Fall 7: Altersgrenze für Kassenärzte - Tappe-online.de
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GrundR AG 15.12.2006<br />
Henning <strong>Tappe</strong> S. 4<br />
B. Begrün<strong>de</strong>theit<br />
Die Verfassungsbeschwer<strong>de</strong> ist begrün<strong>de</strong>t, wenn das GesStruktG in Grundrechte o<strong>de</strong>r grundrechtsgleiche<br />
Rechte <strong>de</strong>s A eingreift und verfassungsrechtlich nicht gerechtfertigt wer<strong>de</strong>n<br />
kann. In Betracht kommt eine Verletzung <strong>de</strong>r Grundrechte <strong>de</strong>s A aus Art. 12 Abs. 1 GG, Art. 14<br />
Abs. 1 GG sowie Art. 3 Abs. 1 GG.<br />
I. Verletzung <strong>de</strong>s Art. 12 Abs. 1 GG<br />
Das GesStruktG verstößt gegen Art. 12 Abs. 1 GG, wenn es in <strong>de</strong>n Schutzbereich <strong>de</strong>s<br />
Art. 12 Abs. 1 GG eingreift, ohne dass dieser Eingriff verfassungsrechtlich gerechtfertigt<br />
ist.<br />
1. Schutzbereich <strong>de</strong>s Art. 12 Abs. 1 GG<br />
Das GesStruktG müsste eine Materie regeln, die in <strong>de</strong>n Schutzbereich <strong>de</strong>s Art. 12<br />
Abs. 1 GG fällt. Art 12 Abs. 1 GG wird als einheitliches Grundrecht verstan<strong>de</strong>n, das<br />
<strong>de</strong>n Beruf schützt. Beruf ist je<strong>de</strong> auf Dauer angelegte (erlaubte/nicht schlechthin<br />
gemeinschafts‐ o<strong>de</strong>r sozialschädliche 1 ) Tätigkeit, die <strong>de</strong>r Schaffung und Erhaltung<br />
einer Lebensgrundlage dient. A ist Arzt. Arzt ist ein Beruf. A kann sich als<br />
Deutscher auf Art. 12 Abs. 1 GG berufen.<br />
2. Eingriff<br />
Das GesStruktG müsste weiterhin in <strong>de</strong>n Schutzbereich eingreifen. Das BVerfG hat<br />
für die Berufsfreiheit einen eigenständigen Eingriffsbegriff entwickelt: Ein Gesetz<br />
greift dann in die Berufsfreiheit ein, wenn es eine berufsregeln<strong>de</strong> Ten<strong>de</strong>nz hat.<br />
Das ist <strong>de</strong>r <strong>Fall</strong>, wenn <strong>de</strong>r Gesetzgeber subjektiv ein berufsregeln<strong>de</strong>s Gesetz schaffen<br />
wollte o<strong>de</strong>r wenn das Gesetz objektiv einen spezifischen Bezug auf einen Beruf<br />
bzw. auf Berufe hat.<br />
Das GesStruktG regelt eine <strong>Altersgrenze</strong> für Kassenärzte. Damit wird geregelt, dass<br />
Ärzte, die die <strong>Altersgrenze</strong> erreicht haben, nicht mehr als Kassenarzt tätig sein dürfen.<br />
Das ist eine berufsregeln<strong>de</strong> Ten<strong>de</strong>nz. Das GesStruktG greift in die Berufsfreiheit<br />
ein.<br />
3. Verfassungsrechtliche Rechtfertigung<br />
Der Eingriff ist verfassungsrechtlich gerechtfertigt, wenn das GesStruktG von <strong>de</strong>r<br />
Schranke in Art. 12 Abs. 1 S. 2 GG ge<strong>de</strong>ckt ist und das GesStruktG selbst verfassungsgemäß<br />
ist.<br />
a) Schranke Art. 12 Abs. 1 S. 2 GG<br />
Das GesStruktG müsste ein Gesetz i.S.d. Schrankenvorbehalts <strong>de</strong>s Art. 12 Abs. 1<br />
S. 2 GG sein. Der Schrankenvorbehalt in Art. 12 Abs. 1 S. 2 GG ermächtigt dazu,<br />
die Berufsausübung durch Gesetz o<strong>de</strong>r aufgrund eines Gesetzes zu regeln. Dem<br />
Wortlaut nach han<strong>de</strong>lt es sich hierbei nicht um einen Eingriffsvorbehalt, son<strong>de</strong>rn<br />
um einen Regelungsvorbehalt, <strong>de</strong>r <strong>de</strong>n Gesetzgeber lediglich ermächtigt,<br />
1 Streitig, für ein solches Erfor<strong>de</strong>rnis etwa BVerwGE 87, 37 [40 f.], dagegen etwa Jarass in: Jarass/Pieroth, GG, Art. 12 Rn. 7,<br />
mit <strong>de</strong>m – wohl überzeugen<strong>de</strong>n – Argument, dass dies bereits zu einer Beschränkung <strong>de</strong>s Schutzbereiches durch einfache<br />
Gesetze führen wür<strong>de</strong>. Vgl. zuletzt BVerfG v. 5. 12. 2006: „Einer […] die Merkmale <strong>de</strong>s Berufsbegriffs grundsätzlich erfüllen<strong>de</strong>n<br />
Tätigkeit ist <strong>de</strong>r Schutz durch das Grundrecht <strong>de</strong>r Berufsfreiheit nicht schon dann versagt, wenn das einfache<br />
Recht die gewerbliche Ausübung dieser Tätigkeit verbietet. Vielmehr kommt eine Begrenzung <strong>de</strong>s Schutzbereichs von<br />
Art. 12 Abs. 1 GG in <strong>de</strong>m Sinne, dass <strong>de</strong>ssen Gewährleistung von vornherein nur erlaubte Tätigkeiten umfasst, allenfalls<br />
hinsichtlich solcher Tätigkeiten in Betracht, die schon ihrem Wesen nach als verboten anzusehen sind, weil sie auf Grund<br />
ihrer Sozial‐ und Gemeinschaftsschädlichkeit schlechthin nicht am Schutz durch das Grundrecht <strong>de</strong>r Berufsfreiheit teilhaben<br />
können.“