WEST SIDE STORY DIE GANZE WELT IST ... - Theater Koblenz
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6<br />
Judiths WG (3)<br />
Die Kunst des Scheitelns<br />
Es wird Winter. Rizomi ist langweilig.<br />
Also: Ihr ist langweilig. Sie<br />
ist mir schon vier Mal übers Papier<br />
gelaufen heute, und obwohl<br />
wir schon die maschinengewehrten<br />
Männer am Bahnhof gucken<br />
waren, ist sie immer noch nicht<br />
zufrieden. Was ist das, fragen Sie,<br />
schlechte Erziehung? Tja, ich bin<br />
auch ein bisschen ratlos.<br />
Rizomi stammt jedenfalls, das<br />
haben wir erst neulich herausgefunden,<br />
vom Dänischen Protestschwein<br />
ab (rotbunt, kurzhaarig).<br />
Meine Güte, dachte ich, dabei<br />
fahre ich doch so gern ans Mittelmeer.<br />
Rückblickend aber erklärt<br />
das einige Taten der letzten Wochen.<br />
Sie hat, ohne mein Wissen,<br />
neulich aus dem Altpapier eine<br />
Abowerbung für die taz rausgekramt,<br />
mit ihrem roten Huflack<br />
offensichtlich leserlich genug<br />
bekrakelt und die Bestellung erfolgreich<br />
abgeschickt – natürlich<br />
gleich zum „politischen“ Abopreis<br />
…<br />
Jetzt bekommen wir also neben<br />
ZEIT und SPEX die taz – und weil<br />
Rizomi auch gern fernsieht – die<br />
Lehrerbrief<br />
Bei vielen <strong>Theater</strong>begeisterten<br />
wird OEDIPUS als d e r <strong>Theater</strong>klassiker<br />
gehandelt. Am 23. Januar<br />
kommt er auf die Bühne des<br />
<strong>Theater</strong>s <strong>Koblenz</strong>. Vordergründig<br />
könnte uns dieses Drama auch<br />
als erstes Kriminalstück europäischer<br />
Literatur erscheinen. Bei<br />
genauerem Hinsehen eröffnet<br />
sich dem Betrachter ein höchst<br />
dialektisches Spiel um Sein und<br />
Schein, ein Spiel der Spannungen<br />
und geheimen Bezüge auf<br />
verschiedenen Ebenen, ein Spiel<br />
auch abgründiger Ironie.<br />
<strong>Theater</strong>besucher vor 2500 Jahren<br />
gingen mit dem Wissen um<br />
den Oedipus-Mythos in die Vorstellung,<br />
was sie reizte, war die<br />
Interpretation des Stoffes durch<br />
den Dichter. Für <strong>Theater</strong>besucher<br />
von heute ist es spannend<br />
zu erleben, wie sich in diesem<br />
Drama ein Mensch selbst auf die<br />
Simmel-Gesamtausgabe. Da hat<br />
sie wenigstens was zu tun. Um die<br />
neu entfachte Lesewut zu schüren<br />
und sie ein wenig an ihre natürliche<br />
Umgebung zu erinnern,<br />
hat ihr R. neulich zum Geburtstag<br />
„Feuchtgebiete“ geschenkt. Mit<br />
Vorlese-Versprechen.<br />
Rizomi hat sich direkt in Charlotte<br />
verliebt, und als sie sich Anfang<br />
des Monats in Köln getroffen<br />
haben, um gemeinsam nach Gorleben<br />
zu fahren und den Castor<br />
aufzuhalten, hat Rizomi vorgeschlagen,<br />
dass es doch jetzt nur<br />
konsequent wäre, auch nach der<br />
ganzen Unterwerfungs-Debatte<br />
von Schwarzer und Köhler, wenn<br />
Christian mit Charlotte schliefe<br />
und dann nicht mehr die Laufzeitverlängerungen<br />
für Atomkraftwerke<br />
unterschreibt. Sie<br />
wissen nicht, was bei uns los ist!<br />
Variante 1:<br />
Werkeinführung<br />
Gerne kommen wir zu Ihnen in<br />
die Schule, um die Schüler über<br />
den Mythos, seine Interpretation<br />
durch Sophokles und das<br />
Regiekonzept ins Bild zu setzen.<br />
Zeitrahmen: 1 – 2 Unterrichtsstunden,<br />
je nach Vorkenntnissen<br />
der Schüler zum Stück.<br />
Nach ausschweifender<br />
Protestreiserei<br />
im Sommer haben<br />
wir mit ihr Rituale<br />
geschaffen: Das<br />
gleicht auch uns<br />
ein bisschen aus.<br />
Es beginnt jetzt<br />
mit der Montagsdemo<br />
in <strong>Koblenz</strong><br />
und führt sich<br />
mittwochs beim<br />
Schwabenstreich in<br />
Stuttgart fort, die Menschen dort<br />
sind so verlässlich mit dem Protestieren,<br />
wie verletzlich für die<br />
Polizei.<br />
Rizomi ist dadurch zum totalen Volker<br />
Lösch-Fan geworden, kann schwäbeln<br />
und findet Adorno plötzlich einen<br />
Waschlappen.<br />
Das OEDIPUS-Paket<br />
2<br />
Schliche kommt. Damit sich<br />
der Vorstellungsbesuch für<br />
SchülerInnen zu einem nachhaltigen<br />
Erlebnis gestaltet,<br />
bieten wir im Zusammenhang<br />
mit dieser Inszenierung wieder<br />
verschiedene Varianten der Vorund<br />
Nachbereitung an.<br />
durchspielen werden.<br />
Kontakt<br />
Variante 2:<br />
<strong>Theater</strong>pädagogischer Workshop<br />
Der Workshop kann einen anderen<br />
Zugang zu den „Buch-<br />
Neuerdings weckt sie uns, Meisenflöte<br />
im Schnauzenwinkel,<br />
mit Beleidigungen: „Griffelschpitzer!<br />
Hurasiach! Allmachtsdackel!“<br />
Um das Skandieren zu<br />
üben, hat sie außerdem im Oktober<br />
hin und wieder heimlich an<br />
den Kammerspielen gelauscht,<br />
wenn der <strong>Koblenz</strong>er Rentnerchor<br />
„Wer Macht Maria?“ geprobt hat:<br />
„Keiner sollte allein gehen müssen!<br />
Wir treten an! Wir laufen<br />
los! Wir stoßen zu!“ Das ist eh<br />
so eine Sache: Für ein Diskursschwein<br />
ist die Unterteilung von<br />
Arbeit und Freizeit kaum noch<br />
messbar, Unterteilungen sind<br />
ihr wegen der Hierarchie sowieso<br />
zuwider, aber stubenrein ist<br />
sie dann auch nicht. Manchmal<br />
liegen ihre Gedankenbüschel<br />
nämlich wochenlang auf unseren<br />
Wäscheständern im Flur. Da<br />
ist es gut, wenn sie, während unserer<br />
Jazzproben donnerstags,<br />
wegen des Vorleseversprechens<br />
zu R. rübergeht. Rizomi ist dadurch<br />
viel friedlicher geworden,<br />
sie schläft nachts wieder entlang<br />
ihren circadianen und ultradianen<br />
biologischen Rhythmen.<br />
Aktuell liest ihr R. „Der Aufreißer“<br />
vor, von so nem Playboyredakteur.<br />
Rizomi war nämlich erfolgreich<br />
mit der Vermietung ihrer zweiten<br />
Betthälfte. Da wohnt seit drei<br />
Wochen ein hübsches Mädel, das<br />
zu Personenschutz in den 70ern<br />
arbeitet und jeden Tag ins Bundesarchiv<br />
auf die Karthause reist.<br />
Und wie hieß es damals so schön:<br />
„Protest ist, wenn ich sage, das<br />
und das passt mir nicht. Widerstand<br />
ist, wenn ich dafür sorge,<br />
dass das, was mir nicht passt,<br />
nicht länger geschieht.“ Oder,<br />
frei nach Somerset Maugham:<br />
„Es ist ein großer Trost, andere<br />
dort scheiteln zu sehen, wo man<br />
selbst gescheitelt ist.“<br />
Judith Pielsticker<br />
staben“, die SchülerInnen wohl<br />
auf den Text und die Inszenierung.<br />
manchmal so unzugänglich ent-<br />
Zeitrahmen: 3 Zeitstunden<br />
gegenkommen, ermöglichen.<br />
Das spielpraktische Konzept ist<br />
Variante 3:<br />
so angelegt, dass sie den Stoff<br />
Nachgespräch<br />
wie bei einem Indizienprozess,<br />
Gerne kommen 3wir auch nach<br />
bei dem der Ankläger sich nach<br />
dem Vorstellungsbesuch zu Ih-<br />
und nach als Täter entpuppt,<br />
nen in die Schule, um mit den<br />
SchülerInnen über das Gesehene<br />
Dazu braucht es etwas Zeit. Je-<br />
ins Gespräch zu kommen. Alter-<br />
weils eine Klasse ist eingeladen,<br />
nativ dazu finden zu ausgewähl-<br />
ins <strong>Theater</strong> zu kommen und für<br />
ten Terminen im <strong>Theater</strong> direkt<br />
mehrere Stunden in den Räu-<br />
nach der Vorstellung Publikums-<br />
men, in denen sonst geprobt<br />
gespräche mit den Schauspielern<br />
wird, in die Welt des <strong>Theater</strong>s<br />
statt. Auch bei dieser Veranstal-<br />
einzutauchen. Die Aufwärm-<br />
tung sind SchülerInnen gern ge-<br />
übungen schaffen den Übergang sehene Gäste.<br />
zum Spiel, denn die SchülerInnen<br />
Anne Riecke<br />
haben die Chance, in die Rollen<br />
der Protagonisten zu schlüpfen Für die Terminabstimmung in Bezug auf das theaterpädagogische<br />
Angebot nehmen sie bitte mit<br />
und deren Perspektiven für ein<br />
paar Momente zu übernehmen. der Abteilung <strong>Theater</strong>pädagogik unter 0261 / 129<br />
Mit dieser Erfahrung schauen sie 2866 oder theaterpaedagogik@theater-koblenz.de<br />
während der Vorstellung anders auf.