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Lindner: UV Religion - Evangelische Religionspädagogik

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Inhaltsverzeichnis<br />

Gerhard <strong>Lindner</strong><br />

Unterrichtsvorbereitung <strong>Religion</strong><br />

1. Intention und Begrenzung...................................................................................................................................... 4<br />

1.1 Anliegen und Aufbau der Arbeitshilfe........................................................................................................... 4<br />

1.2 Vom Sinn der Unterrichtsvorbereitung.......................................................................................................... 6<br />

2. Die Besonderheit des <strong>Religion</strong>sunterrichts............................................................................................................ 8<br />

2.1 <strong>Religion</strong>sunterricht – ein schwieriges Fach? ................................................................................................. 8<br />

2.2 Der „Auftrag des <strong>Religion</strong>sunterrichts”....................................................................................................... 10<br />

2.3 Die Verantwortung des <strong>Religion</strong>slehrers ..................................................................................................... 11<br />

3. Die „Vorbereitung des Unterrichts” von 1989 (Nürnberger Modell) .................................................................. 15<br />

3.1. Die Grundstruktur........................................................................................................................................ 15<br />

3.2. Modifikationen des Bearbeitungsschemas................................................................................................... 20<br />

4. Das Bearbeitungsschema ..................................................................................................................................... 23<br />

Thema (der Unterrichtseinheit/Unterrichtssequenz) ................................................................................................ 23<br />

– Lehrplanbezug ..................................................................................................................................... 23<br />

– Angaben zur Entstehung des Unterrichtsentwurfs (falls von Verfasser[in] als zweckmäßig erachtet) 23<br />

aus:<br />

Gerhard <strong>Lindner</strong> (Hg.), <strong>Religion</strong>sunterricht praktisch.<br />

Beispiele der Unterrichtsvorbereitung für Grund- und Hauptschule.<br />

Erarbeitet im Rahmen der Lehrerausbildung an der Universität<br />

und im Seminar. Mit einer Einführung von Gerhard <strong>Lindner</strong>,<br />

Heilsbronn 1991, S. 7–39<br />

Alle Rechte vorbehalten.<br />

A. Zielsetzung................................................................................................................................................... 23<br />

1. Entwicklung und Begründung der Zielsetzung............................................................................................ 23<br />

1.1 – aus der fachwissenschaftlichen Erschließung des Themas ............................................................... 23<br />

bei biblischen Inhalten:................................................................................................................................ 23<br />

bei problem- und lebensorientierten Themen: ............................................................................................. 23<br />

bei kirchengeschichtlichen Inhalten:............................................................................................................ 24<br />

bei Inhalten aus dem Gebiet (nichtchristlicher) <strong>Religion</strong>en oder Weltanschauungen:................................. 24<br />

1.2 – von übergeordneten Zielen her ......................................................................................................... 24<br />

1.3 – von der Individuallage der Lerngruppe und den situativen Bedingungen her .................................. 24<br />

1.4 – aus der fachdidaktischen Erschließung des Themas ......................................................................... 24<br />

2. Ausarbeitung der Zielsetzung ...................................................................................................................... 25<br />

2.1 Grobziel ............................................................................................................................................... 25<br />

2.2 Feinziele............................................................................................................................................... 25<br />

2.3 Differenzierung der Zielsetzung .......................................................................................................... 25<br />

B. Methodischer Entwurf ................................................................................................................................. 25<br />

3. Plan der Durchführung................................................................................................................................. 25<br />

3.1 Standardverfahren................................................................................................................................ 25<br />

Zeitlinie:....................................................................................................................................................... 25<br />

Hauptspalte: ................................................................................................................................................. 25<br />

Nebenspalte: ................................................................................................................................................ 25<br />

Anlagen:....................................................................................................................................................... 25<br />

2


1. Intention und Begrenzung<br />

1.1 ANLIEGEN UND AUFBAU DER ARBEITSHILFE<br />

3.2 Alternative ........................................................................................................................................... 26<br />

Unterrichtsschritte:....................................................................................................................................... 26<br />

Inhalte: ......................................................................................................................................................... 26<br />

Methoden:.................................................................................................................................................... 26<br />

Medien:........................................................................................................................................................ 26<br />

4. Begründung der methodischen Entscheidungen .......................................................................................... 26<br />

4.1 – zum Unterrichtsaufbau...................................................................................................................... 26<br />

4.2 – zu den Unterrichtsformen ................................................................................................................. 26<br />

4.3 – zu den Unterrichtsmitteln.................................................................................................................. 26<br />

4.4 – zu den Unterrichtstechniken.............................................................................................................. 27<br />

4.5 – zur Unterrichtsorganisation............................................................................................................... 27<br />

5. „Innere Vorbereitung” ................................................................................................................................. 27<br />

C. Nachbereitung.............................................................................................................................................. 27<br />

5. Erläuterungen zum Bearbeitungsschema............................................................................................................. 27<br />

Lehrplanbezug ................................................................................................................................................. 27<br />

Angaben zur Entstehung des Unterrichtsentwurfs........................................................................................... 27<br />

A. Zielsetzung................................................................................................................................................... 28<br />

1. Entwicklung und Begründung der Zielsetzung............................................................................................ 28<br />

1.1 – aus der fachwissenschaftlichen Erschließung ................................................................................... 28<br />

Bei biblischen Inhalten ................................................................................................................................ 28<br />

Bei problem- und lebensorientierten Themen.............................................................................................. 30<br />

Bei kirchengeschichtlichen Inhalten ............................................................................................................ 31<br />

Bei Inhalten aus dem Gebiet (nichtchristlicher) <strong>Religion</strong>en oder Weltanschauungen................................. 32<br />

1.2 – von den übergeordneten Zielen her................................................................................................... 32<br />

1.3 – von der Individuallage der Lerngruppe und den situativen Bedingungen her .................................. 33<br />

1.4 – aus der fachdidaktischen Erschließung des Themas ......................................................................... 34<br />

2. Ausarbeitung der Zielsetzung ...................................................................................................................... 35<br />

B. Methodischer Entwurf ................................................................................................................................. 36<br />

3. Plan der Durchführung................................................................................................................................. 36<br />

4. Begründung der methodischen Entscheidung.............................................................................................. 37<br />

4.1 Zum Unterrichtsaufbau ........................................................................................................................ 37<br />

4.2. Zu den Unterrichtsformen.................................................................................................................... 39<br />

4.3. Zu den Unterrichtsmitteln.................................................................................................................... 40<br />

4.4. Zu den Unterrichtstechniken................................................................................................................ 40<br />

4.5. Zur Unterrichtsorganisation ................................................................................................................. 40<br />

5. „Innere Vorbereitung” ................................................................................................................................. 40<br />

C. Nachbereitung.............................................................................................................................................. 41<br />

6. Schlussbemerkung ............................................................................................................................................... 41<br />

Anhang: Bearbeitungsschema nach H.Glöckel............................................................................................................ 43<br />

3<br />

<strong>Religion</strong>sunterricht gerät zurzeit in eine grundlegende Auseinandersetzung um seine Berechtigung<br />

und um seinen Sinn angesichts sich anbahnender gesellschaftlicher Veränderungen. Für seine<br />

Notwendigkeit und seine Bedeutung im gegenwärtigen Schulsystem lassen sich für absehbare<br />

Zukunft gute Gründe heranziehen – abgesehen von der verfassungsrechtlichen Absicherung. Neben<br />

der kulturgeschichtlichen Argumentation wird an die Notwendigkeit erinnert, dem Einzelnen die<br />

Möglichkeit religiös-weltanschaulicher Orientierung zu geben. Diese kann man als Fähigkeit<br />

verstehen, im Bereich von <strong>Religion</strong> und Moral begründet Stellung zu beziehen und so das<br />

Grundrecht der <strong>Religion</strong>sfreiheit wahrzunehmen. Damit verbindet sich auch die Chance, Inhalte<br />

und Strukturen und damit den Anspruchscharakter der christlichen Überlieferung kennen zu lernen.<br />

Die Kirchenzugehörigkeit sehr vieler Menschen in unserer Gesellschaft fordert eine solche<br />

Orientierung geradezu heraus. 1<br />

Allen diesen Argumenten für den <strong>Religion</strong>sunterricht soll mit dieser Sammlung von<br />

Unterrichtsbeispielen ein weiteres hinzugefügt werden. Durch konkrete Beispiele aus verschiedenen<br />

Inhaltsbereichen des evangelischen <strong>Religion</strong>sunterrichts wird die Spannweite seiner Inhalte<br />

sichtbar. Die Entwürfe für verschiedene Jahrgänge können die Konturen einer im<br />

<strong>Religion</strong>sunterricht intendierten Entwicklung durch aufbauendes Lernen andeuten. Die<br />

spannungsreiche Vermittlung von christlicher Tradition und Schülerwirklichkeit, die Verbindung<br />

von begründeter Methodenvielfalt einerseits und Konzentration auf die Sache andererseits kann den<br />

<strong>Religion</strong>sunterricht in Grund- und Hauptschule als Fach repräsentieren, das zu unterrichten sich<br />

lohnt. Gerade in der Situation der Ausbildung (erste und zweite Phase) dürfte diese Perspektive des<br />

<strong>Religion</strong>sunterrichts als eines vielseitigen und interessanten Faches motivierend und anregend sein.<br />

In diesem Kontext ist die vorliegende Arbeitshilfe vornehmlich, aber nicht nur für Lehrer der<br />

verschiedenen Ausbildungsrichtungen mit dem Fach „<strong>Evangelische</strong> <strong>Religion</strong>” in Studium und<br />

zweiter Ausbildungsphase gedacht. Besonders für sie ist die gründliche Unterrichtsvorbereitung<br />

eine notwendige, weiterführende Aufgabe. Darüber hinaus können die vorliegenden theoretischen<br />

Überlegungen und praktischen Beispiele für Kirche, Pfarrer, <strong>Religion</strong>spädagogen und andere<br />

<strong>Religion</strong>slehrer eine Anregung sein, die alltägliche Unterrichtsvorbereitung neu zu reflektieren. Der<br />

manchmal beklagte Sachverhalt, dass der RU von unterschiedlich ausgebildeten Lehrkräften erteilt<br />

wird, kann auch als Anregung zu gegenseitiger Förderung und zum Lernen voneinander verstanden<br />

werden. Das ist auch deswegen wünschenswert, weil der RU sich nicht nur schulorganisatorisch,<br />

sondern auch religionspädagogisch und im Blick auf die Schüler als ein Fach verstehen soll.<br />

Direkter Anstoß für diese Arbeitshilfe ist die 1989 erschienene Neuausgabe des Buches<br />

„Vorbereitung des Unterrichts” von H. Glöckel et al. 2 . Dieser theoretisch fundierte und auf die<br />

Praxis bezogene Entwurf zur Gestaltung der Unterrichtsvorbereitung, der keine neue didaktische<br />

Theorie entwickeln, sondern auf Vorhandenes aufbauen will, zielt vor allem darauf ab, die<br />

1<br />

2<br />

4<br />

G.Adam/R.Lachmann, Begründung des schulischen <strong>Religion</strong>sunterrichts, in: G.Adam/R.Lachmann (Hg.),<br />

<strong>Religion</strong>spädagogisches Kompendium, (Göttingen 19903) [im folgenden: Adam/Lachmann], S.66-76<br />

H.Glöckel/R.Rabenstein/R.Drescher/H.Kreiselmeyer (Hg.), Vorbereitung des Unterrichts. Neuausgabe (Bad<br />

Heilbrunn 1989); im folgenden zitiert als: Glöckel.


Kontinuität der schulpraktischen Arbeit zwischen erster und zweiter Phase der Ausbildung<br />

festhalten. Eine weitere Intention ist, „eine Form [scil. der Unterrichtsvorbereitung] zu finden, die<br />

sich für verschiedene Schulstufen, Schularten und -fächer eignet, ohne deren spezifische Anliegen<br />

zu beeinträchtigen. Zugleich gilt es, die Formen der Darstellung so variabel zu gestalten, dass sie<br />

nach den unterschiedlichen praktischen Bedürfnissen der Fächer ergänzt, konkretisiert, in ihren<br />

Teilmomenten gewichtet werden kann.” 3 Dieses Angebot aufzunehmen und für den evangelischen<br />

<strong>Religion</strong>sunterricht auszugestalten ist hier beabsichtigt.<br />

Das hat auch zur Folge, dass das Bearbeitungsschema, wie es in der „Vorbereitung des Unterrichts”<br />

vorliegt, an einigen Stellen modifiziert wird; die Grundstruktur wird dabei festgehalten. Um diese<br />

Änderungen zu begründen, werden im Folgenden einige Eigenheiten des Faches evangelische<br />

<strong>Religion</strong>slehre kurz umrissen. Die Probleme, die das Fach als „schwierig” erscheinen lassen,<br />

werden angesprochen, ebenso die Besonderheit des <strong>Religion</strong>sunterrichts, der von Schule und Kirche<br />

gemeinsam verantwortet wird. Die daraus sich ergebende Verantwortung des <strong>Religion</strong>slehrers für<br />

Schüler und Sache ist in einem besonderen Abschnitt darzustellen. Daran anschließend sind die für<br />

das „Nürnberger Modell” besonders charakteristischen Elemente hervorzuheben. Die notwendig<br />

erscheinenden Modifikationen ergeben sich aus der Eigenart des Faches <strong>Religion</strong>sunterricht. Sie<br />

betreffen v.a. das Gewicht der Sachstruktur, bzw. der Sachanalyse, und die Reflexion des eigenen<br />

Standorts des <strong>Religion</strong>slehrers im Blick auf den Unterrichtsgegenstand. Das daraus folgende<br />

Bearbeitungsschema wird erläutert und durch eine Reihe von Unterrichtsbeispielen konkretisiert.<br />

Die Methodenvielfalt, die an den vorgelegten Beispielen sichtbar wird, kann Praxiserfahrungen<br />

vertiefen und soll ermutigen, den <strong>Religion</strong>sunterricht für Lehrer und Schüler attraktiv zu gestalten<br />

und Neues zu wagen.<br />

Bei der Auswahl der Beispiele wurde deshalb auf methodische und inhaltliche Variabilität Wert<br />

gelegt. An alt- und neutestamentlichen Texten, problemorientierten Themen sowie Inhalten aus<br />

Kirchengeschichte und <strong>Religion</strong>swissenschaft kann auf diese Weise der weite Horizont des<br />

<strong>Religion</strong>sunterrichts sichtbar werden.<br />

1.2 VOM SINN DER UNTERRICHTSVORBEREITUNG<br />

Vorweg sind jedoch noch zwei Punkte zur Klärung anzusprechen.<br />

1.2.1 Die Begriffe „Unterrichtsvorbereitung” und „Unterrichtsplanung” werden in der<br />

gegenwärtigen Diskussion teils mit verschiedener Gewichtung, teils synonym gebraucht. Ich<br />

möchte, im Anschluss an Wegenast, folgende Sprachregelung vorschlagen:<br />

„Unterrichtsvorbereitung” meint die durchdachte, geplante Erarbeitung einzelner<br />

Unterrichtsstunden, auch Doppelstunden oder kurzer Unterrichtssequenzen. „Unterrichtsplanung”<br />

hingegen bezieht sich auf längerfristige, den Unterrichtsverlauf strukturierende und vorbereitende<br />

Überlegungen (z.B. Lehrpläne). 4<br />

Die vieldiskutierte grundsätzliche Problematik von Unterrichtsplanung und -vorbereitung sei für das<br />

Fach <strong>Religion</strong>sunterricht an dieser Stelle kurz angesprochen. Auf der einen Seite ist Planung,<br />

Vorbereitung des Unterrichts notwendig, ja unabdingbar. Sie geht aus dem Begriff des Unterrichts<br />

als einer zielgerichteten, auf Wissenserwerb und Haltungsbildung ausgerichteten und organisierten<br />

Veranstaltung hervor, die nicht der sich zufällig ergebenden Situation und der in ihr enthaltenen<br />

Lernmöglichkeiten überlassen werden darf. Zudem ist weithin Konsens der in Schulpädagogik, dass<br />

eine gründliche und intensive Vorbereitung und Planung die Grundvoraussetzung für einen<br />

interessanten und in weitestem Sinne erfolgreichen Unterricht sein kann. Der Lehrer gewinnt durch<br />

sie an Flexibilität und Freiheit, um in der komplexen, von zahlreichen Imponderabilien bestimmten<br />

Situation des Unterrichts schülerorientiert und gleichzeitig sachbezogen handeln zu können.<br />

Damit ist einerseits der Intention eines in der Planung bereits vorweggenommenen Unterrichts, der<br />

nur noch abzulaufen hat, eine Absage erteilt. Gleichzeitig stellt sich jedoch damit grundsätzlich die<br />

Frage nach der Grenze, ja nach dem Sinn von Unterrichtsvorbereitung. Unterricht ist, bei<br />

genauerem Hinsehen, ein höchst kompliziertes Geflecht verschiedenster Faktoren, das, gerade im<br />

Vollzug, kaum ganz durchschaubar und durch planende Vorbereitung nie ganz in den Griff zu<br />

bekommen ist. Oelkers weist auf die nicht aufhebbare Spannung von geplantem und verwirklichtem<br />

Unterricht, von Lehren und Lernen hin. Lernen hat Selbsttätigkeit des Lernenden, die nicht planbar<br />

ist, zur Voraussetzung. Auch ein sehr geschicktes unterrichtliches Arrangement kann das Verstehen<br />

des Lernenden nicht herbeizwingen. 5 Verstehen ist nicht berechenbar und bleibt der<br />

Unterrichtsplanung im Grunde entzogen. Das Ergebnis einer Unterrichtsstunde, einer<br />

Unterrichtssequenz, bleibt also offen. Unterrichtsbereitung wird so in starkem Maße zur<br />

Vorbereitung des Lehrenden. Gleichwohl bleibt sie als „paradoxe Notwendigkeit” 6 bestehen. Das<br />

Wissen um die Unplanbarkeit kontinuierlicher Verstehensvorgänge sollte umso mehr zum Anreiz<br />

für die didaktische Phantasie werden, möglichst differenzierte Lernangebote zu schaffen.<br />

Dieses Wissen um die Grenzen von Planung und Vorbereitung, aber auch das Ernstnehmen der<br />

Selbsttätigkeit des Schülers und damit seiner Freiheit macht die „letzte Unverfügbarkeit<br />

gelingenden Unterrichts” 7 aus und gilt für den <strong>Religion</strong>sunterricht noch in besonderer Weise. Mit<br />

allem Vorbehalt kann nämlich an dieser Stelle von der Unverfügbarkeit des Glaubens gesprochen<br />

3<br />

Glöckel, S.11<br />

5<br />

4<br />

5<br />

6<br />

6<br />

Vgl. K.Wegenast, Der <strong>Religion</strong>sunterricht in der Sekundarstufe I (Gütersloh 1980), S.41f.<br />

J.Oelkers, Unterrichtsvorbereitung als pädagogisches Problem, in: Der evangelische Erzieher 1988, S.519ff.<br />

A.a.O. S.525


werden. Sicherlich kann man Glauben nicht als Ziel des <strong>Religion</strong>sunterrichts verstehen. Doch ist in<br />

solchem Unterricht die Möglichkeit gegeben, den Anspruchscharakter und das Freiheitsangebot<br />

biblischer Überlieferung je und je wahrzunehmen. Ob ein Schüler durch die Erzählung von den<br />

Emmausjüngern zur Freude über die Auferstehung findet, oder ob er sich durch die Antithesen aus<br />

Mt 5,20ff. angesprochen fühlt, bleibt, auch bei bester Unterrichtsgestaltung, offen. Im Bewusstsein<br />

dieser Grenze von Planung und Vorbereitung bleibt Unterrichtsvorbereitung gleichwohl eine der<br />

Hauptaufgaben des Lehrers, die um der Schüler und seiner selbst willen notwendig ist.<br />

1.2.2 Vorschläge zur Unterrichtsvorbereitung, die in der Ausführlichkeit dargeboten werden, wie es<br />

bei Glöckel, oder, ihm folgend, hier der Fall ist, werden nicht selten als „Feiertagsdidaktik”<br />

qualifiziert. Dies wird damit begründet, dass eine derart ausführliche und nach allen Seiten<br />

abgesicherte Unterrichtsvorbereitung im Alltag des Lehrers mit 27 Wochenstunden schlichtweg<br />

nicht möglich sei. Auch wenn dieser Einwand nicht unberechtigt erscheint, so müssen doch zwei<br />

Gesichtspunkte bedacht werden.<br />

Die Erfahrung vieler Generationen von Lehrern und die mit ihr verbundene Reflexion dieser<br />

Erfahrungen unter den verschiedensten Fragestellungen spiegelt sich in solchen<br />

Unterrichtsvorschlägen wider. Die Erträge wissenschaftlicher Forschung nicht nur in den<br />

Disziplinen Pädagogik und Psychologie, sondern auch in anderen Humanwissenschaften werden<br />

herangezogen, um Unterricht sinnvoll und wirkungsrelevant zu gestalten. Die sich auf diesem<br />

Hintergrund ergebende Differenzierung von Reflexions- und Handlungsanweisungen kann nicht<br />

radikal verkürzt werden, sondern muss gerade dem Anfänger im Unterricht vor Augen stehen. Nur<br />

so ist es ihm möglich, eigene Wege des Unterrichts zu finden und sie zu begründen, aber auch zu<br />

verändern. Ein Ansatz, wie er im „Nürnberger Modell” vorliegt, der nicht ein Didaktik-Konzept<br />

dogmatisch in Gebrauchsanleitungen umsetzen will, muss deshalb Grundgedanken verschiedener<br />

gegenwärtiger Konzeptionen (bildungstheoretische, lerntheoretische Didaktik, ...) aufnehmen, um<br />

zu einem verantworteten und praktikablen Entwurf zu kommen.<br />

Für alle Anfänger im Beruf, für Studierende, Lehramtsanwärter und Vikare ist dieser umfängliche<br />

und manchmal allzu gründlich erscheinende Weg deshalb wichtig, weil es sich um die kritisch<br />

durchdachte und gründlich erarbeitete Vorbereitung eines Hauptstücks ihres zukünftigen Berufs<br />

handelt. Diesen Weg der Unterrichtsvorbereitung mit aller Konsequenz gehen zu lernen, damit er<br />

später selbstverständlich zum Alltag werden kann, ist Aufgabe solcher „Feiertagsdidaktik”. An<br />

dieser Stelle ist in der Ausbildung viel Zeit zu investieren, um später Zeit gewinnen zu können.<br />

Relativ selten wird eine derartig gründliche Erarbeitung später möglich sein. Kurze schriftliche<br />

Notizen, hinter denen gedankliche Arbeit und Erfahrung steht, können und mögen genügen, weil<br />

der Lehrer, über der Sache stehend, den Blick auf die Schüler richten kann.<br />

An R. Lachmanns treffenden Hinweis, dass, wie im normalen Leben auch, im Zusammenhang des<br />

Unterrichts „Feiertage” den „Alltag” befruchten und erträglich gestalten, sei erinnert. 8<br />

2. Die Besonderheit des <strong>Religion</strong>sunterrichts<br />

An drei Punkten, die für die Unterrichtsvorbereitung relevant sind, wird die Eigenart des RU<br />

verdeutlicht. Es geht um den Ruf des <strong>Religion</strong>sunterrichts als „schwieriges Fach”, um die<br />

Interpretation des Globalziels, das den bayerischen Lehrplänen für das Fach <strong>Evangelische</strong>r<br />

<strong>Religion</strong>sunterricht vorgeordnet ist, und um die Verantwortung des <strong>Religion</strong>slehrers.<br />

2.1 RELIGIONSUNTERRICHT – EIN SCHWIERIGES FACH?<br />

<strong>Religion</strong>sunterricht wird von den Unterrichtenden, den Lehrern, Pfarrern, Studierenden usw. nicht<br />

selten als „schwieriges Fach” bezeichnet. Die Begründungen für dieses zuerst emotional und<br />

subjektiv wirkende Urteil sind nicht selten diffus. Sie lassen aber, neben anderen Argumenten, die<br />

besonders die Fachlehrersituation betreffen, doch zwei Momente erkennen, die auch für die<br />

Unterrichtsvorbereitung Gewicht haben. Eines ist die außergewöhnliche persönliche<br />

Beanspruchung des <strong>Religion</strong>slehrers, das andere die große Schwierigkeit der Sachfragen und damit<br />

verbunden der didaktischen Problematik.<br />

2.1.1 In stärkerem Maße als in den meisten anderen Fächern ist im <strong>Religion</strong>sunterricht der Lehrer<br />

als Person gefordert. Sicherlich beanspruchen alle Unterrichtsfächer, zumal im konkreten<br />

unterrichtlichen Vollzug, das volle persönliche Engagement des Lehrers. Der Unterricht soll und<br />

kann ja nicht nur Wissensvermittlung sein, sondern er will auch erziehend wirken. 9 Die vielfältigen<br />

Herausforderungen des Unterrichtsalltags, denen der Lehrer mit seinem geplanten Unterricht, mit<br />

seinen erzieherischen Aktivitäten und mit seinem ihm selbstverständlichen Führungsstil begegnet,<br />

beanspruchen ihn als ganze Persönlichkeit. Doch die Art der Verunsicherung im <strong>Religion</strong>sunterricht<br />

ist eine andere.<br />

Wenn z.B. ein Schüler während einer Stunde über eine neutestamentliche Wundergeschichte<br />

plötzlich fragt: „Glauben Sie das wirklich?”, dann kann das am Inhalt des gerade stattfindenden<br />

Unterrichts liegen. Doch es kann auch eine im Schüler schon länger rumorende Frage sein, die in<br />

dieser Situation aufbricht. Nun ist es durchaus möglich, diese Anfrage mit sachbezogenen<br />

Argumenten klärend zu entschärfen. Man kann über die Bedeutungsvielfalt des Begriffes Glauben<br />

sprechen, der sowohl „Für-wahr-halten” als auch „Vertrauen” umgreift. Auch die Erinnerung an<br />

den literarischen Charakter dieser Wundererzählungen des Neuen Testaments im Umfeld des ersten<br />

Jahrhunderts kann zur Erhellung beitragen. Über das Wunderverständnis damals und heute – etwa<br />

in unserer Umgangssprache – wird manches zu sagen sein. Diese Differenzierung der Fragestellung<br />

ist wichtig und das Vermeiden von vorschnellen Antworten notwendig. Doch die persönliche<br />

Stellungnahme kann nicht verweigert werden. Das Vertrauen der Schüler in die<br />

Gesprächsbereitschaft und Kompetenz des Lehrers wäre sonst erschüttert. Die eigene Position in<br />

einer behutsamen und doch klaren Weise darzulegen, so dass die Schüler weder überfordert, noch<br />

überfahren werden, ist nicht einfach. Solch ein persönliches Wort sollte in dem<br />

Grundzusammenhang des RU eingebunden sein und dazu helfen, das Verständnis der Sache zu<br />

vertiefen. Ebenso sollte es den Schülern vermitteln, dass der Lehrer hinter dem steht, was er sagt.<br />

7<br />

8<br />

R.Lachmann, Wege der Unterrichtsvorbereitung, in: Adam/Lachmann (vgl. Anm.1), S.143<br />

Vgl. ebd.<br />

7<br />

9<br />

8<br />

H.Hacker/H.Rosenbusch (Hg.), Erzieht Unterricht? (Baltmannsweiler 1990)


Allein die Möglichkeit, im <strong>Religion</strong>sunterricht nach der religiösen Einstellung, der Glaubenshaltung<br />

gefragt zu werden, was in unserer Gesellschaft ja weithin zum Tabu geworden ist, ist für viele<br />

angehende <strong>Religion</strong>slehrer eine Schwierigkeit. Sie verbindet sich oft mit dem Problem des<br />

Erwachsenen, der auf die mit manchmal drängender Intensität gestellten Fragen der Kinder selber<br />

keine Antwort weiß, weil er in Zweifeln und Unsicherheit steckt. Diese Unsicherheit ist für einen<br />

Christen durchaus legitim. Doch das Bekenntnis zur eigenen Ratlosigkeit wäre für einen Lehrer<br />

ungewöhnlich.<br />

Dieses Problem gibt es, wenn auch vielleicht in anderer Weise, auch für Theologen. Nicht selten<br />

hätten sie eine komplizierte systematisch-theologiegeschichtliche Antwort auf eine einfache Frage<br />

parat, doch die Elementarisierung in die Situation des Unterrichts hinein lässt sie unsicher werden.<br />

Die Situation, erwartet oder unerwartet auf die eigene Position, auf Zweifel und Unsicherheit<br />

angesprochen zu werden, ist nicht leicht zu bewältigen. In solchen Situationen geht es nicht um das<br />

Maß des Glaubens – wer sollte den messen? –, sondern um die Ehrlichkeit den Schülern und sich<br />

selbst gegenüber.<br />

Doch wird immer wieder die Erfahrung gemacht, dass guter, gut vorbereiteter <strong>Religion</strong>sunterricht<br />

wegen der intensiven Auseinandersetzung mit der „Sache” im Blick auf die Schüler solches In-<br />

Frage-Stellen zu bewältigen hilft.<br />

2.1.2 Inhalte des <strong>Religion</strong>sunterrichts erwecken bei den <strong>Religion</strong>slehrern immer wieder den<br />

Eindruck einer unendlichen Stoff- und Problemfülle. Biblische Texte z.B. führen in eine ganz<br />

andere Vorstellungswelt hinein, sie wurden auf dem Hintergrund eines uns fremden Weltbildes<br />

verfasst, sie erfordern zu ihrem Verständnis theologisches Grundwissen und methodische Übersicht.<br />

Auch Gleichnisse, die manchmal den Eindruck leichter Verständlichkeit erwecken, konfrontieren<br />

z.B. mit dem Begriff des Reiches Gottes; oder im Zyklus der Abrahamsgeschichten, die<br />

Grundschulkindern zu erzählen einfach scheinen, begegnet der beängstigende Text von Isaaks<br />

Opferung. Nicht nur die Auslegung einzelner Begriffe und Texte ist schwierig, sondern auch die<br />

systematische Einordnung in den Zusammenhang einer theologischen Gesamtstruktur. Diese mit<br />

gegenwärtigen Erfahrungen und Fragestellungen in Beziehung zu setzen und zur eigenen Klarheit<br />

zu kommen ist jedoch notwendig. Es besteht sonst nämlich die Gefahr, dass Lehrer und Schüler<br />

sich in einer heilen Welt biblischer Geschichten wohlfühlen, die vom Alltag unserer Zeit<br />

geschieden ist (<strong>Religion</strong>sstunden-Ich). Dazu kommt, dass die wissenschaftliche Theologie mit ihrer<br />

Tendenz zur Spezialisierung, die ja im herrschenden Wissenschaftsverständnis angelegt ist, nicht<br />

immer die erwünschte Hilfe zu leisten vermag.<br />

Auch ethisch-problemorientierte, systematische Themenbereiche, die, wie etwa die Frage nach dem<br />

rechten Umgang mit der Schöpfung, unendlich viele Einzelprobleme umfassen, lassen ein<br />

„einfaches” Unterrichten nicht zu. Von der Arbeit mit religionswissenschaftlichen Paralleltexten zu<br />

Gen 1 und 2 bis hin zu praktischen Fragen der Müllvermeidung oder der Sorge um Lebewesen<br />

reicht das Spektrum. Hier ist die didaktische Frage nach der Auswahl der Inhalte aus dieser<br />

überwältigenden Fülle nicht leicht zu beantworten. Dazu wird an dieser Stelle oft die Grenze zu<br />

anderen Fächern, sowohl zur naturwissenschaftlichen als auch zu geisteswissenschaftlichen,<br />

überschritten. Bietet sich einerseits in solchen Fällen die Möglichkeit der Kooperation bis hin zur<br />

Projektarbeit an, so wird andererseits die Frage nach der Eigenständigkeit des <strong>Religion</strong>sunterrichts<br />

in diesen Problemfeldern virulent. Dies gilt um so mehr, wenn sich in den konkreten<br />

9<br />

Handlungsanweisungen zur Bewahrung der Schöpfung <strong>Religion</strong>sunterricht, Umwelterziehung und<br />

Biologieunterricht kaum unterscheiden.<br />

Diese kurz umrissenen Andeutungen signalisieren, dass <strong>Religion</strong>sunterricht gerade für<br />

verantwortungsbewusste <strong>Religion</strong>slehrern vielfältige Schwierigkeiten im fachwissenschaftlichen<br />

und fachdidaktischen Bereich mit sich bringen kann. Ihre Bewältigung bleibt eine Daueraufgabe<br />

des <strong>Religion</strong>slehrers und erfordert, mit dem Brennpunkt einer sorgfältigen Unterrichtsvorbereitung,<br />

die dauernde Auseinandersetzung mit den Inhalten des <strong>Religion</strong>sunterrichts.<br />

2.2 DER „AUFTRAG DES RELIGIONSUNTERRICHTS”<br />

Der allen bayerischen Lehrplänen für das Fach <strong>Evangelische</strong>r <strong>Religion</strong>sunterricht vorangestellte<br />

„Auftrag des <strong>Religion</strong>sunterrichts” 10 , auch Globalziel genannt, ist manchmal wegen seines<br />

umfassenden Ansatzes kritisiert worden. Doch wird in ihm die Besonderheit und Eigenständigkeit<br />

des Faches sowohl innerhalb der Schule, als auch nach außen sichtbar.<br />

Die Formulierung, <strong>Religion</strong>sunterricht habe der Kommunikation des Schülers des christlichen<br />

Glaubens und in der gegenwärtigen Welt zu dienen, grenzt diese Fach gegenüber erzieherischen<br />

Aktivitäten der Kirche wie Kindergottesdienst, Jugendarbeit usw. ab, auch wenn sich methodisch<br />

durchaus fruchtbare Querverbindungen zwischen diesen Bereichen finden lassen. Diese<br />

Formulierung mit dem Begriff Kommunikation als Zentrum lässt erkennen, dass<br />

<strong>Religion</strong>sunterricht nicht eine Veranstaltung ist, in der nur Inhalte vermittelt oder anerzogen werden<br />

sollen. Die Schüler sind Partner in einem Kommunikationsprozess und als solche ernst zu nehmen.<br />

In vier Schritten wird dieser hier sehr umfassende Kommunikationsbegriff entfaltet.<br />

Zuerst heißt es: „Der RU informiert, orientiert über die christliche Tradition, Lebensäußerungen<br />

der Kirche sowie über außerchristliche Daseinsauslegungen.” Dieser erste Satz enthält eine<br />

Minimalforderung. Es geht um Wissenserwerb im Blick auf <strong>Religion</strong>, die in unserer Kultur weithin<br />

durch das Christentum repräsentiert wird. Deshalb werden vor allem Inhalte aus der biblischen<br />

Überlieferung, aber auch aus Kirchengeschichte und Glaubenslehre zu vermitteln sein. Die<br />

horizonterweiternde und grenzüberschreitende Aufgabe der Information über andere <strong>Religion</strong>en<br />

wird angesichts der gesellschaftlichen Entwicklungen besonders bedeutsam. Denn die, besonders in<br />

den Grund- und Hauptschulen unserer Großstädte zu findende, multikulturelle Realität fordert<br />

unbedingt Informationen auch über außerchristliche <strong>Religion</strong>en. Im Sinne der Orientierung gehört<br />

auch die Hilfe zum Umgang mit Andersdenkenden und Andersglaubenden hinzu.<br />

Die Formulierung „Der <strong>Religion</strong>sunterricht schuldet dem Schüler konkrete Lebenshilfe, damit<br />

dieser zu sich selbst finden und in der Gesellschaft mündig werden kann” zielt darauf ab, die<br />

Lebenssituation der Schüler im <strong>Religion</strong>sunterricht zu thematisieren. Trotz berechtigter Kritik an<br />

manchen Erscheinungsformen des problemorientierten <strong>Religion</strong>sunterrichts bleibt diese Forderung<br />

richtig. Denn die Frage nach der Bedeutung und nach dem Gewicht christlichen Glaubens und<br />

Lebens unter den Bedingungen der gegenwärtigen Welt wird auch von den Schülern gestellt. Der<br />

<strong>Religion</strong>sunterricht kann jedoch die Vermittlung der christlichen Überlieferung mit den<br />

Erfahrungen und Konflikten von heute nicht den Jugendlichen überlassen. Dazu sind sie aufgrund<br />

10<br />

10<br />

Dies und die folgenden Zitate: Lehrplan für den <strong>Evangelische</strong>n <strong>Religion</strong>sunterricht an Hauptschulen in Bayern, 7.-9.<br />

Jahrgang (München 1983), S.7


ihres Alters und ihres Wissensstandes nicht in der Lage. Jedes der schnell auftauchenden aktuellen<br />

Themen, wie etwa Bedrohung der Umwelt, Gentechnologie, Medienvielfalt, usw. fordert zu<br />

intensiver Auseinandersetzung heraus. <strong>Religion</strong>sunterricht hat sich dieser Herausforderung zu<br />

stellen und den Beitrag evangelischer Theologie, für die Schüler verständlich, einzubringen. Es<br />

genügt nicht, Orientierungspunkte christlicher Tradition, wie etwa das Liebesgebot als höchste<br />

Norm oder die Rechtfertigung des Sünders aus Gnaden allein, weiterzugeben. Wenn diese einfach<br />

neben den Erfahrungen und Fragen der Schüler stehen bleiben, werden sie sprachlos. Ein RU, der<br />

Lebenshilfe sein will, hat hier die Aufgabe, Brücken zwischen Situation und Tradition zu bauen,<br />

und zusammen mit den Schülern nach Antworten zu suchen.<br />

In der Tradition der „evangelischen Unterweisung” verwurzelt ist die Aufgabe „...den Anruf Gottes<br />

in der christlichen Überlieferung gegenüber dem Menschen unserer Zeit auszusprechen.” Damit<br />

unterscheidet sich <strong>Religion</strong>sunterricht am deutlichsten von allen anderen Fächern, ja er scheint die<br />

Grenze des Schulunterrichts zu überschreiten. Das ist jedoch nicht der Fall. <strong>Religion</strong>sunterricht ist<br />

nämlich auch offen für das nicht Planbare, für das, was sich in der Begegnung mit diesen Texten<br />

ereignen kann. Begegnung mit dem Wort Gottes kann auch im <strong>Religion</strong>sunterricht geschehen.<br />

In den letzten Jahren ist, nicht ohne Grund, in der <strong>Religion</strong>spädagogik immer wieder von Erfahrung<br />

die Rede. Die Notwendigkeit der Verankerung von Orientierung und Information in der Lebensund<br />

Glaubenspraxis wird immer deutlicher erkannt, gerade auf dem Hintergrund religiöser<br />

Desozialisation. So kann z.B. über das Gebet als eine Möglichkeit religiöser Praxis christlichen<br />

Glaubens gesprochen und informiert werden. Dazu sollte Raum zum Ausüben und Praktizieren<br />

gegeben sein, auch wenn sich dabei Probleme ergeben können. 11<br />

Gerade an dieser Stelle ist jedoch die Eigenständigkeit, Freiheit und Würde des Schülers ernst zu<br />

nehmen. Pädagogischer Takt des Lehrers ist in höchstem Maße gefordert. <strong>Religion</strong>sunterricht ist<br />

nämlich ordentliches Unterrichtsfach in der „Schule für alle” und hat sich affirmativer Methoden zu<br />

enthalten. Er hat keinen missionarischen Auftrag. 12<br />

Im „Auftrag des <strong>Religion</strong>sunterrichts” werden zweimal die Pole „Frage und Antwort” erwähnt. Der<br />

Lehrer hat sich zu bemühen, Antworten auf Fragen der Schüler zu finden, wie das die Situation der<br />

Schule erfordert. Doch darüber hinaus ist die Solidarität des Lehrers mit den Schülern<br />

angesprochen. Gemeinsames Fragen ist möglich, aber auch gemeinsame Ratlosigkeit. Das ist eine<br />

Besonderheit des RU. Er ist im Sinne des „Auftrags” ein außerordentlich vielseitiges und<br />

spannungsreiches Fach. Die Breite seiner Anforderungen entspricht aber auch der Fülle der<br />

Möglichkeiten in der Unterrichtsgestaltung.<br />

2.3 DIE VERANTWORTUNG DES RELIGIONSLEHRERS<br />

Im komplexen Geschehen des Unterrichts, auch des <strong>Religion</strong>sunterrichts, spielt der Lehrer eine<br />

entscheidende Rolle. Mit seiner Unterrichtsvorbereitung und -gestaltung trägt er die wesentliche,<br />

nicht die alleinige, Verantwortung für einen gelingenden Unterricht. In diesem Zusammenhang<br />

seien deshalb einige notwendige Gedanken dazu skizziert.<br />

Der <strong>Religion</strong>slehrer steht in einem dichten, nicht immer widerspruchsfreien Geflecht von<br />

Beziehungen und wird von den verschiedensten Seiten beansprucht. Nach seinem dienstlichen<br />

Status ist er entweder dem Staat oder der Kirche zugeordnet, was etwa für seinen konkreten Einsatz<br />

(Stundenzahl) Konsequenzen hat. Die Schule als Institution, an der er tätig ist, fordert ihn zuerst als<br />

Lehrer – angefangen vom Unterricht bis hin zur Teilnahme an Verwaltungstätigkeiten. In diesem<br />

Rahmen ist er auch, je nach Status, der Schulaufsicht unterstellt und dem Lehrplan verpflichtet.<br />

Auch die Eltern haben Erwartungen an ihn, besonders jedoch die Schüler. Aus diesem Geflecht der<br />

Anforderungen und Erwartungen sind drei Aspekte besonders wichtig, weil sie sich bis in die<br />

konkreten Entscheidungen der Unterrichtsvorbereitung hinein auswirken: Die Verantwortung des<br />

Lehrers gegenüber seinen Schülern, gegenüber der Sache und gegenüber der Gemeinde/Kirche.<br />

2.3.1 Die Verantwortung gegenüber den Schülern wird exemplarisch sichtbar in der Forderung, die<br />

Individuallage, die Schülersituation gründlich zu bedenken. Jedes Modell der<br />

Unterrichtsvorbereitung schärft diese Aufgabe ein. Die Beschreibung des sogenannten<br />

„didaktischen Dreiecks” (Lehrer-Schüler-Unterrichtsgegenstand) 13 sieht den Schüler als<br />

konstitutives Element des Unterrichtsgeschehens. Er ist also nicht das Objekt unterrichtlicher<br />

Technik, sondern er ist auch in diesem komplexen Geschehen des Unterrichts eine zentrale,<br />

eigenständige Größe. Auch wenn dies im Blick auf die Situation in Grund- und Hauptschule<br />

anspruchsvoll klingen mag: der Schüler ist „Subjekt des eigenen Lernens, der ein Stück<br />

Mitverantwortung für das eigene Lernen trägt.” 14 Wenn K.E. Nipkow darauf abhebt, dass Kinder<br />

„was sie sehen und erfahren so verarbeiten wollen, dass es Sinn gibt” 15 , so wird die Eigenaktivität<br />

der Kinder und Heranwachsenden in diesem Bereich von Sinnsuche und Orientierung mit Recht<br />

hervorgehoben. Diese allgemeine pädagogische Erkenntnis bedeutet für den RU, dass die Schüler in<br />

ihrem So-sein in ihrer Altersstufe und mit ihrer jeweils eigenen Lebensgeschichte, mit ihrem<br />

Verhalten in der Gruppe als Person zu achten sind. Vielleicht ist es gut, sich daran zu erinnern, dass<br />

auch der Schüler Nächster des Lehrers im Sinne von Mk 12.30f ist.<br />

An zwei Bereichen sei hier die Verantwortung des <strong>Religion</strong>slehrers kurz angedeutet.<br />

Zu einem besteht sie darin, den Unterricht so zu gestalten, dass die Schüler in ihm zu Wort kommen<br />

und dass sie die Möglichkeit haben, auch einen eigenständigen Weg des Denkens und des Glaubens<br />

zu gehen. Der <strong>Religion</strong>slehrer kann und soll seine eigene Position nicht verleugnen. Die Schüler<br />

erwarten Ehrlichkeit von ihm, aber sie haben auch die Freiheit zu fragen, anders zu denken und<br />

Nein zu sagen. Wichtig ist dabei, dass gerade etwa in der Pubertät, wo das Nein, die Ablehnung,<br />

dominiert, von Gruppe und Gesellschaft nicht selten unterstützt, der Lehrer seine bleibende<br />

Gesprächsbereitschaft aufrechterhält.<br />

Als zweites Beispiel sei die Planung des Unterrichts genannt, die schülerorientiert angelegt sein<br />

soll. Dazu gehört ganz sicher auch das Eingehen auch auf aktuelle Probleme und Nöte der Schüler.<br />

11<br />

12<br />

In neueren Unterrichtsentwürfen für den RU wird immer wieder das Beten gleichsam als Probehandeln eingeführt,<br />

etwa „Am Abend dankte Bartimäus Gott für seine Heilung – schreib das Gebet auf.”<br />

Vgl. H.Schmidt, <strong>Religion</strong>sdidaktik Bd.1 (Stuttgart 1982), S.153ff.<br />

11<br />

13<br />

14<br />

15<br />

12<br />

H.Glöckel, Unterricht in der Spannung zwischen Sachanspruch, Schülergemäßheit und pädagogischem Auftrag, in:<br />

H.K.Beckmann/W.L.Fischer (Hg.), Herausforderung der Didaktik (Bad Heilbrunn 1990), S.33ff.; folgend zitiert als:<br />

Glöckel, Unterricht in Spannung.<br />

A.a.O. S.35<br />

K.E.Nipkow, Grundfragen der <strong>Religion</strong>spädagogik Bd.III (Gütersloh 1982), S.57


Dies kann auch einmal das Beiseiteschieben des Lehrplans erfordern. Wenn zum Beispiel das<br />

Thema Okkultismus nicht nur „in” ist, sondern auch in der Klasse bedrohlich wird, dann ist es eben<br />

dran. Doch andererseits kann der <strong>Religion</strong>slehrer die Verantwortung für den Unterricht, für das<br />

Wesentliche seiner Inhalte nicht abgeben. Es ist um der Schüler willen notwendig, „an der Sache”<br />

zu bleiben und so auch die Verbindlichkeit des Lehrplans zu akzeptieren. Die im „Auftrag des RU”<br />

angesprochenen Intentionen sind dabei im Blick auf den Schüler als Person mit zu bedenken:<br />

Orientierung, Lebenshilfe, Antwort, Begegnung.<br />

2.3.2 Die Verantwortung gegenüber der Sache ist, das ist vielleicht schon deutlich geworden,<br />

genauso wichtig wie die Verantwortung gegenüber dem Schüler. Beide gehören zusammen, beide<br />

sind vom Lehrer in gleicher Weise gefordert. Die „Sache”, der Unterrichtsgegenstand des RU ist die<br />

christliche bzw. religiöse Tradition, aber auch Inhalte, die im Leben der Schüler eine Rolle spielen.<br />

In diesem Bereich gilt die Forderung, dass der Lehrer durch gründliche Sachkenntnis ausgewiesen<br />

ist. Ein Blick in den Lehrplan oder in Schulbücher lässt erkennen, wie weit gefächert sie sein soll.<br />

Von der Schöpfungserzählung bis zu den Paulusbriefen, von der Familie als Thema im zweiten<br />

Jahrgang bis hin zur Thematik „Christ und Politik” reicht das Spektrum. Auch wenn es unmöglich<br />

sein wird, über alle Inhalte, die irgendwann einmal im Unterricht vorkommen, gründlich informiert<br />

zu sein, so ist doch die Methode wissenschaftlichen Arbeitens als Instrument der<br />

Erkenntnisgewinnung notwendig. Diese Kompetenz ist ein wesentliches Ergebnis des Studiums, das<br />

ja „an der Sache” orientiert ist. Ein weiterer Faktor sollte ein fundierter Überblick sein, der die<br />

Einzelheiten in einen größeren systematischen Zusammenhang einzuordnen ermöglicht. G. Adams<br />

Hinweis, das Studium auch der Selbstklärung, der Auseinandersetzung mit den eigenen<br />

Erfahrungen dienen könne, vertieft diesen Gedanken. 16 Es geht im Studium ja nicht nur um das<br />

Ansammeln von Wissensmengen, sondern um die Klarheit über das, was ich zu vermitteln mich<br />

anschicke.<br />

Verantwortung der Sache gegenüber bedeutet, die Inhalte im Zusammenhang zu erfassen, ihren<br />

Aspektreichtum zu erahnen und die Sachstruktur zu erheben. Um der Schüler willen muss der<br />

Lehrer wissensmäßig weiter sein als sie. Doch gleichzeitig bedeutet dieses Bemühen ein stetes<br />

Ringen um weitere Erkenntnis, letztendlich um die Wahrheit. Nur so ist es möglich, das<br />

herauszuarbeiten, was zur Grundlegung eines guten Unterrichts dient und vielleicht die Schüler auf<br />

einen sinnvollen Lernweg führen kann.<br />

2.3.3 Die Verantwortung der Kirche gegenüber steht in engem Zusammenhang mit der<br />

Verantwortung gegenüber der Sache des <strong>Religion</strong>sunterrichts. Auch wenn aufgrund empirischer<br />

Untersuchungen die These von der „geringen Verbundenheit der <strong>Religion</strong>slehrer/innen mit der<br />

Kirche” 17 für bestimme Bereiche untermauert wird, ist doch, ohne diese Ergebnisse zu verdrängen,<br />

an einige Punkte zu erinnern, die für die Beziehung zwischen Kirche und <strong>Religion</strong>slehrer wichtig<br />

sind. Eine ausführliche Diskussion kann hier aus Raumgründen nicht stattfinden.<br />

Der <strong>Religion</strong>slehrer ist rechtlich und formal an die Kirche gewiesen. Dies findet seinen Ausdruck in<br />

der kirchlichen Bevollmächtigung. Aufgrund der bestehenden rechtlichen Verbindung zwischen<br />

Kirche und Staat ist sie die Konkretisierung der Verfassungsbestimmung, dass <strong>Religion</strong>sunterricht<br />

konfessionell bestimmt ist; er ist nach dem „Grundsätzen der <strong>Religion</strong>sgemeinschaften” zu erteilen<br />

(Grundgesetz Art. 7.3). Auch der Verfassungsbestimmung, dass zum <strong>Religion</strong>sunterricht kein<br />

Lehrer gezwungen noch daran gehindert werden kann, <strong>Religion</strong>sunterricht zu erteilen, ist mit dieser<br />

formalen Bestimmung Genüge getan. Die mit dieser Bevollmächtigung übernommene<br />

Verpflichtung, sich an der Schrift und am Bekenntnis der evang.-luth. Kirche zu orientieren, setzt<br />

zweifellos einen Rahmen. Die persönliche Gewissensentscheidung des Einzelnen ist gewahrt, da die<br />

Übernahme dieser Verpflichtung freiwillig ist. Sie eröffnet die Freiheit, in Verantwortung<br />

gegenüber den Schülern und gegenüber der Sache den Unterricht zu gestalten.<br />

Die Unterschiede zwischen schulischem RU und den Formen kirchlichen Erziehungstätigkeit etwa<br />

in Konfirmandenunterricht, Kindergottesdienst o.ä. sind unbestritten. Zentral ist dort die<br />

Trägerschaft der Kirche, die Freiwilligkeit der Teilnehmer, die Hervorhebung des Gemeindebezugs<br />

und Intentionen, die stärker auf „religiöse Erlebnisfähigkeit” und „Verantwortungsbereitschaft”<br />

abheben. 18 Pfarrer, Jugendleiter und Kindergottesdiensthelfer gehören aus der Sicht der Kinder und<br />

Jugendlichen ganz eindeutig zur Erziehungsinstanz Kirche. Doch auch der <strong>Religion</strong>slehrer ist aus<br />

der Perspektive der Schüler mit der Kirche eng verbunden. Die Inhalte des RU gehören weitgehend<br />

zur christlichen Überlieferung und das Globalziel ist aus der Reflexion evangelischer<br />

<strong>Religion</strong>spädagogik erwachsen. In den Lehrplänen wird immer wieder der Bezug zu Kirche und<br />

Gemeinde betont. Erfahrungshintergrund für das, was im <strong>Religion</strong>sunterricht behandelt wird ist und<br />

bleibt die christliche, spezifisch die evangelische Kirche in Gestalt der Gemeinde.<br />

Schulgottesdienste, in der Kirche oder anderswo machen diesen Zusammenhang noch<br />

sinnenfälliger. Gerade wenn, was in der neueren religionspädagogischen Diskussion sehr betont<br />

wird, die Erfahrung für diesen religiösen Bereich von Gewicht ist, so wird ein <strong>Religion</strong>sunterricht<br />

der christliche Inhalte vermittelt, nicht an der Wirklichkeit von Kirche vorbeigehen können. In<br />

diesem Sinne ist der <strong>Religion</strong>slehrer Repräsentant der Kirche, auch wenn er in vielen Punkten auf<br />

Distanz zu ihr stehen mag.<br />

Verantwortung der Kirche gegenüber heißt nun sicherlich nicht, dass der <strong>Religion</strong>slehrer sich als<br />

Verkündiger im Sinne der „evangelischen Unterweisung” zu verstehen hat, sondern dass er sich<br />

dieser komplexen Beziehung zu ihr bewusst ist. Diese Beziehung kann sich ebenso in der<br />

konsequenten, sach- und schülergemäßen Unterrichtsarbeit äußern, wie im Ernstnehmen von<br />

Lebensfragen der Schüler und in kritischer, fundierter Auseinandersetzung mit christlicher<br />

Tradition und kirchlichen Verlautbarungen. Persönliche Erfahrungen und<br />

Gemeinschaftserfahrungen positiver oder negativer Art schlagen sich darin nieder. Doch bleibt der<br />

<strong>Religion</strong>slehrer an die Kirche gewiesen und trägt ein Stück Verantwortung ihr gegenüber.<br />

Die drei genannten Aspekte Verantwortung dem Schüler, der Sache und der Kirche gegenüber sind<br />

nicht voneinander zu trennen. Sie sind besonders deswegen wichtig, weil sie im Blick, auf die<br />

konkrete Unterrichtsvorbereitung immer wieder neu durchdacht und realisiert werden müssen.<br />

16<br />

17<br />

G.Adam, Der <strong>Religion</strong>slehrer: Beruf und Person, in: Adam/Lachmann (vgl. Anm.1), S.113<br />

H.Lange, Erwägungen zur Zukunft des <strong>Religion</strong>sunterrichts, in: Der evangelische Erzieher 1989, S.261.<br />

13<br />

18<br />

14<br />

K.Frör, Grundriß der <strong>Religion</strong>spädagogik (Konstanz 1975), S.88f.


3. Die „Vorbereitung des Unterrichts” von 1989<br />

(Nürnberger Modell)<br />

1973 veröffentlichten B. Casper, H. Glöckel und R. Rabenstein zusammen mit zahlreichen anderen<br />

Mitarbeitern die „Vorbereitung des Unterrichts”. Hauptintention dieser Handreichung war in der<br />

damaligen unruhigen Phase der Lehrerbildung, die Verbindung zwischen der ersten und der zweiten<br />

Phase der Ausbildung gerade im Blick auf Unterricht und Unterrichtsvorbereitung festzuhalten und,<br />

wenn möglich, zu verstärken. Ebenso sollte „auch dem erfahrenen Lehrer Anregungen für seine<br />

tägliche Unterrichtsvorbereitung” gegeben werden. 19 Wichtig war die Brauchbarkeit des Konzepts<br />

für die konkrete Unterrichtsvorbereitung in Studium und Seminar, ohne dass die theoretische<br />

Begründung außer acht gelassen wurde. Auf der Grundlage der damals – und heute – vorliegenden<br />

Didaktikentwürfe, deren Kenntnis und Reflexion durch das Studium vorausgesetzt wurde, baute<br />

man auf.<br />

1989 erschien die Neuausgabe des Werkes, erarbeitet von H. Glöckel, R. Rabenstein, R. Drescher<br />

und H. Kreiselmeyer. Sie war bedingt durch das Fortschreiten der schulpädagogischen Diskussion<br />

und nahm die Erfahrungen der vergangenen Jahre auf. Die grundlegende Konzeption wurde nicht<br />

geändert, einige neue Gesichtspunkte eingebracht. Ein wesentliches, beibehaltenes Prinzip des<br />

Unterrichts und der Unterrichtsvorbereitung war die Einbindung in den Erziehungsauftrag der<br />

Schule. „Aller Unterricht an allgemeinbildenden Schulen ist dem pädagogischen Auftrag<br />

verpflichtet, jeden Schüler in seiner personalen und sozialen Entfaltung bestmöglich zu fördern, ihn<br />

zu Mündigkeit zu führen.” 20<br />

Damit verbunden ist die Eigenverantwortlichkeit des Lehrers im Gesamtzusammenhang von Schule<br />

und Unterricht. Dies gilt auch für den <strong>Religion</strong>slehrer, gleich welcher Ausbildungsrichtung. 21<br />

3.1. DIE GRUNDSTRUKTUR<br />

Die Grundstruktur des Unterrichts ist durch den Unterrichtsgegenstand (die Sache), den Schüler<br />

(die Individuallage) und die Zielsetzung, die vom Lehrer vertreten wird, also durch das sogenannte<br />

didaktische Dreieck, bestimmt. Dieser Ausgangspunkt erfordert bei der Vorbereitung und bei der<br />

Begründung einzelner Unterrichtseinheiten und Unterrichtsschritte verschiedene Denkansätze: Von<br />

der Sache her, vom Schüler her und von der Zielstellung her. Diese einzelnen, heterogenen<br />

Bereiche miteinander zu verbinden, ist Aufgabe und zugleich Schwierigkeit didaktischer Reflexion.<br />

Die Didaktikkonzeptionen von Klafki, Heimann, Schulz, Kramp u.a. sind bei den Überlegungen<br />

mitbedacht und miteingearbeitet, ohne dass sie kanonisiert würden. Die Zielorientierung des<br />

Unterrichts, deren Notwendigkeit und deren Problematik speziell für den <strong>Religion</strong>sunterricht schon<br />

angedeutet wurde, wird festgehalten. Allerdings weist die Verwendung des Begriffs<br />

„Unterrichtsziele” auf ihre Komplexität hin. Sie können weder als Lernziele noch als Lehrziele<br />

allein dargestellt werden. 22<br />

Ein Hinweis gilt noch der Beziehungsebene: Sie ist für den Unterricht von größter Bedeutung,<br />

„bedingt aber nicht eine besondere Weise der Vorbereitung und wird durch sie auch nur teilweise<br />

erreicht.” 23<br />

Im Rahmen der Individuallage, aber auch beim Nachdenken über die Zielsetzung kommt sie sehr<br />

gewichtig ins Spiel.<br />

Diese hier ganz knapp angerissenen Gesichtspunkte werden als Grundelemente der Vorbereitung<br />

des Unterrichts festgehalten. Auf Glöckels Ausführungen sei verwiesen. 24<br />

3.1.1 Ein wesentlicher neuer Gesichtspunkt im Entwurf von 1989 ist die „Unterscheidung von<br />

Entdeckungszusammenhang und Begründungszusammenhang”, von Prozess und Produkt, wodurch<br />

der Weg der Unterrichtsvorbereitung realistisch gezeichnet werden kann. Die meisten Modelle der<br />

Unterrichtsvorbereitung erwecken den Eindruck, dass der gedankliche Weg von der mehr oder<br />

weniger gründlichen Sachanalyse über die Klärung der Individuallage zur didaktischen Analyse und<br />

zu methodischen Überlegungen führt. Die Formulierung von Unterrichtszielen wird dann zum<br />

Ausgangspunkt der Verlaufsplanung.<br />

K. Wegenast nennt an dieser Stelle sieben Phasen, die eine effektive Unterrichtsvorbereitung<br />

durchlaufen muss. 25<br />

Erarbeitung der Kenntnisse möglichst vieler Bedingungen, die das pädagogische Feld<br />

bestimmen.<br />

Information des Lehrers über die Sachgrundlagen<br />

Didaktische Analyse<br />

Bestimmung des Zielspektrums<br />

Unterrichtsmethodische Überlegungen<br />

Artikulation der Unterrichtseinheit bzw. -stunde<br />

Bestimmung der Gesichtspunkte zur Nachbereitung<br />

Die Unterrichtsvorbereitung gleicht, wenn man das liest, einem Weg, der Schritt für Schritt<br />

folgerichtig gegangen werden muss. Das wurde oft als unnötiger, weil unrealistischer Zwang<br />

verstanden, auch wenn es nicht immmer so gemeint sein mochte.<br />

Die von H. Glöckel und seinen Mitautoren für diesen Vorgang fruchtbar gemachte Unterscheidung<br />

beschreibt realitätsnah und durchaus wissenschaftlich fundiert die Entstehung einer<br />

Unterrichtsstunde/einheit. Dieser anfänglich ganz offene Prozess verläuft nicht geradlinig, sondern<br />

vollzieht sich in assoziativem Sammeln, gedanklichem Erproben, kreativem Finden, aber auch in<br />

prüfender und ordnender Reflexion. „Der gedankliche Prozeß kann an verschiedenen Stellen<br />

einsetzen und je nach Thema, Situation und persönlicher Eigenart des Lehrers einen<br />

unterschiedlichen Gang nehmen. Wichtig ist nur, dass alle wesentlichen Momente berücksichtigt<br />

und aufeinander bezogen werden.” 26 An folgendem Schema, aus der „Vorbereitung des<br />

Unterrichts” übernommen 27 , wird dies deutlich.<br />

19<br />

20<br />

21<br />

22<br />

B.Casper/H.Glöckel/R.Rabenstein, Die Vorbereitung des Unterrichts Bd.1 (Bad Heilbrunn 1973), S.5<br />

Glöckel (1989), S.15<br />

G.<strong>Lindner</strong>, Möglichkeiten weltanschaulich-religiöser Erziehung im Unterricht, in: H.Hacker/H.Rosenbusch, Erzieht<br />

Unterricht? (Baldmannsweiler 1990), S.120ff.<br />

R.Rabenstein, Neue Wege bei der Unterrichtsvorbereitung?, in: Unterrichten und Erziehen Nr.6 (1990), S.8f.<br />

15<br />

23<br />

24<br />

25<br />

26<br />

27<br />

16<br />

Glöckel, S.18<br />

H.Glöckel, Unterricht in Spannung, S.33ff.<br />

K.Wegenast, Der <strong>Religion</strong>sunterricht in der Sekundarstufe I (Gütersloh 1980), S.43ff.<br />

Glöckel, S.14<br />

Abb. aus Glöckel, S.21 (mit freundlicher Genehmigung des Verfassers).


vielleicht kritische Rückfragen der Schüler zu erwarten? Die Liste solcher Vorfragen ließe sich<br />

beliebig fortsetzen.<br />

Der Unterrichtsentwurf entsteht nicht in einer festgelegten Abfolge von Einzelschritten, sonder<br />

wächst als lebendiger Prozess des Aus-Sich-Heraussetzens von Ideen, des Verknüpfens, des<br />

Entdeckens. Doch ebenso wichtig ist die Reflexion, die nüchterne Überprüfung auf die sachliche<br />

Richtigkeit dessen, was mir gekommen ist. Auch daran ist zu erinnern, dass das Spiel der Phantasie,<br />

die Entwicklung der guten Ideen und fruchtbaren Gedanken keineswegs aus dem Nichts quellen<br />

kann. Intensive Arbeit an den Unterrichtsgegenständen einschließlich eines klaren Überblicks über<br />

die theologischen Zusammenhänge, das Umgehenkönnen mit didaktischer Planung und ein großes<br />

Methodenrepertoire sind Voraussetzungen jeder Art von Unterrichtsvorbereitung. Das schließt im<br />

Fach <strong>Religion</strong>sunterricht ganz selbstverständlich auch eine gründliche Exegese bei biblischen<br />

Themen mit ein, ohne dass sie der Ausgangspunkt aller Überlegungen sein müsste.<br />

Der Prozess der Vorbereitung „verlangt, soll er zu einem guten Entwurf führen, in der Regel einen<br />

mehrfachen Wechsel von Phasen,<br />

– kreativer Gestaltung von Unterrichtsabschnitten unter Vorwegnahme des erwarteten<br />

Geschehens in der Vorstellung;<br />

– Reflektieren der Prüfung der beabsichtigten Maßnahmen im Hinblick Ziele und Voraussetzungen<br />

...<br />

Ein Beispiel aus dem <strong>Religion</strong>sunterricht mag dies illustrieren. Das vorgegebene Thema sei: „Die<br />

drei Frauen am leeren Grab” (Mk 16, 1-8), eine Stunde für den 3. Jahrgang. Der erste Gedanke nach<br />

dem Erfassen der Aufgabe und der Lektüre des Textes ist die Erinnerung an die Diskussion über die<br />

Historizität dieser Überlieferung; sie führt zur Erkenntnis, dass es sich beim leeren Grab um einen<br />

Hinweis, nicht aber um einen Beweis für die Auferstehung handeln könne (fachwissenschaftliche<br />

Klärung). Bei der Frage, wie ich selbst zu diesem Text stehe, wird mir das Bekenntnis zur<br />

Auferstehung als Grund des Glaubens und aller Hoffnung bewusst (Voraussetzungen beim Lehrer).<br />

Ich denke an eine Bildfolie von G. Harupa zu diesem Thema oder sehe mittelalterliche Tafelbilder<br />

vor mir, die dieses leere Grab ganz konkret zeigen (Medien). Hier, wie bei der Erinnerung an einen<br />

Choral, überlege ich, welches dieser Medien für die dritte Klasse brauchbar und angemessen sein<br />

könnte (allgemeine Voraussetzungen der Klasse). Oder ist eine ausführliche Erzählung für die recht<br />

aufmerksamen Schüler besser? Welches Ziel ist sachangemessen und schülergemäß? Wird das<br />

Kennenlernen der Erzählung oder ihre weiterweisende Zeichenhaftigkeit im Mittelpunkt stehen?<br />

Welche Zwänge legt mir der Zeitrahmen von 45 Minuten – es sind wohl nur 40 – auf? Sind<br />

17<br />

– sorgfältiger Erwägung alternativer Möglichkeiten und neuer Aspekte;<br />

– umsichtiger Festlegung aller organisatorischer Details zu Sicherung des Ablaufs.” 28<br />

In der konkreten Arbeit entwickelt sich dann aus einem Übersichtsentwurf oder Stichwortkatalog<br />

der Unterrichtsentwurf. Die Gewichtung und Strukturierung, die sich von den wesentlichen<br />

Aspekten des Unterrichts leiten lässt, wird durch die nachfolgende Orientierungshilfe (Schema auf<br />

der folgenden Seite 29 ) unterstützt.<br />

Darin sind bereits die Gesichtspunkte enthalten, die beim zweiten Schritt, der Darstellung des<br />

Begründungszusammenhangs, notwendig sind: Übergeordnete Zielsetzung, Individuallage der<br />

Schüler und Eigenart/Struktur des Unterrichtsgegenstandes. Diese drei Grundelemente bestimmen<br />

die Zielsetzung, die so im Brennpunkt der Unterrichtseinheit steht. Gleichzeitig bedingen sie<br />

Unterrichtsaufbau, Unterrichtsformen, Organisation und Unterrichtsmittel. Die Zielsetzung wirkt<br />

ihrerseits wieder auf die Gestaltung des Unterrichts ein.<br />

Dieser Schritt – die Darstellung des Begründungszusammenhanges – ist die Konsequenz der bisher<br />

geleisteten Arbeit. Die sachgemäße und logische Begründung des Unterrichtsablaufs ist eine<br />

Forderung wissenschaftlicher Didaktik und ermöglicht erst den Diskurs über den Unterricht.<br />

28<br />

29<br />

18<br />

Glöckel, S.20<br />

Abb. aus Glöckel, S.22 (mit freundlicher Genehmigung des Verfassers).


3.2. MODIFIKATIONEN DES BEARBEITUNGSSCHEMAS<br />

Für das Fach <strong>Evangelische</strong> <strong>Religion</strong>slehre wurde dieses Schema an vier Punkten geändert. Das ist<br />

kurz zu begründen. Die Änderungen ergeben sich aus den oben skizzierten Besonderheiten des<br />

Faches evangelische <strong>Religion</strong>slehre.<br />

3.2.1 Die Angaben zur Entstehung des Unterrichtsentwurfs wurden erweitert durch die Frage nach<br />

der persönlichen Begegnung des Lehrers mit dem Inhalt des Unterrichtsgegenstandes. Bei Glöckel<br />

wird darauf verwiesen, dass die Beschreibung besonderer Bedingungen des Entstehungsprozesses<br />

nicht selten zum besseren Verständnis der Unterrichtseinheit dienen könne. Die Besonderheiten<br />

können ebenso in der Klassensituation wie im Unterrichtsgegenstand oder in den gesellschaftlichen<br />

Vorbedingungen begründet sein.<br />

Bei der Vorbereitung von <strong>Religion</strong>sstunden begegnet der Lehrer immer wieder Inhalten, die für ihn<br />

auf ganz verschiedene Weise bedeutsam geworden sind. Das kann bei den Weihnachtserzählungen<br />

beginnen, die für viele mit sehr persönlichen, guten Erinnerungen verbunden sind, andererseits aber<br />

auch manche zu scharfer, emotional betonter Kritik herausfordern. Ebenso können bestimmte<br />

Begriffe, wie etwa die Vorstellung von Gott als dem Vater, gebündelt dargestellt im Gleichnis vom<br />

verlorenen Sohn, ambivalent wirken. Wundererzählungen erregen rationale Kritik, Gleichnisse<br />

finden fröhliche Zustimmung. Einzelne Bibelworte sind für manchen lebensbegleitende Hilfe und<br />

Glaubensgrund, andere kommen mit bestimmten Texten weder rational noch gefühlsmäßig zurecht.<br />

Der Hinweis im Bearbeitungsschema soll für den <strong>Religion</strong>slehrer ein Anstoß sein, sich dieser seiner<br />

eigenen Stellung zum Inhalt bewusst zu werden und sich damit auseinanderzusetzen. Das dient der<br />

Klärung im Vorfeld, ist aber auch für den Unterricht wichtig. Denn wenn der <strong>Religion</strong>slehrer seine<br />

Vorlieben und Abneigungen, seine Gefühle und Vorurteile unbedacht in die<br />

Unterrichtsvorbereitung einbringt, versperrt er sich möglicherweise Zugänge, die auch für die<br />

Schüler wichtig sein könnten. Zudem kann es sein, dass er dann Anfragen der Schüler, aber auch<br />

Sachproblemen verständnisbereiter begegnen kann.<br />

3.1.2 In der „Vorbereitung des Unterrichts” folgt auf die Darlegung des<br />

Entstehungszusammenhangs das Bearbeitungsschema, dem entsprechend der<br />

Begründungszusammenhang entfaltet werden soll. Es ermöglicht „eine zweckmäßige Darstellung<br />

des Unterrichtsentwurfs und seine lückenlose Begründung in einer vorgegebenen Abfolge der<br />

Argumente” 30 . Die vorgeschlagene, systematisch durchdachte Reihenfolge ist aus langjähriger<br />

Erfahrung gewachsen und hat sich pragmatisch bewährt. Sie ist nicht beliebig, aber auch nicht<br />

sakrosankt. Um unnötige Doppelungen zu vermeiden, wird dieses Schema hier nur kurz skizziert<br />

(siehe Abbildung S. ##f.).<br />

Der Begründungszusammenhang ist in zwei großen Schritten darzustellen: 1. der Begründung der<br />

Zielsetzung und 2. der Begründung des methodischen Entwurfs. Die Ziele und der Plan der<br />

Durchführung sind ebenso wie die Nachbereitung in diese Darstellung integriert. Die beiden<br />

Abschnitte umfassen sachgemäß gegliedert das ganze Spektrum der Faktoren, das für eine<br />

Unterrichtseinheit von Belang ist.<br />

30<br />

Glöckel, S.23<br />

19<br />

Diese Reflexion ist gegenüber Bibeltexten ebenso wichtig wie bei problemorientierten Themen.<br />

Auch die Stellung zur Frage der Euthanasie oder der Partnerschaft zwischen Frau und Mann ist<br />

nicht selten von „selbstverständlichen” Urteilen, Vorurteilen und Wertungen vorgeprägt, die zu<br />

bedenken sehr fruchtbar sein kann.<br />

Diese Anregung ist jedoch keine Verpflichtung, in jedem Fall tiefschürfend in sich hineinzubohren<br />

– es soll nur ein Hinweis sein, der erfahrungsgemäß helfen kann, den Unterricht reflektierter<br />

vorzubereiten. Deshalb ist die schriftliche Fixierung zwar nicht unbedingt gefordert, aber durchaus<br />

sinnvoll.<br />

3.2.2 Die „Begründung der Zielsetzung” in der „Vorbereitung des Unterrichts” wurde in<br />

„Entwicklung und Begründung der Zielsetzung” umbenannt und im Schema vor die ausformulierte<br />

Zielsetzung gestellt. Dies sollte nicht als grundsätzliche Änderung verstanden werden. Der<br />

eingefügte Begriff „Entwicklung” möchte stärker den Sachverhalt hervorheben, dass die Ziele und<br />

damit die Grundelemente des Unterrichtsentwurfs aus dem Entdeckungszusammenhang heraus<br />

entfaltet werden. In der Darstellung verbinden sich diese Aspekte mit der Struktur der Begründung,<br />

so dass sie auch für Außenstehende nachvollziehbar ist. Zudem lässt „Entwicklung” deutlicher die<br />

Zusammenhänge erkennen, in denen die Unterrichtseinheit steht. Die Verbindung mit<br />

20


„Begründung” macht gleichzeitig auf die Notwendigkeit systematischer und sachlogischer<br />

Gedankenführung aufmerksam.<br />

3.2.3 Die stärkere Hervorhebung der fachwissenschaftlichen Erschließung im Zusammenhang der<br />

Begründung der Zielsetzung ist wohl die gewichtigste Änderung. In der langen Diskussion um den<br />

Unterrichtsgegenstand sind zwei Grundsätze herausgearbeitet worden:<br />

Der Lehrer, gleich welcher Provenienz, muss mit dem Gegenstand des Unterrichts, der „Sache”,<br />

nicht nur vertraut sein, sondern ihn sehr gut kennen. Der andere Grundsatz ist, dass diese Sache nur<br />

in didaktischer Reduktion, „elementar”, weitergegeben werden kann, wobei Altersstufe und<br />

Lernvoraussetzungen die entscheidende Rolle spielen.<br />

Der Pädagoge H. Roth hat beinahe emphatisch ausgerufen: „Es geht zunächst um die Sache, um<br />

das, was größer ist als wir. Was wir nicht zwingen, sondern was uns zwingt: Die Wahrheit.” 31<br />

Anders setzt W. Klafki den Akzent, wenn er sagt: „... diese Sache ist für ihn (sc. den Lehrer) von<br />

vornherein ein unter pädagogischem Aspekt gesehener ‘Gegenstand’, der einem jungen Menschen<br />

zum geistigen Eigentum werden soll, kurz ein Bildungsinhalt.” 32 Auch wenn H. Roth’s Forderung<br />

im Blick auf eine Unterrichtseinheit überhöht erscheint, so muss doch seine Intention anerkannt<br />

werden: Grundlegende Sachkenntnis ist Voraussetzung des Unterrichts. „Nur wenn er (scil. der<br />

Lehrer) mehr weiß und verstanden hat als er den Schülern später vermitteln will, kann er<br />

Wesentliches vom Unwesentlichen unterscheiden, ... die notwendige ‘Elementarisierung’ oder die<br />

‘didaktische Reduktion’ in rechter Weise leisten.” 33<br />

Eine absolute Trennung zwischen Sachanalyse und elementarisierender Auswahl ist nicht zu<br />

vollziehen. Glöckel sieht hier zwei ineinander übergehende Arbeitsschritte, keine Alternative.<br />

Gleichwohl ist es im Fach <strong>Religion</strong>sunterricht geboten, zuerst eine gründliche Sachanalyse zu<br />

leisten. Ich möchte mich hier R. Lachmann anschließen, der trotz seiner Betonung der didaktischen<br />

Analyse für „eine theologische Sachanalyse als relativ selbständige(s) Element<br />

religionsunterrichtlicher Unterrichtsvorbereitung” plädiert 34 . Für eine solche Einschätzung sprechen<br />

einige Gründe. Zum ersten sollte das Eigengewicht des Unterrichtsgegenstandes zum Bewusstsein<br />

kommen. Wenn es sich um einen Bibeltext handelt, so wäre seine, sicher nicht immer ganz zu<br />

erahnende, Bedeutungsfülle sichtbar zu machen. Bei anderen Themen geht es eher um das Erfassen<br />

ihrer Dimensionen und ihrer Grenzen. Diese Präzisierung und Vertiefung des Wissens um den<br />

Gegenstand kann sicherlich manchmal noch weitergehende Fragehorizonte eröffnen und neue<br />

Probleme schaffen. Doch vor allem erschließt sie Möglichkeiten für den Unterricht, die auf einen<br />

ersten Blick noch nicht zu sehen waren. Weiterhin verhilft solche Sachanalyse zu einem gegenüber<br />

dem ersten subjektiven Eindruck vertieften Einblick in Erfahrungen und Erkenntnisse anderer<br />

Christen in Vergangenheit und Gegenwart in eben dieser Sache. Eigene Gedanken werden bestärkt,<br />

aber auch in Frage gestellt. Der Unterrichtsgegenstand kann nach einer solchen Analyse nicht mehr<br />

zum beliebig manipulierbaren Inhalt werden, sondern bleibt „Gegen-Stand” mit eigenem Recht und<br />

mit eigener Würde.<br />

Im Blick auf gute Ideen und unterrichtliche Schritte, die sich beim ersten Überblick kreativ formten,<br />

übernimmt solche sachgemäße Analyse die Funktion der Kontrolle. Entspricht das gefundene<br />

Medium (Dia, Film, Folie ...) der Textaussage? Ist der Einsatz eines Spiels vom Inhalt her<br />

begründet? Sind die formulierten Ziele sachgemäß...?<br />

Ein weiterer Aspekt gerade für die Situation der Ausbildung und der ersten Jahre des<br />

<strong>Religion</strong>slehrers im Beruf kommt hinzu. Die gründliche, sachgemäße Erarbeitung der Inhalte und<br />

deren systematische Zuordnung ist eine Aufgabe, die, in jeder ordentlichen Unterrichtsvorbereitung<br />

vollzogen, den Lehrer souveräner macht. Er ist nicht Herr über die Sache, aber er wird immer mehr<br />

mit dem vertraut, was er weiterzugeben hat. Konkrete Einzelvorbereitung und fachliche Aus- und<br />

Weiterbildung gehen an dieser Stelle ineinander über. Dies ist auch ein Weg, den grundsätzlich<br />

empfundenen Schwierigkeiten mit den Inhalten des <strong>Religion</strong>sunterrichtes zu begegnen. Aus diesen<br />

Gründen wird die Vorgehensweise der fachwissenschaftlichen Analyse in den einzelnen Bereichen<br />

genauer erläutert (s. u.).<br />

In der „Vorbereitung des Unterrichts” sind mit der fachwissenschaftlichen Analyse fachdidaktische<br />

Reflexionen verbunden, die sich auf die Sachstruktur des Gegenstandes beziehen. 35 Eine Reihe sehr<br />

differenzierter Fragen dient der Erschließung. „Was ist das überhaupt für eine Sache, die der<br />

Schüler da lernen soll? Wie komplex ist sie, was sind ihre Elemente und deren Beziehungen, welche<br />

Denkschritte verlangt sie zur Bewältigung ...?” 36<br />

Wir meinen, dass im Sinn der Verflechtung der verschiedenen Bereiche (Individuallage,<br />

Sachanalyse und übergeordnete Ziele) dieser Schritt auch an anderer Stelle eingeordnet werden<br />

kann und zwar nach ihrer Darstellung, also im Punkt 1.4 (vgl. Bearbeitungsschema).<br />

3.2.4 Alternativen bei der Aufzeichnung des Plans der Durchführung werden angeboten. Unser<br />

Bearbeitungsschema bietet zwei Möglichkeiten der Aufzeichnung an, die nach den Bedürfnissen<br />

der Unterrichtenden eingesetzt werden sollen. Es gibt Erfahrungen, dass die Alternative – fünf<br />

Spalten – von manchen Anfängern hilfreich empfunden wird, da sie einen deutlichen Überblick<br />

ermöglicht. Die kurzen Begründungen im Bearbeitungsschema weisen darauf hin. Doch sollte eine<br />

Unterrichtsvorbereitung nicht so gepresst werden, dass alle Spalten gleichmäßig ausgefüllt sind.<br />

Die bei Glöckel hervorgehobenen Hinweise gelten in jedem Fall, da der Plan der Durchführung ja<br />

auch eine Funktion als Merkhilfe hat: Wörtliche Formulierung von entscheidenden Stellen, genaue<br />

Vorbereitung organisatorischer Maßnahmen, Darstellung des Inhalts in Stichworten u.a.m..<br />

Letztlich muss die Darstellung des Ablaufs für den Lehrer, der den Unterricht hält, übersichtlich<br />

und damit hilfreich sein.<br />

31<br />

32<br />

33<br />

34<br />

H,Roth, Pädagogische Psychologie des Lehrens und Lernens (Hannover 196710), S.120.<br />

W.Klafki, Didaktische Analyse als Kern der Unterrichtsvorbereitung, in: Auswahl, Reihe A 1 (Hannover 196910),<br />

S.8.<br />

Glöckel, S.32<br />

R.Lachmann, Wege der Unterrichtsvorbereitung, in: Adam/Lachmann (vgl.Anm.1), S.151.<br />

21<br />

35<br />

36<br />

22<br />

Glöckel, S.32f.<br />

Glöckel, Unterricht in Spannung, S.36.


4. Das Bearbeitungsschema<br />

▪ Eingrenzung<br />

▪ Einordnung in größere Zusammenhänge<br />

THEMA (DER UNTERRICHTSEINHEIT/UNTERRICHTSSEQUENZ)<br />

– Lehrplanbezug<br />

– Angaben zur Entstehung des Unterrichtsentwurfs<br />

(falls von Verfasser[in] als zweckmäßig erachtet)<br />

Aufgrund der besonderen Situation des RU ist dieser Arbeitsschritt durch die Frage nach der<br />

persönlichen Begegnung des Lehrers mit dem Inhalt (Thema/Text) zu ergänzen.<br />

Sowohl biblische Texte, als auch Inhalte von der Glaubenslehre und Ethik haben nicht selten in<br />

der Biographie des <strong>Religion</strong>slehrers auf ganz verschiedene Weise Erfahrungen initiiert und<br />

Lernprozesse in Gang gesetzt. Die dadurch entstandene, oft emotional geprägte Einstellung, die<br />

von intensiver Bejahung bis zu deutlicher Distanz reichen kann, bedarf der bewussten,<br />

reflektierenden Klärung. Deshalb ist der fachwissenschaftlichen Erschließung das Nachdenken<br />

über die persönliche Begegnung mit den Unterrichtsinhalten voranzustellen.<br />

A. ZIELSETZUNG<br />

1. Entwicklung und Begründung der Zielsetzung<br />

1.1 – aus der fachwissenschaftlichen Erschließung des Themas<br />

bei biblischen Inhalten:<br />

Auslegung des Textes/Klärung der Hintergründe mit dem Ziel, die ursprüngliche Intention<br />

und die theologische Bedeutung des Textes zu erheben durch<br />

▪ Kontextanalyse – die Frage nach dem Zusammenhang<br />

▪ Strukturanalyse – die Frage nach Gliederung und Aufbau<br />

▪ Literarkritische Nachfrage<br />

▪ Form-, traditions- und redaktionsgeschichtliche Nachfrage<br />

▪ zeitgeschichtliche und religionsgeschichtliche Aspekte<br />

▪ Klärung sprachlicher Bilder und Begriffe (auch in didaktischer Hinsicht)<br />

▪ Exegese – Nachsprechen des Aussagezusammenhangs<br />

▪ Theologische Aussage des Textes – Skoposformulierung<br />

▪ systematisch-theologische Reflexion unter Einbeziehung biblischer Grundaussagen<br />

bei kirchengeschichtlichen Inhalten:<br />

▪ Erhellung des historischen Geschehens und seiner Zusammenhänge<br />

▪ Klärung der Wirkungsgeschichte / Bezug zur biblischen Überlieferung<br />

▪ Beachtung der ökumenischen Dimension und des Bezugs zur gegenwärtigen Kirche<br />

bei Inhalten aus dem Gebiet (nichtchristlicher) <strong>Religion</strong>en oder<br />

Weltanschauungen:<br />

▪ Darstellung der jeweiligen religiösen/weltanschaulichen Grundanschauungen und<br />

Erscheinungsformen in ihrem geschichtlichen, kulturellen und politischen Kontext<br />

▪ Aufzeigen der Beziehungen zum Christentum<br />

▪ Vergleich mit christlichen Anschauungen/Erscheinungsformen<br />

Alle Inhalte erfordern eine systematisch-theologische Reflexion des Sachgebiets auf die Mitte<br />

christlichen Glaubens und deren Maßstäbe (das „Evangelium” von Jesus Christus, das<br />

Doppelgebot der Liebe ...) sowie seiner Bedeutung angesichts gegenwärtiger<br />

Herausforderungen an den einzelnen und die Gesellschaft (vgl. <strong>Religion</strong>spädagogisches<br />

Kompendium, S. 164f., 178f.)<br />

1.2 – von übergeordneten Zielen her<br />

Das Thema im Rahmen der Ziele des evangelischen <strong>Religion</strong>sunterrichts, die im „Auftrag des<br />

<strong>Religion</strong>sunterrichts” 37 präzisiert sind, und im Gesamtrahmen pädagogischer und schulischer<br />

Zielsetzungen<br />

1.3 – von der Individuallage der Lerngruppe und den situativen<br />

Bedingungen her<br />

Lernvoraussetzungen bei den Schülern, die primär durch empirische Beobachtungen der<br />

Lerngruppe zu erheben sind. <strong>Religion</strong>spädagogische und psychologische Literatur ist<br />

heranzuziehen.<br />

1.4 – aus der fachdidaktischen Erschließung des Themas<br />

Didaktische Reflexion des Inhalts im Blick auf Schüler und Situation unter Aufnahme der<br />

Punkte 1.1 – 1.3. Kritische Analyse und ggf. Aufnahme vorhandener Unterrichtsmodelle<br />

bei problem- und lebensorientierten Themen:<br />

Erschließung des Inhalts, insbesondere seiner Struktur durch<br />

▪ fachwissenschaftliche (außertheologische) Informationen<br />

23<br />

37<br />

24<br />

Lehrplan für den Evang. RU an Hauptschulen in Bayern (München 1983), S.7; vgl. oben Punkt 2.2.


2. Ausarbeitung der Zielsetzung<br />

2.1 Grobziel<br />

3.2 Alternative<br />

Knappe Beschreibung des Schwerpunkts der Zielsetzung<br />

2.2 Feinziele<br />

Präzise, aber kurzgefasste Beschreibung der zur Erreichung des Grobziels notwendigen<br />

Einzelziele unter Angabe der wichtigsten Zielbereiche, Niveaustufen, Intensitätsgrade<br />

Zeit<br />

Unterrichtsverlauf<br />

Organisation<br />

U.-Schritte Inhalte Methoden Medien<br />

2.3 Differenzierung der Zielsetzung<br />

B. METHODISCHER ENTWURF<br />

Unterrichtsschritte:<br />

▪ Angabe der U.stufen/-schritte (z.B. Anknüpfung/ Wh., Motivation, Begegnung,<br />

Erarbeitung, Vertiefung, Weiterführung, Auswertung, Sicherung) verbunden mit den<br />

angenommenen Zeitangaben<br />

3. Plan der Durchführung<br />

3.1 Standardverfahren<br />

Inhalte:<br />

▪ Entfaltung des inhaltlichen Aufbaus mit den Hauptthemen sowie kurzgefasstem<br />

inhaltlichen Verlauf<br />

Zeit<br />

Unterrichtsverlauf<br />

Organisation<br />

Methoden:<br />

Unterrichtsabschnitte (U.-Stufen/U.-Schritte)<br />

Unterrichtsinhalte<br />

Lehrer- und Schüleraktivitäten<br />

U.-mittel<br />

U.-formen<br />

▪ Angabe der Unterrichts-, Arbeits-, Aktionsformen, Verteilung von Lehrer- und<br />

Schüleraktivität, der wichtigsten Impulse, vor allem an den Nahtstellen im Unterricht<br />

Medien:<br />

Zeitlinie:<br />

▪ Hier ist auf einen Blick zu erkennen, was der Lehrer im Unterricht braucht bzw. was<br />

mitzunehmen ist und was technisch vorbereitet sein muss.<br />

▪ Angabe der veranschlagten Zeit für die einzelnen Unterrichtsabschnitte (U.-Stufen, U.-<br />

Schritte)<br />

Hauptspalte:<br />

▪ Angabe der Gliederung in Unterrichtsstufen<br />

▪ Angabe der Unterrichtsinhalte in Stichpunkten<br />

▪ Angabe der wichtigsten Lehrer- und Schüleraktivitäten (Wörtliche Formulierung bei<br />

Leitimpulsen, Arbeitsanweisungen und Ergebniszusammenfassungen)<br />

Nebenspalte:<br />

▪ Merkhilfen zur Organisation (z.B. Medieneinsatz, Wechsel der Sozialformen, etc.)<br />

Anlagen:<br />

▪ eingesetzte Medien (z.B. Tafelbild, schriftliche Fassung einer Lehrererzählung oder eines<br />

Hörspiels, Arbeitsblatt ...)<br />

4. Begründung der methodischen Entscheidungen<br />

4.1 – zum Unterrichtsaufbau<br />

Begründung der methodischen Strukturierung und Gestaltung, der Gliederung in Stufen und<br />

Schritte, ggf. Erörterung von Alternativen<br />

4.2 – zu den Unterrichtsformen<br />

Eignung bzw. Funktion der Sozial- und Arbeitsformen bei den einzelnen Unterrichtsstufen<br />

bzw. -schritten; räumliche Verhältnisse; Hausaufgaben<br />

4.3 – zu den Unterrichtsmitteln<br />

didaktische Funktion der Medien und Hilfsmittel, Art und Ort ihres Einsatzes, Begründung<br />

der Auswahl<br />

25<br />

26


4.4 – zu den Unterrichtstechniken<br />

Überlegung, ob die notwendigen Techniken vom Lehrer und von den Schülern beherrscht<br />

werden bzw. welche vorher einzuüben sind<br />

4.5 – zur Unterrichtsorganisation<br />

Vorkehrungen zur Sicherung der äußeren Bedingungen für den Unterrichtsverlauf<br />

5. „Innere Vorbereitung”<br />

Gedankliche Vorwegnahme des geplanten Unterrichts<br />

C. NACHBEREITUNG<br />

▪ Erfahrungen bei der Erteilung bzw. Beobachtung des Unterrichts, insbesondere zur<br />

Übereinstimmung von Plan und Durchführung<br />

▪ Kontrolle des Unterrichtserfolgs nach Verlauf und Ergebnis unter Rückbezug auf die<br />

Zielsetzung sowohl kurz- wie auch langfristig in möglichst variantenreicher Form<br />

▪ Verbesserungsvorschläge/Variationsmöglichkeiten für eine evtl. Wiederholung der<br />

Unterrichtseinheit<br />

▪ Überlegungen zur Weiterführung des Unterrichts<br />

5. Erläuterungen zum Bearbeitungsschema<br />

Lehrplanbezug<br />

Die Darlegung des Lehrplanbezugs soll sichtbar machen, auf welche Weise das Thema in den<br />

Gesamtzusammenhang des Lehrplans eingeordnet ist, oder ob aus besonderem Anlass ein im<br />

Lehrplan nicht vorgeschlagenes Thema aufgegriffen wurde.<br />

Angaben zur Entstehung des Unterrichtsentwurfs<br />

Die Erläuterung des Entstehungsprozesses kann zum Verständnis der Unterrichtsvorbereitung oft<br />

hilfreich sein (vgl. 3.1.1). Dazu sollte hier, wie in 3.1.2 dargelegt, die Möglichkeit wahrgenommen<br />

werden, den Inhalt aufgrund eigener Erfahrungen zu reflektieren. 38 Schriftliche Fixierung kann<br />

dabei eine Hilfe sein, ist aber nicht verpflichtend.<br />

A. ZIELSETZUNG<br />

1. Entwicklung und Begründung der Zielsetzung<br />

Die Zielsetzung, konkretisiert in den Unterrichtszielen, bestimmt den Unterrichtsverlauf. Sie<br />

vereinigt die durch die Vorbereitung begründeten Intentionen des Lehrers mit dem erwarteten<br />

Schülerverhalten.<br />

Mit der Entwicklung aus den folgenden vier Arbeitsschritten wird sie ausführlich, sachbezogen und<br />

schülerorientiert, begründet.<br />

1.1 – aus der fachwissenschaftlichen Erschließung<br />

<strong>Religion</strong>slehrer sollen an dieser Stelle durch fachwissenschaftliche Verfahrensweisen den<br />

jeweiligen Unterrichtsgegenstand sachgemäß entfalten. Dies schließt hermeneutische Bemühungen<br />

mit ein. Die Inhalte sind methodisch nachvollziehbar zur Geltung zu bringen.<br />

Vier verschiedene Bereiche sind im <strong>Religion</strong>sunterricht vertreten: Biblische Texte,<br />

problemorientierte Themen, kirchengeschichtliche Sachverhalte und Inhalte aus anderen<br />

<strong>Religion</strong>en und Weltanschauungen. Da sie auf verschiedene Weise bearbeitet werden müssen, sind<br />

schematisch die jeweiligen Arbeitsverfahren dargelegt. Sie sind im Blick auf die Vielfalt und<br />

Verschiedenartigkeit der Inhalte flexibel anzuwenden.<br />

Bei biblischen Inhalten<br />

Der Umgang mit biblischen Inhalten erfordert ein methodisches Vorgehen, das hier nur skizziert<br />

werden kann. Weiterführende Literatur, auf die das folgende Schema aufbaut, ist heranzuziehen,<br />

u.a.:<br />

J.Lähnemann, Umgang mit der Bibel – zur Fachdidaktik biblischer Fundamentalinhalte, in:<br />

Adam/Lachmann, <strong>Religion</strong>spädagogisches Kompendium (vgl. Anm.1), S.161ff.;<br />

K.Foitzik/F.Hartz, <strong>Religion</strong>sunterricht vorbereiten (München 1985), S. 43 ff;<br />

Dazu ist es empfehlenswert, Kommentare zu den einzelnen biblischen Büchern heranzuziehen.<br />

Besonders wichtig sind die beiden Reihen:<br />

Das „Alte Testament Deutsch” (ATD) und „Das Neue Testament Deutsch” (NTD). Die<br />

einzelnen Werke aus diesen Reihen erfordern keine Kenntnisse in den alten Sprachen.<br />

Die Fragen, die die einzelnen Schritte im Bearbeitungsschema enthalten, sind ein Versuch, einen<br />

sachgemäßen Weg der Bibelauslegung zu markieren. Die Abfolge der Schritte ist nicht zwingend,<br />

meist aber ist der angegebene Gang der Erarbeitung hilfreich. Wichtig ist immer, sich<br />

klarzumachen, dass<br />

1. die biblischen Autoren in ihrer Zeit zu Menschen ihrer Zeit gesprochen haben und<br />

2. dass sie die Texte mit einer bestimmten Intention niederschrieben<br />

Fragen zur Kontextanalyse<br />

In welchem „biblischen Buch” steht der Text?<br />

38<br />

Vgl. K.Foitzik/F.Harz, <strong>Religion</strong>sunterricht vorbereiten (München 1985), S.22ff.<br />

27<br />

28


Wer schreibt für wen in welcher Absicht (soweit das festzustellen ist)?<br />

In welchem größeren Zusammenhang findet sich der Abschnitt?<br />

Ist er Teil einer größeren Einheit oder stellt er eine abgeschlossene Einheit dar?<br />

Fragen zur Strukturanalyse<br />

Wie ist der Text gegliedert? Ist ein Aufbau erkennbar?<br />

Welche Aussageabsicht ist erkennbar?<br />

Bei den folgenden vier Arbeitsschritten ist in jedem Fall exegetische Literatur heranzuziehen.<br />

Literarkritische Nachfrage<br />

welche literarischen Quellen sind im Text vermutlich verarbeitet?<br />

was ist daraus zu erschließen (z.B. aus dem synoptischen Vergleich)?<br />

Formgeschichtliche Nachfrage<br />

Welche literarische Form hat der Text (Gleichnis, Wundergeschichte, Lied, Bericht, Bekenntnis,<br />

theologische Argumentation, Gesetz, ...)?<br />

Welche sprachliche Intention hat der Text ( Information, Ermahnung, Bekenntnis, Belehrung,<br />

Gotteslob, ...)?<br />

In welche Situation hinein wurde er vermutlich gesprochen?<br />

Redaktions- und traditionsgeschichtliche Nachfrage<br />

Ist zu erkennen, ob und wieweit der Text redaktionell bearbeitet, in den vorliegenden<br />

Zusammenhang eingefügt wurde?<br />

Sind Stufen einer möglichen Überlieferung anzunehmen?<br />

Zeitgeschichtliche und religionsgeschichtliche Aspekte<br />

Welche Bedeutung könnte die Zeitgeschichte für das Verständnis des Textes haben?<br />

Können religionsgeschichtliche Quellen zur Erhellung des Textes beitragen?<br />

Klärung von Begriffen und sprachlichen Bildern<br />

Welche Begriffe, Namen und Bilder sind erklärungsbedürftig? (Diese Erläuterung kann auch<br />

Hinweise für unterrichtliche Gestaltung bringen)<br />

Exegese<br />

bedeutet zusammenfassendes Nachsprechen dessen, was der Autor seinen Hörern sagen wollte, in<br />

der Sprache unserer Zeit. Leitfrage ist: „Was wollte der Verfasser (in seiner besonderen Situation)<br />

dem Empfänger (in dessen besonderer Situation) sagen ...?” 39<br />

39<br />

J.Lähnemann, Umgang mit der Bibel, in: Adam/Lachmann (vgl. Anm.1), S.165.<br />

29<br />

Die theologische Aussage<br />

fasst die persönliche Reflexion des Lehrers und die Ergebnisse der Exegese in knapper<br />

Formulierung zusammen. Dabei sind sowohl die jeweilige gegenwärtige Problematik zu bedenken,<br />

in die der Text hineinstößt, als auch die zentralen Aussagen christlichen Bekenntnisses. Der Text ist<br />

in den Gesamtzusammenhang der Verkündigung des Evangeliums von Jesus Christus, Gottes<br />

befreiende Botschaft, einzuordnen. So ist die Zachäus-Geschichte nicht nur ein Exempel, wie mit<br />

Außenseitern umzugehen sei – das ist sie auch -, sondern sie erhält ihre eigentliche Bedeutung<br />

dadurch, dass sie vom Handeln Jesu Christi erzählt, der Gottes Liebe zu den Menschen bringt.<br />

Bei problem- und lebensorientierten Themen<br />

Die Erschließung problem- bzw. lebensorientierter Themen erfordert zumeist eine<br />

fachwissenschaftliche Grundinformation. Sie ergibt sich häufig aus dem Bereich der<br />

Humanwissenschaften, aber nicht selten sind auch naturwissenschaftliche Erkenntnisse<br />

heranzuziehen (z.B. Thema „Bewahrung der Schöpfung”). Zuerst sollte der <strong>Religion</strong>slehrer sich an<br />

der Themenstellung orientieren und aus der vorhandenen Hilfsliteratur Material zusammentragen.<br />

Aufgrund der Weite und Differenziertheit vieler Themen ergibt es sich immer wieder, dass neben<br />

der Materialsammlung und Grundinformation die Frage nach dem Elementaren und<br />

Exemplarischen sofort wichtig wird. Gleichwohl ist eine möglichst gründliche Sachinformation<br />

notwendig, um der didaktischen Fragestellung nachgehen zu können und um die Differenziertheit<br />

der Probleme kennenzulernen. Daraus ergibt sich, dass die Eingrenzung des Themas, besonders im<br />

Blick auf seine Komplexität, als nächster Schritt vollzogen werden muss, bzw. schon in den ersten<br />

integriert ist.<br />

Die Einordnung in größere Zusammenhänge möchte davor bewahren, sich zu sehr in<br />

Einzelheiten, die nicht selten wichtig und sehr interessant sind, zu verlieren. „Bewahrung der<br />

Schöpfung” ist nicht nur die durchdachte Kompostierung organischer Abfälle und das fünfte Gebot<br />

zielt nicht nur auf den Verkehrsunterricht ab, auch wenn beides richtig und im Blick auf den<br />

<strong>Religion</strong>sunterricht in der Grundschule zutreffend sein mag.<br />

Jedes der problemorientierten Themen bedarf im <strong>Religion</strong>sunterricht der systematischtheologischen<br />

Reflexion. Auf diese Weise erfolgt auch die Abgrenzung gegenüber anderen<br />

Fächern, (Heimat- und Sachkunde, Biologie, Sozialkunde). Solcher <strong>Religion</strong>sunterricht geht<br />

nämlich grundsätzlich von der Voraussetzung aus, dass christlicher Glaube in der gegenwärtigen<br />

Welt gerade in Schwierigkeiten und zu Problemen etwas zu sagen hat und Orientierung zu geben<br />

vermag. Dabei handelt es sich nicht um autoritative Weisungen, wie nun der Einzelne zu glauben<br />

und zu leben hätte. <strong>Evangelische</strong> Ethik und Glaubenslehre stehen in dem vielfältigen Prozess von<br />

Frage und Antwort, wie er im „Auftrag des <strong>Religion</strong>sunterrichts” angesprochen wird. Denk- und<br />

Lebensmöglichkeiten werden eröffnet, Handlungsmöglichkeiten angesprochen und das Gewissen<br />

geschärft. Um diesen Unterrichtsprozess vorab zu klären, ist es notwendig, die jeweilige Thematik<br />

theologisch zu reflektieren.<br />

Dabei wären folgende Punkte zu beachten:<br />

Eine direkte Anknüpfung an biblische Texte ist zumeist nicht ratsam – viele Probleme der<br />

heutigen Zeit sind in der Bibel nicht erwähnt. Deshalb sind weder das Alte, noch das Neue<br />

Testament als Steinbruch für passende Zitate geeignet.<br />

30


Anknüpfungspunkt bei diesen Themen ist die systematische Theologie, also evangelische Ethik<br />

und Glaubenslehre.<br />

Der Vorschlag von U.Früchtel 40 , das jeweilige Thema unter fünf theologischen Aspekten zu<br />

erschließen, scheint praktikabel. Jedes Thema ist zu überprüfen, was aus den Blickpunkten von<br />

Schöpfung, Entfremdung (Sünde), Versöhnung und Befreiung, Hoffnung und schließlich<br />

Nachfolge dazu zu sagen ist.<br />

Ein solches Vorgehen ermöglicht, die Themen theologisch differenziert zu betrachten und eröffnet<br />

neue Anknüpfungspunkte für den <strong>Religion</strong>sunterricht. An einem Beispiel sei dies kurz erläutert.<br />

Thema: Bewahrung der Schöpfung<br />

1. Die vorfindliche Welt, in der wir leben, ist nicht einfach da, sondern sie ist von Gott geschaffen<br />

und wir sind verantwortlich in sie eingebunden.<br />

2. Die biblische Aussage, dass wir in einer gefallenen, entfremdeten Welt leben, wird durch die<br />

tägliche Erfahrung von Zwängen, die uns diese Schöpfung gefährden und zerstören lassen,<br />

bestätigt.<br />

3. Die Befreiung und Versöhnung durch Jesus Christus schenkt uns einen neuen Anfang auch in<br />

der Beziehung zur Schöpfung.<br />

4. Sie eröffnet die Hoffnung auf eine neue Welt, die nicht nur von uns und unserem Handeln<br />

abhängt.<br />

5. Doch sind wir in der Nachfolge Jesu Christi gerufen, mit allen Kräften für unsere Mitmenschen<br />

und für diese von Gott gegebene Schöpfung zu wirken. Diese Konkretion ist dann didaktisch<br />

und methodisch zu durchdenken.<br />

Bei kirchengeschichtlichen Inhalten<br />

Auch hier geht es im ersten Schritt um eine gründliche Information über das Thema unter<br />

Zuhilfenahme der vorhandenen Literatur, ggf. über das im Lehrplan vorgegebene Thema hinaus.<br />

Der Bezug zur biblischen Überlieferung lässt Kirchengeschichte als „Geschichte der Auslegung des<br />

Wortes Gottes” (G. Ebeling) verstehen. Manchmal ist das sehr direkt zu sehen, wenn z.B. Martin<br />

Luther Gottes Gerechtigkeit mit Hilfe von Röm 1,16.17 entdeckt, oder Franz von Assisi Mt 19,21<br />

direkt befolgt. Häufig aber sind die Zusammenhänge erst durch genaueres Nachdenken und<br />

Nachforschen zu entdecken.<br />

Die Frage nach dem Verständnis und Selbstverständnis der eigenen Kirche – warum sind wir<br />

evangelisch-lutherisch? – kann in kirchengeschichtlicher Arbeit eine partielle Antwort finden.<br />

Ebenso wird die Gemeinsamkeit der getrennten Kirchen, das Verbindende bei allen Unterschieden<br />

erkenntnisleitendes Interesse bei diesem ersten Schritt unterrichtlicher Arbeit sein können.<br />

Orientierung an solchen Grundlagen kann helfen, über das reine Materialsammeln – bei<br />

kirchengeschichtlichen Inhalten eine besondere Gefahr – hinauszukommen. 41<br />

Bei Inhalten aus dem Gebiet (nichtchristlicher) <strong>Religion</strong>en oder<br />

Weltanschauungen<br />

Auch beim außerordentlich komplexen Thema nichtchristlicher <strong>Religion</strong>en ist es notwendig, sich<br />

einen knappen Überblick über die Thematik zu verschaffen. Dazu hilft didaktische Literatur, die in<br />

den allermeisten Fällen viele Sachinformationen enthält. Wesentlich wird bei dieser Arbeit sein,<br />

sich in irgendeiner Weise mit Originaltexten auseinanderzusetzen, um sich der Andersartigkeit der<br />

nichtchristlichen <strong>Religion</strong> bewusst zu werden. 42 Noch besser wäre in diesem Sinne eine originale<br />

Begegnung, die mit Muslimen in unseren Städten ja durchaus möglich sein kann. Die Darstellung<br />

der Begegnung mit der (den) anderen <strong>Religion</strong>(en) wird sich meist auf Grundfragen konzentrieren,<br />

wie etwa sichtbare und beschreibbare religiöse Praxis, Gebet, Gottesvorstellung, Offenbarung,<br />

Schöpfung, ...<br />

Grundlegend ist auch die Frage zu bedenken, wie die Spannung von Wahrheitsanspruch und<br />

Toleranz nicht nur denkerisch erfasst, sondern auch in der Lebenspraxis ausgehalten werden kann.<br />

Hier sich auf einen echten Dialog einzulassen kann dazu führen, die Wahrheit des eigenen<br />

Bekenntnisses tiefer zu verstehen und bewusster zu leben. Denn wenn ich die Menschen aus<br />

anderen <strong>Religion</strong>en ganz ernst nehme, muss ich ihnen auch das Zeugnis meines Glaubens und<br />

meiner Überzeugung in Wort und Tat wahrhaftig vorleben. Andererseits bedeutet Dialog aber auch,<br />

die eigene Überzeugung ernsthaft in Frage stellen zu lassen. An dieser Stelle wird sichtbar, dass ein<br />

so sachlich-prosaisch wirkendes Unterfangen wie Sachanalyse der Unterrichtsinhalte in existentielle<br />

Fragen führen kann.<br />

Im Bearbeitungsschema wird abschließend die systematisch-theologische Reflexion angesprochen.<br />

Ihre Notwendigkeit und ihr konkreter Ort sind in den Erläuterungen zu den einzelnen Bereichen<br />

(biblische Inhalte ...) schon sichtbar geworden. Der Inhalt soll nicht als Einzelelement analysiert<br />

und unterrichtet werden, sondern in den größeren Zusammenhang christlichen Bekenntnisses<br />

eingefügt werden. Auch die Zusammenhänge, die in den Vorüberlegungen und im Aufbau der<br />

Lehrpläne sichtbar werden, bieten Ansatzpunkte zu solcher Einordnung in einen Gesamtrahmen<br />

evangelischer Theologie.<br />

1.2 – von den übergeordneten Zielen her<br />

Zumeist ist das Thema einer Unterrichtseinheit bzw. -stunde durch den Lehrplan vorgegeben und<br />

damit in den Zusammenhang der Leitziele eingeordnet.<br />

Auf die Verankerung dieser Global- und Leitziele im christlichen Menschenbild sei hingewiesen.<br />

Sie sind im „Auftrag des <strong>Religion</strong>sunterrichts” zusammengefasst.<br />

40<br />

U.Früchtel, Leitfaden Relionsunterricht (Zürich, Köln 1977), S.91ff.<br />

31<br />

41<br />

42<br />

32<br />

G.<strong>Lindner</strong>, Fachdidaktische Umsetzung kirchengeschichtlicher Fundamentalinhalte, in: Adam/Lachmann (vgl.<br />

Anm.1), S.203ff.<br />

J.Lähnemann, Zugänge zu den Weltreligionen, in: Adam/Lachmann (vgl. Anm.1), S.323ff.; dazu J.Lähnemann,<br />

Weltreligionen im Unterricht Bd.I: Fernöstliche <strong>Religion</strong>en; Bd.II: Islam (Göttingen 1986ff.).


Gleichwohl ist es die Aufgabe des Lehrers, sich bei der Reflexion der Zielbegründung der Frage zu<br />

stellen, warum der Unterrichtsgegenstand hier Raum haben muss. 43<br />

Glöckel entfaltet diese Frage nach der bildungstheoretischen Rechtfertigung in einem sehr<br />

differenzierten Fragenkatalog, der, da er sich auf alle Fächer bezieht, für den <strong>Religion</strong>sunterricht<br />

nicht in jeder Hinsicht relevant ist. 44 Doch lenkt die Frage nach dem Beitrag des jeweiligen<br />

Unterrichtsgegenstandes zur Werterschließung den Blick auf einen wichtigen Bereich des<br />

<strong>Religion</strong>sunterrichts – Nächstenliebe, Toleranz -, auch wenn seine Wirksamkeit aufgrund der<br />

gegenwärtigen Situation häufig begrenzt sein mag. Die „Bedeutung im längerfristigen Lernprozess”<br />

zu bedenken ist wichtig. Wird hierdurch doch der Blick für größere religionspädagogische und<br />

theologische Zusammenhänge und für aufbauendes Lernen geschärft.<br />

Besonders aber ist die Zielsetzung der Unterrichtseinheit aufgrund der im „Auftrag des<br />

<strong>Religion</strong>sunterrichts” formulierten umfassenden Intentionen zu rechtfertigen, die ihrerseits die<br />

Leitziele in den verschiedenen Jahrgängen begründen. Einige Fragen seien angefügt, die der<br />

Reflexion des Zielzusammenhanges dienen können:<br />

Trägt die Unterrichtseinheit zur Wissenserweiterung über wichtige Inhalte der christlichen<br />

Tradition, der Kirche, außerchristliche <strong>Religion</strong>en und Daseinsauslegungen bei?<br />

Kann sie die Achtung gegenüber Andersdenkenden und Andersglaubenden aufbauen und<br />

verstärken?<br />

Kann sie als Lebenshilfe zur Orientierung in der gegenwärtigen Welt beitragen und die Schüler<br />

in ihrer individuellen, religiösen Entwicklung und sozialen Kompetenz fördern?<br />

Wird der Anbindung an die Lebens- und Glaubenspraxis in angemessener Weise Rechnung<br />

getragen?<br />

Greift sie Fragen der Schüler auf, so dass sie sich darin wiederfinden können und die Antwort<br />

mit ihnen erarbeitet werden können?<br />

Ist das Evangelium als Verheißung und Anspruch zu erkennen?<br />

Nicht alle Fragen sind auf jede Unterrichtseinheit anzuwenden werden, zumal sich die<br />

Fragenbereiche auch überschneiden. Eine knappe, den Lehrplan – eventuell auch kritisch –<br />

berücksichtigende Erläuterung der Zusammenhänge ist in den meisten Fällen angemessen.<br />

1.3 – von der Individuallage der Lerngruppe und den situativen<br />

Bedingungen her<br />

Glöckel formuliert die zentrale Frage so: „Welche Voraussetzungen bei den Schülern müssen<br />

berücksichtigt, welche Lernbedingungen in ihrer Umwelt beachtet werden? Können sie die<br />

Lernaufgaben überhaupt bewältigen?” 45 Die Aufgabe ist, die Lerngruppe, die Klasse für die der<br />

43<br />

44<br />

45<br />

Glöckel, S.29<br />

Glöckel, S.29ff. Es wird ausdrücklich auf diese Überlegungen verwiesen. Daran wird auch sichtbar, dass viele der<br />

genannten Aspekte für den <strong>Religion</strong>sunterricht nicht zutreffen.<br />

Glöckel, S.33; weitergehend ist der Abschnitt S.33-35 heranzuziehen.<br />

33<br />

Unterricht geplant wird, möglichst genau zu kennen und die Schüler auf diese Weise als den dritten<br />

Pfeiler des didaktischen Dreiecks ernst zu nehmen.<br />

Gerade im <strong>Religion</strong>sunterricht geht es nicht darum, die Schüler möglichst geschickt und unauffällig<br />

zu motivieren oder zu manipulieren, sondern ihnen als Partner in der Kommunikation um die Sache<br />

zu begegnen. Aus der Reihe der zahlreichen, differenzierenden Fragen, die jeweils im Blick auf die<br />

Situation auszuwählen sind seien einige zitiert:<br />

„Von welchen fachlichen bzw. fachpsychologischen Voraussetzungen der Schüler kann<br />

ausgegangen werden? Welche Erfahrungen aus schulischem und außerschulischem Bereich<br />

können sie einbringen?<br />

Welchen Bezug haben die Schüler schon zum Thema?...Hat es für sie gegenwärtige Bedeutung?<br />

Welche Erlebnisfähigkeit (insbesondere, um Motive anderer Personen nachzuvollziehen) kann<br />

erwartet werden?<br />

Wie ist die Denkfähigkeit das Problemverständnis die Abstraktionsfähigkeit, das<br />

Vorstellungsvermögen, das Sprachvermögen?<br />

Wie steht es um Arbeitsverhalten, Leistungsbereitschaft... Konzentration...?<br />

Welche Besonderheiten des Alters, des Entwicklungsstandes, des Geschlechts, der Herkunft sind<br />

zu beachten?” 46<br />

Für den <strong>Religion</strong>sunterricht wären insbesondere noch folgende Fragen anzufügen, die<br />

situationsbezogen einzusetzen sind:<br />

Welche religiöse Sozialisation ist vorauszusetzen, ist Wissen über Inhalte christlicher<br />

Überlieferung vorhanden?<br />

Ist mit besonderer Gesprächs- und Fragebereitschaft oder mit Aversionen und Kritik zu rechnen?<br />

Wie wirkt sich das gesellschaftliche Umfeld auf die religiöse Einstellung aus?<br />

Begegnet das „<strong>Religion</strong>sstunden-Ich”, das geschickte Umgehen mit religiösen Begriffen?<br />

Auf die unterschiedliche Situation des Klassenlehrers, der seine Klasse gut kennt und des<br />

Fachlehrers, der manchmal einer anscheinend ganz anderen Klasse begegnet, sei hingewiesen. In<br />

der „Fachlehrersituation” ist deshalb das explizite Nachfragen besonders wichtig.<br />

1.4 – aus der fachdidaktischen Erschließung des Themas<br />

Dieser Schritt macht sichtbar, dass die Entwicklung der Zielsetzung ihrerseits der klaren,<br />

begründenden Darstellung bedarf. Aus der Struktur des Unterrichtsgegenstandes unter<br />

Berücksichtigung übergeordneter Ziele wird im Blick auf die Individuallage die Zielsetzung<br />

entwickelt.<br />

Was im Entdeckungsprozess vorstrukturiert und in Punkt 1.1-1.3 systematisch dargestellt wurde,<br />

findet in diesem Schritt seine Begründung und Zusammenfassung. Einige Fragen sollen diese<br />

Aufgabe verdeutlichen:<br />

34


Welcher in der fachwissenschaftlichen Analyse erhobene inhaltliche Aspekt ist im Blick auf die<br />

Situation der Schüler so einfach (elementar) und grundlegend (fundamental), dass er<br />

Schwerpunkt der Unterrichtseinheit sein kann? 47<br />

Welche Voraussetzungen und Erfahrungen der Schüler bestimmen die Begegnung mit dem<br />

Inhalt? Welcher Lebensbereich der Schüler wird angesprochen?<br />

Welche Bedeutung kann der Inhalt für Gegenwart und Zukunft der Schüler haben?<br />

Welche Zugangswege erscheinen vom Inhalt und von der Schülersituation her angemessen?<br />

Handelt es sich um einen Inhalt, der exemplarisch Elementares und Fundamentales verdeutlichen<br />

kann oder geht es um orientierendes Lernen?<br />

Ist eher an Wissenserwerb gedacht, oder lässt sich in der Zusammenschau der Faktoren eine<br />

emotionaler, stärker die Gefühle ansprechender Unterricht verantworten?<br />

Geht es eher um Bestärkung vorhandener Einstellungen und Werthaltungen oder um offene<br />

Auseinandersetzung im Unterrichtsprozess?<br />

Diese Schwerpunktsetzung mündet in die Formulierung der Ziele, die an diesem Punkt hinreichend<br />

begründet sein dürften.<br />

sich der Lehrer fragt, ob die Gefühle der Schüler, ob auch ihr Handeln im Unterricht Raum finden<br />

können.<br />

Eine Differenzierung in Zielbereiche lässt die Zielstellung noch genauer werden (Wissen,<br />

Gestaltung, Erkenntnis, Erlebniseindruck,...). 49 Ebenso ist die Differenzierung im Blick auf das<br />

Niveau der Anforderungen zu bedenken, die vor allem von der Individuallage zu begründen ist. Sie<br />

erreicht von der Reproduktion bis hin zum Transfer oder selbstständigen, produktiven Leistungen.<br />

Auch die Anforderungsstufe bzw. der Intensitätsgrad der Bearbeitung ist zu überlegen. Geht es um<br />

ein erstes Kennen lernen, um Vertiefung oder um eine eindringende Auseinandersetzung?<br />

Die Unterscheidung von produktorientierten und prozessorientierten Zielen kann im<br />

<strong>Religion</strong>sunterricht helfen, die Stunde als Ganzes in den Blick zu bekommen. Das Unterrichtsziel:<br />

„Die Schüler sollen sich bewusst werden, dass sie durch ihre Taufe zu den Freunden von Jesus<br />

gehören” (vgl. den Beitrag von Dorothea Haußmann) beschreibt einen Lernprozess, der durch die<br />

Unterrichtsstunde als ganze in Gang gesetzt werden soll. Dabei sind produktorientierte Ziele<br />

eingeschlossen. Gleichzeitig wird mit derartigen Zielformulierungen die Intention des<br />

<strong>Religion</strong>sunterrichts deutlich, die Schüler ganzheitlich anzusprechen, ohne die Struktur des<br />

Unterrichts aufzugeben.<br />

2. Ausarbeitung der Zielsetzung<br />

Das Ziel sollte beschreiben, was die Schüler in dieser Unterrichtseinheit/-stunde an Neuem erfahren<br />

und lernen können – wobei der Lernbegriff umfassend zu verstehen ist. „Lernen... umfaßt...<br />

beabsichtigte und auch unbeabsichtigte Veränderungen des Wertens, Fühlens, Verhaltens,<br />

Wünschens,... in allen Bereichen des Lebens”. 48<br />

Die Ziele, entwickelt und begründet durch die vorhergehende Darstellung, sind bestimmend für die<br />

methodischen Entscheidungen und die Lernzielkontrolle. Dabei darf der <strong>Religion</strong>sunterricht den<br />

Sachverhalt nicht übergehen, dass Unterricht der Erfolgskontrolle – die nicht einer<br />

Leistungsbeurteilung gleichgesetzt werden sollte – bedarf. Nicht zu rasch sollte auf die<br />

Unkontrollierbarkeit von intendiertem Verhalten außerhalb der Schule oder in längeren Zeiträumen<br />

verwiesen werden. Auch der Hinweis auf die Unverfügbarkeit des Glaubens ist an dieser Stelle fehl<br />

am Platz. Es gibt ein breites Spektrum von Unterrichtszielen, die im <strong>Religion</strong>sunterricht angestrebt<br />

und auch erreicht werden können. Schüler können den Ablauf einer Erzählung wiedergeben, sie<br />

können auch motiviert werden, über ein Geschehen zu staunen. Schüler vermögen (in anderer<br />

Altersstufe) Zusammenhänge zu entdecken und darzustellen, ein Bild gemeinsam zu gestalten und<br />

einen Brief, ein Gebet zu formulieren... Es ist deshalb meist sinnvoll, Unterrichtsziele in<br />

Verhaltensbegriffen zu beschreiben. Der Unterricht wird dadurch zielorientiert, der Lernweg wird<br />

planbar. Die Ziele werden so nicht einfach zu Inhaltsangaben.<br />

Bei der Formulierung sind die sogenannten Zieldimensionen zu beachten, die im bayerischen<br />

Lehrplan mit den Begriffen „kognitiv”,”affektiv” und „pragmatisch” beschrieben werden. Diese<br />

heuristisch sinnvolle Einteilung kann helfen, einer Kopflastigkeit des Unterrichts zu wehren, indem<br />

B. METHODISCHER ENTWURF<br />

3. Plan der Durchführung<br />

Der Plan der Durchführung ist die Vorwegnahme des voraussichtlichen, durch die Unterrichtsziele<br />

und die methodischen Entscheidungen strukturierten Unterrichtsverlaufs. Nur eine gründlich<br />

vorbereitete und durchdachte Planung der Unterrichtsstunde schenkt dem Lehrer die Freiheit, sich<br />

dem Schülern und der Situation , bei gleichzeitigem souveränen Umgang mit der Sache,<br />

zuzuwenden. Solche Planung schließt das Erwägen von Varianten mit ein und stellt ein Reservoir<br />

von Denkanstößen, weiterführenden Ideen und Variationsmöglichkeiten zur Verfügung.<br />

Notwendig ist in jedem Fall die wörtliche Formulierung von Leitfragen, Arbeitsanweisungen,<br />

Denkanstößen, erwarteten und weiterführenden Ergebnissen.<br />

Allerdings bedeutet dies nicht die starre Fixierung des Unterrichtsverlaufs, sondern die Bereitschaft<br />

des Lehrers, flexibel auf die Situation zu reagieren und gemeinsam mit den Schülern auch neue<br />

Wege zu gehen. Die Schüler sollen nicht nur auf die Planung des Lehrers reagieren – sie tun’s auch<br />

nicht.<br />

Die Zeitplanung ist keine starre Fessel, sondern dient der realistischen Übersicht und hilft, den<br />

Unterricht vor dem Abschweifen zu bewahren. Die Tafelanschriften sind sinnvollerweise<br />

handschriftlich vorzubereiten.<br />

46<br />

47<br />

48<br />

Glöckel, S.34<br />

Vgl. R.Lachmann, Wege der Unterrichtsvorbereitung, in: Adam/Lachmann (vgl. Anm.1), S.154.<br />

K.Wegenast, noch einmal: Glauben und Lernen, in: Der evangelische Erzieher 1990, S.516.<br />

35<br />

49<br />

36<br />

Zum ganzen: Glöckel, S.44; vgl. auch Lehrplan für den Evang. RU an Hauptschulen in Bayern (1983), S.9.


Das Bearbeitungsschema schlägt zwei alternative Möglichkeiten der Darstellung vor.<br />

Das erste Schema ermöglicht dem Lehrer, in der Hauptspalte den Aufbau des Unterrichts nach<br />

den ihm wichtigsten Kriterien vorzunehmen. Die Artikulation der Stunde gehört sicherlich dazu,<br />

ebenso die zentralen inhaltlichen Gesichtspunkte, Denkanstöße, Fragen und<br />

Zusammenfassungen, Arbeitsanweisungen und Schüleraktivitäten... In der Organisationsspalte<br />

finden sich die Hinweise zum äußeren Rahmen der Unterrichtseinheit.<br />

Das zweite Schema ermöglicht und fordert eine genauere Aufteilung von Inhalten und<br />

Methoden. Es ist so rasch zu erkennen, ob der Inhaltsaufbau sachgemäß und logisch durchdacht<br />

ist. Ebenso kann auf einen Blick übersehen werden, ob die Methodenwahl der Situation der<br />

Klasse entspricht, ob genügend Variationsmöglichkeiten vorgesehen und Impulse und<br />

Einstiegshilfen rasch zu finden sind.<br />

In den folgenden Unterrichtsbeispielen werden je eigene Notationsformen der einzelnen Autoren<br />

sichtbar, die von deren Erfahrungen her bestimmt sind und verschiedene Möglichkeiten aufzeigen,<br />

das Grundschema zu variieren.<br />

4. Begründung der methodischen Entscheidung<br />

4.1 Zum Unterrichtsaufbau<br />

In der methodischen Grundstruktur, die den Aufbau des Unterrichts bestimmt, wird die Planung<br />

konkret. Lernpsychologische Überlegungen haben hier ebenso ihr Gewicht wie sachlogische<br />

Anforderungen. Die Erkenntnis, dass Lernen sich in Stufen vollzieht, berücksichtigt die Situation<br />

der Schüler, die Struktur des Unterrichtsgegenstandes und die Zielsetzung, die sich ja nicht<br />

selbstverständlich aus der Sache ergibt. Die Verschränkung der verschiedenen Faktoren macht<br />

jeweils andere methodische Grundansätze im Unterricht notwenig, auch im <strong>Religion</strong>sunterricht. Die<br />

Erarbeitung eines Liedes im ersten Jahrgang erfordert andere Methoden, als ein Gespräch über die<br />

Partnerschaft von Frau und Mann im neunten Jahrgang oder die Behandlung von Davids Kampf<br />

gegen Goliath bei Elfjährigen. Ein Blick auf andere Fächer macht die Notwendigkeit differenzierter<br />

methodischer Ansätze noch deutlicher. Die Geschichte der Pädagogik hat zudem einsichtig<br />

gemacht, dass es die Methode nicht gibt.<br />

Glöckel schlägt deshalb zwölf methodische Grundstrukturen vor, von denen einige auch für den<br />

<strong>Religion</strong>sunterricht möglich sind. Diese Grundstrukturen zeigen die Stufen auf, die bei bestimmten<br />

Unterrichtsaufgaben sachgemäß zu durchschreiten sind. Kombinationen der verschiedenen<br />

Stufenfolgen, die allerdings in sich schlüssig sein müssen, lassen eine Fülle von möglichen<br />

Unterrichtsartikulationen erkennen.<br />

Als Beispiel sei ein Schema vorgestellt:<br />

„5. Förderung der Wertempfänglichkeit, Vermittlung von Erlebniseindrücken bzw. Betroffenheit.<br />

– Einstimmung als sachliche Vorwegnahme verständnisfördernder Informationen und als<br />

emotionale Vorbereitung<br />

– Begegnung mit dem Gegenstand als Ganzem in eindrucksvoller Darbietung<br />

– Besinnung auf Sinngehalt und Wertbezug<br />

37<br />

– Klärung einzelner Momente<br />

– Ausdruck des Erlebten im eigenen Tun und Gestalten.” 50<br />

Glöckels Vorschläge aufnehmend seien für den <strong>Religion</strong>sunterricht zwei methodische Strukturen<br />

vorgestellt. Die eine spricht stärker die Erlebnisfähigkeit, Emotionalität und die gestalterischen<br />

Fähigkeiten der Schüler an, weswegen sie sich vornehmlich für biblische Texte eignet. Die zweite<br />

zielt mehr auf Erkenntnisgewinn, aber auch auf geistige Auseinandersetzung mit Wert- und<br />

Sinnfragen ab. 51 I II<br />

50<br />

51<br />

38<br />

Begegnung<br />

mit dem Text/Inhalt<br />

Erzählen, (Vor)lesen<br />

Gestaltung<br />

sprachlich,<br />

bildnerisch,<br />

musikalisch,<br />

in darstellendem Spiel<br />

Anfangssituation<br />

Lied, Gebet<br />

Wiederholung<br />

vorbereitende Schritte<br />

Begegnung<br />

mit dem Thema/Problem<br />

Text, Bild, Erzählung<br />

Erarbeitung,<br />

Lösungsversuch<br />

Unterrichtsgespräch,<br />

Diskussion,<br />

Textarbeit,<br />

Abschließende Phase<br />

Ergebnisvorstellung<br />

Zusammenfassung<br />

Vertiefung<br />

Ergebnissicherung<br />

Weiterarbeit<br />

Glöckel, S.42.<br />

Nach einem Papier des Katechetischen Amtes Heilsbronn.<br />

Rollenspiel


Zur Anfangsituation ist anzumerken, dass die <strong>Religion</strong>sstunde häufig mit einem Gebet, Lied oder<br />

mit einer kurzen Besinnung begonnen wird, um sie aus der Alltagssituation des Unterrichts<br />

herauszuheben. Dies ist in vielen Fällen angemessen, erfordert aber auch pädagogischen Takt des<br />

<strong>Religion</strong>slehrers, da solcher Anfang von Schülern und vom Lehrer innerlich mitgetragen werden<br />

muss.<br />

Bei der Planung einer Unterrichtseinheit ist auf den inneren Zusammenhang, die Sachlogik, zu<br />

achten. Ebenso wichtig ist die Berücksichtigung des Fragehorizonts der Schüler, dem die<br />

methodische Struktur entsprechen muss.<br />

In der „Vorbereitung des Unterrichts” wird an dieser Stelle besonders der Gestaltungsgedanke<br />

betont. „Es geht dabei darum, dass der Unterricht eine für den Schüler bedeutsame ‘Sinnmitte’<br />

erhält, einen sachlich und persönlich wichtigen ‘Kern’, der ihn alle Unterrichtsschritte als<br />

notwendige Teile eines konzentriert miterlebten Unterrichtsgeschehens verstehen lässt. Eine gute<br />

Gestaltungsidee kann erreichen, dass sachlich wesentliches auch persönlich wichtig wird, zugleich<br />

klar erfassbar und besser verständlich;...der Gestaltungsmöglichkeiten gibt es viele: Verwandlung<br />

der neutralen Aufgabe in ein persönliches Anliegen oder ein spannendes Problem; Rückführung<br />

komplexer Sachverhalte auf ihren Entstehungsprozess ...” 52<br />

Gerade in der Situation der 45-Minutenstunde gilt es, einen methodischen Schwerpunkt zu wählen,<br />

hinter dem andere Aspekte zurücktreten.<br />

4.2. Zu den Unterrichtsformen<br />

Hier sind die Arbeitsformen und Sozialformen, die für die Unterrichtsgestaltung notwendig sind zu<br />

begründen. Da Änderungen der Unterrichtsformen Tätigkeitswechsel bedeuten und sich so auf den<br />

Unterricht insgesamt auswirken, sind sie in ihren Konsequenzen zu bedenken.<br />

Arbeitsformen: 53<br />

Erzählung, Lehrervortrag (darbietend und aufnehmend);<br />

Gespräch, Spiel, Diskussion (zusammenwirkend);<br />

Gruppenarbeit, selbständige Schülerarbeit (aufgebend und ausführend)<br />

Sozialformen:<br />

Klasse (Plenum), Gruppe, Partnergruppe, Einzelner.<br />

Bei der Planung ist auch auf die entsprechende räumliche Anordnung zu achten: Sitzkreis,<br />

Stehkreis, Hörblock, Gruppenanordnung je nach Notwendigkeit.<br />

Hausaufgaben sind, gerade im <strong>Religion</strong>sunterricht, sehr bedacht einzusetzen. Sie sollten das<br />

Interesse am Unterricht verstärken, nicht beeinträchtigen.<br />

52<br />

53<br />

Glöckel, S.46<br />

nach Glöckel, S.47<br />

39<br />

4.3. Zu den Unterrichtsmitteln<br />

Auf die Unterscheidung von Hilfsmitteln (v.a. technische Geräte) und Medien sei hingewiesen.<br />

Medien sind „Mittler” in dem Sinn, dass sie als Lehr-, Lern- und Arbeitsmittel ein eigenes Gewicht<br />

haben, das zu beachten ist. Dias, Bilder, Filme, Folien, Modelle, Zeichnungen,... sind meistens<br />

polyvalent, vieldeutig. Sie repräsentieren Inhalte, aber auf eine je eigene Weise, die genau zu<br />

reflektieren ist. Deswegen ist ihre Funktion und ihr didaktischer Ort gründlich zu bedenken.<br />

Mögliche Schülerreaktionen sind in die Überlegungen mit einzubeziehen. Auch ist zu erwägen, ob<br />

anstelle des Medieneinsatzes eine originale Begegnung möglich und angemessen ist. Ein Gespräch<br />

mit der Gemeindeschwester ist zumeist besser als ein Film über ihre Tätigkeit. Immer sollte<br />

entsprechend Zeit eingeplant werden, um das Medium – gerade, wenn es sich um eine eindrückliche<br />

Darstellung handelt – zur Wirkung kommen zu lassen. Nicht zuletzt sind alle technischen<br />

Voraussetzungen genau zu überprüfen. 54<br />

4.4. Zu den Unterrichtstechniken<br />

Es ist zu klären, ob Lehrtechniken von Seiten des Lehrers und Arbeitstechniken von Seiten der<br />

Schüler in notwendigem Maße vorhanden sind.<br />

Lehrtechniken:<br />

Erzählen, Unterrichtsgespräch führen,...<br />

Arbeitstechniken:<br />

mit dem Partner, in der Gruppe arbeiten, Lesen, Schreiben, mit Büchern arbeiten, ...<br />

Gerade in Klassen, die dem Unterrichtenden nicht gut bekannt sind, ist hier genau nachzufragen.<br />

Schriftliche Darlegung dieser Überlegungen ist nur in Problemfällen nötig.<br />

4.5. Zur Unterrichtsorganisation<br />

„Äußere” Organisation ist Voraussetzung eines erfolgreichen Unterrichts. Deshalb ist es nötig,<br />

genauestens vorauszuplanen,<br />

welche Bücher, Hefte, Arbeitsgeräte benötigen die Schüler?<br />

wann wird die Sitzordnung geändert?<br />

wann muss etwas verteilt werden, wer macht das?<br />

sind die „technischen” Geräte parat?...<br />

hat der Lehrer alles zur Hand – einschließlich seines „Spickzettels”?<br />

5. „Innere Vorbereitung”<br />

Hier geht es darum, sich den Unterricht in Form der Verlaufsplanung, die ja die Konzentration aller<br />

Vorbereitungsschritte ist, sich noch einmal zu vergegenwärtigen. Der Lehrer sollte in seiner<br />

Unterrichtsstunde stehen und sie gedanklich vorwegnehmen, und überblicken können. Dann steht er<br />

bei der Realisierung über ihr und kann in der Situation für die Klasse präsent sein.<br />

40


C. NACHBEREITUNG<br />

Die Erfahrungen mit der verwirklichten Unterrichtsstunde sollen über das freudige Gefühl des<br />

Gelingens oder über die erlebte Unsicherheit hinaus deutlich artikuliert werden, um daraus<br />

Folgerungen für weitere Unterrichtsgestaltung ziehen zu können. Einige Fragen, die zu bedenken<br />

wären:<br />

Weshalb ist die Stunde gelungen? Kann ich genau erkennen, wo die Schüler angesprochen,<br />

mitgenommen wurden, wo sie sich aktiviert gefühlt haben?<br />

Weshalb gab es Probleme, Schwierigkeiten? Lag es an der Sache? Lag es an den didaktischen<br />

Vorüberlegungen? An der Schüler-Lehrerbeziehung? Hatten die Schwierigkeiten mit meiner<br />

Vorbereitung zu tun?<br />

Was haben die Schüler wirklich gelernt? Was habe ich von den Schülern gelernt?<br />

Stimmten Planung und Unterricht überein? Wo lagen Differenzen? Wie waren sie begründet?<br />

Welche Phasen der Vorbereitung waren besonders wichtig für die Stunde? Wo waren Defizite<br />

festzustellen? Wo bin ich sicher? Wo sollte ich weiterarbeiten – theologisch, methodisch?<br />

Kann ich sagen, dass die Ziele erreicht wurden? Wie kann ich diese Meinung begründen?<br />

6. Schlussbemerkung<br />

Der hier entfaltete, ausführliche Weg der Unterrichtsvorbereitung hat seinen Ort im religions- und<br />

schulpädagogischen Kontext des letzten Jahrzehnts im 20. Jahrhundert. Bezogen ist er auf die<br />

Situation in Deutschland, spezifisch im bayerischen Raum. Allein aus diesem Grund verbietet sich<br />

jede Kanonisierung. Gleichwohl kann die immer wieder (in der Ausbildung, im<br />

Vorbereitungsdienst, in der Schule) notwendige Aufgabe, <strong>Religion</strong>sstunden durchreflektiert und<br />

umfassend vorzubereiten, mit dem vorgelegten Modell sinnvoll bewältigt werden.<br />

54<br />

Vgl. Foitzik/Harz, A.a.O. S.70ff. (Lit.).<br />

41


Anhang: Bearbeitungsschema nach H.Glöckel 55<br />

Bearbeitungsschema für die schriftliche Vorbereitung und Nachbereitung des Unterrichts<br />

THEMA<br />

(der Unterrichtseinheit/Unterrichtssequenz/Lehraufgabe)<br />

Lehrplanbezug<br />

Angaben zur Entstehung des Unterrichtsentwurfs<br />

(falls verlangt oder vom Verfasser selbst als zweckmäßig erachtet)<br />

A. ZIELSETZUNG<br />

1. ZIELFORMULIERUNG<br />

1.1 Grobziel<br />

Knappe Beschreibung des Schwerpunkts der Zielsetzung<br />

1.2 Feinziele<br />

Präzise, aber kurzgefasste Beschreibung der zur Erreichung des Grobziels notwendigen<br />

Einzelziele unter Angabe der wichtigsten Zielbereiche, Niveaustufen, Intensitätsgrade<br />

1.3 Differenzierung der Zielsetzung<br />

(soweit erforderlich) für Abteilungen, Gruppen, einzelne Schüler<br />

2. BEGRÜNDUNG DER ZIELSETZUNG<br />

2.1 – von übergeordneten Zielen her<br />

2.2 – von der Struktur des Unterrichtsgegenstandes her<br />

(falls erforderlich mit vorausgehender Darstellung des Sachverhalts)<br />

2.3 – von der Individuallage der Schüler und situativen Bedingungen her<br />

2.4 – aus fachdidaktischen Vorentscheidungen (falls gegeben)<br />

(Die Reihenfolge der Punkte 2.1 – 2.4 kann verändert werden.)<br />

B. METHODISCHER ENTWURF<br />

3. PLAN DER DURCHFÜHRUNG0<br />

Zeitlinie: Angabe der veranschlagten Zeit für die einzelnen Unterrichtsabschnitte (U.-Stufen,<br />

U.-Schritte)<br />

Hauptspalte: Angabe der wichtigsten Lehrer- und Schüleraktivitäten, der vorgesehenen<br />

Gliederung in Unterrichtsstufen, der Unterrichtsinhalte in Stichpunkten<br />

Wörtliche Formulierung bei Leitimpulsen, Arbeitsanweisungen,<br />

Ergebniszusammenfassungen<br />

Nebenspalte: Merkhilfen zur Organisation, zur Unfallverhütung etc.<br />

Anlagen: Tafelbild, evtl. Arbeitsblatt<br />

4. BEGRÜNDUNG DER METHODISCHEN ENTSCHEIDUNGEN<br />

4.1 – zum Unterrichtsaufbau<br />

Begründung der methodischen Strukturierung und Gestaltung, der Gliederung in<br />

Stufen und Schritte, Erörterung von Alternativen<br />

4.2 – zu den Unterrichtsformen<br />

Eignung bzw. Funktion der Sozial- und Arbeitsformen bei den einzelnen<br />

Unterrichtsstufen bzw. -schritten; räumliche Ordnungen; Hausaufgaben<br />

4.3 – zu den Unterrichtsmitteln<br />

didaktische Funktion der Medien und Hilfsmittel, Art und Ort ihres Einsatzes<br />

4.4 – zu den Unterrichtstechniken<br />

Überlegung, ob die notwendigen Techniken vom Lehrer und von den Schülern<br />

beherrscht werden bzw. welche vorher einzuüben sind<br />

4.5 – zur Unterrichtsorganisation<br />

Vorkehrungen zur Sicherung der äußeren Bedingungen für den Unterrichtsverlauf<br />

(Die Reihenfolge der Punkte 4.1 – 4.5 kann verändert werden.)<br />

„INNERE VORBEREITUNG“<br />

(nicht schriftlich zu fassen, aber wichtige Voraussetzung für das Gelingen)<br />

C<br />

NACHBEREITUNG<br />

– Erfahrungen<br />

bei der Erteilung bzw. Beobachtung des Unterrichts, Insbesondere zur Übereinstimmung<br />

von Plan und Durchführung<br />

– Kontrolle des Unterrichtserfolgs<br />

nach Verlauf und Ergebnis unter Rückbezug auf die Zielsetzung<br />

– Verbesserungsvorschläge/Variationsmöglichkeiten<br />

für eine evtl. Wiederholung der Unterrichtseinheit<br />

– Überlegungen zur Weiterführung des Unterrichts<br />

55 Glöckel, S.24£, (mit freundlicher Genehmigung des Verfassers).<br />

42<br />

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