbys,<br />
machst Du Sport?<br />
Klar ich habe so e<strong>in</strong>ige Hobbys. Sport<br />
auf alle Fälle, außerdem wohne ich im<br />
fünften Stock ohne Fahrstuhl. Da wird<br />
man automatisch fit.<br />
Wenn man so aussieht wie Du, was<br />
muss man sich von den Jungs so alles<br />
anhören?<br />
Eigentlich s<strong>in</strong>d sie immer sehr charmant.<br />
Der e<strong>in</strong>e oder andere Spruch<br />
kommt natürlich schon, aber dann<br />
hole ich me<strong>in</strong>e roten Kellen raus und<br />
zeige den Jungs wo' s langgeht. Denn<br />
Landeanweisungen gebe nur ich.<br />
Wie war das Shoot<strong>in</strong>g auf dem Flugzeugträger?<br />
Warst du seekrank? Wie<br />
waren <strong>die</strong> Jungs drauf?<br />
Seekrank? Ne<strong>in</strong>, ich doch nicht. Ich b<strong>in</strong><br />
e<strong>in</strong> echtes Nordlicht und W<strong>in</strong>d und<br />
Wellengang gewöhnt. Eigentlich war<br />
es umgekehrt: Ich musste <strong>die</strong> Jungs<br />
wieder aufpäppeln. Aber mit me<strong>in</strong>er<br />
Fürsorge waren sie ganz schnell wieder<br />
auf den Be<strong>in</strong>en.<br />
axe.de<br />
CHAT<br />
47
A BOTTLE OF HELD VODKA<br />
WITH WEE FLOWERS<br />
48 BOTTLED
Im Friedrichsha<strong>in</strong> gibt es ke<strong>in</strong>e Taxis.<br />
Ich komme zu spät zum Interview<br />
und Wee Flowers muss <strong>in</strong> zwei<br />
Stunden schon wieder los, zum Auflegen<br />
im White Trash, wo sie sonst als<br />
Smith&Wesson vs. Mr. Moustache unterwegs<br />
ist. Da Miss Smith aber leider<br />
mit 39 Grad Körperhitze im Bett liegt,<br />
ist Miss Wesson am Laptop heute<br />
auf sich alle<strong>in</strong> gestellt, was e<strong>in</strong>e gute<br />
Überleitung zum Vodka ist, der an <strong>die</strong>sem<br />
Abend auch mal wieder auf sich<br />
alle<strong>in</strong> gestellt ist. Und sonst so? Auch<br />
sonst pflegt Wee Flowers e<strong>in</strong> Künstler<strong>in</strong>nendase<strong>in</strong>,<br />
als Maler<strong>in</strong>, überwiegend<br />
mit Acryl, als Texteschreiber<strong>in</strong><br />
und Bassist<strong>in</strong>, überwiegend für <strong>die</strong><br />
Band Asphalt, als Kolumnist<strong>in</strong>, überwiegend<br />
bei Dorfdisco.de und auch<br />
als Köch<strong>in</strong>, überwiegend manchmal.<br />
Da wir es <strong>in</strong> der Strychn<strong>in</strong> Galerie jedoch<br />
eher auf <strong>die</strong> Chaiselongue abgesehen<br />
haben, als auf <strong>die</strong> Küche, komme<br />
ich <strong>die</strong>smal nicht <strong>in</strong> den Genuss<br />
e<strong>in</strong>er ihrer Shepherd's Pies oder herzhaften<br />
Suppen. Damit stößt es sich<br />
eh schlecht an. Dann lieber <strong>die</strong> altbewährten<br />
Shotgläser und <strong>die</strong> eiskalte<br />
Flasche. Heldenhaft. En garde!<br />
Wie oft kannst du solche Interviews<br />
machen, ohne dass du de<strong>in</strong>e Leber ärgerst?<br />
Welche Leber?<br />
Ich habe dir schonmal e<strong>in</strong>en halben Liter<br />
Bier vorweggenommen.<br />
Wie? Heute?<br />
Eigentlich wollte ich Apfelschorle tr<strong>in</strong>ken,<br />
aber wir waren Bayrisch essen und<br />
auf e<strong>in</strong>mal stand e<strong>in</strong> Helles auf dem<br />
Tisch.<br />
Selbst schuld. Muss ich jetzt e<strong>in</strong>fach<br />
mal sagen.<br />
Wenn ich e<strong>in</strong>en französischen Akzent<br />
bekomme, dann musst du mich hier<br />
unauffällig rausschleusen.<br />
Santé! Ich dachte wir würden das Interview<br />
jetzt auf Englisch halten, aber<br />
dann habe ich gesehen, dass du Berl<strong>in</strong><br />
schon länger kennst, als ich, weil<br />
mich gibt es erst seit 1981.<br />
Ich war da auch erst zwei.<br />
Natürlich. Eigentlich warst du doch <strong>in</strong><br />
London, oder?<br />
Ja. Da b<strong>in</strong> ich immer als Teenie h<strong>in</strong>gegangen.<br />
Da hatte ich Familie von der<br />
Seite me<strong>in</strong>es Vaters. Das war e<strong>in</strong>e Großcous<strong>in</strong>e<br />
von mir. Die hatte ihre K<strong>in</strong>der<br />
schon aus dem Haus und als ich mit<br />
12-13 Jahren da ankam, war das halt so<br />
wie immer mit Großeltern. Die waren<br />
sehr kulant. Me<strong>in</strong>e Großcous<strong>in</strong>e war<br />
wie e<strong>in</strong>e Art ältere Tante für mich. Die<br />
hatte beim Abwaschen dann immer<br />
schon e<strong>in</strong>e Kippe im Hals. Und me<strong>in</strong><br />
Onkel hatte so e<strong>in</strong>e Art – man nennt<br />
das „pott<strong>in</strong>g shed“ – e<strong>in</strong>e Art Schrebergartenhäuschen,<br />
wo er We<strong>in</strong> und Bier<br />
angesetzt hat und der hat mich dann<br />
immer probieren lassen.<br />
Du hast also schon früh Erfahrungen<br />
gemacht mit Alkohol.<br />
Und, ja.<br />
Und, ja?<br />
Und Nikot<strong>in</strong>.<br />
Und wo bist Du geboren?<br />
In Nord-Deutschland. Der letzte richtige<br />
Schotte, also <strong>in</strong> Schottland geboren,<br />
war me<strong>in</strong> Urgroßvater.<br />
In London hast du dann <strong>die</strong> Punk-<br />
Bewegung kennengelernt und <strong>die</strong>se<br />
Szene miterlebt.<br />
Ich wurde eigentlich re<strong>in</strong>gestoßen.<br />
Als es so '76 losg<strong>in</strong>g, fanden <strong>die</strong> meisten<br />
kle<strong>in</strong>en Konzerte <strong>in</strong> H<strong>in</strong>terräumen<br />
von Pubs statt. Ich war immer mit den<br />
Nachbarsjungs unterwegs und <strong>die</strong><br />
me<strong>in</strong>ten e<strong>in</strong>es Tages zu mir, „komm,<br />
wir hören uns jetzt Punk an“.<br />
Wie nahmen dich <strong>die</strong> Nachbarsjungs<br />
wahr? Du warst ja <strong>die</strong> Deutsche.<br />
Ich war für <strong>die</strong> e<strong>in</strong>e Art Maskottchen.<br />
Aber für mich war das eigentlich egal.<br />
Ich war durch <strong>die</strong> Musik sowieso schon<br />
anglisiert. Die erste Punkband, <strong>die</strong> ich<br />
dann gesehen habe, das waren <strong>die</strong><br />
Splodgenessabounds. Die waren <strong>in</strong><br />
London nur ganz kurz bekannt, weil<br />
<strong>die</strong> nach jedem Gig <strong>die</strong> Hosen runtergelassen<br />
haben. Und auf den Popos stand<br />
der Name der Band.<br />
Also waren es große Popos, weil das<br />
ja e<strong>in</strong> langer Name ist.<br />
Ne<strong>in</strong>. Es waren e<strong>in</strong>fach viele Jungs.<br />
Hast du dann auch selber musiziert?<br />
Sofort. Ich habe mit Bass angefangen.<br />
Und wie kamst du zur Malerei?<br />
Das mit der Malerei lief eigentlich immer.<br />
Auch als ich kle<strong>in</strong> war, habe ich<br />
immer schon gemalt und ziemlich<br />
schnell festgestellt, dass man mit der<br />
Malerei viel Freude verbreiten kann.<br />
Irgendwann habe ich dann angefangen<br />
– ohne dass ich jetzt Andy Warhols<br />
Muster kannte – e<strong>in</strong> Bild, das den Leuten<br />
gut gefiel, das gelobt wurde, e<strong>in</strong>fach<br />
schamlos zu vervielfältigen. Ob Pudelmotive,<br />
oder irgendwelche Häuser, was<br />
K<strong>in</strong>der eben malen.<br />
Inzwischen hast du de<strong>in</strong>en Stil<br />
sche<strong>in</strong>bar gefunden, wenn man von<br />
den Pop-Portraits auf de<strong>in</strong>er Website<br />
ausgeht.<br />
Auf <strong>die</strong> Frage, warum ich das mache<br />
habe ich eigentlich nie e<strong>in</strong>e Antwort gefunden,<br />
bis mir me<strong>in</strong>e Mutter e<strong>in</strong>e Mappe<br />
mit alten K<strong>in</strong>derbildern geschickt<br />
hat. Ich habe früher an Modekatalogen<br />
geübt. Ich wusste also eigentlich schon<br />
immer, dass ich Menschen malen wollte.<br />
Ich habe mir immer überlegt, was<br />
bei Menschen dah<strong>in</strong>ter steckt. Wenn<br />
ich jemanden nicht kenne, <strong>die</strong> Person<br />
beobachte, oder mit ihr spreche, dann<br />
b<strong>in</strong> ich immer <strong>neu</strong>gierig zu wissen, was<br />
für e<strong>in</strong>e Geschichte dazu passt. Daraus<br />
hat sich eben das Interesse gebildet<br />
<strong>in</strong> me<strong>in</strong>en Bildern nicht nur Gesichter<br />
wiederzugeben, sondern damit auch<br />
Geschichten zu erzählen. Deshalb auch<br />
BOTTLED<br />
49
der Fokus auf <strong>die</strong> Augen. In der letzten<br />
Zeit mache ich dann auch richtige Biographien<br />
dazu. Das entwickelt sich <strong>in</strong><br />
letzter Zeit auch <strong>in</strong> e<strong>in</strong>e dramatischere<br />
Richtung. Ich habe letztens zum Beispiel<br />
<strong>die</strong> Geschichte e<strong>in</strong>er Giftmischer<strong>in</strong><br />
entwickelt.<br />
Choose your poison. Cheers!<br />
Ja genau. Sowas <strong>in</strong> der Richtung.<br />
Cheers! Hätte ich doch bloß <strong>die</strong> Apfelschorle<br />
getrunken.<br />
Siehst du dich als e<strong>in</strong>e Art Zeitzeug<strong>in</strong>?<br />
Ja. Gestern lief zum Beispiel e<strong>in</strong>e Sendung<br />
über Dennis Hopper. Der hat tolle<br />
Fotos gemacht und das war immer mit<br />
irgendwelchen Mart<strong>in</strong> Luther K<strong>in</strong>gs,<br />
oder, oder, oder. Ich war immer irgendwann<br />
zu e<strong>in</strong>er Zeit an e<strong>in</strong>em Punkt, wo<br />
ich Glück hatte da zu se<strong>in</strong>. Die musikalische<br />
Er<strong>in</strong>nerung fängt bei mir ungefähr<br />
'73 an, mit Glam Rock und David<br />
Bowie. Die '60er Jahre eigentlich auch.<br />
Me<strong>in</strong>e Punk-Phase war für mich e<strong>in</strong>e<br />
Art, mir <strong>die</strong> Ellenbogen abzustoßen.<br />
Ich habe aber auch e<strong>in</strong>e Menge Reibung<br />
verursacht, gerade <strong>in</strong> Bayern, wo<br />
ich stu<strong>die</strong>rt habe. Das äußere Ersche<strong>in</strong>ungsbild<br />
<strong>in</strong> ganz bewusstem Maße<br />
als Provokation benutzt, um mich e<strong>in</strong>er<br />
bayrischen Übermacht gegenüber zu<br />
sehen, gegen <strong>die</strong> ich mich dann verteidigt<br />
habe. Ich habe mir da auch richtig<br />
herbe Ansagen re<strong>in</strong>ziehen müssen,<br />
so wie „I moag da Jacken“, also „komm<br />
alte, gib <strong>die</strong> Jacke her, sonst gibt es auf's<br />
Maul“.<br />
Welchen Persönlichkeiten bist du<br />
denn mal begegnet, <strong>die</strong> Idol waren,<br />
oder noch s<strong>in</strong>d?<br />
Leute <strong>die</strong> mich schon irgendwie bee<strong>in</strong>druckt<br />
haben und zu me<strong>in</strong>er Persönlichkeit<br />
etwas beigetragen haben, zu<br />
me<strong>in</strong>er Werdung, das war auf jeden<br />
Fall – da war ich ganz kle<strong>in</strong>, sechs oder<br />
so – Keith Richards. Warum, weiß ich<br />
nicht. Da war ich noch zu jung. Das war<br />
zu unbewusst. Aber nicht Mick Jagger<br />
wohlbemerkt. Es g<strong>in</strong>g um e<strong>in</strong> Konzert<br />
50 BOTTLED<br />
<strong>in</strong> Essen, dem ich durch me<strong>in</strong>en Cous<strong>in</strong>,<br />
der Tickets hatte, hätte beiwohnen<br />
können, weil er da gearbeitet hat. Als<br />
ich dann heimlich nachts im Gang<br />
stand <strong>in</strong> me<strong>in</strong>em Pullöverchen und<br />
me<strong>in</strong>en Jeans und mich me<strong>in</strong> Cous<strong>in</strong><br />
gerade rausschleifen wollte, hat mich<br />
me<strong>in</strong>e Mutter systematisch erwischt<br />
und me<strong>in</strong>te, „woh<strong>in</strong> willst du denn<br />
junge Dame?“ Und ich dann, „zu den<br />
Roll<strong>in</strong>g Stones?“ Und sie dann, „you're<br />
go<strong>in</strong>g nowhere“. Das war der Grundste<strong>in</strong><br />
e<strong>in</strong>es ganz verhärteten Rock 'n'<br />
Roll Dase<strong>in</strong>s.<br />
Gehst du noch auf Konzerte der Roll<strong>in</strong>g<br />
Stones?<br />
Ja. Ich b<strong>in</strong> 2003 das erste Mal gegangen,<br />
weil mich me<strong>in</strong>e Freunde e<strong>in</strong>geladen<br />
haben. Ich habe nämlich immer erzählt,<br />
„also wenn es mal dazu kommt,<br />
dass ich Keith Richards treffe, dann<br />
lasse ich mir se<strong>in</strong>e Unterschrift auf <strong>die</strong><br />
Haut geben und lasse mir das dann<br />
tätowieren“. Es kam dann soweit, dass<br />
e<strong>in</strong>e Freund<strong>in</strong> von mir tatsächlich als<br />
Tourbegleitung arbeitete und es dann<br />
unweigerlich mit den Stones zu tun<br />
bekam. Sie hat sich dann h<strong>in</strong>ter me<strong>in</strong>em<br />
Rücken heimlich überlegt, dass<br />
ich 2003 nach Stockholm fliege, dort <strong>in</strong><br />
dem Hotel absteige, wo auch <strong>die</strong> Roll<strong>in</strong>g<br />
Stones leben...<br />
Was dann auch zerstört wurde wahr-<br />
sche<strong>in</strong>lich.<br />
Ne<strong>in</strong>, gar nicht.<br />
Das war immer me<strong>in</strong>e Assoziation<br />
mit den Stones, zertrümmerte Hotelzimmer.<br />
Ach, das war e<strong>in</strong>mal. E<strong>in</strong>mal den Fernseher<br />
aus dem Fenster werfen und du<br />
kannst dich zurücklehnen. Cheers!<br />
Darauf kann man ruhig anstoßen.<br />
Cheers!<br />
Das ist doch oft so. Wenn du mit dem<br />
Motorrad <strong>in</strong> den Pool gefahren bist,<br />
dann hast du de<strong>in</strong>en Ruf und musst es<br />
nicht jeden Tag machen.<br />
Bist du jetzt letzen Endes zu so e<strong>in</strong>em<br />
Tatoo gekommen?<br />
(Zeigt das Tatoo <strong>in</strong> <strong>die</strong> Kamera und<br />
lacht.)<br />
Und was hast du da am Zeigef<strong>in</strong>ger<br />
für e<strong>in</strong> Tatoo? Sieht aus wie e<strong>in</strong><br />
Schnurrbart.<br />
(Hält sich den Zeigef<strong>in</strong>ger unter <strong>die</strong><br />
Nase und schaut <strong>in</strong> <strong>die</strong> Kamera.) Wenn<br />
man vor dem Mädchen-Klo steht und<br />
da ist immer voll, dann s<strong>in</strong>d wir früher<br />
immer auf das Jungs-Klo gegangen und<br />
haben gesagt, „sorry, s<strong>in</strong>d hier Männer?“<br />
Und heute kann ich sagen, (hält<br />
sich wieder den Zeigef<strong>in</strong>ger auf <strong>die</strong><br />
Oberlippe) „sorry, s<strong>in</strong>d hier etwa Mädchen?“<br />
Nochmal kurz zu de<strong>in</strong>en Gemälden.<br />
Kennst du das Label Hed Kandi?<br />
Kennst du ihr Artwork und hast du da<br />
auch gedacht, das ist irgendwie ähnlich?<br />
Ja. Ich habe mich natürlich auch orientiert.<br />
Ich b<strong>in</strong> auch nicht unbee<strong>in</strong>flusst<br />
von den '20er Jahren Art Déco zum<br />
Beispiel, oder von Peter Max <strong>in</strong> den<br />
'70ern. Das s<strong>in</strong>d so <strong>die</strong> Grundste<strong>in</strong>e. Ich<br />
mache das seit '85 und natürlich habe<br />
ich mich dann mit der ganzen Pop Art<br />
Graphik, <strong>die</strong> danach kam, überrollt gefühlt.<br />
Aber ich kann mich da nicht beschweren.<br />
Das ist nunmal das Zeichen<br />
der Zeit, <strong>neu</strong>e Trends <strong>die</strong> alte aufgreifen.<br />
Ich habe eigentlich immer auch <strong>die</strong><br />
ganze Malerei mit der Musik verknüpft<br />
gesehen, habe stundenlang vor Albencovern<br />
gehockt, sie mir angeguckt und<br />
habe da versucht irgendetwas zu entziffern,<br />
und zum Beispiel manche Platten<br />
rückwärts gehört.<br />
Welche?<br />
The Beatles natürlich. Aber da waren<br />
ke<strong>in</strong>e Messages.<br />
Zum<strong>in</strong>dest ke<strong>in</strong>e, <strong>die</strong> du entdecken<br />
konntest.<br />
Nee. So drauf kann man gar nicht se<strong>in</strong>.<br />
Glaube ich.
Wie war das, als du 1981 nach West-<br />
Berl<strong>in</strong> gezogen bist?<br />
Grau. Grau und nass und kalt.<br />
Du musst erst <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er Stunde los. Da<br />
haben wir ja noch Zeit. Wir könnten<br />
ja mal kurz rausgehen e<strong>in</strong>en Döner<br />
holen, um dem Vodka entgegenzusetzen.<br />
Oder e<strong>in</strong> Fläschchen Olivenöl.<br />
Aber du wirkst noch recht fit.<br />
Ja, aber da war das halbe Bier. Ne<strong>in</strong>. Ich<br />
b<strong>in</strong> mental vorbereitet. Ich habe mich<br />
vor e<strong>in</strong> paar Wochen so weggeballert,<br />
dass es mir selber nicht mehr bewusst<br />
war. Das passiert mir eigentlich nie, da<br />
ich den Standpunkt vertrete, man sollte<br />
schon noch wissen, wo es lang geht.<br />
Elegantly wasted ist so e<strong>in</strong> Motto. Also<br />
nicht unterm Tisch, lieber oben drauf.<br />
Auf Tische! Cheers. Was wollte ich<br />
denn jetzt fragen? Sag mal, de<strong>in</strong><br />
Schönheitsfleck ist auch tätowiert,<br />
oder?<br />
Ja, das war me<strong>in</strong> erstes Tatoo. Das habe<br />
ich von Lady De W<strong>in</strong>ter von den Drei<br />
Musketieren abgeguckt. Ich fand <strong>die</strong><br />
ganz toll. Ich habe das bewundert, dass<br />
sie <strong>die</strong>se Kraft hat dazu böse zu se<strong>in</strong>,<br />
wo doch alle so gut s<strong>in</strong>d.<br />
Aber du bist nicht böse, oder?<br />
Ne<strong>in</strong>. Aber ich habe me<strong>in</strong>e Grenzen.<br />
Cheers! Was legst du heute Abend<br />
auf?<br />
Ich glaube ich werde etwas John Spencer<br />
Blues Explosion auflegen und dann<br />
noch e<strong>in</strong>ige Delikatessen aus dem Untergrund,<br />
<strong>die</strong> ke<strong>in</strong>er kennt. Zum Beispiel<br />
Sachen von Freunden aus L.A.,<br />
<strong>die</strong> ich geschickt bekommen habe, oder<br />
Musik <strong>die</strong> ich selber f<strong>in</strong>de. Alles <strong>neu</strong>.<br />
Klassiker kann ich selber. Neues, schräges<br />
Zeug f<strong>in</strong>de ich gut. Alles, was am<br />
Elektronischen vorbeischrabbert, aber<br />
<strong>in</strong> Wirklichkeit schwer Gitarre hat.<br />
Komm wir machen noch e<strong>in</strong> Foto.<br />
E<strong>in</strong> großes Verbrüderungsfoto. Müssen<br />
wir uns jetzt auch noch küssen?<br />
Sieht so aus.<br />
Okay, aber Wange.<br />
Wollen wir mal rübergehen? Dann<br />
kannst du mir de<strong>in</strong>e Kunst zeigen.<br />
Kennst du <strong>die</strong> schon?<br />
Ne<strong>in</strong>, also von de<strong>in</strong>er Website.<br />
Dann hast du jetzt ke<strong>in</strong>e Ahnung, was<br />
dich erwartet.<br />
(Drei junge Menschen kommen <strong>in</strong> <strong>die</strong><br />
Galerie h<strong>in</strong>e<strong>in</strong>spaziert.)<br />
Galerist<strong>in</strong>: S<strong>in</strong>d das Eure Freunde?<br />
Ne<strong>in</strong>.<br />
Galerist<strong>in</strong>: Sorry guys, the gallery is<br />
closed. We are do<strong>in</strong>g an <strong>in</strong>terview here.<br />
Junger Mann: So we destroyed the <strong>in</strong>terview?<br />
No, not really, but you are now go<strong>in</strong>g<br />
to f<strong>in</strong>ish the <strong>in</strong>terview. We're go<strong>in</strong>g to<br />
take a picture of each you, hav<strong>in</strong>g a<br />
f<strong>in</strong>al shot of this vodka.<br />
Hi, I'm Wee, Wee Flowers. I'm the artist.<br />
Cheers Wee!<br />
Wee Flowers arbeitet aktuell an der<br />
Geschichte der Salomé Otterbourne:<br />
Portraits der Hauptigur und ihrer Famile,<br />
e<strong>in</strong> ausgewachsener Familienstammbaum,<br />
e<strong>in</strong>e Mord-und-Skandal<br />
Geschichte und e<strong>in</strong>e Solo-Ausstellung<br />
im März 2011 <strong>in</strong> der Strychn<strong>in</strong> Galerie.<br />
Mehr Infos zu Wee Flowers hier:<br />
weeflowers.com<br />
sawrock.de<br />
dorfdisco.de<br />
strychn<strong>in</strong>.org<br />
heldvodka.de<br />
Interview Lev Nordstrom<br />
Photos Richard Kirschste<strong>in</strong><br />
BOTTLED<br />
51
52<br />
ChAt<br />
Sixteen F**K<strong>in</strong>g<br />
M<strong>in</strong>uteS!<br />
A ChAt With Peter Kruder
E<strong>in</strong> Biergarten <strong>in</strong> Nähe der „Cast<strong>in</strong>gallee“<br />
und <strong>die</strong> ersten warmen Sonnenstrahlen.<br />
Wer konnte ahnen, dass es<br />
für lange Zeit wieder <strong>die</strong> letzten se<strong>in</strong><br />
würden? Und wer konnte ahnen, dass<br />
ich e<strong>in</strong> Interview mit Peter Kruder<br />
machen würde – e<strong>in</strong> unwegdenkbarer<br />
Teil von Kruder & Dorfmeister, Musiker,<br />
Macher, Produzent, Sammler,<br />
Labelchef, Leitwolf und Lebemensch.<br />
Und überhaupt, wer konnte ahnen,<br />
dass G-Stone Records <strong>die</strong>ses Jahr mit<br />
e<strong>in</strong>er riesigen Torten- und Doppel-CD<br />
voll Tönen-Schlacht, ihr <strong>in</strong>zwischen<br />
sechszehnjähriges Bestehen, ver<strong>die</strong>nt<br />
feiern und verkünden würden? Ich<br />
nicht. Aber das tut ja auch nichts zur<br />
Sache. Und was würde Peter sagen?<br />
Ne<strong>in</strong>. Was sagt Peter?<br />
Willst du e<strong>in</strong>e Zigarette?<br />
Ne<strong>in</strong> danke. Du kommst gerade an,<br />
aus?<br />
Aus Wien.<br />
Wo du immer noch lebst und umtriebig<br />
bist?<br />
Naja, umtriebig b<strong>in</strong> ich dort nicht so.<br />
Hast du e<strong>in</strong>e Familie?<br />
Ne<strong>in</strong>.<br />
In e<strong>in</strong>em anderen Interview hattest<br />
du nämlich viel von der Damenwelt<br />
gesprochen.<br />
Es macht e<strong>in</strong>fach mehr Spaß, wenn du<br />
spielst und da s<strong>in</strong>d e<strong>in</strong> paar hübsche<br />
Mädels. Die Partys s<strong>in</strong>d ja immer nur<br />
gut, wenn <strong>die</strong> Frauen da s<strong>in</strong>d. Partys,<br />
wo nur Jungs da s<strong>in</strong>d, <strong>die</strong> s<strong>in</strong>d meistens<br />
langweilig. Und vor allem ist <strong>die</strong> Musik<br />
auch meistens schlecht, oder?<br />
Siehst du bei dir noch Mängel?<br />
Ich b<strong>in</strong> sehr perfektionistisch. Eigentlich<br />
schon krankhaft perfektionistisch.<br />
Deswegen s<strong>in</strong>d me<strong>in</strong>e Releases auch<br />
spärlich. Ich habe tausende eigene<br />
Songs herumliegen. Aber ich release<br />
sie nicht, weil ich sie e<strong>in</strong>fach nicht gut<br />
genug f<strong>in</strong>de.<br />
Die aktuelle Sixteen F**k<strong>in</strong>g Years Of<br />
G-Stone Records ist <strong>in</strong> zwei Teile geteilt.<br />
Die erste CD mit Sixteen F**k<strong>in</strong>g<br />
Classics gemixt und <strong>die</strong> zweite CD mit<br />
Sixteen F**k<strong>in</strong>g New Tracks als ungemixte<br />
Compilation. Wie schwer war<br />
für dich <strong>die</strong> Auswahl der Classics?<br />
Ich habe das nicht kompiliert unter e<strong>in</strong>em<br />
Mix-Aspekt. Wir haben es eigentlich<br />
kompiliert unter dem Aspekt, was<br />
ist für uns jetzt noch relevant? Was<br />
kann man da mit raufnehmen, was<br />
jetzt immer noch gut kl<strong>in</strong>gt und eben<br />
nicht <strong>die</strong>sen berühmten Zeitstempel<br />
drauf hat, sonder immer noch Wirkung<br />
hat? Das ist e<strong>in</strong>fach Gefühlssache. Das<br />
schiebt man so lange herum, bis <strong>die</strong><br />
Sachen sich richtig anfühlen und der<br />
Flow von Anfang bis Ende stimmt.<br />
Der <strong>neu</strong>e Track von dir mit Dorfmeister,<br />
Aikon, ist doch immer noch ganz<br />
klar Kruder & Dorfmeister.<br />
Das ist lustig. Als wir den Track gemacht<br />
haben, hat uns der Urbs mal im<br />
Studio besucht. Und der ist re<strong>in</strong>gekommen,<br />
hat <strong>die</strong> ersten paar D<strong>in</strong>ge gehört<br />
und hat dann irgendwie gesagt, „das<br />
könnt ihr nicht abstreiten, dass das ihr<br />
wart.“<br />
Du hast 35.000 Platten zuhause stehen.<br />
Wie s<strong>in</strong>d <strong>die</strong> geordnet?<br />
Alben s<strong>in</strong>d alphabetisch und nach<br />
Genres geordnet. Maxis und 12-<strong>in</strong>ches<br />
s<strong>in</strong>d nach Jahrgängen geordnet. Bei den<br />
Maxis weiß ich besser, wann ich sie gespielt<br />
habe. Maxis mit Namen? Das war<br />
schon beim DJ-<strong>in</strong>g unmöglich. Das war<br />
e<strong>in</strong>fach <strong>die</strong> Platte mit dem gelben Logo,<br />
oder <strong>die</strong> mit dem roten Cover.<br />
Wie bekannt bist du <strong>in</strong> Wien?<br />
Ich b<strong>in</strong> schon bekannt <strong>in</strong> Wien, aber<br />
Wien ist eigentlich e<strong>in</strong>e Stadt, wo <strong>die</strong><br />
Leute dich <strong>in</strong> Ruhe lassen. Es spricht<br />
dich ke<strong>in</strong>er an.<br />
Ist das etwas Österreichisches?<br />
Das ist total etwas Wienerisches. Wien<br />
ist <strong>in</strong>teressanter Weise auch e<strong>in</strong> extrem<br />
strenges Publikum. Frank Zappa hat<br />
zum Beispiel jede Tour <strong>die</strong> er gemacht<br />
hat immer <strong>in</strong> Wien angefangen. In<br />
Wien hat er gewusst, wenn das Konzert<br />
gut war, dass er e<strong>in</strong>e coole Band hat.<br />
Wien ist e<strong>in</strong> verwöhntes, e<strong>in</strong> komisches<br />
Publikum.<br />
Liegt das an der Klassik?<br />
Ja, es liegt etwas an der Klassik, aber es<br />
liegt auch daran, dass <strong>die</strong> Wiener mit<br />
Taten motiviert werden müssen, um<br />
aus sich herauszugehen. Und das ist<br />
auf alle Fälle gute Schule.<br />
In Interviews kommst du sehr gelassen<br />
rüber. Bist du e<strong>in</strong> gelassener<br />
Mensch? Ich b<strong>in</strong> zum Beispiel jemand<br />
der unterm Tisch gerne mit den Knien<br />
wackelt.<br />
Ja, das habe ich auch. Ich habe auch<br />
das nervöse, zuckende Be<strong>in</strong>. Aber ich<br />
b<strong>in</strong> eigentlich e<strong>in</strong> sehr entspannter<br />
Mensch. Ich schaue, dass ich alles um<br />
mich herum so organisiere, dass ich<br />
auch entspannt se<strong>in</strong> kann.<br />
Wen würdest du noch gerne für e<strong>in</strong>e<br />
Zusammenarbeit gew<strong>in</strong>nen?<br />
Ich würde wahns<strong>in</strong>nig gerne mit Jimmy<br />
Scott etwas machen. Aber da muss ich<br />
schnell se<strong>in</strong>, weil der ist wirklich schon<br />
sehr alt und gebrechlich. Aber <strong>die</strong> Stimme<br />
ist e<strong>in</strong>fach außerirdisch.<br />
Für das aktuelle G-Stone Sixteen<br />
F**k<strong>in</strong>g Years Cover, habt ihr e<strong>in</strong>e Kuchenschlacht<br />
<strong>in</strong>szeniert. War das de<strong>in</strong>e<br />
erste Kuchenschlacht?<br />
Ja.<br />
Hat's Spaß gemacht?<br />
Hat irrs<strong>in</strong>nig Spaß gemacht. Das empfehle<br />
ich jedem.<br />
Sixteen F**k<strong>in</strong>g Years of G-Stone Record<strong>in</strong>gs<br />
ersche<strong>in</strong>t am 04.06.<br />
g-stoned.com<br />
Interview: Lev Nordstrom<br />
ChAt<br />
53
ellen alien<br />
Dust<br />
Bpitch stil vor talent<br />
Berl<strong>in</strong>s Technofee hat sang- und klangvoll<br />
e<strong>in</strong> überragendes fünftes Album<br />
über das Parkett gestreut. Und wiedere<strong>in</strong>mal<br />
wird e<strong>in</strong>iges unklar und vieles<br />
klarer. Wenn <strong>die</strong> Dame Hand anlegt,<br />
wird es kohärent, kontrastreich und<br />
kosmo-kosmetisch klar. Und doch<br />
gleicht ke<strong>in</strong> Werk dem Vorherigen. Auch<br />
<strong>die</strong>smal hat <strong>die</strong> Berl<strong>in</strong>ette mit Dust e<strong>in</strong><br />
avantgardistisch, technopoppiges Fabelwesen<br />
zum Leben erweckt. E<strong>in</strong> kontemplatives<br />
Nachtschattengewächs, sowohl<br />
angenehm geerdet, als auch unheimlich<br />
freischwebend. In frohdüsterer Klangmethodik<br />
und süß-saurem Ideenreichtum,<br />
wirbelt Ellen Allien Staub auf. E<strong>in</strong><br />
Sternenstaub, der sich sanft schmetternd,<br />
von tropfste<strong>in</strong>höhlernen Trommelfeldern<br />
aus, auf unser Trommelfell<br />
legt und subtil <strong>in</strong>s Innere zieht. Staub als<br />
e<strong>in</strong>e Ode an <strong>die</strong> Stadt, <strong>die</strong> uns umgibt, an<br />
<strong>die</strong> Menschen, <strong>die</strong> uns ausmachen, an<br />
<strong>die</strong> Natur, <strong>die</strong> an uns haftet und an <strong>die</strong><br />
Musik, <strong>die</strong> wir s<strong>in</strong>d und <strong>die</strong> wir machen.<br />
Wir s<strong>in</strong>d Träumer<strong>in</strong>nen und Träumer.<br />
Wir wollen auf dem Boden der Tatsachen<br />
und Tagsachen bleiben. Wir wollen<br />
realistisch denken und nachhaltig wirken.<br />
Wir wollen mehr als Staub se<strong>in</strong>. Wir<br />
wollen mehr als Staub machen. Das ist<br />
unsere Utopie. Traumhaft.<br />
54 soUnds<br />
channel X<br />
X-Files<br />
Berl<strong>in</strong> ist Partystadt. Stil Vor Talent<br />
s<strong>in</strong>d Stadtlabel. Channel X s<strong>in</strong>d Labelschmuck<br />
und X Files ist e<strong>in</strong> Schmuckstück.<br />
Punkt. In der letzten Zeit fällt es<br />
e<strong>in</strong>em schwer <strong>die</strong> eigenen vier Wände zu<br />
verlassen und den persönlichen Werkund<br />
Klangraum zu erweitern. Ich will<br />
nicht wieder feiern gehen. Es ist Montag<br />
und Montags wird gearbeitet. Aber muss<br />
man <strong>die</strong> Arbeit immer wieder aufs Neue<br />
im Büro verrichten? Und überhaupt,<br />
muss man sich immer wieder im selben<br />
Ambiente der Feierei verpflichten?<br />
Hat man <strong>die</strong> richtigen Files <strong>in</strong> Reichweite,<br />
kann man sowohl von Zuhause aus<br />
das erwartete Soll abarbeiten, als auch<br />
wieder genüsslich dem rhythmischen<br />
Bewegungstrieb <strong>in</strong> all se<strong>in</strong>en Facetten<br />
und Farben verfallen. Die Ausprägung<br />
dessen ist der <strong>in</strong>dividuelle Faktor X und<br />
<strong>in</strong> <strong>die</strong>sem Fall s<strong>in</strong>d es <strong>die</strong> X Files, ganz<br />
ohne Scully und Mulder, dafür voll und<br />
ganz mit Channel X. E<strong>in</strong> erschreckend<br />
solides Debütalbum, schlüssig, eloquent<br />
und aufbauend, gar belebend. Dickflüssige<br />
Basswaben, taktvolle Vokalschlaufen<br />
und spritzige Sprungstrukturen. Das<br />
atmosphärische Aufbaupaket für <strong>die</strong><br />
wankende Tanzwährung, ob Homezone<br />
oder Togo. Talent macht es e<strong>in</strong>em leichter.<br />
We Love The X.<br />
dop<br />
Watergate 06<br />
Watergate records<br />
dOP steht für dEEP, ORGANIC & from<br />
PARIS. Ja. Deep ist das allemal, aber eher<br />
tiefgreifend, als tiefziehend. Organisch?<br />
Ja. Wahrsche<strong>in</strong>lich auch noch Bio. Aus<br />
Paris? Ja. Man denkt sich: „Mist! Wieso<br />
können <strong>die</strong> nicht aus Berl<strong>in</strong> se<strong>in</strong>?“ Man<br />
denkt sich: „Wieso können <strong>die</strong> nicht<br />
uns gehören?“ Man denkt sich: „Alles<br />
ist gut.“ Und dann setzen <strong>die</strong> Bläser e<strong>in</strong>.<br />
Und dann wird es zum e<strong>in</strong>en anders,<br />
und zum anderen als man denkt. E<strong>in</strong>e<br />
Fanfare senkt sich langsam von der Decke,<br />
gleitet warmblechern auf <strong>die</strong> Tanzflächen<br />
und prallt gegen <strong>die</strong> Scheiben.<br />
Man kennt <strong>die</strong>ses Gefühl. Es ist das Gefühl<br />
der allumfassenden, festlichen Gegenwart,<br />
der wiegenden Geschichte und<br />
der schleierhaften <strong>Zukunft</strong>, verpackt<br />
<strong>in</strong> jedem musikalischen Moment. Man<br />
steht still, aber man ist unterwegs. Der<br />
Kiefer senkt sich. Die Poren öffnen sich.<br />
Der Körper spannt sich. Der Körper entspannt<br />
sich. Der Körper spannt dich. Der<br />
Körper entspannt dich. Man tanzt. Man<br />
tanzt. Man tanzt, bis sich <strong>die</strong> Fototapete<br />
vom Stuck löst. Na? Lust aufs Watergate<br />
heute Abend? Das Programm? dOP und<br />
Freunde. That's what friends are for!<br />
Merci.<br />
Text: Lev Nordstrom
lali pUna<br />
Our <strong>in</strong>ventiOns<br />
Fest <strong>in</strong> der Er<strong>in</strong>nerung bleibt 2004,<br />
das Ersche<strong>in</strong>ungsjahr von „Fak<strong>in</strong>g The<br />
Books“. Vermehrt hörte man damals<br />
vom Mythos um Weilheim, als sei es<br />
das Königreich der In<strong>die</strong>szene, Burg<br />
von z.B. The Notwist, Ms. John Soda<br />
oder eben auch Lali Puna. Jung, begeistert<br />
und gierig überspielte ich deren<br />
Lieder auf diverse Mixtapes, welche<br />
sich durch das Aufnehmen gar zu<br />
<strong>in</strong>s Gedächtnis e<strong>in</strong>brannten. Denn es<br />
erforderte natürlich höchste Aufmerksamkeit,<br />
Anfang und Ende nicht allzu<br />
abgehackt kl<strong>in</strong>gen zu lassen. Und<br />
nach dem ganzen Aufwand versteht<br />
es sich fast wie von selbst, dass man<br />
bestimmte Melo<strong>die</strong>n mit ihren Texten<br />
über <strong>die</strong> Jahre nicht mehr verliert. „I'll<br />
be true aga<strong>in</strong> / but until then I fake<br />
the books". 2010 besuche ich e<strong>in</strong>es der<br />
schönsten Konzerte des Jahres und<br />
nehme „Our Inventions" voller Erwartungen<br />
mit nach Hause. Glücklicher<br />
Weise, schafft es zu überzeugen. Neu<br />
erfunden haben sich Lali Puna nicht,<br />
was allerd<strong>in</strong>gs recht angenehm ist.<br />
Denn neben <strong>die</strong>sem ganzen Hype-<br />
Gedöns liegt <strong>die</strong> Abwechslung manchmal<br />
e<strong>in</strong>fach dar<strong>in</strong>, dass sie nicht stattf<strong>in</strong>det.<br />
Nur etwas sanfter s<strong>in</strong>d sie wohl<br />
geworden. Ja.<br />
health<br />
DisCO2<br />
Morr MUsic city slang<br />
„You Will Love Each Other" schreiben<br />
sich Health <strong>die</strong>ses Jahr auf <strong>die</strong> Fahnen.<br />
E<strong>in</strong> Gew<strong>in</strong>nersatz, denn wir wissen<br />
ja, das mit der Liebe wünscht sich irgendwie<br />
jeder. Doch man beachte, <strong>die</strong>se<br />
Worte kommen von e<strong>in</strong>er Band, <strong>die</strong><br />
zuletzt noch mit ihrem mega Splattervideo<br />
zu „We Are Water" für Wirbel<br />
sorgte. In Zeitlupe verfolgt dar<strong>in</strong> e<strong>in</strong><br />
wabbeliger Glatzkopf mit Säbel e<strong>in</strong><br />
blondes Mädchen durch den Wald, um<br />
<strong>in</strong> der Umkehrung von ihr abgemetzelt<br />
zu werden. Das Blut spritzt und<br />
leise rieselt der Schnee. Nun kommt<br />
der Sommer mit dem zweiten Remix-<br />
Album von Health im Gepäck. Schon<br />
alle<strong>in</strong>e <strong>die</strong> erste S<strong>in</strong>gle „USA Boys" ist<br />
Garant für beste Laune zu jeder Tageszeit.<br />
Die CFCF-Bearbeitung von „Before<br />
Tigers" treibt das Spiel im Anschluss so<br />
gekonnt weiter, dass es schwierig wird,<br />
se<strong>in</strong> Gr<strong>in</strong>sen zu verbergen. Womit e<strong>in</strong>em<br />
wohl nichts anderes übrig bleibt,<br />
als sich geme<strong>in</strong>sam zu freuen und<br />
sich <strong>in</strong> den Armen zu liegen. Health<br />
<strong>in</strong> Noise oder Disco, <strong>die</strong> funktionieren<br />
e<strong>in</strong>fach immer. Juchu, you will love<br />
each other. Ja, wir werden uns lieben!<br />
Text: Anne Behrndt<br />
christopher raU<br />
& achiM Maerz<br />
Dérive vOl. 2<br />
dérive schallplatten<br />
Fast e<strong>in</strong> Jahr nach dem ersten Dérive<br />
Release mit dem wunderbar-programmatischen<br />
Ne Travaillez Jamais,<br />
kommt nun <strong>die</strong> zweite S<strong>in</strong>gle<br />
des Situationistenlabels. Sie beg<strong>in</strong>nt<br />
locker-flockig mit e<strong>in</strong>er blubbernden<br />
Housenummer von Christopher Rau,<br />
<strong>die</strong> sofort <strong>die</strong> Be<strong>in</strong>muskulatur anregt,<br />
sich aber nach e<strong>in</strong>em schönen Builtup<br />
etwas im Nichts verliert. Viel besser<br />
macht es da der zweite Rau Track My<br />
Lesson, der das Tempo herausnimmt<br />
und e<strong>in</strong>e relaxte Acid Synth-l<strong>in</strong>e über<br />
e<strong>in</strong>en diskreten Beat legt und damit<br />
e<strong>in</strong>en herzergreifend kontemplativen<br />
Track zaubert. Das dritte Stück von<br />
Achim Maerz beschließt <strong>die</strong> EP mit e<strong>in</strong>em<br />
kräftigen Stück Dub Techno. Tolle<br />
Platte!<br />
Text: Peer Illner<br />
soUnds<br />
55
56<br />
OPEN WORD
EiN` TEquila miT ROTEN<br />
maRziPaNhERzEN<br />
Jetzt wirft sie sich ihm wieder um den<br />
Hals, dabei will sie doch e<strong>in</strong>e ernsthafte<br />
Beziehung...<br />
Wenn man als Frau Männer trifft, <strong>die</strong><br />
mit e<strong>in</strong>em rummachen, obwohl sie<br />
Frauen haben, <strong>die</strong> im sechsten Monat<br />
schwanger s<strong>in</strong>d und <strong>die</strong>s mit ke<strong>in</strong>er<br />
Silbe erwähnen, wenn man Männer<br />
kennen lernt, <strong>die</strong> ums Verrecken ke<strong>in</strong>e<br />
Beziehung mit e<strong>in</strong>em haben wollen,<br />
nach zwei Monaten es aber e<strong>in</strong>e andere<br />
Frau schafft, ihn doch davon zu überzeugen,<br />
man e<strong>in</strong>em Mann begegnet, der<br />
e<strong>in</strong>em D<strong>in</strong>ge erzählt, <strong>die</strong> e<strong>in</strong>em „verliebt<br />
auf den ersten Blick“ sehr nahe gehen,<br />
und der nur Monate später plötzlich an<br />
Gedächtnisschwund leidet – kann man<br />
dann nachvollziehen, dass man als<br />
Frau das Vertrauen <strong>in</strong> „gute“ Männern<br />
verloren hat? Wir wollen Männer, <strong>die</strong><br />
das tun, was sie sagen, das sagen, was<br />
sie haben und das haben, was sie versprechen.<br />
Und ich spreche ke<strong>in</strong>eswegs<br />
von materiellen D<strong>in</strong>gen. Ich rede von<br />
’wenn du ständig um mich herumwanderst,<br />
wie e<strong>in</strong> Hund auf der Suche nach<br />
Futter, dann wundere dich nicht, wenn<br />
ich irgendwann me<strong>in</strong> Fleisch auspacke,<br />
wenn du e<strong>in</strong>e Freund<strong>in</strong> hast, <strong>die</strong> unübersehbar<br />
von dir e<strong>in</strong> K<strong>in</strong>d erwartet<br />
und du mich nur dafür benutzen willst,<br />
noch Spaß zu haben oder du eigentlich<br />
e<strong>in</strong>e Beziehung möchtest, dich nicht <strong>in</strong><br />
mich verliebt hast, ich aber e<strong>in</strong>e gute<br />
Zwischenlösung bis zur Richtigen b<strong>in</strong>.’<br />
„Warum kannst du mir nicht <strong>in</strong> <strong>die</strong> Augen<br />
schauen?“ Augen bedeuten Nähe.<br />
Schauen wir <strong>in</strong> <strong>die</strong> Augen des Anderen,<br />
so haben wir das Gefühl verletzlich<br />
und ausgeliefert zu se<strong>in</strong>. Wir Frauen<br />
können <strong>die</strong>se Nähe nicht immer zulassen,<br />
aus Angst wieder <strong>die</strong>se Kategorie<br />
von Mann an Land gezogen zu haben,<br />
<strong>die</strong> es im Grunde nicht ernst mit uns<br />
me<strong>in</strong>t. Wieder enttäuscht zu werden,<br />
wieder nächtelang durchwe<strong>in</strong>en und<br />
das eigentliche Projekt – man selbst –<br />
zu vernachlässigen? Ne<strong>in</strong>.<br />
Und vielleicht gibt es für all <strong>die</strong>se Idioten<br />
e<strong>in</strong>e e<strong>in</strong>fache Erklärung – wir s<strong>in</strong>d<br />
e<strong>in</strong> bisschen selbst schuld.<br />
Wir lernen sie kennen, meist im Club,<br />
tragen unsere Partyweste, <strong>die</strong> nicht<br />
mehr wirklich weiß ist. Der größte Fe<strong>in</strong>d<br />
von uns Frauen s<strong>in</strong>d nicht <strong>die</strong> Männer,<br />
es ist der Alkohol. Und nicht unbed<strong>in</strong>gt<br />
der Alkohol an sich, sondern <strong>die</strong> Masse.<br />
In unserer Generation fließt er, mal<br />
mehr, mal weniger, aber er fließt. „Ich<br />
habe e<strong>in</strong> Date“, dann tr<strong>in</strong>k dir Mut an.<br />
„Die Party ist extrem langweilig“, dann<br />
tr<strong>in</strong>k dir Spaß an. Der Alkohol als Hilfsmittel<br />
für e<strong>in</strong>e gewisse Zeit e<strong>in</strong>e andere<br />
Person zu se<strong>in</strong>, locker, frei und spaßig.<br />
Und nun lernen wir <strong>die</strong>se Sorte von<br />
Mann kennen, s<strong>in</strong>d lustig, zeigen so gut<br />
wie ke<strong>in</strong>e Grenzen und kennen <strong>die</strong> Regel<br />
„ke<strong>in</strong> Sex vor dem dritten Date“ nur<br />
aus schlechten Jennifer Lopez Filmen.<br />
Wie also soll der Mann <strong>in</strong> solch e<strong>in</strong>er<br />
alkoholisierten Situation herauslesen,<br />
dass man eigentlich schüchtern ist, respektiert<br />
werden möchte und e<strong>in</strong>e ernsthafte<br />
Beziehung wünscht? Die Nutte<br />
da drüben ist eigentlich Katholisch-<br />
Lehrer<strong>in</strong>. Ah, ok.<br />
Die besten männlichen Freunde,<br />
<strong>die</strong> e<strong>in</strong>en <strong>in</strong> jeder Situation kennen:<br />
lachend, we<strong>in</strong>end, ungeschm<strong>in</strong>kt, ar-<br />
beitend und feiernd – <strong>die</strong> verlieben<br />
sich <strong>in</strong> e<strong>in</strong>en, weil sie jede Seite an e<strong>in</strong>em<br />
kennen, <strong>die</strong> ehrlichen und <strong>die</strong><br />
gewollten. Die Männer, <strong>die</strong> man will,<br />
kennen e<strong>in</strong>en besoffen aus dem Club,<br />
gut gekleidet, sexy und für jeden Spaß<br />
zu haben und plötzlich kommen wir<br />
an und wollen ihnen sagen „Entschuldigung,<br />
aber eigentlich b<strong>in</strong> ich ganz<br />
anders.“ Dass viele Männer trotzdem<br />
uncool s<strong>in</strong>d und wichtige D<strong>in</strong>ge verschweigen,<br />
e<strong>in</strong>en kle<strong>in</strong> halten wollen, um<br />
ke<strong>in</strong> Risiko e<strong>in</strong>zugehen – ke<strong>in</strong>e Frage.<br />
Doch sich als jemanden auszugeben,<br />
der man eigentlich nicht ist – wie cool<br />
soll das se<strong>in</strong>?<br />
Wir werfen unsere Prioritäten über<br />
Bord, sobald der Alkohol das Blut begrüßt,<br />
schreiben unnötige sms, <strong>die</strong> wir<br />
am nächsten Tag bereuen, gehen mit<br />
Männern nach Hause, <strong>die</strong> wir nüchtern<br />
nach fünf Dates erst küssen würden<br />
oder s<strong>in</strong>d plötzlich doch noch nicht<br />
über e<strong>in</strong>en Mann h<strong>in</strong>weg, den wir eigentlich<br />
schon <strong>in</strong> <strong>die</strong> Wüste geschickt<br />
haben.<br />
Der Alkohol, um den Spaß zu fördern,<br />
aber bitte nicht mehr um das Geschlecht<br />
oder <strong>die</strong> Identität zu wechseln.<br />
Bemerkung: Wenn dir der erste<br />
Satz nach der Überschrift nicht gefällt,<br />
könnten wir auch den nehmen<br />
„Die Nutte da drüben ist eigentlich<br />
Katholisch-Lehrer<strong>in</strong>. Ah, ok."<br />
Text Elleparamour<br />
elleparamour.blogspot.com<br />
Layout V<strong>in</strong>zent Britz<br />
OPEN WORD 57
58<br />
OPEN WORD
KOPf ODER Zahl<br />
Die Pille flog, sich stetig um 360 Grad<br />
drehend, quasi schwerelos, <strong>in</strong> der<br />
Luft. Die Kamera wanderte um mich<br />
herum, sie blieb stehen. Closeup. Matrix-Effekt...<br />
Von der Seite kommt e<strong>in</strong> verrückter<br />
Shaol<strong>in</strong> Mönch mit langen schwarzen<br />
Haaren und Zöpfen an den Ohren <strong>in</strong>s<br />
Bild gerast, mit e<strong>in</strong>em sut cuter tritt er<br />
<strong>in</strong> fe<strong>in</strong>ster 1000-Bilder-<strong>die</strong>-Sekunde-<br />
Slo-mo <strong>die</strong> Pille an den Zähnen vorbei<br />
Richtung Darme<strong>in</strong>gang.<br />
E<strong>in</strong>getaucht schwimmt der kle<strong>in</strong>e<br />
blaue Delf<strong>in</strong> Richtung Magengrube,<br />
um dort se<strong>in</strong>e kle<strong>in</strong>e Show vorzuführen.<br />
All <strong>die</strong> schönen Tricks, der doppelte<br />
Salto und wie e<strong>in</strong>er auf ihm<br />
reitet. Um das Becken herum stehen<br />
kle<strong>in</strong>e K<strong>in</strong>der, <strong>die</strong> ihn als den perversen<br />
Flipper bezeichnen, den sie<br />
als <strong>die</strong> pädophile Labertasche kennen<br />
und zum Schluss der große Stunt: Der<br />
phänomenale Sprung durch den brennenden<br />
Reifen<br />
Doch das, wofür der Delf<strong>in</strong> eigentlich<br />
ausgebildet wurde, ist den Weg zum<br />
geheimen Seroton<strong>in</strong>-Tresor zu f<strong>in</strong>den.<br />
Also nimmt der blaue Säuger Reißaus<br />
über <strong>die</strong> Blutbahn und versucht sich<br />
durch den Lüftungschacht vorzuarbeiten.<br />
Dort angekommen knackt<br />
er mit e<strong>in</strong>em angenehmen Lächeln<br />
das Schloss und das kle<strong>in</strong>e rosane<br />
Sparschwe<strong>in</strong> wird mit e<strong>in</strong>em Hammer<br />
zerschlagen und auf der Welle, <strong>die</strong> dadurch<br />
ausgelöst wird, reitet der Delf<strong>in</strong><br />
aus me<strong>in</strong>em Kopf. Ausblende.<br />
Da stehe ich nun, e<strong>in</strong>undzwanzig<br />
Jahre alt, fühle mich unbekleidet, <strong>die</strong><br />
Zeit steht e<strong>in</strong>en kurzen Moment still.<br />
Das ansteigende Rauschen des Meeres<br />
lässt mich vermuten, dass ich bald bis<br />
zum Kopf im Wasser stehe. Und der<br />
Kick setzt wieder e<strong>in</strong>. Fünfhundert<br />
oder sechshundert Menschen reagieren<br />
gleichzeitig und reflexartig auf den<br />
Beat. Herzryhtmus.<br />
E<strong>in</strong>e kurze Anekdote e<strong>in</strong>es Gastes:<br />
„So viele Menschen sagen immer,<br />
dass sie mit Techno nichts anfangen<br />
können, doch reagieren tun sie alle<br />
irgendwann. Das ist wie im Urwald,<br />
wenn afrikanische Völker anfangen,<br />
auf Hölzern rumzuhauen und sich <strong>in</strong><br />
Trance zu tanzen.“<br />
Da stehe ich nun, <strong>die</strong> Wellen durchwandern<br />
me<strong>in</strong>en Körper, alles wirkt so<br />
unsagbar attraktiv. Such dir den Punkt<br />
X. Den Schnittpunkt der Diagonalen<br />
auf dem <strong>die</strong> Anlage gerichtet ist. Wir<br />
s<strong>in</strong>d <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em alten Rechenzentrum<br />
der Stadt. Der Saal wurde mit viel<br />
Mühe <strong>in</strong> das Innere e<strong>in</strong>es feuerspeienden<br />
Drachens verwandelt. Es brodelt,<br />
es kocht, <strong>die</strong> Körper s<strong>in</strong>d nahe an dem<br />
Punkt angelangt aufzugeben.<br />
Aus e<strong>in</strong>em Gespräch zweier Gäste:<br />
„Siehst du <strong>die</strong> da vorn, <strong>die</strong> hab ich vor<br />
drei Tagen im Ballhaus schon gesehen.“<br />
„Apropros, ich glaub, ich muss nun<br />
auch mal nach Hause, me<strong>in</strong>e Mutter<br />
kriegt sonst wieder nen Anfall, wenn<br />
ich drei Tage lang unterwegs b<strong>in</strong>.“<br />
Die Nacht hat sich ergeben und ist wie<br />
e<strong>in</strong> Aufgeschrecktes Reh geflohen. Im<br />
Dickicht der Nacht versucht es sich zu<br />
verstecken doch nun steht <strong>die</strong> Sonne<br />
soweit am Himmel das nichts mehr zu<br />
verstecken ist. Nach und nach kleckern<br />
immer mehr der weißen zurückentwickelten<br />
Wesen aus der großen<br />
grauen Box. Wie e<strong>in</strong> noch eben gefangener<br />
Schmetterl<strong>in</strong>g, der noch benommen<br />
aus se<strong>in</strong>em Gefängnis, dem Glas,<br />
befreit wird. Sie breiten Ihre Flügel aus<br />
und brauchen m<strong>in</strong>desten e<strong>in</strong>, bis zwei<br />
Stunden Tageslicht, um wieder an Farbe<br />
zu gew<strong>in</strong>nen. Die Idiotie, <strong>die</strong> h<strong>in</strong>ter all<br />
dem steht, ist das alle denken, sie wären<br />
achso Bunt, doch nach 36 Stunden ist<br />
selbst <strong>die</strong> neonfarbene Legg<strong>in</strong>gs mehr<br />
grau als neongrün. Die Haare s<strong>in</strong>d zerzaust,<br />
das Gesicht hat ke<strong>in</strong>e Farbe mehr.<br />
E<strong>in</strong>e oft unterschätze Reaktion ist, dass<br />
wenn man plötzlich <strong>in</strong> all das Licht gestoßen<br />
wird, man sich vorkommt wie<br />
e<strong>in</strong> überlichteter Film und mit all <strong>die</strong>ser<br />
frischen Luft kommt der Delf<strong>in</strong> den<br />
selben Weg wieder zurück, wie er zuvor<br />
gegangen war.<br />
Text Ronny Schröder<br />
Layout V<strong>in</strong>zent Britz<br />
OPEN WÖRD 59
Das Geld liegt auf der Straße. So oder<br />
so ähnlich muss ich gedacht haben,<br />
als ich vor kurzem zu e<strong>in</strong>em willfährigen<br />
Opfer des „White Van Speaker<br />
Scam“ wurde. E<strong>in</strong>e Tragikomö<strong>die</strong> <strong>in</strong><br />
drei Akten.<br />
1. Akt<br />
Hi. Me<strong>in</strong> Name ist Max Schröder und<br />
er wurde von der Redaktion geändert.<br />
Warum? Weil ich es für e<strong>in</strong>e gute Idee<br />
halte, vor 20.000 potentiellen Lesern<br />
me<strong>in</strong>e <strong>in</strong>tellektuellen Hosen runter zu<br />
lassen. Manche Menschen muss man<br />
eben vor sich selbst schützen. Und ich<br />
gehöre seit <strong>neu</strong>estem dazu.<br />
Me<strong>in</strong>e Geschichte ließe sich problemlos<br />
<strong>in</strong> zwei Sätzen zusammenfassen,<br />
doch weil man sich manche D<strong>in</strong>ge<br />
wirklich auf der Zunge zergehen lassen<br />
sollte, hole ich etwas weiter aus.<br />
Alle Leute, <strong>die</strong> mir <strong>in</strong> me<strong>in</strong>em Leben<br />
wirklich nahe gekommen s<strong>in</strong>d, konnten<br />
mir übere<strong>in</strong>stimmend e<strong>in</strong> großes<br />
Ego attestieren. Ich h<strong>in</strong>gegen würde<br />
es weniger diplomatisch ausdrücken.<br />
Pr<strong>in</strong>zipiell halte ich mich für den heißesten<br />
Scheiß unter der Sonne. Warum<br />
auch nicht?<br />
Seit ich kle<strong>in</strong> war, b<strong>in</strong> ich ke<strong>in</strong>em Wettbewerb<br />
aus dem Weg gegangen. Vor<br />
dem Abitur (E<strong>in</strong>ser-Schnitt, ich bitte<br />
Dich) habe ich mich zum Stufensprecher<br />
wählen lassen, weil ich der Me<strong>in</strong>ung<br />
war, dass ich das ganze Regieren,<br />
Delegieren und Repräsentieren besser<br />
konnte als me<strong>in</strong>e Mitschüler. Ich b<strong>in</strong><br />
jahrelang um <strong>die</strong> Welt getourt, um<br />
mir den Stempel „weitgereist“ zu ver<strong>die</strong>nen<br />
und seit ich <strong>in</strong> Berl<strong>in</strong> b<strong>in</strong>, ver-<br />
60 streets<br />
Psychogramm<br />
e<strong>in</strong>es idioten<br />
auch demut hat ihren Preis<br />
<strong>die</strong>ne ich mehr Asche als <strong>die</strong> meisten<br />
anderen Leute <strong>in</strong> me<strong>in</strong>em Alter. Me<strong>in</strong>e<br />
Freund<strong>in</strong> ist so hübsch, dass sich jeder<br />
Kerl nach ihr umdreht, wenn wir zusammen<br />
e<strong>in</strong>e Bar betreten – e<strong>in</strong> Umstand,<br />
der mich noch mehr anmacht,<br />
weil me<strong>in</strong> Aussehen gerade mal gut<br />
geme<strong>in</strong>ter Durschnitt ist. Dabei hab<br />
ich mir immer Mühe gegeben, ke<strong>in</strong><br />
Yuppie zu werden, ehrlich. Aber heute,<br />
mit Mitte Zwanzig, könnte im Lexikon<br />
unter dem Begriff wohl auch me<strong>in</strong><br />
Foto abgedruckt se<strong>in</strong>. Und ich f<strong>in</strong>d’s<br />
geil. Ich b<strong>in</strong> jung, hip und erfolgreich.<br />
Und komplett voll mit Scheiße.<br />
2. Akt<br />
Ernst-Reuter-Platz, 10:17 Uhr. Die Vorlesung<br />
hat vor zwei M<strong>in</strong>uten angefangen,<br />
ohne mich. Ke<strong>in</strong> Grund zur Hektik.<br />
Ich schlendere <strong>die</strong> Straße runter,<br />
als h<strong>in</strong>ter mir e<strong>in</strong> weißer Lieferwagen<br />
e<strong>in</strong>biegt. Das Fenster senkt sich, ich<br />
höre den Beifahrer murmeln: „Ach<br />
komm, ich frag den jetzt e<strong>in</strong>fach.“<br />
Er w<strong>in</strong>kt mich zu sich, na gut, denke<br />
ich, sag ich denen halt den Standardspruch:<br />
Sorry, ich komm nicht aus<br />
Charlottenburg. Der Beifahrer gr<strong>in</strong>st<br />
mich an. „Willst Du 'n Paar Boxen?“,<br />
fragt er erwartungsvoll. „Na, was denn<br />
für Boxen?“, „HiFi-Boxen, Standlautsprecher“,<br />
verkündet er.<br />
Ich b<strong>in</strong> e<strong>in</strong> spontaner Mensch. Ich mag<br />
laute Musik. Ich höre mir se<strong>in</strong>e Story<br />
an. „Wir liefern gerade 24 Lautsprecher<br />
aus, aber der Chef hat vier Stück<br />
zu viel e<strong>in</strong>geladen. Die stehen nicht<br />
auf dem Liefersche<strong>in</strong> und nix. Jetzt<br />
fahren wir rum, und versuchen <strong>die</strong> los<br />
zu werden. Warte mal, wir fahren mal<br />
ran.“ Sie fahren mal ran.<br />
Die beiden Kerle machen e<strong>in</strong>en sympathischen<br />
E<strong>in</strong>druck. Bodenständig,<br />
ernsthaft, pragmatisch. Lauter<br />
gute Yuppie-Qualitäten. Der Jüngere<br />
spr<strong>in</strong>gt aus dem Fahrzeug und schiebt<br />
<strong>die</strong> Tür zum Laderaum auf. Vor mir liegen<br />
zwei Dutzend große Pakete, allesamt<br />
gefüllt mit Standlautsprechern.<br />
„Hier, schau mal“, er schneidet e<strong>in</strong>en<br />
der Kartons auf und rupft <strong>die</strong> Plastikhülle<br />
zur Seite, „Das s<strong>in</strong>d absolute<br />
Top-Modelle aus Kalifornien. Paramax<br />
LM-48. 8 Ohm Impedanz bei 90 Dezibel,<br />
mit frei schw<strong>in</strong>gendem Kevlar-<br />
Hochtöner auf Alum<strong>in</strong>ium-Nabe.“ Ich<br />
habe ke<strong>in</strong>e Ahnung wovon er spricht,<br />
aber nicke höflich. Die Lautsprecher<br />
sehen teuer aus. „Und was wollt ihr<br />
dafür haben?“, sage ich, mit Skepsis <strong>in</strong><br />
der Stimme. Die D<strong>in</strong>ge nehmen ihren<br />
Lauf. „Was kannst du uns denn geben?“<br />
ist <strong>die</strong> vorhersehbare Antwort.<br />
„Naja,“ stottere ich, „jedem von euch<br />
'n Hunni?“ Der Jüngere lächelt selbstzufrieden.<br />
Er hat se<strong>in</strong>en Part gemacht.<br />
Der Ältere der beiden setzt e<strong>in</strong>: „Pass<br />
auf, ich zeig dir mal was.“ Er holt e<strong>in</strong>e<br />
Fachzeitschrift raus und schlägt den<br />
Kle<strong>in</strong>anzeigenteil auf. „Schau mal,<br />
<strong>die</strong> Paramax LM-48 werden <strong>in</strong> ganz<br />
Deutschland gesucht.“ Er deutet auf<br />
e<strong>in</strong>e Anzeige, <strong>in</strong> der das exakte Modell<br />
angeboten wird, das dutzendfach auf<br />
der Ladefläche liegt: Paramax LM-48. 2<br />
Jahre alt. VB 3000 €. „Neu kosten <strong>die</strong><br />
D<strong>in</strong>ger 4000 Euro das Stück. Wir bieten<br />
dir also gerade 8000 Euro an.“ Ich<br />
sehe es schwarz auf weiß und spüre,
wie sich me<strong>in</strong>e Pupillen beim Anblick<br />
der Worte „VB 3000 €“ weiten. Hier gibt<br />
es was zu holen und heute ist me<strong>in</strong><br />
Glückstag.<br />
E<strong>in</strong> paar M<strong>in</strong>uten später sitze ich mit<br />
den Jungs im Auto, auf dem Weg zu<br />
mir nach Hause. Wir haben uns auf<br />
600 Euro gee<strong>in</strong>igt und ich mache gerade<br />
das Geschäft des Jahres. Wir unterhalten<br />
uns darüber, was ihr Chef<br />
für e<strong>in</strong> Penner ist und s<strong>in</strong>d ruck zuck<br />
<strong>in</strong> Friedrichsha<strong>in</strong>. Zehn M<strong>in</strong>uten später<br />
liegen zwei riesige Kartons <strong>in</strong> me<strong>in</strong>em<br />
Wohnzimmer und ich drücke den<br />
beiden Kerlen zwölf knusprige Fuffis<br />
<strong>in</strong> <strong>die</strong> Hand. Ich wünsche ihnen alles<br />
Gute und gehe zurück <strong>in</strong> me<strong>in</strong>e Wohnung,<br />
um mal zu googlen, was für<br />
Sahneboxen ich mir da <strong>in</strong>s Haus geholt<br />
habe. Das Gefühl der Selbstzufriedenheit<br />
dauert exakt so lange, wie e<strong>in</strong><br />
MacBook braucht, um hochzufahren.<br />
Schon der erste Suche<strong>in</strong>trag macht<br />
mir klar: Ich b<strong>in</strong> nicht Gustav Gans.<br />
Ich b<strong>in</strong> Gerd Geldhai.<br />
3. Akt<br />
Die Paramax LM-48 s<strong>in</strong>d vielleicht<br />
200 Euro wert. Und sie s<strong>in</strong>d ke<strong>in</strong>e HiFi<br />
Studioboxen aus e<strong>in</strong>er kalifornischen<br />
Luxus-Manufaktur, sondern das Kernstück<br />
des „White Van Speaker Scams“:<br />
E<strong>in</strong>er Betrugsmasche, <strong>die</strong> seit Jahrzehnten<br />
mit wechselnden Produkten<br />
und wechselnden Marken rund um<br />
den Globus selbstverliebte Vollidioten<br />
wie mich <strong>in</strong> <strong>die</strong> Falle lockt. Das Pr<strong>in</strong>zip<br />
ist immer dasselbe: Die H<strong>in</strong>termänner<br />
gründen e<strong>in</strong>e Firma und importieren<br />
billigen aber gut aussehenden Elektro-<br />
Schrott aus Ch<strong>in</strong>a. Dann schicken sie<br />
Vertriebsteams los, <strong>die</strong> <strong>in</strong> gemieteten<br />
Lieferwagen durch <strong>die</strong> Stadt fahren,<br />
bis e<strong>in</strong> Passant anbeißt. Die Kle<strong>in</strong>anzeige<br />
als schlagendes Verkaufsargument<br />
ist f<strong>in</strong>giert. Sollten sie mal von<br />
der Polizei angehalten werden, haben<br />
sie e<strong>in</strong>en Gewerbesche<strong>in</strong> dabei – und<br />
betreiben deshalb juristisch gesehen<br />
ganz legalen Straßenverkauf.<br />
Nun habe auch ich mich <strong>in</strong> <strong>die</strong> lange<br />
Reihe an strunz dummen Opfern e<strong>in</strong>gereiht<br />
und b<strong>in</strong> um 600 Euro ärmer.<br />
Was mich stört, ist nicht das Geld. Klar<br />
ist es e<strong>in</strong> Haufen Knete, aber letzten<br />
Endes werde ich das Geld früher oder<br />
später wieder re<strong>in</strong>holen. Was mich<br />
stört, ist darauf re<strong>in</strong>gefallen zu se<strong>in</strong>.<br />
Ausgerechnet ich. Von allen Leuten<br />
ich. Ich habe Market<strong>in</strong>g stu<strong>die</strong>rt. Ich<br />
habe jedes Buch zu der Materie gelesen,<br />
ich weiß, was <strong>neu</strong>rol<strong>in</strong>guistische<br />
Programmierung ist und kenne <strong>die</strong><br />
Mystery Methode. Ich könnte alles<br />
über Zielgruppen oder Positionierungen,<br />
über Wertschöpfungsketten oder<br />
Konversionsraten runterbeten. Ich<br />
b<strong>in</strong> halb Gordon Gekko, halb Octave<br />
Parango, und ich habe mich abziehen<br />
lassen wie e<strong>in</strong>e Oma auf Kaffeefahrt.<br />
Nun könnte man sagen, ich war zur<br />
falschen Zeit am falschen Ort. Wäre<br />
ich <strong>in</strong> der U-Bahn zusammengeschlagen<br />
worden, würde ich nun wohl auch<br />
ke<strong>in</strong>e S<strong>in</strong>nkrise erleben. Aber wenn<br />
man selbst der Me<strong>in</strong>ung ist, e<strong>in</strong>en<br />
schwarzen Gürtel <strong>in</strong> Kommunikation<br />
zu haben, stellt man sich <strong>die</strong> existenziellste<br />
aller Fragen: Warum?<br />
Die Antwort liefert auch hier wieder<br />
<strong>die</strong> Kommunikationswissenschaft,<br />
oder besser gesagt, ihr Fundament,<br />
<strong>die</strong> Neuropsychologie. Es gibt drei sogenannte<br />
Motiv- und Emotionssys-<br />
teme, <strong>die</strong> das menschliche Verhalten<br />
bestimmen: Die Bedürfnisse nach<br />
Balance, Stimulanz und Dom<strong>in</strong>anz.<br />
Jeder Mensch hat unterschiedliche<br />
Ausprägungen <strong>in</strong>nerhalb <strong>die</strong>ses Dreiecks,<br />
aber je stärker man <strong>in</strong> e<strong>in</strong>e Richtung<br />
ausschlägt, desto empfänglicher<br />
ist man für Angebote, <strong>die</strong> eben jenes<br />
Bedürfnis be<strong>die</strong>nen. In me<strong>in</strong>em Falle<br />
regiert der Dom<strong>in</strong>anz-Gedanke. Und<br />
Dom<strong>in</strong>anz ist <strong>in</strong> unserer Gesellschaft<br />
immer öfter synonym mit Geld. Der<br />
Erfolg <strong>die</strong>ser beiden Typen mit ihrem<br />
Lieferwagen basiert also nicht auf<br />
dem Pech oder der Dummheit anderer<br />
Leute, sondern auf ihrer Verblendung,<br />
auf ihrer Verbissenheit. Diese kurze<br />
Geschichte ist damit ke<strong>in</strong>e Warnung<br />
vor weißen Lieferwagen, sondern e<strong>in</strong>e<br />
vor übersteigertem Verlangen. Nicht<br />
nur Liebe macht bl<strong>in</strong>d. Die Lektion ist<br />
übertragbar. Auch das Bedürfnis nach<br />
Geld, Macht oder Sex, nach Geborgenheit,<br />
Abenteuer oder Sicherheit kann<br />
e<strong>in</strong> erstklassiges Narkotikum se<strong>in</strong> und<br />
e<strong>in</strong>en messerscharfen Verstand <strong>in</strong> e<strong>in</strong>en<br />
butterweichen Keks verwandeln.<br />
Die Grenzen s<strong>in</strong>d fließend. Und Demut<br />
hat ihren Preis.<br />
Text Maximilian Schröder<br />
Photo Richard Kirschste<strong>in</strong><br />
streets<br />
61
62 LAST LOOK<br />
meTAmOrPhOSe<br />
Concept • Production<br />
Photographer<br />
Hair • Make-up<br />
Photographer's Assistant<br />
Styl<strong>in</strong>g<br />
Postproduction<br />
Model<br />
V<strong>in</strong>zent Britz, Pola Kardum<br />
v<strong>in</strong>zentbritz.de, pola-kardum.de<br />
Philipp Bögle<br />
philippboegle.com<br />
Verena L<strong>in</strong>dauer<br />
verenal<strong>in</strong>dauer.de<br />
Johanna Kunig<br />
Pola Kardum<br />
pola-kardum.de<br />
V<strong>in</strong>zent Britz<br />
v<strong>in</strong>zentbritz.de<br />
Sel<strong>in</strong>a<br />
izaio.de
LAST LOOK<br />
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64 LAST LOOK
LAST LOOK<br />
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66 LAST WORD<br />
ozialbau ist der <strong>neu</strong>e Altbau, Billig wird das <strong>neu</strong>e V<strong>in</strong>tage, Bur-<br />
lesque löst den Pooldance ab. Yoga ist nicht <strong>die</strong> Lösung für<br />
alles. Bio alle<strong>in</strong>e macht nicht dünn. Jungs müssen sich mehr<br />
mit Ernährung beschäftigen. Kann me<strong>in</strong>e Biomilch bitte wieder<br />
frische Vollmilch werden und nicht "länger haltbar"? Ich<br />
f<strong>in</strong>de, man darf Sellerie auf Buffets nicht als Phallussymbol<br />
gebrauchen.<br />
Der Flughafen Tempelhof ist vielleicht das Schönste, was Neukölln zu bieten hat oder<br />
auch um drei Uhr nachts völlig breit auf den Rummel der Hasenheidner Maitage<br />
runterblicken und denken es sieht aus wie e<strong>in</strong> Hobbitdorf und sowieso drei Nächte<br />
Champagneria <strong>in</strong> der Berl<strong>in</strong>er K<strong>in</strong>dl Brauerei, wo wir Speeddat<strong>in</strong>g <strong>neu</strong> def<strong>in</strong>ieren und<br />
alle Teil der Berl<strong>in</strong>er Arroganz s<strong>in</strong>d, <strong>die</strong> nichts anderes geleistet hat, als sicher hier<br />
gebären zu lassen.<br />
Überall laufen nur Heimk<strong>in</strong>der mit BWL-Denke rum und ich sage immer: ich b<strong>in</strong> e<strong>in</strong>e<br />
Mischung aus Kirschkaugummi und Coco Mademoiselle und du bist mehr Typ Lebensart<br />
Mode Essen Tr<strong>in</strong>ken Partnerschaft und dann schenkst du mir e<strong>in</strong>e USB Compilation<br />
und ich muss mich fragen, welcher der 500 Songs hat dich an mich er<strong>in</strong>nert?<br />
Zeig mir se<strong>in</strong> facebook-Profil und ich sage dir wie cool er ist, raunt mir Laura mit grabestiefer<br />
Stimme am nächsten Morgen zu und wir sitzen bei Frustobst im Bateau und<br />
ich weiß wir müssen aufhören Diskrim<strong>in</strong>atoren zu se<strong>in</strong>, sonst brauchen wir wieder<br />
zum Ausgleich zu viele Karma-Clean<strong>in</strong>g-Dates. Bist Du mehr der Typ Geliebte oder<br />
<strong>die</strong> Frau, <strong>die</strong> man heiratet? Pfeifen <strong>die</strong> Spasten von den Dächern. Wie kann es se<strong>in</strong>,<br />
dass nur der E<strong>in</strong>e den Anderen liebt und dass es nicht immer auf Gegenseitigkeit beruht?<br />
Wie kann man sich schon e<strong>in</strong> Jahr kennen und sich erst jetzt lieben? Bedeutet<br />
es heute wirklich so viel, wenn man nach 2 Wochen noch ke<strong>in</strong>en Sex hatte?<br />
Die Nanny hat me<strong>in</strong> Männerbild geprägt. Ist Männermangel eigentlich e<strong>in</strong> Berl<strong>in</strong>problem?<br />
Die Krise ist da, <strong>die</strong> Krise ist echt. Fragen kann man ja mal, Bionade nicht.<br />
Lieber Gott, lass mich <strong>die</strong>ses Jahr jemanden lieben, ich werde auch immer Kondome<br />
benutzen. Wir dachten, ihr H&Muschis seht im Bik<strong>in</strong>i geiler aus und ja, wir Berl<strong>in</strong>er<br />
Mädchen schlafen mit B-Promis nur um unseren Freund<strong>in</strong>nen davon zu erzählen.<br />
Ich sage immer: Hegemann lesen, bevor über Hegemann reden und alle klauen mit<br />
moralischer Überlegenheit Bio-Lachs bei Kaufland. E<strong>in</strong>facher ist es, Probleme sofort<br />
zu klären. Wo ist denn nun <strong>die</strong> scheiß Aschewolke? Lasst uns zum Nokia 3210 zurückkehren<br />
und wieder prepaid werden, bemerke den Flow und welcher Kiez bist Du<br />
so? Die Fragen s<strong>in</strong>d: B<strong>in</strong> ich bereit für e<strong>in</strong>en Burberry-Mantel und wer freut sich nicht<br />
über e<strong>in</strong>e Maus, <strong>die</strong> über <strong>die</strong> Gleise läuft?<br />
Im Herzen s<strong>in</strong>d wir doch alle bi.<br />
Sophie Senoner
<strong>Ganz</strong> <strong>neu</strong> <strong>in</strong> <strong>unserem</strong><br />
<strong>Sortiment</strong>: <strong>die</strong> <strong>Zukunft</strong>.<br />
Zubehör sucht iPad.<br />
Authorised<br />
Reseller<br />
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