das Magazin aus Freising - Supershit

das Magazin aus Freising - Supershit das Magazin aus Freising - Supershit

16.11.2012 Aufrufe

Das alte Freising Der Residenzhof mit seiner schönen Renaissance-Arkadenanlage von 1519. lich jenes Erscheinungsbild erhalten, das sie im Wesentlichen bis zum Ende der fürstbischöflichen Herrschaft 1802/03 prägte und trotz vieler späterer Veränderungen bis zum heutigen Tag zeigt. Die letzten größeren Umbauten unter fürstbischöflicher Herrschaft erfolgten während der Regierungsjahre Albrecht Sigismunds von Bayern (reg. 1651-1685). 1668/69 wurde auf seinen Befehl hin im westlichen Teil des Residenzsüdflügels mit dem Bau eines großen Festsaales („Großer Saal“) begonnen, der sich über das erste und zweite Obergeschoss erstreckte. Dieser Saal bildete fortan das repräsentative Kernstück der Residenz und stand ganz offensichtlich in der Tradition deutscher Kaisersaalbauten, worauf unter anderem die dort bis 1803 vorhandenen 15 Kaiserportraits einen Hinweis geben. So fand auch innerhalb der Freisinger Residenz der Reichsgedanke seinen Niederschlag. Im Anschluss an jenen – im 19. Jahrhundert in mehrere Unterrichtsräume umgewandelten 16 Von hier von dort und anderen guten Dingen – Festsaal ließ Albrecht Sigismund von Bayern im Westflügel eine repräsentative Marmortreppe errichten. Bis zum Ende der fürstbischöflichen Herrschaft in Freising 1802/03 wurden schließlich kaum mehr Baumaßnahmen größeren Umfangs an der Residenz vorgenommen. In den Regierungsjahren Fürstbischof Johann Franz Eckhers von Kapfing und Liechteneck (reg. 1695/96-1727) hatte man offensichtlich mehrere einzelne Räume umgestaltet, wie zwei erhaltene stuckierte und teils freskierte Decken aus der Zeit zwischen 1710 und 1720 im zweiten Obergeschoss zeigen. Das Hauptaugenmerk fürstbischöflicher Bautätigkeit unter Johann Franz Eckher galt nicht der Residenz, sondern der Domkirche. Eine Neugestaltung größeren Stils erfuhr zwischen 1698 und 1702 der die Residenz und den Dom verbindende Fürstengang. Neben einer Neuausstattung einzelner Fürstenzimmer unter den Fürstbischöfen Johann Theodor von Bayern (reg. 1727-1763) und Clemens Wenzeslaus von Sachsen (1763- 1768) sowie der Einrichtung eines kleinen Theaters im großen Festsaal unter Fürstbischof Ludwig Joseph von Welden (reg. 1769- 1788) sind im 18. Jahrhundert zudem mehrere Umbauten am großen Residenzturm, dem so genannten „Khueturm“, in dem das fürstbischöfliche Gefängnis untergebracht war, belegt. Infolge der Mediatisierungs- und Säkularisationsereignisse 1802/03 stand das Freisinger Residenzgebäude großteils leer und wies zunehmend Bauschäden auf. Als man 1826 einen Teil des Gebäudes zum Priesterseminar umfunktioniert hatte, kam es zu mehreren Umbauten, die an vielen Stellen leider auch den Verlust bedeutender historischer Bausubstanz mit sich brachten. So wurde etwa um 1830 der große Residenzturm bis zur Traufhöhe des Dachs abgebrochen. Als durch die steigende Zahl der Seminaristen die Raumnot zunahm, entschloss sich die Leitung des Priesterseminars 1844, auch den barocken Festsaal aufzugeben und an seiner Stelle auf zwei Geschossen mehrere Unterrichtsräume einzurichten. Bereits 1843 wurden erste Umbaumaßnahmen an der ehem. fürstbischöflichen Hofkapelle unternommen, die in den Jahren zwischen 1877 und 1884 zur Einbeziehung des davor liegenden Raums (im 18. Jahrhundert das fürstbischöfliche Billardzimmer) führten. Mit dem Durchbruch in das zweite Obergeschoss und der Anlage einer Galerie 1903 erhielt die Kapelle im Wesentlichen ihr heutiges Erscheinungsbild. Zweimal wurde das Residenzgebäude nach Westen hin und damit in den Bereich der ab 1804 abgebrochenen Stiftskirche St. Andreas erweitert: Über dem alten Hofküchenbau wurde 1884 ein neues Geschoss für den großen Speisesaal aufgeführt. Einen weiteren, großzügig dimensionierten Anbau errichtete man schließlich ab 1902 nach den Plänen von Gabriel von Seidl (1848-1913). Die letzte umfassende Veränderung erfuhr das Residenzgebäude samt Anbauten in den 1960er Jahren. Ab 1960 errichtete die Erzdiözese anstelle des Seidl-Baus von 1902/03 einen funktionalen, aber überdimensionierten Neubau. Dieser Baumaßnahme fiel die romanische Kapelle St. Martin aus dem 12. Jahrhundert zum Opfer. Als Ersatz wurde im Obergeschoss des Neubaus eine neue Martinskapelle geschaffen, deren Gestaltung sich an den liturgischen Forderungen des II. Vatikanischen Konzils (1962-1965) orientierte. Zur gleichen Zeit wurde auch das Residenzgebäude selbst noch einmal umgebaut, wobei insbesondere innerhalb des Nordflügels durch Entkernungen weitere Teile der historischen Bausubstanz verloren gegangen sind. Das Residenzschloss im Überblick Die beiden folgenden Planzeichnungen aus dem Jahr 1803 zeigen die barocke Raumdisposition der Freisinger Residenz. Viele Strukturen sind bis heute erhalten geblieben. Erdgeschoss 01 Hofkammer (fürstbischöfliche Zentralbehörde), 02 Hofrat (fürstbischöfliche Zentralbehörde), 03 Geistlicher Rat (fürstbischöfliche Zentralbehörde), 04 Marmortreppe, 05 Hofküche, 06 Hofzehrgaden (Speisekammer), 07 Hofkellerei, 08 Silberkammer, 09 Hofzuckerbäckerei, 10 Hofzahlamt und Registratur Erstes Obergeschoss 01 Fürstenzimmer, 02 Großer Saal, 03 Marmortreppe, 04 Burgpflegerwohnung, 05 Dürnitz (Speisesaal der Hofbediensteten) Das alte Freising fink Das Freisinger Stadtmagazin Dezember 2011 Von hier von dort und anderen guten Dingen 17 9 10 1 8 1 7 2 5 6 3 2 4 3 4 5

Das alte <strong>Freising</strong><br />

Der Residenzhof mit seiner schönen Renaissance-Arkadenanlage von 1519.<br />

lich jenes Erscheinungsbild erhalten, <strong>das</strong> sie<br />

im Wesentlichen bis zum Ende der fürstbischöflichen<br />

Herrschaft 1802/03 prägte<br />

und trotz vieler späterer Veränderungen bis<br />

zum heutigen Tag zeigt.<br />

Die letzten größeren Umbauten unter fürstbischöflicher<br />

Herrschaft erfolgten während<br />

der Regierungsjahre Albrecht Sigismunds<br />

von Bayern (reg. 1651-1685). 1668/69 wurde<br />

auf seinen Befehl hin im westlichen Teil des<br />

Residenzsüdflügels mit dem Bau eines großen<br />

Festsaales („Großer Saal“) begonnen, der<br />

sich über <strong>das</strong> erste und zweite Obergeschoss<br />

erstreckte. Dieser Saal bildete fortan <strong>das</strong><br />

repräsentative Kernstück der Residenz und<br />

stand ganz offensichtlich in der Tradition<br />

deutscher Kaisersaalbauten, worauf unter<br />

anderem die dort bis 1803 vorhandenen 15<br />

Kaiserportraits einen Hinweis geben. So<br />

fand auch innerhalb der <strong>Freising</strong>er Residenz<br />

der Reichsgedanke seinen Niederschlag. Im<br />

Anschluss an jenen – im 19. Jahrhundert in<br />

mehrere Unterrichtsräume umgewandelten<br />

16 Von hier von dort und anderen guten Dingen<br />

– Festsaal ließ Albrecht Sigismund von Bayern<br />

im Westflügel eine repräsentative Marmortreppe<br />

errichten.<br />

Bis zum Ende der fürstbischöflichen Herrschaft<br />

in <strong>Freising</strong> 1802/03 wurden schließlich<br />

kaum mehr Baumaßnahmen größeren<br />

Umfangs an der Residenz vorgenommen. In<br />

den Regierungsjahren Fürstbischof Johann<br />

Franz Eckhers von Kapfing und Liechteneck<br />

(reg. 1695/96-1727) hatte man offensichtlich<br />

mehrere einzelne Räume umgestaltet,<br />

wie zwei erhaltene stuckierte und teils freskierte<br />

Decken <strong>aus</strong> der Zeit zwischen 1710<br />

und 1720 im zweiten Obergeschoss zeigen.<br />

Das Hauptaugenmerk fürstbischöflicher<br />

Bautätigkeit unter Johann Franz Eckher galt<br />

nicht der Residenz, sondern der Domkirche.<br />

Eine Neugestaltung größeren Stils erfuhr<br />

zwischen 1698 und 1702 der die Residenz<br />

und den Dom verbindende Fürstengang.<br />

Neben einer Neu<strong>aus</strong>stattung einzelner Fürstenzimmer<br />

unter den Fürstbischöfen Johann<br />

Theodor von Bayern (reg. 1727-1763) und<br />

Clemens Wenzesl<strong>aus</strong> von Sachsen (1763-<br />

1768) sowie der Einrichtung eines kleinen<br />

Theaters im großen Festsaal unter Fürstbischof<br />

Ludwig Joseph von Welden (reg. 1769-<br />

1788) sind im 18. Jahrhundert zudem mehrere<br />

Umbauten am großen Residenzturm,<br />

dem so genannten „Khueturm“, in dem <strong>das</strong><br />

fürstbischöfliche Gefängnis untergebracht<br />

war, belegt.<br />

Infolge der Mediatisierungs- und Säkularisationsereignisse<br />

1802/03 stand <strong>das</strong> <strong>Freising</strong>er<br />

Residenzgebäude großteils leer und wies<br />

zunehmend B<strong>aus</strong>chäden auf. Als man 1826<br />

einen Teil des Gebäudes zum Priesterseminar<br />

umfunktioniert hatte, kam es zu mehreren<br />

Umbauten, die an vielen Stellen leider<br />

auch den Verlust bedeutender historischer<br />

B<strong>aus</strong>ubstanz mit sich brachten. So wurde<br />

etwa um 1830 der große Residenzturm bis<br />

zur Traufhöhe des Dachs abgebrochen. Als<br />

durch die steigende Zahl der Seminaristen<br />

die Raumnot zunahm, entschloss sich die<br />

Leitung des Priesterseminars 1844, auch<br />

den barocken Festsaal aufzugeben und an<br />

seiner Stelle auf zwei Geschossen mehrere<br />

Unterrichtsräume einzurichten. Bereits<br />

1843 wurden erste Umbaumaßnahmen an<br />

der ehem. fürstbischöflichen Hofkapelle<br />

unternommen, die in den Jahren zwischen<br />

1877 und 1884 zur Einbeziehung des davor<br />

liegenden Raums (im 18. Jahrhundert <strong>das</strong><br />

fürstbischöfliche Billardzimmer) führten.<br />

Mit dem Durchbruch in <strong>das</strong> zweite Obergeschoss<br />

und der Anlage einer Galerie 1903<br />

erhielt die Kapelle im Wesentlichen ihr<br />

heutiges Erscheinungsbild. Zweimal wurde<br />

<strong>das</strong> Residenzgebäude nach Westen hin und<br />

damit in den Bereich der ab 1804 abgebrochenen<br />

Stiftskirche St. Andreas erweitert:<br />

Über dem alten Hofküchenbau wurde 1884<br />

ein neues Geschoss für den großen Speisesaal<br />

aufgeführt. Einen weiteren, großzügig<br />

dimensionierten Anbau errichtete man<br />

schließlich ab 1902 nach den Plänen von<br />

Gabriel von Seidl (1848-1913).<br />

Die letzte umfassende Veränderung erfuhr<br />

<strong>das</strong> Residenzgebäude samt Anbauten in den<br />

1960er Jahren. Ab 1960 errichtete die Erzdiözese<br />

anstelle des Seidl-B<strong>aus</strong> von 1902/03<br />

einen funktionalen, aber überdimensionierten<br />

Neubau. Dieser Baumaßnahme fiel<br />

die romanische Kapelle St. Martin <strong>aus</strong> dem<br />

12. Jahrhundert zum Opfer. Als Ersatz wurde<br />

im Obergeschoss des Neub<strong>aus</strong> eine neue<br />

Martinskapelle geschaffen, deren Gestaltung<br />

sich an den liturgischen Forderungen<br />

des II. Vatikanischen Konzils (1962-1965)<br />

orientierte. Zur gleichen Zeit wurde auch<br />

<strong>das</strong> Residenzgebäude selbst noch einmal<br />

umgebaut, wobei insbesondere innerhalb<br />

des Nordflügels durch Entkernungen weitere<br />

Teile der historischen B<strong>aus</strong>ubstanz verloren<br />

gegangen sind.<br />

Das Residenzschloss im Überblick<br />

Die beiden folgenden Planzeichnungen <strong>aus</strong><br />

dem Jahr 1803 zeigen die barocke Raumdisposition<br />

der <strong>Freising</strong>er Residenz. Viele Strukturen<br />

sind bis heute erhalten geblieben.<br />

Erdgeschoss<br />

01 Hofkammer (fürstbischöfliche Zentralbehörde),<br />

02 Hofrat (fürstbischöfliche<br />

Zentralbehörde), 03 Geistlicher Rat (fürstbischöfliche<br />

Zentralbehörde), 04 Marmortreppe,<br />

05 Hofküche, 06 Hofzehrgaden<br />

(Speisekammer), 07 Hofkellerei, 08 Silberkammer,<br />

09 Hofzuckerbäckerei, 10 Hofzahlamt<br />

und Registratur<br />

Erstes Obergeschoss<br />

01 Fürstenzimmer, 02 Großer Saal, 03 Marmortreppe,<br />

04 Burgpflegerwohnung, 05<br />

Dürnitz (Speisesaal der Hofbediensteten)<br />

Das alte <strong>Freising</strong><br />

fink Das <strong>Freising</strong>er Stadtmagazin Dezember 2011<br />

Von hier von dort und anderen guten Dingen 17<br />

9<br />

10<br />

1<br />

8<br />

1<br />

7<br />

2<br />

5<br />

6<br />

3<br />

2<br />

4<br />

3<br />

4<br />

5

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!