Lindner: UV Religion - Evangelische Religionspädagogik
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Gleichwohl ist es die Aufgabe des Lehrers, sich bei der Reflexion der Zielbegründung der Frage zu<br />
stellen, warum der Unterrichtsgegenstand hier Raum haben muss. 43<br />
Glöckel entfaltet diese Frage nach der bildungstheoretischen Rechtfertigung in einem sehr<br />
differenzierten Fragenkatalog, der, da er sich auf alle Fächer bezieht, für den <strong>Religion</strong>sunterricht<br />
nicht in jeder Hinsicht relevant ist. 44 Doch lenkt die Frage nach dem Beitrag des jeweiligen<br />
Unterrichtsgegenstandes zur Werterschließung den Blick auf einen wichtigen Bereich des<br />
<strong>Religion</strong>sunterrichts – Nächstenliebe, Toleranz -, auch wenn seine Wirksamkeit aufgrund der<br />
gegenwärtigen Situation häufig begrenzt sein mag. Die „Bedeutung im längerfristigen Lernprozess”<br />
zu bedenken ist wichtig. Wird hierdurch doch der Blick für größere religionspädagogische und<br />
theologische Zusammenhänge und für aufbauendes Lernen geschärft.<br />
Besonders aber ist die Zielsetzung der Unterrichtseinheit aufgrund der im „Auftrag des<br />
<strong>Religion</strong>sunterrichts” formulierten umfassenden Intentionen zu rechtfertigen, die ihrerseits die<br />
Leitziele in den verschiedenen Jahrgängen begründen. Einige Fragen seien angefügt, die der<br />
Reflexion des Zielzusammenhanges dienen können:<br />
Trägt die Unterrichtseinheit zur Wissenserweiterung über wichtige Inhalte der christlichen<br />
Tradition, der Kirche, außerchristliche <strong>Religion</strong>en und Daseinsauslegungen bei?<br />
Kann sie die Achtung gegenüber Andersdenkenden und Andersglaubenden aufbauen und<br />
verstärken?<br />
Kann sie als Lebenshilfe zur Orientierung in der gegenwärtigen Welt beitragen und die Schüler<br />
in ihrer individuellen, religiösen Entwicklung und sozialen Kompetenz fördern?<br />
Wird der Anbindung an die Lebens- und Glaubenspraxis in angemessener Weise Rechnung<br />
getragen?<br />
Greift sie Fragen der Schüler auf, so dass sie sich darin wiederfinden können und die Antwort<br />
mit ihnen erarbeitet werden können?<br />
Ist das Evangelium als Verheißung und Anspruch zu erkennen?<br />
Nicht alle Fragen sind auf jede Unterrichtseinheit anzuwenden werden, zumal sich die<br />
Fragenbereiche auch überschneiden. Eine knappe, den Lehrplan – eventuell auch kritisch –<br />
berücksichtigende Erläuterung der Zusammenhänge ist in den meisten Fällen angemessen.<br />
1.3 – von der Individuallage der Lerngruppe und den situativen<br />
Bedingungen her<br />
Glöckel formuliert die zentrale Frage so: „Welche Voraussetzungen bei den Schülern müssen<br />
berücksichtigt, welche Lernbedingungen in ihrer Umwelt beachtet werden? Können sie die<br />
Lernaufgaben überhaupt bewältigen?” 45 Die Aufgabe ist, die Lerngruppe, die Klasse für die der<br />
43<br />
44<br />
45<br />
Glöckel, S.29<br />
Glöckel, S.29ff. Es wird ausdrücklich auf diese Überlegungen verwiesen. Daran wird auch sichtbar, dass viele der<br />
genannten Aspekte für den <strong>Religion</strong>sunterricht nicht zutreffen.<br />
Glöckel, S.33; weitergehend ist der Abschnitt S.33-35 heranzuziehen.<br />
33<br />
Unterricht geplant wird, möglichst genau zu kennen und die Schüler auf diese Weise als den dritten<br />
Pfeiler des didaktischen Dreiecks ernst zu nehmen.<br />
Gerade im <strong>Religion</strong>sunterricht geht es nicht darum, die Schüler möglichst geschickt und unauffällig<br />
zu motivieren oder zu manipulieren, sondern ihnen als Partner in der Kommunikation um die Sache<br />
zu begegnen. Aus der Reihe der zahlreichen, differenzierenden Fragen, die jeweils im Blick auf die<br />
Situation auszuwählen sind seien einige zitiert:<br />
„Von welchen fachlichen bzw. fachpsychologischen Voraussetzungen der Schüler kann<br />
ausgegangen werden? Welche Erfahrungen aus schulischem und außerschulischem Bereich<br />
können sie einbringen?<br />
Welchen Bezug haben die Schüler schon zum Thema?...Hat es für sie gegenwärtige Bedeutung?<br />
Welche Erlebnisfähigkeit (insbesondere, um Motive anderer Personen nachzuvollziehen) kann<br />
erwartet werden?<br />
Wie ist die Denkfähigkeit das Problemverständnis die Abstraktionsfähigkeit, das<br />
Vorstellungsvermögen, das Sprachvermögen?<br />
Wie steht es um Arbeitsverhalten, Leistungsbereitschaft... Konzentration...?<br />
Welche Besonderheiten des Alters, des Entwicklungsstandes, des Geschlechts, der Herkunft sind<br />
zu beachten?” 46<br />
Für den <strong>Religion</strong>sunterricht wären insbesondere noch folgende Fragen anzufügen, die<br />
situationsbezogen einzusetzen sind:<br />
Welche religiöse Sozialisation ist vorauszusetzen, ist Wissen über Inhalte christlicher<br />
Überlieferung vorhanden?<br />
Ist mit besonderer Gesprächs- und Fragebereitschaft oder mit Aversionen und Kritik zu rechnen?<br />
Wie wirkt sich das gesellschaftliche Umfeld auf die religiöse Einstellung aus?<br />
Begegnet das „<strong>Religion</strong>sstunden-Ich”, das geschickte Umgehen mit religiösen Begriffen?<br />
Auf die unterschiedliche Situation des Klassenlehrers, der seine Klasse gut kennt und des<br />
Fachlehrers, der manchmal einer anscheinend ganz anderen Klasse begegnet, sei hingewiesen. In<br />
der „Fachlehrersituation” ist deshalb das explizite Nachfragen besonders wichtig.<br />
1.4 – aus der fachdidaktischen Erschließung des Themas<br />
Dieser Schritt macht sichtbar, dass die Entwicklung der Zielsetzung ihrerseits der klaren,<br />
begründenden Darstellung bedarf. Aus der Struktur des Unterrichtsgegenstandes unter<br />
Berücksichtigung übergeordneter Ziele wird im Blick auf die Individuallage die Zielsetzung<br />
entwickelt.<br />
Was im Entdeckungsprozess vorstrukturiert und in Punkt 1.1-1.3 systematisch dargestellt wurde,<br />
findet in diesem Schritt seine Begründung und Zusammenfassung. Einige Fragen sollen diese<br />
Aufgabe verdeutlichen:<br />
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