Fall 7: Altersgrenze fÃ¼r KassenÃ¤rzte - Tappe-online.de

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GrundR AG 15.12.2006 Henning Tappe S. 6 die Berufsfreiheit einzuschränken, sondern ermächtigt lediglich zur Ausgestaltung derselben. Nach der Auslegung des BVerfG ermächtigt Art. 12 Abs. 1 S. 2 GG jedoch auch zu Eingriffen in die Berufsfreiheit. Im Rahmen des Art. 19 Abs. 1 S. 2 GG ist das BVerfG allerdings großzügiger: Art. 12 Abs. 1 S. 2 GG ist trotz anderweitiger Auslegung kein Vorbehalt i. S. d. Art. 19 Abs. 1 S. 2 GG. Der Einhaltung des Zitiergebotes bedarf es nicht. (2) Übermaßverbot (Verhältnismäßigkeitsprüfung) Das GesStruktG müsste ein geeignetes, erforderliches und angemessenes Mittel zur Erreichung des mit dem GesStruktG befolgten Zwecks sein. (a) Zweck des Gesetzes Der Zweck des GesStruktG ist im Wege der Auslegung des Gesetzes zu ermitteln. Laut Gesetzesbegründung soll mit dem GesStruktG die Zahl der zugelassenen Kassenärzte reduziert werden. Eine Reduzierung der Kassenärzte soll bezwecken, dass die Kosten im Gesundheitswesen gedämpft werden. Zudem sollen die Gefährdungen, die von älteren, nicht mehr voll leistungsfähigen Berufstätigen ausgehen, einzudämmen. Die Tätigkeit als Kassenarzt stellt hohe Anforderungen an die volle körperliche und geistige Leistungsfähigkeit. Es entspricht der Lebenserfahrung, dass die Gefahr einer Beeinträchtigung der Leistungsfähigkeit auch heute noch im zunehmenden Alter größer wird. Die gesetzlich Krankenversicherten haben anders als Privatversicherte aufgrund des Sachleistungsprinzips nur Anspruch auf Behandlung durch einen Vertragsarzt. Das Gesetz bezweckt demnach auch den Gesundheitsschutz. Das GesStruktG verfolgt zum einen den Zweck des Gesundheitsschutzes und zum anderen den Zweck der Kostendämpfung. Das BVerfG hat im Originalurteil dahinstehen lassen, ob aus Gründen der Kostendämpfung ein solcher Grundrechtseingriff gerechtfertigt werden kann. Es hat lediglich den Zweck des Gesundheitsschutzes geprüft. (b) Geeignetheit (aa) Das GesStruktG ist geeignet, wenn es den Gesundheitsschutz zumindest fördert. Dabei ist zu berücksichtigen, dass dem Gesetzgeber insoweit eine Einschätzungsprärogative zugebilligt wird. Das GesStruktG ist nicht gänzlich ungeeignet, den Gesundheitsschutz zu fördern. Der Gesetzgeber darf insoweit auch auf wissenschaftliche Studien vertrauen. Das Gesetz ist zur Erreichung dieses Zwecks geeignet. Gegen die Geeignetheit des GesStruktG könnte sprechen, dass auch jüngere Ärzte Kunstfehler machen. Zudem könnte man noch erörtern, dass der Zweck der Gesundheitsschutzes nur dann gewährleistet ist, wenn alle Ärzte (also auch welche ohne Kassenzulassung) eine Gefahr für die Gesundheit sein können, wenn sie in ihrer Leistungsfähigkeit beschränkt sind. Im Ergebnis ist wohl dennoch die Geeignetheit aufgrund der Einschätzungsprärogative des Gesetzgebers zu bejahen.
GrundR AG 15.12.2006 Henning Tappe S. 7 (bb) Weiterhin könnte das GesStruktG auch dazu geeignet sein, die Kosten im Gesundheitswesen zu reduzieren, ohne das jüngere Ärzte belastet werden. Durch eine geringere Zahl an Kassenärzten werden die fixen Kosten der Krankenkassen verringert. Im Rahmen der Einschätzungsprärogative erscheint das Gesetz als geeignet. Allein das ist zumindest für Laien zweifelhaft. Jedoch kann man hier auf die Einschätzungsprärogative des Gesetzgebers abstellen. (c) Erforderlichkeit Das GesStruktG ist zum Zwecke des Gesundheitsschutzes bzw. der Kostendämpfung erforderlich, wenn es das mildeste unter gleichwirksamen Mitteln ist. Zur Konkretisierung und Strukturierung der Prüfung des Übermaßverbotes hat das BVerfG die sog. Drei‐Stufen‐ Theorie entwickelt. Der Maßstab der Erforderlichkeit und der Angemessenheit ist Abhängig davon, in welcher Stufe der Eingriff in die Berufsfreiheit zu verorten ist. • Die erste Stufe umfasst die Berufsausübungsregeln. Dabei geht es um die Art und Weise, wie der Beruf ausgeübt wird. • Die zweite Stufe umfasst subjektive Berufswahlregelungen. Dabei geht es um den Zugang zu einem Beruf, wobei der Anknüpfungspunkt in der Person des Bewerbers liegt. • Die dritte Stufe umfasst objektive Berufswahlregelungen. Gemeint ist ebenfalls der Zugang zu einem Beruf, wobei Anknüpfungspunkt ein objektives Kriterium ist, auf das der Bewerber keinen Einfluss hat. Für die Frage der Erforderlichkeit ist grundsätzlich entscheidend, in welcher Stufe der Eingriff zu verorten ist. Ist eine mildere Stufe möglich, spricht ein Indiz dafür, dass es sich bei der Regelung nicht um das mildeste Mittel handelte. Einordnung des GesStruktG im Rahmen der Drei‐Stufen‐Theorie 1 (Berufsuntersagung = Berufswahl?) Das GesStruktG regelt nicht die Berufswahl, sondern untersagt die Ausübung ab einer Altersgrenze. Sieht man Art. 12 Abs. 1 S. 2 GG allerdings als ein einheitliches Grundrecht an, entpuppt sich die Berufsausübung als die ständige wiederholende Berufswahl. Eine Berufsuntersagung ist somit im Bereich der Berufswahl zu verorten. 2 (Kassenarzt = Beruf?) Der Berufstypus als Abgrenzungskriterium Ein Verbot weiterer kassenärztlicher Tätigkeit kann nur eine Berufswahlregelung sein, wenn der Kassenarzt als solches ein eigenständi‐
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