das Magazin aus Freising - Supershit

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16.11.2012 Aufrufe

Stadtgeschichten Freisinger Gespräche: „Wir wollen mehr zusammenarbeiten“ 28 Von hier von dort und anderen guten Dingen Eine neue Serie: Unter dem Motto „Freisinger Gespräche“ lädt der FINK in den kommenden Ausgaben zum Interview. Freisinger aus ganz unterschiedlichen Bereichen, bekannte oder auch eher unbekannte Menschen. Den Auftakt macht der Lerchenfelder Pfarrer und neuer Freisinger Dekan Axel Windecker. Wir sprachen mit ihm über den Zustand der katholischen Kirche in der Domstadt, über die dritte Startbahn und über Weihnachten. Herr Windecker, die Vorweihnachtszeit läuft auf Hochtouren, seit Monaten gibt es schon Lebkuchen und Adventskalender, viele haben in diesen Wochen vor allem damit zu tun, Geschenke zu kaufen... Für mich ist das nicht mehr so, wie es sein sollte. Durch den Konsum verschiebt sich alles immer mehr nach vorne. Und wenn die Adventszeit dann wirklich kommt, haben viele Leute keine Lust mehr. In der Gesellschaft wird dieser Sofortkonsum immer mehr. Das ist ja teilweise auch verständlich. Viele haben Angst, dass ihr Geld morgen nicht mehr so viel wert ist wie heute. Aber dadurch geht der Wert des Wartens verloren. Es wäre schön, wenn es wieder anders wäre. Wie genau? Also für mich als Kind war das die Zeit des Wartens auf das Christkind. Eine Zeit, die durch Langsamkeit geprägt war. Die Adventszeit bietet eine Auszeit, die Möglichkeit, sich bewusst Zeit zu nehmen. Auf das zu besinnen, was sonst im Alltag untergeht. Entschleunigung, wie man so sagt. Der Heilige Abend ist ja inzwischen für viele der einzige Tag, an dem man in die Kirche geht. Die Jahreshauptversammlung der Kirchensteuerzahler (lacht). Was auch daran liegt, dass die Kirche in den letzten Jahren mit negativen Geschichten Schlagzeilen machte, zahlreiche Missbrauchsfälle kamen ans Licht. Die Kirchenaustritte nahmen deutlich zu. Wie haben Sie das erlebt? Das ist wirklich problematisch und noch nicht durchgestanden. Ich denke, in unserer Pfarrei differenzieren die Menschen schon und sehen, dass es überall – nicht nur in der Kirche – Leute gibt, die sich völlig daneben benehmen. Das ist eine Sauerei, für die mir jegliches Verständnis fehlt. Es ist aber auch eine Sache, die meine tägliche Arbeit beeinträchtigt. Wenn ich mit Kindern zu tun habe, achte ich noch mehr darauf, dass keine Missverständnisse entstehen. Dass ich nicht allein mit einem Kind in einem Raum bin. Auch bei der Beichte vermeide ich Dinge, wie die Hand- Stadtgeschichten auflegung. Das ist schon kritisch für meine Arbeit, aber ich merke, dass mir die Menschen hier Vertrauen entgegen bringen. Es gibt zur Zeit ja viele Diskussionen, viele Wünsche auch, Dinge in der Kirche zu verändern. Wie verfolgen Sie das? Durch das Zukunftsforum tut sich in unserem Bistum derzeit eine ganze Menge. Weltkirchlich ist die Diskussion um die viri probati, die erprobten Männern (verheiratete Männer, die wegen ihrer vorbildlichen Lebensweise im Sinne der katholischen Kirche derzeit zu Diakonen geweiht werden können. Diskutiert wird, ob sie auch zum Priester geweiht werden sollen, Anm. d. Red.) derzeit wohl am weitesten. Aber ob ich das noch erlebe oder nicht, weiß ich nicht. Für mich persönlich spielt die Frage, den Zölibat abzuschaffen, keine große Rolle. Warum? Ich kann mir nicht vorstellen, diesen Beruf mit Familie auszuüben. Ich arbeite ja komplett antizyklisch! Wenn andere frei haben, arbeite ich. Es gibt auch kaum einen Abend ohne Termine. Das geht manchen Familien aber auch nicht anders. Und das funktioniert dann oft auch nicht gut. Bei Ärzten, bei Polizisten, bei allen, die zu familienunfreundlichen Zeiten ar- fink Das Freisinger Stadtmagazin Dezember 2011 Von hier von dort und anderen guten Dingen 29

Stadtgeschichten<br />

<strong>Freising</strong>er Gespräche:<br />

„Wir wollen<br />

mehr<br />

zusammenarbeiten“<br />

28 Von hier von dort und anderen guten Dingen<br />

Eine neue Serie: Unter dem Motto<br />

„<strong>Freising</strong>er Gespräche“ lädt der<br />

FINK in den kommenden Ausgaben<br />

zum Interview. <strong>Freising</strong>er <strong>aus</strong> ganz unterschiedlichen<br />

Bereichen, bekannte oder<br />

auch eher unbekannte Menschen. Den<br />

Auftakt macht der Lerchenfelder Pfarrer<br />

und neuer <strong>Freising</strong>er Dekan Axel Windecker.<br />

Wir sprachen mit ihm über den Zustand<br />

der katholischen Kirche in der Domstadt,<br />

über die dritte Startbahn und über Weihnachten.<br />

Herr Windecker, die Vorweihnachtszeit<br />

läuft auf Hochtouren, seit Monaten gibt<br />

es schon Lebkuchen und Adventskalender,<br />

viele haben in diesen Wochen vor<br />

allem damit zu tun, Geschenke zu kaufen...<br />

Für mich ist <strong>das</strong> nicht mehr so, wie es sein<br />

sollte. Durch den Konsum verschiebt sich<br />

alles immer mehr nach vorne. Und wenn<br />

die Adventszeit dann wirklich kommt,<br />

haben viele Leute keine Lust mehr. In<br />

der Gesellschaft wird dieser Sofortkonsum<br />

immer mehr. Das ist ja teilweise auch<br />

verständlich. Viele haben Angst, <strong>das</strong>s ihr<br />

Geld morgen nicht mehr so viel wert ist<br />

wie heute. Aber dadurch geht der Wert des<br />

Wartens verloren. Es wäre schön, wenn es<br />

wieder anders wäre.<br />

Wie genau?<br />

Also für mich als Kind war <strong>das</strong> die Zeit<br />

des Wartens auf <strong>das</strong> Christkind. Eine Zeit,<br />

die durch Langsamkeit geprägt war. Die<br />

Adventszeit bietet eine Auszeit, die Möglichkeit,<br />

sich bewusst Zeit zu nehmen. Auf<br />

<strong>das</strong> zu besinnen, was sonst im Alltag untergeht.<br />

Entschleunigung, wie man so sagt.<br />

Der Heilige Abend ist ja inzwischen für<br />

viele der einzige Tag, an dem man in die<br />

Kirche geht.<br />

Die Jahreshauptversammlung der Kirchensteuerzahler<br />

(lacht).<br />

Was auch daran liegt, <strong>das</strong>s die Kirche<br />

in den letzten Jahren mit negativen Geschichten<br />

Schlagzeilen machte, zahlreiche<br />

Missbrauchsfälle kamen ans<br />

Licht. Die Kirchen<strong>aus</strong>tritte nahmen<br />

deutlich zu. Wie haben Sie <strong>das</strong> erlebt?<br />

Das ist wirklich problematisch und noch<br />

nicht durchgestanden. Ich denke, in unserer<br />

Pfarrei differenzieren die Menschen<br />

schon und sehen, <strong>das</strong>s es überall – nicht<br />

nur in der Kirche – Leute gibt, die sich<br />

völlig daneben benehmen. Das ist eine<br />

Sauerei, für die mir jegliches Verständnis<br />

fehlt. Es ist aber auch eine Sache, die meine<br />

tägliche Arbeit beeinträchtigt. Wenn ich<br />

mit Kindern zu tun habe, achte ich noch<br />

mehr darauf, <strong>das</strong>s keine Missverständnisse<br />

entstehen. Dass ich nicht allein mit einem<br />

Kind in einem Raum bin. Auch bei der<br />

Beichte vermeide ich Dinge, wie die Hand-<br />

Stadtgeschichten<br />

auflegung. Das ist schon kritisch für meine<br />

Arbeit, aber ich merke, <strong>das</strong>s mir die Menschen<br />

hier Vertrauen entgegen bringen.<br />

Es gibt zur Zeit ja viele Diskussionen,<br />

viele Wünsche auch, Dinge in der Kirche<br />

zu verändern. Wie verfolgen Sie <strong>das</strong>?<br />

Durch <strong>das</strong> Zukunftsforum tut sich in<br />

unserem Bistum derzeit eine ganze Menge.<br />

Weltkirchlich ist die Diskussion um<br />

die viri probati, die erprobten Männern<br />

(verheiratete Männer, die wegen ihrer<br />

vorbildlichen Lebensweise im Sinne der<br />

katholischen Kirche derzeit zu Diakonen<br />

geweiht werden können. Diskutiert wird,<br />

ob sie auch zum Priester geweiht werden<br />

sollen, Anm. d. Red.) derzeit wohl am weitesten.<br />

Aber ob ich <strong>das</strong> noch erlebe oder<br />

nicht, weiß ich nicht. Für mich persönlich<br />

spielt die Frage, den Zölibat abzuschaffen,<br />

keine große Rolle.<br />

Warum?<br />

Ich kann mir nicht vorstellen, diesen Beruf<br />

mit Familie <strong>aus</strong>zuüben. Ich arbeite ja<br />

komplett antizyklisch! Wenn andere frei<br />

haben, arbeite ich. Es gibt auch kaum einen<br />

Abend ohne Termine.<br />

Das geht manchen Familien aber auch<br />

nicht anders.<br />

Und <strong>das</strong> funktioniert dann oft auch nicht<br />

gut. Bei Ärzten, bei Polizisten, bei allen,<br />

die zu familienunfreundlichen Zeiten ar-<br />

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Von hier von dort und anderen guten Dingen 29

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