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Lindner: UV Religion - Evangelische Religionspädagogik

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werden. Sicherlich kann man Glauben nicht als Ziel des <strong>Religion</strong>sunterrichts verstehen. Doch ist in<br />

solchem Unterricht die Möglichkeit gegeben, den Anspruchscharakter und das Freiheitsangebot<br />

biblischer Überlieferung je und je wahrzunehmen. Ob ein Schüler durch die Erzählung von den<br />

Emmausjüngern zur Freude über die Auferstehung findet, oder ob er sich durch die Antithesen aus<br />

Mt 5,20ff. angesprochen fühlt, bleibt, auch bei bester Unterrichtsgestaltung, offen. Im Bewusstsein<br />

dieser Grenze von Planung und Vorbereitung bleibt Unterrichtsvorbereitung gleichwohl eine der<br />

Hauptaufgaben des Lehrers, die um der Schüler und seiner selbst willen notwendig ist.<br />

1.2.2 Vorschläge zur Unterrichtsvorbereitung, die in der Ausführlichkeit dargeboten werden, wie es<br />

bei Glöckel, oder, ihm folgend, hier der Fall ist, werden nicht selten als „Feiertagsdidaktik”<br />

qualifiziert. Dies wird damit begründet, dass eine derart ausführliche und nach allen Seiten<br />

abgesicherte Unterrichtsvorbereitung im Alltag des Lehrers mit 27 Wochenstunden schlichtweg<br />

nicht möglich sei. Auch wenn dieser Einwand nicht unberechtigt erscheint, so müssen doch zwei<br />

Gesichtspunkte bedacht werden.<br />

Die Erfahrung vieler Generationen von Lehrern und die mit ihr verbundene Reflexion dieser<br />

Erfahrungen unter den verschiedensten Fragestellungen spiegelt sich in solchen<br />

Unterrichtsvorschlägen wider. Die Erträge wissenschaftlicher Forschung nicht nur in den<br />

Disziplinen Pädagogik und Psychologie, sondern auch in anderen Humanwissenschaften werden<br />

herangezogen, um Unterricht sinnvoll und wirkungsrelevant zu gestalten. Die sich auf diesem<br />

Hintergrund ergebende Differenzierung von Reflexions- und Handlungsanweisungen kann nicht<br />

radikal verkürzt werden, sondern muss gerade dem Anfänger im Unterricht vor Augen stehen. Nur<br />

so ist es ihm möglich, eigene Wege des Unterrichts zu finden und sie zu begründen, aber auch zu<br />

verändern. Ein Ansatz, wie er im „Nürnberger Modell” vorliegt, der nicht ein Didaktik-Konzept<br />

dogmatisch in Gebrauchsanleitungen umsetzen will, muss deshalb Grundgedanken verschiedener<br />

gegenwärtiger Konzeptionen (bildungstheoretische, lerntheoretische Didaktik, ...) aufnehmen, um<br />

zu einem verantworteten und praktikablen Entwurf zu kommen.<br />

Für alle Anfänger im Beruf, für Studierende, Lehramtsanwärter und Vikare ist dieser umfängliche<br />

und manchmal allzu gründlich erscheinende Weg deshalb wichtig, weil es sich um die kritisch<br />

durchdachte und gründlich erarbeitete Vorbereitung eines Hauptstücks ihres zukünftigen Berufs<br />

handelt. Diesen Weg der Unterrichtsvorbereitung mit aller Konsequenz gehen zu lernen, damit er<br />

später selbstverständlich zum Alltag werden kann, ist Aufgabe solcher „Feiertagsdidaktik”. An<br />

dieser Stelle ist in der Ausbildung viel Zeit zu investieren, um später Zeit gewinnen zu können.<br />

Relativ selten wird eine derartig gründliche Erarbeitung später möglich sein. Kurze schriftliche<br />

Notizen, hinter denen gedankliche Arbeit und Erfahrung steht, können und mögen genügen, weil<br />

der Lehrer, über der Sache stehend, den Blick auf die Schüler richten kann.<br />

An R. Lachmanns treffenden Hinweis, dass, wie im normalen Leben auch, im Zusammenhang des<br />

Unterrichts „Feiertage” den „Alltag” befruchten und erträglich gestalten, sei erinnert. 8<br />

2. Die Besonderheit des <strong>Religion</strong>sunterrichts<br />

An drei Punkten, die für die Unterrichtsvorbereitung relevant sind, wird die Eigenart des RU<br />

verdeutlicht. Es geht um den Ruf des <strong>Religion</strong>sunterrichts als „schwieriges Fach”, um die<br />

Interpretation des Globalziels, das den bayerischen Lehrplänen für das Fach <strong>Evangelische</strong>r<br />

<strong>Religion</strong>sunterricht vorgeordnet ist, und um die Verantwortung des <strong>Religion</strong>slehrers.<br />

2.1 RELIGIONSUNTERRICHT – EIN SCHWIERIGES FACH?<br />

<strong>Religion</strong>sunterricht wird von den Unterrichtenden, den Lehrern, Pfarrern, Studierenden usw. nicht<br />

selten als „schwieriges Fach” bezeichnet. Die Begründungen für dieses zuerst emotional und<br />

subjektiv wirkende Urteil sind nicht selten diffus. Sie lassen aber, neben anderen Argumenten, die<br />

besonders die Fachlehrersituation betreffen, doch zwei Momente erkennen, die auch für die<br />

Unterrichtsvorbereitung Gewicht haben. Eines ist die außergewöhnliche persönliche<br />

Beanspruchung des <strong>Religion</strong>slehrers, das andere die große Schwierigkeit der Sachfragen und damit<br />

verbunden der didaktischen Problematik.<br />

2.1.1 In stärkerem Maße als in den meisten anderen Fächern ist im <strong>Religion</strong>sunterricht der Lehrer<br />

als Person gefordert. Sicherlich beanspruchen alle Unterrichtsfächer, zumal im konkreten<br />

unterrichtlichen Vollzug, das volle persönliche Engagement des Lehrers. Der Unterricht soll und<br />

kann ja nicht nur Wissensvermittlung sein, sondern er will auch erziehend wirken. 9 Die vielfältigen<br />

Herausforderungen des Unterrichtsalltags, denen der Lehrer mit seinem geplanten Unterricht, mit<br />

seinen erzieherischen Aktivitäten und mit seinem ihm selbstverständlichen Führungsstil begegnet,<br />

beanspruchen ihn als ganze Persönlichkeit. Doch die Art der Verunsicherung im <strong>Religion</strong>sunterricht<br />

ist eine andere.<br />

Wenn z.B. ein Schüler während einer Stunde über eine neutestamentliche Wundergeschichte<br />

plötzlich fragt: „Glauben Sie das wirklich?”, dann kann das am Inhalt des gerade stattfindenden<br />

Unterrichts liegen. Doch es kann auch eine im Schüler schon länger rumorende Frage sein, die in<br />

dieser Situation aufbricht. Nun ist es durchaus möglich, diese Anfrage mit sachbezogenen<br />

Argumenten klärend zu entschärfen. Man kann über die Bedeutungsvielfalt des Begriffes Glauben<br />

sprechen, der sowohl „Für-wahr-halten” als auch „Vertrauen” umgreift. Auch die Erinnerung an<br />

den literarischen Charakter dieser Wundererzählungen des Neuen Testaments im Umfeld des ersten<br />

Jahrhunderts kann zur Erhellung beitragen. Über das Wunderverständnis damals und heute – etwa<br />

in unserer Umgangssprache – wird manches zu sagen sein. Diese Differenzierung der Fragestellung<br />

ist wichtig und das Vermeiden von vorschnellen Antworten notwendig. Doch die persönliche<br />

Stellungnahme kann nicht verweigert werden. Das Vertrauen der Schüler in die<br />

Gesprächsbereitschaft und Kompetenz des Lehrers wäre sonst erschüttert. Die eigene Position in<br />

einer behutsamen und doch klaren Weise darzulegen, so dass die Schüler weder überfordert, noch<br />

überfahren werden, ist nicht einfach. Solch ein persönliches Wort sollte in dem<br />

Grundzusammenhang des RU eingebunden sein und dazu helfen, das Verständnis der Sache zu<br />

vertiefen. Ebenso sollte es den Schülern vermitteln, dass der Lehrer hinter dem steht, was er sagt.<br />

7<br />

8<br />

R.Lachmann, Wege der Unterrichtsvorbereitung, in: Adam/Lachmann (vgl. Anm.1), S.143<br />

Vgl. ebd.<br />

7<br />

9<br />

8<br />

H.Hacker/H.Rosenbusch (Hg.), Erzieht Unterricht? (Baltmannsweiler 1990)

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