ansehen - Deutschlehrerverband Rumäniens
ansehen - Deutschlehrerverband Rumäniens
ansehen - Deutschlehrerverband Rumäniens
Erfolgreiche ePaper selbst erstellen
Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.
Optimierung des Umgangs mit Unterrichtsmaterialien<br />
Lerner, Vorsicht beim Umgang mit Nachschlagewerken!<br />
Deutsche Kultur in einem rumänisch-spanischen Reiseführer<br />
sind Wortzusammensetzungen, die auf -freundlich enden,<br />
angloamerikanischer Prägung und können nur sehr<br />
mühevoll ins Rumänische übertragen und nachvollzogen<br />
werden. Man denke an Wörter wie benutzerfreundlich,<br />
behindertenfreundlich oder ausländerfreundlich. Solche<br />
Wörter müssen im Rumänischen in vollständigen<br />
Sätzen paraphrasiert werden. Daher ist eine Form wie<br />
„ospitalier pentru copii“, so kompakt sie auch sein mag,<br />
nicht aufschlussreich, sondern stattdessen verwirrend.<br />
Darüber hinaus stecken die soziokulturellen<br />
Gegebenheiten, die in Deutschland im Zusammenhang<br />
mit Kinderbetreuung, Kindererziehung, kindgerechten<br />
Einrichtungen oder Gegenständen, die im Sprachführer<br />
als „dotările speciale pentru copii“ beschrieben<br />
werden, hierzulande noch in den … Kinderschuhen.<br />
Freilich hat sich seit dem Erscheinungsjahr dieses<br />
Sprachführers (2007) und dem Beitritt <strong>Rumäniens</strong> in<br />
die EU diesbezüglich noch einiges getan, doch sind die<br />
hier beschriebenen Gegebenheiten immer noch keine<br />
Selbstverständlichkeiten auf rumänischem Boden. Somit<br />
ist die Tatsache, dass Spanien eben auch in einigen<br />
gesellschaftlichen Entwicklungen hinterherhinkt für den<br />
rumänischen Deutschlernenden kein Novum, wie es<br />
der deutsche Sprachführer mit Recht den deutschen<br />
Spanischlernenden präsentiert, sondern eine kulturelle<br />
Ähnlichkeit zwischen Spanien und Rumänien. Und dass<br />
(Klein-)Kinder in Spanien zu besonderen Anlässen bis<br />
spät in die Nacht aufbleiben und die Feierlichkeiten<br />
miterleben dürfen, ist für den rumänischen Studenten<br />
wohl genauso wenig schockierend.<br />
Für Lernende kann der Einsatz dieses Materials als<br />
Teil der interkulturellen Sensibilisierung besonders<br />
wirksam sein. So können sie gleich einen Aha-Effekt<br />
erzielen und erkennen, wie wichtig es ist, dass sie<br />
in den Sprachkursen, die sie besuchen, „Deutsch<br />
für Rumänen“ und nicht „Deutsch im Allgemeinen“<br />
lernen. Durch ein solches Lernen schärft sich ihre<br />
Wahrnehmung für Nachschlagewerke. Denn vor der<br />
ersten tatsächlichen Begegnung mit Deutschen stehen<br />
Lernenden im Unterricht Materialien zur Verfügung, die<br />
solche Begegnungen simulieren. Und wenn sie lernen,<br />
wie sie vorhandene Materialien einschätzen oder selbst<br />
Materialien für Projekte auswählen und bewerten<br />
können, werden sie zum eigenständigen Lernen<br />
befähigt. Somit schult ein solches Lernen den Umgang<br />
mit Nachschlagewerken. Lerner sind all zu oft daran<br />
gewöhnt Lexika, Wörterbüchern und Sprachführern<br />
blind Glauben zu schenken. Stattdessen sollten sie<br />
Wege finden, kritisch mit ihnen umzugehen.<br />
Literatur:<br />
Ana Karlstedt<br />
Goethe-Institut Bukarest, Universität Bukarest<br />
NOGALES, Rosina (2007): Ghid practic român spaniol &<br />
dicționar minimal. București: Editura Niculescu.<br />
Die Beispiele sollen zeigen, was passieren kann,<br />
wenn kulturelle Besonderheiten der Ziel- und<br />
Ausgangssprache ausgeblendet werden. Freilich<br />
geht die deutsche Originalfassung darauf ein, nicht<br />
aber die rumänische Übersetzung. Der rumänische<br />
Verlag geht davon aus, dass nur Sprachkenntnisse<br />
vermittelt werden müssen und vergisst dabei, dass<br />
Sprachführer eine zumindest minimale Verbindung<br />
zwischen Ausgangs- und Zielland herstellen müssen.<br />
Genauso verhält es sich im Fremdsprachenunterricht.<br />
Kein Fremdsprachenunterricht, der außer Sprache<br />
auch Kompetenzen vermitteln möchte, ist ein allgemein<br />
gültiger, sondern einer, der die Brücke zwischen<br />
Ausgangs- und Zielkultur schlägt.<br />
35