Fall 7: Altersgrenze für Kassenärzte - Tappe-online.de
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GrundR AG 15.12.2006<br />
Henning <strong>Tappe</strong> S. 2<br />
Lösungsskizze zu <strong>Fall</strong> 5: <strong>Altersgrenze</strong> für Kassenärzte *<br />
A könnte eine Verfassungsbeschwer<strong>de</strong> erheben. Eine solche Verfassungsbeschwer<strong>de</strong> hat Erfolg,<br />
wenn sie zulässig und begrün<strong>de</strong>t ist.<br />
A. Zulässigkeit<br />
I. Bun<strong>de</strong>sverfassungsgerichtsweg (Art. 93 Abs. 1 Nr. 4a GG)<br />
Der Verfassungsrechtsweg richtet sich nach Art. 93 Abs. 1 Nr. 4a GG, § 13 Nr. 8a<br />
BVerfGG.<br />
II. Beteiligtenfähigkeit (§ 90 Abs. 1 BVerfGG)<br />
A ist beteiligtenfähig, wenn er „je<strong>de</strong>rmann“ i.S.d. § 90 Abs. 1 BVerfGG ist. „Je<strong>de</strong>rmann“<br />
ist je<strong>de</strong>r Grundrechtsträger und damit zumin<strong>de</strong>st je<strong>de</strong> natürliche Person. A ist eine natürliche<br />
Person.<br />
III. Beschwer<strong>de</strong>gegenstand (§ 90 Abs. 1 BVerfGG)<br />
A müsste durch einen Akt <strong>de</strong>r öffentlichen Gewalt beschwert wor<strong>de</strong>n sein. Ein Akt <strong>de</strong>r<br />
öffentlichen Gewalt ist je<strong>de</strong>r Akt <strong>de</strong>r Exekutive, Legislative o<strong>de</strong>r Judikative (vgl. Art. 1<br />
Abs. 3 GG). A wen<strong>de</strong>t sich gegen ein formelles Bun<strong>de</strong>sgesetz. Das ist ein Akt <strong>de</strong>r öffentlichen<br />
Gewalt.<br />
IV. Beschwer<strong>de</strong>befugnis (§ 90 Abs. 1 BVerfGG)<br />
A müsste gemäß § 90 Abs. 1 BVerfGG behaupten können, dass er in seinen Grundrechten<br />
verletzt wor<strong>de</strong>n ist. Das setzt die Möglichkeit einer Grundrechtsverletzung, sowie<br />
eine unmittelbare, gegenwärtige und eigene Beschwer <strong>de</strong>s A voraus.<br />
1. Möglichkeit einer Grundrechtsverletzung<br />
Es besteht die Möglichkeit einer Grundrechtsverletzung bei A, wenn es zumin<strong>de</strong>st<br />
nicht gänzlich ausgeschlossen erscheint, dass A in seinen Grundrechten verletzt<br />
ist. Das Gesetz bezieht sich auf <strong>de</strong>n Ärzteberuf und verbietet eine kassenärztliche<br />
Betätigung für Ärzte ab 68 Jahre. A steht vor <strong>de</strong>m 68. Lebensjahr und seine berufliche<br />
Existenz hängt von <strong>de</strong>r kassenärztlichen Behandlungserlaubnis ab, da er<br />
85% Kassenpatienten behan<strong>de</strong>lt. Es erscheint zumin<strong>de</strong>st nicht ausgeschlossen,<br />
dass die Berufsfreiheit (Art. 12 Abs. 1 GG), die Eigentumsfreiheit (Art. 14 Abs. 1 GG)<br />
und <strong>de</strong>r allgemeine Gleichheitssatz (Art. 3 Abs. 1 GG) verletzt ist.<br />
2. Unmittelbare Beschwer<br />
Das Gesetz beschwert A unmittelbar, wenn kein weiterer Zwischenakt erfor<strong>de</strong>rlich<br />
ist. Als Zwischenakt käme höchstens ein Ordnungsgeld in Betracht, welches<br />
verhängt wür<strong>de</strong>, wenn A auch nach <strong>de</strong>m 68. Lebensjahr weiterhin als Kassenarzt<br />
praktiziert. Ein solches Ordnungsgeld, das gegenüber A verhängt wer<strong>de</strong>n wür<strong>de</strong>,<br />
wäre aber auch Ausdruck eines Strafmakels. A ist es daher schlichtweg nicht zuzumuten,<br />
sich erst durch <strong>de</strong>n Staat bestrafen zu lassen. Es liegt eine unmittelbare<br />
Beschwer vor („self‐executing Norm“).<br />
* Dieser <strong>Fall</strong> wur<strong>de</strong> <strong>de</strong>r Entscheidung BVerfG NJW 1998, 1776 nachgebil<strong>de</strong>t. Vgl. hierzu auch Wernsmann, NVwZ 2000,<br />
1360; BVerfGE 103, 172.