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SFT 1/84 - Science Fiction Times

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24<br />

<strong>Science</strong> <strong>Fiction</strong> <strong>Times</strong> 12/19<strong>84</strong><br />

Hermann Ebeling<br />

DAISY DAY ÜBER NEW YORK I<br />

Frankfurt am Main 1983, Fischer<br />

Boot 7547<br />

Das Jahr 2055: Der Autor hat heutige<br />

Tendenzen extrapoliert und schildert eine<br />

Welt des totalen Konsums; nicht mehr<br />

„Großer Gott!“ ist der gängige Ausruf<br />

des Erstaunens, sondern „Großer Konsument!“.<br />

In dieser Welt der unermeßlichen<br />

Beschäftigungslosigkeit, Konsumbons,<br />

des freiwilligen Studierens nur<br />

zum Zeitvertreib, der 24 Stunden Fernsehberieselung<br />

auf zig Kanälen pro Tag,<br />

gewinnt die Familie Green eher durch<br />

Zufall eine „Abenteuersafari“ , die sie in<br />

einige exotische – sprich noch nicht verbaute<br />

– Gegenden der Welt führt. Ebenso<br />

durch Zufall versagt ihre Rakete über<br />

New York I, der heutigen Stadt, die von<br />

der Firma Daisy Day gekauft wurde und<br />

– menschenleer – als Versuchsgelände<br />

für den Einsatz von Pestiziden etc. dient.<br />

Die Greens – Vater, Mutter und Tochter<br />

– stranden in New York I, und der „Daisy<br />

Day“ – der Tag des Pestizid-Einsatzes,<br />

ein weltweit ausgestrahltes Fernsehspektakel,<br />

steht unmittelbar bevor.<br />

„Ich male eine böse Zukunft“, äußert<br />

sich der Autor zu diesem Roman, „… und<br />

hoffe auch, daß man unsere Gegenwart<br />

erkennt: die Welt der Apparate, in der<br />

wir leben, ohne in ihr zu Hause zu sein,<br />

die ökologische Katastrophe, die Verwüstung<br />

des Menschen“. Doch schon bei<br />

der Schilderung dieser zukünftigen Welt<br />

schleichen sich erste Schwächen ein. Der<br />

Autor wählt die Form einer Reise, um<br />

diese schreckliche Welt dem Leser näher<br />

zu bringen, doch er läßt sie nicht durch<br />

die Augen seiner Protagonisten sehen,<br />

sondern schildert sie praktisch als Außenstehender;<br />

dem Leser fällt eine Identifizierung<br />

mit den Charakteren schwer.<br />

Überhaupt sind Ebelings Protagonisten<br />

weniger wirkliche Menschen als überspitzte<br />

programmatische Klischees: der<br />

hilflose Vater, bar jeder Autorität, jeden<br />

wirklichen Wissens; die ständig jammernde<br />

Mutter, die eh nur Happy-Pillen<br />

schluckt und vor dem Fernseher hockt,<br />

bis die Illusion der Supermattscheibe<br />

ihre einzige Realität ist, und die wißbegierige<br />

Tochter, die als einzige Fragen<br />

stellt, die die Welt als einzige nicht als<br />

vorgegebenes Konsumparadies sieht,<br />

die sich Gedanken macht und die Fähigkeit<br />

zurückgewinnt, Entscheidungen<br />

zu treffen und damit wieder ein bewußt<br />

lebendes Wesen zu werden. Hermann<br />

Ebelings Anliegen ist ehrlich und ehrbar:<br />

„(Ich) hoffe, daß meine Leser aus lauter<br />

Angst, diese Zukunft könne Wirklichkeit<br />

werden, jetzt und hier den Weg in eine<br />

andere, in eine bessere Zukunft einschlagen“.<br />

Doch seine Phantasie reicht nicht<br />

aus, diese seine Zukunft überzeugend<br />

schrecklich zu schildern; er beschreibt<br />

weniger die Konsequenzen einer nur auf<br />

den Konsum ausgerichteten, entmenschlichten,<br />

gefühlskalten Gesellschaft, deren<br />

Mitglieder insofern entpersönlicht<br />

sind, als daß keine politische Macht<br />

mehr von ihnen ausgeht, als manche –<br />

sehr zahme – Gimmicks, die diese Welt

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