Arbeitsgemeinschaft zum Staatsrecht II - Grundrechte Fall 8
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<strong>Arbeitsgemeinschaft</strong> <strong>zum</strong> <strong>Staatsrecht</strong> <strong>II</strong> - <strong>Grundrechte</strong><br />
<strong>Fall</strong> 8<br />
Nachdem der Bundeskanzler im Bundestag die Vertrauensfrage gestellt und -<br />
erwartungsgemäß – keine Mehrheit auf sich vereinigen konnte, löst der<br />
Bundespräsident den Bundestag auf, und es werden Neuwahlen anberaumt.<br />
Nach dem Vorbild der letzten Bundestagswahlkämpfe soll wieder eine<br />
Fernsehdebatte mit den Spitzenkandidaten der Parteien ausgestrahlt werden. Das<br />
„Deutsche Offizielle Farbfernsehen“ (DOF), ein privater Fernsehsender mit ca.<br />
20% Marktanteil, kündigt für den Samstag vier Wochen vor der Bundestagswahl<br />
eine entsprechende Sendung unter dem Titel „Das Duell – Amtsinhaber vs.<br />
Herausforderin. Wer wird unser neuer Bundeskanzler?“ an. Eingeladen werden<br />
sollen dem Titel entsprechend nur der Bundeskanzler, der im Wahlkampf wieder<br />
als Spitzenkandidat seiner A-Partei agiert, sowie die Vorsitzende der größten<br />
Oppositionspartei (B-Partei), die von ihrer Partei als „Kanzlerinkandidatin“<br />
nominiert wurde. Beide Parteien konnten in der Vergangenheit regelmäßig um die<br />
40% der Stimmen auf sich vereinigen. Aus ihren Reihen kam bislang stets der<br />
Bundeskanzler, und allen Umfragen zufolge ist davon auszugehen, dass dies auch<br />
diesmal wieder der <strong>Fall</strong> sein wird.<br />
F ist Vorsitzender der gleichfalls im Bundestag vertretenen C-Partei. Obwohl diese<br />
zuletzt bei Landtags- und Bundestagswahlen nicht mehr als 9% erzielte und noch<br />
nie den Bundeskanzler stellte, möchte er den Wahlkampf als „Kanzlerkandidat“<br />
der C-Partei bestreiten. Er hat es satt, von den großen Parteien nicht ernst<br />
genommen und als „der Junggeselle aus Bonn“ verspottet zu werden, und will<br />
deshalb mit diesem bewusst provokativen Anspruch Aufmerksamkeit erregen.<br />
Umso empörter ist er, als er nicht zu dem Fernsehduell eingeladen wird.<br />
Die C-Partei möchte gerichtlich durchsetzen, dass auch F an dem „Duell“<br />
teilnehmen darf. Sie beruft sich auf den verfassungsrechtlichen Grundsatz der<br />
Gleichbehandlung, der für politische Parteien – wie Art. 21 GG zeige – „erst recht“<br />
gelte und im Übrigen auch einen privaten Fernsehsender binde. Außerdem folge<br />
eine entsprechende Verpflichtung auch einfachgesetzlich aus § 25<br />
Rundfunkstaatsvertrag. Dieser lautet:<br />
„Im privaten Rundfunk ist inhaltlich die Vielfalt der Meinungen im<br />
Wesentlichen <strong>zum</strong> Ausdruck zu bringen. Die bedeutsamen politischen,<br />
weltanschaulichen und gesellschaftlichen Kräfte und Gruppen müssen<br />
angemessen zu Wort kommen. Auffassungen von Minderheiten sind zu<br />
berücksichtigen.“<br />
Der Versuch der C-Partei, DOF gerichtlich zu verpflichten, F an der Diskussion<br />
teilnehmen zu lassen, scheitert jedoch in der ersten Instanz. Zur Begründung seines
Beschlusses führt das Landgericht aus, die C-Partei habe schon deshalb keinen<br />
Anspruch auf Berücksichtigung in der Wahlsendung, weil der Veranstalter in<br />
seiner Programmentscheidung frei sein müsse. Das garantiere ihm die<br />
verfassungsrechtlich fundierte Rundfunkfreiheit. Jedenfalls aber sei die<br />
Beschränkung auf die beiden Spitzenkandidaten der A- und der B-Partei angesichts<br />
der Zielsetzung der Sendung nicht zu beanstanden. Bei § 25 RundfunkStV handele<br />
es sich schließlich nicht um eine Schutznorm zugunsten der C-Partei.<br />
Die C-Partei legt gegen diesen Beschluss die statthaften Rechtsmittel ein;<br />
gleichzeitig aber erhebt sie form- und fristgerecht Verfassungsbeschwerde, weil<br />
eine Entscheidung noch vor dem angekündigten Ausstrahlungstermin äußerst<br />
unwahrscheinlich sei.<br />
a) Wird die Verfassungsbeschwerde Erfolg haben?<br />
b) Ändert sich die Rechtslage, wenn DOF ein öffentlich-rechtlicher Sender ist?<br />
c) Angenommen, die Sendung soll bereits in drei Tagen ausgestrahlt werden. Gibt<br />
es eine Möglichkeit, dennoch eine rechtzeitige Entscheidung des BVerfG zu<br />
erhalten?