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Sozialethik. Mit internationaler Bibliographie, V. Teil - stiftung-utz.de

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96 2. Kap.: Grundsätzliches zur Strukturierung <strong>de</strong>s Staates<br />

sierten und geglie<strong>de</strong>rten Staatenbund o<strong>de</strong>r Bun<strong>de</strong>sstaat zusammen. Sozialethisch<br />

ist aber das Leben, das sich hinter dieser staatsrechtlichen Formel<br />

verbirgt, von vordringlicher Be<strong>de</strong>utung. 1<br />

Die Vertreter <strong>de</strong>s rein staatsrechtlichen<br />

Fö<strong>de</strong>ralismus übersehen die Tatsache, daß damit die nötige verantwortungsbewußte<br />

Bürgerschaft noch nicht geschaffen ist. Der Bürger muß zunächst<br />

an sich erfahren, wie nützlich es ist, in einem verhältnismäßig kleinen<br />

autonomen Kreis die gemeinsamen Ziele anzustreben. Darum kommt es <strong>de</strong>m<br />

Fö<strong>de</strong>ralismus in erster Linie darauf an, eine selbstbewußte und zufrie<strong>de</strong>ne<br />

Bürgerschaft zu erziehen, selbst unter Hintanstellung rein ökonomischer<br />

Berechnungen. Zu sehr wer<strong>de</strong>n oftmals die Kosten einer solchen Aufteilung<br />

<strong>de</strong>r Kompetenzen in Rechnung gezogen, während dahinter ein Anliegen<br />

steht, das unmittelbar nicht mathematisch bestimmbar ist, nämlich das nicht<br />

nur materielle, son<strong>de</strong>rn vor allem geistige Wohlbefin<strong>de</strong>n <strong>de</strong>r Bürger. Dieses<br />

geistige Wohlbefin<strong>de</strong>n <strong>de</strong>r Bürger kann nicht dadurch bewerkstelligt wer<strong>de</strong>n,<br />

daß man ihnen die große Nation als ihre erste und ursprüngliche Heimat<br />

propagandistisch vorzuführen versucht.<br />

Die sozialethische Grundlage <strong>de</strong>s<br />

Fö<strong>de</strong>ralismus<br />

Darum wird in <strong>de</strong>n auf die politische Praxis eingestellten wissenschaftlichen<br />

Darstellungen auf <strong>de</strong>n inneren Kern <strong>de</strong>s Fö<strong>de</strong>ralismus als eines sozialen<br />

Strukturprinzips Wert gelegt.<br />

Aristoteles, <strong>de</strong>r die formale Unterscheidung von Wirtschaft, Gesellschaft und<br />

Staat noch nicht kannte, hat unter Staat einen gesellschaftlichen Organismus<br />

verstan<strong>de</strong>n, in <strong>de</strong>m <strong>de</strong>r einzelne im Verbund mit an<strong>de</strong>rn sein Glück zu verwirklichen<br />

sucht, so daß die politische Ordnung nichts an<strong>de</strong>res ist als <strong>de</strong>r<br />

Abschluß eines umfassen<strong>de</strong>n gemeinsamen Lebens. Und dieses gemeinsame<br />

Leben baute sich auf von <strong>de</strong>r Familie, über <strong>de</strong>n Familienbund zur Gemein<strong>de</strong><br />

o<strong>de</strong>r zur Stadt und schließlich zum zusammenfassen<strong>de</strong>n Element, das wir<br />

heute Staat nennen, das aber von <strong>de</strong>n Alten lediglich als Herrschaftsmacht<br />

verstan<strong>de</strong>n wur<strong>de</strong>, die für Ordnung in <strong>de</strong>m „von Natur" gegebenen Verbund<br />

zu sorgen hatte. Man sprach damals noch nicht von Fö<strong>de</strong>ralismus, man lebte<br />

aber danach, je<strong>de</strong>nfalls zur Zeit <strong>de</strong>s Aristoteles. An<strong>de</strong>rs verhielt es sich im<br />

römischen Einheitsstaat.<br />

Der fö<strong>de</strong>ralistische Gedanke hat eine Reihe von sozialethischen Prinzipien<br />

antizipiert, ehe sie in spezieller Weise formuliert wur<strong>de</strong>n, z.B. das Subsidiaritätsprinzip,<br />

<strong>de</strong>n Kommunitarismus, <strong>de</strong>n Korporativismus. Die Grundten<strong>de</strong>nz<br />

<strong>de</strong>s Fö<strong>de</strong>ralismus besteht darin, <strong>de</strong>n Menschen zu einer natürlichen<br />

1<br />

Vgl. das gründliche Werk von Ernst Deuerlein, Fö<strong>de</strong>ralismus, Die historischen und philosophischen<br />

Grundlagen <strong>de</strong>s fö<strong>de</strong>rativen Prinzips. München 1972.

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