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Übersetzung von Chapter1, Januar 08<br />

Einleitung<br />

Zu diesem Buch:<br />

Das vorliegende Buch stellt die Ergebnisse des ENOTHE-Projektes „Activity and Occupational Analysis in<br />

Teaching and Learning (AOATL)“ dar, die in vierjähriger Zusammenarbeit (2004 – 2008) entstanden sind. Wir<br />

beschreiben die Entstehung unserer Projektgruppe, die Arbeitsergebnisse, die Vorgehensweise und die<br />

Evaluation. Sie erhalten Einblick in die theoretischen Hintergründe, in die Entwicklung eines Moduls zur<br />

Einführung in die „Analyse von Aktivitäten und eine strukturierte Betrachtung menschlicher Betätigung“ für den<br />

Beginn der Ergotherapieausbildung. Es geht um die Erprobung des Moduls im Rahmen eines Pilotprojektes und<br />

die Evaluation inklusive Vorschlägen für die weitere Nutzung. Neben Hinweisen zur Auswahl der verwendeten<br />

Hintergrundliteratur wird in dem Buch auch durch Verweise auf Websites und E-Mail-Adressen Zugang zu einer<br />

Auswahl von Unterrichtsmaterialien ermöglicht.<br />

Die Mitglieder der Projektgruppe AOATL kommen aus unterschiedlichen europäischen Ländern. Jede von uns hat<br />

eine andere Muttersprache. Das in diesem Buch vorliegende Modul ist das Ergebnis einer Zusammenarbeit, die<br />

sich an den Gemeinsamkeiten orientiert, die wir im Austausch über unsere Arbeit gefunden haben und nicht an<br />

den Unterschieden und Differenzen. Wir haben verschiedene Definitionen, Ansätze und Rahmenbedingungen<br />

diskutiert und nach einem sinnvollen Konsens gesucht.<br />

Unser Arbeitsprozess wurde von einem kontinuierlichen Feedback und dem Austausch mit den anderen<br />

Projektgruppen im Rahmen der ENOTHE – Arbeitstreffen begleitet. Auch der Kontakt und die Diskussionen mit<br />

weiteren KollegInnen aus unterschiedlichen Ländern haben unsere Arbeit bereichert. Ebenso war die<br />

Veröffentlichung unserer Ergebnisse in Fachzeitschriften ein wichtiger Zwischenschritt auf dem Weg zur<br />

Fertigstellung dieses Buches.<br />

Das Arbeitsergebnis ist ein erster Schritt in der Entwicklung eines umfassenderen Lehr- und Lernkonzeptes zur<br />

„Analyse von Aktivität und Betätigung“ in Europa. Wir hoffen, dass Sie dieses Buch nutzen können und dass es<br />

eine Grundlage ist, die die Entwicklung weiterer Module erleichtert.<br />

Das erste Kapitel besteht aus einer Einführung in das Projekt und liefert einige Hintergrundinformationen. In<br />

Kapitel zwei geht es um die nähere Betrachtung von „activity and occupational analysis“: welche<br />

Arbeitsdefinitionen haben wir gefunden und auf welche Verwendung der Begrifflichkeiten haben wir uns<br />

schließlich geeinigt. Hier werden Sie auch erfahren, wie wir von „occupational analysis“ zu „occupational<br />

mapping“ (deutsch: „strukturierte Betrachtung menschlicher Betätigung“) gekommen sind und warum wir uns für<br />

diesen Begriff zur Beschreibung des Gegenstandes der vorliegenden Lehr- und Lerneinheit entschieden haben.<br />

Kapitel drei beschreibt den Tuning-Ansatz ©1. und wie wir ihn in unserer Arbeit genutzt haben. Das entstandene<br />

Ausbildungsmodul und die Ergebnisse eines Pilot-Projektes werden in Kapitel vier und fünf näher beschrieben<br />

und ausgewertet. In Kapitel sechs folgen noch einige Vorschläge zur Entwicklung weiterer Lehr- und<br />

Lernmaterialien.<br />

Auf der beiliegenden CD-Rom finden Sie die Planung des Ausbildungsmoduls, sowie ein dazugehöriges<br />

Arbeitsbuch.<br />

Es ist unser Anliegen, dieses Buch so nutzerorientiert und zugänglich wie möglich zu gestalten. Sie werden<br />

feststellen, dass v. a. das Kapitel eins des Buches, sowie das erarbeitete Ausbildungsmodul mit dazugehörigem<br />

Arbeitsbuch auf der beiliegenden CD-Rom in verschiedenen Sprachen vorliegen. Die Verwendung der<br />

unterschiedlichen Sprachen spiegelt die multinationale Zusammensetzung unserer Projektgruppe wider. Sie stellt<br />

auch möglichst vielen LeserInnen/ KollegInnen wenigstens einen Teil unserer Arbeit in Ihrer Muttersprache zur<br />

Verfügung. Dies wurde von den Teilnehmerinnen an unseren Workshops im Rahmen der Arbeitstreffen von<br />

ENOTHE als Anliegen formuliert und wir haben es gerne aufgenommen.<br />

1<br />

Tuning educational structures in Europe – phase II: student workload: the Tuning approach<br />

1


Übersetzung von Chapter1, Januar 08<br />

Kapitel 1<br />

In diesem Kapitel erfahren Sie mehr über den Kontext unserer Arbeit, die Zusammensetzung der Projektgruppe<br />

und mit welcher Zielsetzung wir unsere Arbeit begonnen haben. Es geht um ein Verständnis der Erfordernisse<br />

und Rahmenbedingungen und darum wie sie unsere Arbeitsweise geprägt haben; sowohl inhaltlich, als auch in<br />

der Entwicklung der Produkte: Projekt und vorliegendes Buch.<br />

Die Vorgeschichte:<br />

Unsere Projektgruppe entstand im Rahmen der Arbeit des europäischen Netzwerkes ENOTHE (European<br />

Network of Occupational Therapy in Higher Education). Das Hauptziel der thematischen Netzwerke in Europa ist<br />

der Aufbau und die Entwicklung eines europäischen Hochschulraumes mit vergleichbaren Qualitätsstandards in<br />

der jeweiligen Disziplin. Hierzu kooperieren die Vertreter der verschiedenen Hochschulen und<br />

Ausbildungsstätten, Berufsverbände, Arbeitgeber und betroffene Interessenorganisationen.<br />

Bei ENOTHE handelt es sich um ein themengebundenes Netzwerk, dessen Ziel es ist, die unterschiedlichen<br />

Ausbildungs- und Studiengänge für Ergotherapie in Europa bezüglich der Inhalte und Anforderungsniveaus<br />

aufeinander ab zu stimmen. ENOTHE wurde 1995 gegründet und wird seit 1997 über das Erasmus - Socrates<br />

Programm von der Europäischen Kommission gefördert. In Zusammenarbeit mit COTEC (Council of<br />

Occupational Therapists of the European Countries) werden das Berufsbild und die Ausbildungsinhalte<br />

beständig weiterentwickelt.<br />

Entsprechend der aktuellen europäischen Themenschwerpunkte schlagen einzelne Mitglieder des Netzwerkes<br />

alle vier Jahre Projekte vor. Projektinitiativen werden vom Vorstand geprüft und nach Genehmigung bis zur<br />

Fertigstellung der geplanten Ergebnisse z.B. Artikel, Newsletter, Bücher... begleitet.<br />

Im Jahr 2004 entstanden so Projekte zu den folgenden vier Themen:<br />

1. Tuning und Qualitätssicherung in der Ergotherapie in Europa<br />

2. Entwicklung einer europäischen Dimension im Lehrplan der Ergotherapie<br />

3. Weiterentwicklung ergotherapeutischer Ausbildung und Forschung<br />

4. Entwicklung innovativer Lehr- und Lernmethoden z.B. Problem Orientiertes Lernen (POL), E-learning...<br />

Unter dem Themenschwerpunkt 4, der Entwicklung innovativer Lehr- und Lernmethoden, hatte eine<br />

Arbeitsgruppe ihr Projekt zum „Lehren und Lernen berufsspezifischer Fertigkeiten“ erfolgreich abgeschlossen. Im<br />

Sinne der Weiterführung und Spezifizierung dieser Arbeit wurde im Herbst 2004 ein Folgeprojekt zum Thema<br />

„Analyse von Aktivität und Betätigung in der Ausbildung“/“Activity and Occupational Analysis in Teaching and<br />

Learning” (AOATL) vorgeschlagen.<br />

Das erste, von Lehrkräften für Ergotherapie initiierte Projekt befasste sich mit der Einbindung von<br />

berufsspezifischen Fertigkeiten in die Ergotherapieausbildung, insbesondere von handwerklich gestalterischen<br />

Inhalten, sowie mit der Implementierung von Problem Orientiertem Lernen (POL).<br />

Im Vergleich der Ausbildungsgänge für Ergotherapie in Europa wurden sehr große Unterschiede deutlich. Sie<br />

betrafen die unterschiedlichen nationalen Ausbildungsrichtlinien, den Qualifikationsgrad der Abschlüsse,<br />

verschiedene vorherrschende Paradigmen (eher medizinischen oder eher sozialwissenschaftlich geprägt) und<br />

den historisch gewachsenen Tätigkeitsfeldern, sowie den Bedarf von Ergotherapie auf Grund von<br />

demografischen oder gesundheitspolitischen Entwicklungen. Eins der wichtigsten Kriterien für die Auswahl von<br />

„best teaching“ schien die Verbindung von Theorie und Praxis zu sein, insbesondere zwischen den<br />

berufsspezifischen Fertigkeiten und der Aktivitätsanalyse. Auf dieses Thema wurde während eines Workshops in<br />

Estoril (ENOTHE Jahrestreffen in Portugal 2002) genauer eingegangen. (ENOTHE, 2004, S.63)<br />

Die Projektgruppe „Teaching and Learning Practical Skills“ formulierte fünf Empfehlungen/ Themen:<br />

1. Beim Lernen der berufsspezifischen Fertigkeiten sollen Aktivitäten aus den verschiedenen<br />

Lebensbereichen Selbstversorgung (ADL), Spiel/ Freizeit und Arbeit vertreten sein.<br />

2. Es sollen Fertigkeiten ausgewählt werden, die kulturell und regional eindeutige Relevanz besitzen.<br />

3. Finden von innovativen Lernorten....<br />

4. Die vieldiskutierte Frage des Anforderungsniveaus....<br />

5. Die Verbindung von berufspraktischen und theoretischen Lerninhalten. (ENOTHE, 2004, S.93-95)<br />

Aus der Empfehlung zur Verknüpfung von berufsspezifischen Fertigkeiten und Aktivitätsanalyse entstand der<br />

Wunsch nach einer aktuellen Aufbereitung des Themas „Analyse von Aktivität und Betätigung“ für die Ausbildung.<br />

Deshalb entschlossen sich zwei Mitglieder dieser Projektgruppe, das Thema weiter zu vertiefen und formulierten<br />

den Vorschlag für das Folgeprojekt “Activity and Occupational Analysis Teaching and Learning” (AOATL).<br />

Das Projekt:<br />

Mit dem ständigen Zuwachs berufsrelevanten Wissens und der Weiterentwicklung der beruflichen Praxis wächst<br />

auch das Interesse an einer strukturierten Betrachtung von Betätigung und dem Erwerb dazu erforderlicher<br />

Kompetenzen. Die Vermittlung dieser Kompetenzen hat in der Ergotherapieausbildung einen zentralen<br />

Stellenwert bekommen.<br />

Viele Ausbildungseinrichtungen stehen nun vor dem Problem, dieser Herausforderung gerecht zu werden. Wir<br />

müssen uns mit neuen theoretischen Ansätzen und den daraus resultierenden Fragen auseinander setzen: Was<br />

muss unterrichtet werden? Was sind berufsspezifische Inhalte? Welche neuen Ansätze und Theorien zur Analyse<br />

2


Übersetzung von Chapter1, Januar 08<br />

von Aktivität und Betätigung gibt es? Mit welchen Theoriemodellen soll dieser Inhalt sinnvoller Weise verknüpft<br />

werden? Wie können die Studierenden das Gelernte in den Praktika anwenden und übertragen? Welche<br />

Kompetenzen sind für einen professionellen Einsatz von Analyse nötig? Sind neue Lernmethoden wie POL<br />

geeignet? Wie können die Studierenden ihre Auswahl des therapeutischen Mittels begründen und<br />

kommunizieren?<br />

Auf Grund dieser und ähnlichen Fragen haben sich viele KollegInnen für die Mitarbeit an diesem Projekt<br />

interessiert, oder wollten über die Inhalte informiert werden.<br />

Die Projektgruppe:<br />

Es fanden sich mit zwischenzeitlich wechselnder Besetzung Lehrkräfte aus insgesamt acht europäischen<br />

Ländern zusammen. Jede der folgenden Ausbildungseinrichtungen ist durch eine Lehrkraft vertreten:<br />

BELGIEN:<br />

Provinciale Hogeschool Limburg (PHL)<br />

DÄNEMARK:<br />

Ergoterapeutskolen Holstebro<br />

DEUTSCHLAND: <strong>Wannsee</strong>schule Berlin und ETOS Osnabrück<br />

FRANKREICH: Institut de Formation en Ergothérapie du CHU de Bordeaux (Koordination)<br />

GROSSBRITANNIEN: Canterbury Christ Church University/University of Cumbria<br />

LITAUEN: Vilnius University<br />

NORWEGEN: Oslo University College<br />

PORTUGAL:<br />

Escola Superior de Saude do Alcoitao Estoril<br />

Die Ziele:<br />

Vor unserem ersten persönlichen Zusammentreffen tauschten wir unsere Anliegen und Fragen per E-Mail aus.<br />

Wir können die in dieser Zeit entstandenen Fragen in drei logisch aufeinander folgende Gruppen einteilen:<br />

1 – Grundsätzliche Fragen:<br />

• Wie definieren wir die Begriffe: activity, occupation, activity analysis, occupational analysis?<br />

• Welche Literatur ist relevant?<br />

• Welche Mittel und Instrumente können wir zur Analyse von Aktivität und Handlung 2 nutzen?<br />

2 – Für ein tieferes Verständnis unseres Themas mussten wir folgende Fragen angehen:<br />

• Wie gestaltet sich die Verbindung von Aktivitäts- und Handlungsanalyse mit den konzeptionellen<br />

Modellen der Ergotherapie?<br />

• Wie werden die Kenntnisse über Aktivitäts- und Handlungsanalyse von Ergotherapeuten eingesetzt und<br />

wie von Studierenden?<br />

• Wo findet im ergotherapeutischen Prozess Aktivitäts- und Handlungsanalyse statt? Wie wird dies in der<br />

Ausbildung erklärt, oder im Kontakt zu Klienten?<br />

• Wie treffen ErgotherapeutInnen die Auswahl für eine Aktivität/ Handlung als therapeutisches Mittel für<br />

einen Klienten? Warum gestalten wir eine Aktivität auf eine bestimmte Art und Weise? Welche Faktoren<br />

beeinflussen diese Entscheidungen?<br />

3 – Die Auseinandersetzung mit den bisherigen Fragen ist hilfreich für die Bearbeitung der nun folgenden<br />

abschließenden Fragen:<br />

• Wie sieht die bisherige praktische Umsetzung in der Ausbildung aus? Wird eine differenzierte<br />

Gestaltung von Aktivität/ Handlung im Sinne von Analyse, Auswahl, Adaption und Kompensation zur<br />

Verbesserung des Aktionspotentiales eines Klienten unterrichtet? Gibt es Unterrichtsmethoden, die<br />

hierfür am besten geeignet sind?<br />

• Was ist der beste Platz für die Analyse von Aktivität und Handlung innerhalb der Ausbildung?<br />

• Wie lassen sich Theorie und Praxis gut verbinden?<br />

• Welche Kompetenzen müssen entwickelt werden?<br />

Im Sinne dieser Logik haben wir unsere Arbeit mit einer Recherche der gängigen internationalen Literatur<br />

begonnen und mit einer Bestandsaufnahme dessen, was üblicherweise an europäischen Ausbildungsstätten für<br />

Ergotherapie zu diesem Thema unterrichtet wird. Wir erhofften uns hiervon einen Überblick über das aktuelle<br />

Verständnis von Aktivitäts-/Betätigungsanalyse und über geeignete Unterrichtsmethoden. Und wir wollten die<br />

Schlüsselfunktion der Entwicklung entsprechender Kompetenzen für die berufliche Praxis genauer untersuchen.<br />

Im Sinne der Angleichung der Ergotherapieausbildungen in Europa setzten wir uns das Ziel, ein<br />

Ausbildungsmodul in Anlehnung an die Standards des Tuning-Ansatzes © zu entwickeln. (Näheres hierzu in<br />

Kapitel 3 und 5)<br />

2<br />

in dieser Anfangsphase unserer Zusammenarbeit war es für mich sehr hilfreich, das Wort „Handlung“ als Übersetzung von<br />

„occupation“ zu benutzen. Dieser im deutschen Sprachraum gewachsene Begriff hat mir den Umgang mit der Komplexität der<br />

Sprachen und Definitionen erleichtert. Bei der abschließenden Übertragung der Unterrichtsmaterialien ins Deutsche habe ich<br />

mich für den in Deutschlands Fachwelt aktuell üblichen Begriff der „Betätigung“ entschieden. (Anmerkung zur Übersetzung)<br />

3


Übersetzung von Chapter1, Januar 08<br />

Das Vorgehen:<br />

Als Projektgruppe von ENOTHE hatten wir zwei mal jährlich die Möglichkeit uns zu sehen: Während der<br />

Jahrestreffen des Netzwerkes im Herbst, haben wir im Rahmen unserer Arbeit auch Workshops zu unserem<br />

Thema angeboten und mit den teilnehmenden KollegInnen diskutiert. Die Arbeitstreffen im Frühjahr fanden in<br />

kleinerem Rahmen statt und gaben die Gelegenheit zum Austausch mit anderen Projektgruppen und dem<br />

Vorstand. Die meiste Arbeit wurde zwischen den Treffen zu Hause gemacht und per E-Mail ausgetauscht. Wir<br />

haben Aufgaben verteilt, uns die erarbeiteten Vorschläge gemailt und kommentiert. Manchmal war es durchaus<br />

eine Herausforderung, zusätzlich zu unserem Arbeitsalltag mit dieser ganzen Korrespondenz auf dem Laufenden<br />

zu bleiben und all die Entwürfe zu kommentieren und zu korrigieren.<br />

Die von der EU- geforderte Berichtspflicht von allen Arbeitsaktivitäten, nahm viel Zeit in Anspruch, erwies sich<br />

aber als durchaus sinnvoll zur Dokumentation von Ergebnissen und Verlauf.<br />

Wir fühlen uns einem qualitativ hochwertigen Resultat unserer Arbeit ebenso verpflichtet, wie der Aufgabe des<br />

Austausches zwischen unterschiedlichen europäischen Ländern in einem gemeinsamen Projekt. Roegier<br />

verweist auf die wichtige Rolle solcher Verbindlichkeiten ebenso wie auf einen gleichwertigen Status aller<br />

Beteiligten als Grundbedingung für die Gestaltung eines Gruppenprojektes. Wir hörten einander zu, teilten unser<br />

Wissen und unsere Ideen und arbeiteten miteinander. Wir haben die im Verlaufe unserer Zusammenarbeit<br />

anfallenden Entscheidungen gemeinsam diskutiert und getroffen. Schritt für Schritt lernten wir voneinander,<br />

erweiterten unser Wissen und entwickelten das Ausbildungsmodul gemeinsam.<br />

Hier der Projektverlauf entsprechend der fünf Stufen der Projektarbeit wie sie Sauvaget beschreibt (2005, zitiert<br />

von Morel et al) und die Übertragung auf unseren Arbeitsprozess:<br />

1. Analyse der Situation und der Probleme<br />

2. Zielsetzungen und Wahl der Vorgehensweise<br />

3. Interne und externe Evaluation<br />

4. Umsetzung<br />

5. Evaluation des Prozesses und der Ergebnisse<br />

Die Analyse der Situation und der Probleme ergab sich aus den offenen Fragen der vorhergehenden<br />

Projektgruppe, aus den Aufgaben und Fragen mit denen wir selbst konfrontiert waren und aus einer immensen<br />

Auswahl an Literatur. Die wenigen europäischen Veröffentlichungen zu unserem Thema sind meist in dänischer,<br />

niederländischer oder deutscher Sprache. Dies erschwert eine Nutzung in vielen europäischen Ländern. Zur<br />

Erschließung eines gemeinsamen Wissensstandes über die Aktivitäts- und Handlungsanalyse nutzten wir daher<br />

die relevante internationale Literatur in englischer Sprache. Das war auf Grund von Sprachbarrieren und<br />

unterschiedlichen Definitionen der Fachbegriffe zunächst sehr verwirrend. So haben im Englischen z.B. die zwei<br />

Begriffe „activity“ und „occupation“ deutlich unterschiedliche Bedeutungen. In anderen europäischen Sprachen<br />

gibt es für diese zwei Bedeutungen aber nur ein Wort, oder auch mehrere Begriffe nur für „occupation“. Wie<br />

sollten wir also unsere Schlüsselbegriffe diskutieren oder ins Französische, ins Deutsche, ins Dänische...<br />

übertragen? An dieser Stelle waren die Erfahrungen und Ergebnisse einer Projektgruppe, die sich seit einigen<br />

Jahren schon speziell mit dem Thema Terminologie befasst, sehr hilfreich.<br />

Auf der Grundlage der von dieser Gruppe entwickelten Konsensus– Definitionen konnten wir unsere Arbeit<br />

fortsetzen und im Austausch über Leitfragen, Ideen und Unterrichtserfahrungen einen gemeinsamen Ansatz<br />

finden. Hierzu mehr in Kapitel 2.<br />

Die Zielsetzungen und die Wahl der Vorgehensweise ergaben sich aus der beschriebenen Erfahrung mit der<br />

Vielzahl von Veröffentlichungen und ihren teilweise widersprüchlichen Definitionen, Theorien, Methoden und der<br />

Folge, dass in unserem Erleben dadurch ein gemeinsames Verständnis des ergotherapeutischen Prozesses<br />

immer schwieriger wurde. Die Analyse von Aktivitäten, die als Mittel zur Übung spezieller Funktionen eingesetzt<br />

werden, bezieht sich nur auf einen Ausschnitt ergotherapeutischer Arbeit. Eine weitaus bedeutsamere Dimension<br />

erschließt sich, wenn wir das menschliche Handeln selbst als Ziel betrachten. Aber wie lässt sich individuelles<br />

Handeln analysieren? Aus den Ergebnissen unserer Brainstormings zu den Fragen: „Was brauchen wir um<br />

Aktivität und Handlung zu analysieren?“ und „Wo finden Aktivitäts- und Handlungsanalyse in der Praxis und in der<br />

Ausbildung statt?“ entwickelten wir eine Art Fachlandkarte. In dieser Fachlandkarte unterschieden wir die Stadien:<br />

Auswahl, Planung Durchführung und Evaluation einer Aktivität/Handlung als therapeutisches Mittel. Mit Hilfe<br />

dieser Fachlandkarte konnten wir unserem Thema eine Struktur geben, den einzelnen Stadien<br />

Ausbildungsinhalte zuordnen und entsprechende Lernziele ableiten. (Näheres hierzu in Kapitel 2). Das<br />

ursprüngliche Ziel der Gruppe, ein Ausbildungsmodul für „activity analysis“ and „occupational analysis“ zu<br />

entwickeln modifizierte sich. Wir entschieden uns für die Bezeichnung „occupational mapping“, weil dieser Begriff<br />

unser Anliegen der strukturierten Betrachtung menschlichen Handelns besser beschreibt.<br />

Des Weiteren diente uns der Tuning-Ansatz als roter Faden bei der Entwicklung dieses Kernmoduls zur<br />

Einführung in die „Analyse von Aktivitäten und einer strukturierten Betrachtung menschlicher Betätigung“.<br />

Näheres hierzu in Kapitel 3.<br />

Die interne und externe Evaluation unserer Arbeit war uns sehr wichtig und wurde durch ENOTHE unterstützt.<br />

Natürlich ist auch die Förderung durch die EU an eine entsprechende Qualität der Arbeit und der Ergebnisse<br />

gebunden. Wir überlegten wie und wo wir am besten Feedback erhalten konnten und nutzten hierfür die<br />

verschiedenen ENOTHE-Treffen: 2005 stellten wir verschiedene Definitionen und eine erste Version der<br />

4


Übersetzung von Chapter1, Januar 08<br />

Fachlandkarte zur Diskussion, 2006 einen Entwurf des Ausbildungsmoduls und 2007 die Planung der<br />

vorliegenden Veröffentlichung.<br />

Parallel dazu wir trafen wir zur Erprobung unseres Moduls im Rahmen eines Pilotprojektes Absprachen mit neun<br />

Ausbildungseinrichtungen in Europa.<br />

Die Umsetzung des Pilotprojektes war auch für uns als erfahrene Lehrkräfte ein ganz wesentlicher Schritt, in dem<br />

wir unsere Arbeit an der Realität überprüfen konnten. Vor der Durchführung ließen wir unsere<br />

Unterrichtsmaterialien von außenstehenden Kolleginnen auf ihre Eignung und auf eine folgerichtige Logik<br />

überprüfen. Das Pilotprojekt wurde dann im ersten Semester des Ausbildungsjahres 2006/2007 durchgeführt. Um<br />

ein möglichst umfassendes Bild zu bekommen, evaluierten abschließend sowohl die Studierenden, als auch die<br />

Lehrkräfte das Modul.<br />

Unser Dank gilt allen Studierenden und KollegInnen, die uns in unserer Arbeit durch ihre Kommentare und<br />

Rückmeldungen unterstützt haben.<br />

Obwohl die Evaluation des Prozesses und der Ergebnisse unsere Arbeit ständig begleitet hat, war die<br />

abschließende Evaluation des Pilotdurchlaufes (ausführliche Beschreibung in Kapitel 4) für uns besonders<br />

wichtig. Auf der Grundlage der erhaltenen Rückmeldungen konnten wir das Modul differenzierter ausarbeiten. So<br />

ist die aktuell vorliegende Version entstanden, die in Kapitel 5 näher erläutert wird und die in unterschiedlichen<br />

Sprachen auf der beiliegenden CD-Rom digital zur Verfügung steht. In Kapitel 6 haben wir zum Abschluss einige<br />

der Leitfragen gesammelt, die Impuls gebend für die Planung weiterer Unterrichtseinheiten und Verknüpfungen<br />

sein können.<br />

Wir danken an dieser Stelle ganz besonders den drei externen Evaluatorinnen Jennifer Creek und Christine<br />

Mayers aus Großbritannien und Doris Pierce aus USA. Wir fühlen uns durch ihre sachverständige Begleitung und<br />

Kommentierung unserer Arbeit sehr bereichert.<br />

Das Ziel dieses Buches:<br />

Im Verlauf des ganzen Projektes haben wir verschiedene Möglichkeiten zur Einführung in die „Analyse von<br />

Aktivitäten und die strukturierte Betrachtung menschlicher Betätigung“ im Rahmen der Ergotherapieausbildung<br />

miteinander verglichen. Durch einen Wandel im Einsatz von Aktivität/ Betätigung als Mittel in der Ergotherapie, ist<br />

es nötig, dass sich auch die Ausbildung inhaltlich und methodisch dem entsprechend weiterentwickelt.<br />

Analytische Kompetenzen sind eine Voraussetzung für die therapeutisch sinnvolle Auswahl und Gestaltung von<br />

Aktivitäts- und Handlungsangeboten. Sie sind auch eine Grundlage für die Kommunikation zwischen TherapeutIn<br />

und KlientIn und die gemeinsame Erarbeitung von betätigungsorientierten Behandlungszielen. Dies ist die Basis<br />

für die schlüssige Entwicklung des therapeutischen Prozesses.<br />

Wir möchten die Bedeutung von Handlung/ Betätigung für das Individuum besonders hervorheben und es den<br />

Studierenden ermöglichen, sich als handelnde Wesen und als handlungs-/ betätigungsorientierte Therapeuten zu<br />

begreifen.<br />

Wenn die „Analyse von Aktivitäten und die strukturierte Betrachtung menschlicher Betätigung“ einen zentralen<br />

Platz in der Ausbildung haben, dann hilft dies den Studierenden den Beruf zu verstehen und eine berufliche<br />

Identität zu entwickeln. Hierin liegt die besondere Verantwortung jeder Lehrkraft beim Vermitteln dieser<br />

Kompetenz<br />

Dieses Buch ist nicht das Arbeitsergebnis einer einzelnen Person, sondern es handelt sich um das Resultat einer<br />

internationalen und interkulturellen Zusammenarbeit von Lehrkräften für Ergotherapie. Dieses Resultat stellen wir<br />

hiermit weiteren Lehrkräften, Studierenden und Praktikern der Ergotherapie zur Verfügung.<br />

Zusammenfassung:<br />

In diesem Kapitel geht es um die Entstehungsgeschichte und den Arbeitsprozess der Projektgruppe. In den<br />

folgenden Kapiteln wird detailliert auf die theoretischen Hintergründe und die Entwicklung und Evaluation eines<br />

Moduls zur Einführung in die „Analyse von Aktivitäten und eine strukturierte Betrachtung menschlicher<br />

Betätigung“ eingegangen.<br />

Links und Literatur:<br />

TUNING : http://tuning.unideusto.org/tuningeu/<br />

Terminology group: consensus definitions on ENOTHE website<br />

ENOTHE website : www.enothe.hva.nl<br />

ENOTHE (2004) Occupational Therapy in Europe: Approaches to Teaching and Learning ”Practical”<br />

Occupational Therapy Skills, Amsterdam, Enothe, 110 p.<br />

MOREL M.C, BURGESS K., CIRTAUTAS A., MARKET M., MAY G., RANDLOV B., WINKELMANN I. (2007) La<br />

mise en place d’un module expérimental de formation à l’analyse d’activité sur différents sites européens, in Etre<br />

cadre et manager dans un système de santé, Montpellier, Sauramps médical, p. 295-302<br />

ROEGIERS X. (2006) Les logiques d’élaboration d’un curriculum dans les champs de l’éducation et de la<br />

formation, in<br />

LENOIR Y., BOUILLIER M.H. Savoirs professionnels et curriculum de formation, Québec, Presses de l’université<br />

de Laval, p.167-190<br />

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