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SFT 9/84 - Science Fiction Times

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<strong>Science</strong> <strong>Fiction</strong> Tim es 9 I 19<strong>84</strong><br />

25<br />

bemerkt, das große Thema Space Opera<br />

sei hier von deutschen Autoren mit<br />

neuen Ideen behandelt.<br />

Als Einstieg geglückt erscheint "Liehtsaison"<br />

von Manfred Borchard, eine in<br />

den Weltraum verpflanzte Wallfahrerstory,<br />

die auch Herbert Franke kaum<br />

besser geschrieben hätte. Ebenso kurz,<br />

wie die Idee tragfähig ist "Die Profis"<br />

von Robert Steffen. Im Kampf der das<br />

scheinbare Mannschaftsspiel in Wirklichkeit<br />

leitenden Psi-Giganten erweist sich<br />

Sex-Appeal als ultimate Waffe. Wenn<br />

das die Gegner von Kortschnoi wüßten!<br />

Martin Rossmann gelingt es, mit "One<br />

Man One Vote", einer niedlichen Parodie<br />

auf die mittlerweile wuchernden<br />

Kneipenstories, Asimov und Anderson<br />

freundlich lächelnd durch den Kakao<br />

zu ziehen. "Ein gewisses Lächeln" von<br />

Horst Schlötelburg hat mit dem Buch<br />

der Sagan nichts zu tun, sondern mit<br />

Ijon Tichys Sterntagebüchern. Nichtlächeln<br />

wird nicht nur im Alptraum mit<br />

dem Tode bestraft, sondern auch in<br />

Wirklichkeit. Die Schlußpointe ist von<br />

geradezu polnischer Eleganz.<br />

"Der warme Bauch der Venus" von<br />

Marianne Hiller fallt im Niveau deutlich<br />

auf das Niveau der Sekundarstufe<br />

II ab (Magst du lieber Mars oder Venus?).<br />

Harald Kurt Frost beschreibt in<br />

"Semina! Star" einen Planeten, der den<br />

untergründigen Vorstellungen seiner Besucher<br />

nur allzusehr entgegenkommt -<br />

ein weder neuer noch in der Ausführung<br />

geglückter Gedanke. Ebenso geht es mit<br />

"Drachentöter" von Gerhard Hauer, einer<br />

Pointenstory, bei der nur allzubald<br />

klar wird, daß Drachen sich von Menschen<br />

nur äußerlich unterscheiden.<br />

Ein gräßlicher Verschnitt von Pearl<br />

S. Buck und SF gelang Iny- Koch mit<br />

"Ling Mee" . Das ist hoffentlich nicht<br />

die SF, die wir von echten Chinesen zu<br />

erwarten haben! "Seelenriß" von Martin<br />

Eiseie erscheint eher als das Eingangskapitel<br />

eines (noch zu erwartenden oder<br />

steckengebliebenen?) Romans. Denn die<br />

beklemmenden Situationen eines als KZ<br />

ziellos treibenden Raumschiffwracks<br />

werden allzu kurz mit einem Entkommeostraum<br />

beendet. Rainer Erler behandelt<br />

in "Der Commander", engagiert<br />

wie immer, die klassische Frage, was ein<br />

isoliertes Gehirn als Wirklichkeit akzeptieren<br />

darf, ein über die angesprochene<br />

Problematik deutlich hinausgehender<br />

Denkanstoß zum Problem des pflichtbewußten<br />

Fachidioten.<br />

Nun ja, wirklich Neues bringt das<br />

Buch nicht: Dem SF-Anfanger mögen<br />

hier einige - allerdings nicht unbedingt<br />

kompetent behandelte - Themen geboten<br />

werden, die er in dieser Zusammenstellung<br />

so leicht nirgendwo anders findet.<br />

Das Buch mag aus pädagogischer<br />

Sicht vielleicht als Einführung in die<br />

SF-Literatur brauchbar erscheinen. Vielleicht<br />

empfiehlt sich der Verlag damit<br />

demnächst mal bei diversen Kultusministern<br />

- oder sollte der Herausgeber<br />

vielleicht selbst ... ? Lassen wir die<br />

hochgestochenen Vermutungen, aber<br />

warten wir die nächsten Landtagswahlen<br />

ab!<br />

Berthold Giese<br />

Joe Haldeman<br />

KREISENDE WELTEN<br />

(Worlds. A Novel of the Near Future)<br />

Ra statt 19<strong>84</strong>, Moewig 3633<br />

Deutsch von Bemd W. Holzrichter<br />

Man kennt den Autor aufgrund seines<br />

heftig diskutierten Erstlingsromans DER<br />

EWIGE KRIEG, den SF-Reminiszenzen<br />

eines Vietnam-Veteranen. Auch in<br />

KREISENDE WELTEN gelingt Haldeman<br />

die Verallgemeinerung dessen, was<br />

vormals noch als spezifisches Kriegstraumagelten<br />

konnte; er schildert das Leben<br />

von Menschen einer 'nahen Zukunft',<br />

daß man sich angerührt und betroffen<br />

flihlt, streckenweise sogar verstanden.<br />

Das Rädchendasein im Getriebe, die<br />

Ohnmacht der Einzelnen angesichts<br />

neuerlicher babylonischer Turmbauten.<br />

Sein Ziel ist hoch gesteckt: Er will begreiflich<br />

machen, was es heißt, in einer<br />

solchen Welt zu leben!<br />

In Form von 52 meist sehr kurzen<br />

Kapiteln, die stilistisch mal als Brief<br />

oder Reportage, mal als Tagebuchnotiz<br />

oder Erzählung gehalten sind, webt er<br />

einen farbigen Teppich, der die Erlebnisse<br />

Marianne O'Haras mit dokumentarischer<br />

Klarheit versieht. Sie stammt<br />

von den 'kreisenden Welten', einer Reihe<br />

von Asteroiden, die man nach der<br />

Plünderung ihrer Rohstoffe den Nachfahren<br />

der Bergarbeiter überließ; sie<br />

darf auf der Erde ihr Studium beenden<br />

(was einer Auszeichnung gleichkommt)<br />

- und gerät dort in die Wirren einer in<br />

kultureller Agonie liegenden Welt. Bereiche<br />

der Sexualität, Politik und Wirtschaft<br />

dienen dem Autor als Brenngläser,<br />

um den tiefen Riß zu beleuchten,<br />

der sich als unschuldsvolle Verdorbenheit<br />

durch das Bewußtsein der meisten<br />

Erdenbürger zieht. Kunst kontra Wissenschaft,<br />

Wahrheit kontra Nützlichkeit<br />

sind Teile des großen Gefechts, das<br />

kaum bemerkt unter der Oberfläche<br />

tobt und in dem Roman seinen konsequenten<br />

Abschluß darin findet, daß der<br />

oberste FBI-Guru vierzig Schlüssel umdreht<br />

und auf der ultimaten Instrumentenbank<br />

ein prächtiges Arpeggio spielt.<br />

Die 'Provinzlerin' mit dem lichten Geist<br />

kann dem irdischen Ende durch die Hilfe<br />

eines befreundeten Dichters gerade<br />

noch entkommen. Sie kehrt auf ilue<br />

Bergwerkswelt zurück, während er -<br />

dem Zeit seines kurzen Lebens keine<br />

der Wirklichkeit angemessene Zeile gelang-<br />

sich schicksalsergeben in den Tod<br />

fligt.<br />

Man kann dieses Buch als Liebesroman<br />

oder Dokumentarbericht lesen, es<br />

wird stets im gleichen Maß entzücken.<br />

Eine bestechende, sehr ehrliche Melancholie<br />

spricht aus der kondensierten<br />

Sprache des Autors, der offenbar über<br />

die Wahl seiner Worte hinaus Mitteilung<br />

machen will. So etwas ist noch immer<br />

zu selten in der <strong>Science</strong> <strong>Fiction</strong>: das<br />

Schreiben als bewußtmachender Akt.<br />

Fast irritiert es, das grelle Genreetikett<br />

zu sehen, denn hier ist der Schritt zur<br />

Mainstream vollzogen. Was in dieser<br />

Konfrontation zweier Kulturen an Neuwertigern<br />

gewonnen wird, sollte nachdenklich<br />

stimmen. Wie schon bei seinem<br />

ersten Roman führt hier nur ein Weg<br />

weiter: lesen, ergründen, entdecken. Die<br />

Magie des enzyklopädischen Konzepts<br />

fordert dazu auf.<br />

Michael Nagula<br />

Brian W. Aldiss<br />

DER ENTFESSELTE<br />

FRANKENSTEIN<br />

(Frankenstein Unbound)<br />

München 19<strong>84</strong>, Heyne 4103, 206 S.,<br />

DM 6,80<br />

Deutsch von lrene Holicki<br />

Der Originaltitel von Aldiss' Erzählung<br />

des Jahres 1973 verweist klar auf seine<br />

zwei Vorlagen aus der englischen Romantik:<br />

einmal auf Percy B. Shelleys<br />

PROMETHEUS UNBOUND, zum anderen<br />

auf Mary Shelleys bekannten FRAN­<br />

KENSTEIN, der natürlich ebenfalls das<br />

Prometheus-Motiv behandelt. So wie Aldiss<br />

diese zwei Werke in einem neuen<br />

Titel zusammenfaßt, so vereinigt er auch<br />

literarische und historische Personen,<br />

Zukunft und Vergangenheit in seinem<br />

Roman.

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