SFT 1/84 - Science Fiction Times
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<strong>Science</strong> <strong>Fiction</strong> <strong>Times</strong> 12/19<strong>84</strong> 17<br />
worauf er sich beim Verlassen der Bar<br />
prompt als Jude im Nazi-Paris, als Neger<br />
in den KuKlux- Klan-Südstaaten, als<br />
Vietcong im Dschungel und schließlich<br />
erneut in Paris wiederfindet, wo er in einen<br />
Waggon Typ Sophies Entscheidung<br />
eingepfercht und ins KZ abtransportiert<br />
wird. Für diesen Ausbund an Banalität<br />
starb Hauptdarsteller Vic Morrow während<br />
eines vielpublizierten Hubschrauberabsturzes<br />
bei den Dreharbeiten.<br />
Der Maestro selbst hat sich ein Remake<br />
der Fernsehepisode „Kick the Can“<br />
herausgepickt: Der Neuzugang in einem<br />
Altersheim läßt seine Zellengenossen für<br />
kurze Zeit wieder jung werden und überzeugt<br />
sie damit, daß nur das psychische,<br />
nicht das physische Alter zählt. Doch das<br />
Format des Films läßt Spielberg zu wenig<br />
Zeit, sein Talent wirksam einsetzen<br />
zu können – eine Schwäche jeder Anthologie<br />
-, der große Gefühlsmanipulator<br />
gebärdet sich plötzlich wie ein tapsiger<br />
Amateur. Emotionstriefend aufbrandende<br />
Musik und die weisen Gerontologen-<br />
Phrasen verstärken noch den Plattitüden-<br />
Charakter, anstatt ihm entgegenzuwirken<br />
– man wird das Gefühl nicht los, hier<br />
hätte sich Lucio Fulci an eine Spielberg-<br />
Kopie gewagt.<br />
Einmal von der hypermakabren Prologpointe<br />
abgesehen, ist Twilight Zone<br />
bis zu dieser Stelle eine einzige herbe<br />
Enttäuschung. Hoffnungslosigkeit setzt<br />
ein. Wenn schon die großen Kaliber unter<br />
den vier Regisseuren dem Stoff so<br />
hilflos gegenüberstehen, was vermögen<br />
dann noch die kleinen zu tun? Doch<br />
surprise, sie finden einen Ausweg. Erst<br />
sie, deren filmisches Gespür noch nicht<br />
von A-Film-Konventionen verunstaltet<br />
ist, realisieren, daß sich die gewünschte<br />
Moral heute nicht mehr inhaltlich, sondern<br />
nur durch exotische Stilmittel noch<br />
publikumswirksam an den Mann bringen<br />
läßt.<br />
Für sein Remake von „It‘s A Good<br />
Life“ hat sich Joe Dante (Piranha, Das<br />
Tier) ganz offenkundig bei Romeros<br />
Creepshow umgesehen. Frau Jedermann<br />
donnert beim Rückwärtsausparken in<br />
einen kleinen Jungen, den sie daraufhin<br />
selbstlos nachhause fährt. In diese Alltagssituation<br />
läßt Dante nun geschickt<br />
Unstimmigkeiten einfließen. Die Inneneinrichtung<br />
des Hauses könnte aus dem<br />
architektonischen Malbuch des Dr. Caligari<br />
stammen und auch die Familie des<br />
Jungen ist etwas merkwürdig. Hamburger<br />
mit Erdnußbutter gibt’s zum Abendbrot,<br />
und zum Dessert fordert der kleine<br />
Diktator Pappi auf, einen Hasen aus dem<br />
Hut zu zaubern. So dann beginnt der<br />
Farben- und Comicaberwitz, denn Bubi<br />
hat die Fähigkeit, Wünsche wahr werden<br />
zu lassen. Er wünscht seine aufmüpfige<br />
Schwester in einen TV-Cartoon und läßt<br />
die absonderlichsten Figuren ihren wilden<br />
Schabernack im Wohnzimmer treiben<br />
– alles in knalligen Primärfarben.<br />
Da fällt das moralisierende Finale, worin<br />
Bubi die gesamte Welt wegwünscht, um<br />
unter der Anleitung seiner neuen Freundin<br />
zu lernen, seine Macht gebremst zu<br />
gebrauchen, beinahe etwas schwach aus.<br />
Die Muß-Episode jedoch befindet<br />
sich am Schluß: George Miller, der ja<br />
ein Talent für allerhöchste Verknappung<br />
der Filmsprache besitzt (sein Mad Max 2<br />
war eine einzige Aneinanderreihung verkürzter<br />
Western-Topoi), verschwendet<br />
keine Zeit für Storyaufbau, sondern geht<br />
mit Fischaugenlinse gleich in medias res.<br />
Der Passagier eines sturmgeschüttelten<br />
Linienflugs bildet sich ein, auf der Tragfläche<br />
säße ein Kobold und benage die<br />
Triebwerke. John Lithgow spielt diesen<br />
ausgerasteten Durchschnitts amerikaner<br />
perfekt (in der TV-Episode „Nightmare<br />
at 20.000 Feet“ sah man übrigens Captain<br />
Kirk in dieser Rolle), der Kobold<br />
ist ein rechter Schelm, und mehr zu verraten,<br />
würde den Spaß verderben. Wie<br />
Miller Lithgows klaustrophobische Paranoia<br />
einfängt und auf den Zuschauer<br />
überträgt, ist jedenfalls eine aparte Kombination<br />
aus Humor und Terror, die ihresgleichen<br />
lange suchen muß.<br />
Als Ganzes ist Twilight Zone daher<br />
recht geschickt strukturiert. Nach anfänglicher<br />
Langeweile kommt der Film<br />
auf Touren und mündet schließlich in ein<br />
furioses Finale, nach dem man das Kino<br />
tatsächlich im Bewußtsein verläßt, daß<br />
sich der Besuch gelohnt hat. Und wer<br />
den leicht faden Nachgeschmack gänzlich<br />
vermeiden will, verbringt am besten<br />
die Landis- und Spielberg-Episode bei<br />
einem guten Gespräch mit der freundlichen<br />
Langnese-Dame.<br />
Joe Dante („Das Tier“) ist der Regisseur<br />
der dritten Episode. Kathleen<br />
Quinlan gerät in ein Haus, dessen Bewohner<br />
von einem Jungen mit übersinnlichen<br />
Fähigkeiten beherrscht<br />
werden.<br />
„Mad Max“ George Miller (links, mit John Litgow) drehte die vierte Episode: ein<br />
Linienflugzeug gerät in einen Alptraum.