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Sozialethik. Mit internationaler Bibliographie, V. Teil - stiftung-utz.de

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92 2. Kap.: Grundsätzliches zur Strsukturierung <strong>de</strong>s Staates<br />

men<strong>de</strong> Prinzipien in <strong>de</strong>r Verfassung zu fixieren. Man spricht hierbei von <strong>de</strong>n<br />

Grundrechten <strong>de</strong>r Bürger. Die 1948 veröffentlichte Erklärung <strong>de</strong>r Menschenrechte<br />

ist ein Beispiel solcher allgemeingültiger Rechtsnormen, die je<strong>de</strong>r<br />

Staat in seine Verfassung aufnehmen sollte. Das ist doch ein Zeichen dafür,<br />

daß gewisse Rechte, die <strong>de</strong>r Jurist einzig <strong>de</strong>r Moral zuordnen will, vor <strong>de</strong>m<br />

Staat existieren und ihn bin<strong>de</strong>n, so daß die These Kelsens unbegreiflich ist,<br />

daß es allein im und vom Staat Recht geben soll. Die obersten moralischen<br />

Normen sind, entgegen <strong>de</strong>m Wertagnostizismus Kelsens, Objekte echter<br />

Erkenntnis, allerdings nicht von etwas, das ist, son<strong>de</strong>rn von etwas, das sein<br />

soll. Es brauchte für Kant, <strong>de</strong>m Kelsen verpflichtet ist, keine langwierige<br />

Erfahrung, um <strong>de</strong>n ersten praktischen Imperativ als auf die Realität bezogenen<br />

zu erkennen, daß das Gute zu tun, das Böse zu mei<strong>de</strong>n ist. Das heißt,<br />

man muß von <strong>de</strong>r i<strong>de</strong>alistischen Erkenntnislehre Kants Abschied nehmen.<br />

Dann wird man aufgrund sorgfältiger Analyse unseres Erkenntnisprozesses<br />

feststellen, daß unsere Erkenntnis abstraktiv, d.h. vom allgemeinen Sein<br />

ausgeht und von da aus zum konkret Seien<strong>de</strong>n vorstößt, z.B. vom Menschsein<br />

als solchem zum individuellen Menschsein. Es han<strong>de</strong>lt sich aber immer<br />

um ein Sein. Der oberste praktische Imperativ ist darum nicht leer, rein formal,<br />

son<strong>de</strong>rn hat einen Inhalt, eben das Sein, so daß er, genau genommen,<br />

lautet: Das Seinsgerechte, das <strong>de</strong>r Natur <strong>de</strong>r Sache Entsprechen<strong>de</strong>, ist zu tun.<br />

Die Schwierigkeit besteht einzig in <strong>de</strong>r korrekten Konkretisierung. Auf diesem<br />

Feld ergeben sich die Meinungsverschie<strong>de</strong>nheiten. Aber dieses Problem<br />

besteht allgemein auch in <strong>de</strong>r Konkretisierung von juristischen Generalklauseln,<br />

das heißt dort, wo <strong>de</strong>r Richter ein Ermessensurteil zu fällen hat. Doch<br />

auch da muß das Urteil rational überprüfbar sein. Für die konkrete Beurteilung<br />

braucht es Vernunft. Und <strong>de</strong>ren Korrektheit hängt in <strong>de</strong>r praktischen<br />

Ordnung vom guten Willen ab, d.h. vom Willen, das im Sein begrün<strong>de</strong>te<br />

Gute anzustreben. So sehr die konkreten praktischen Urteile voneinan<strong>de</strong>r<br />

unterschie<strong>de</strong>n sein mögen, so sind doch die allgemeinen Prinzipien konsensfähig.<br />

Entsprechend ist auch die Legitimität <strong>de</strong>finierbar, soweit <strong>de</strong>r Konsens<br />

reicht. Rückblickend läßt sich sagen, daß die ganze Kontroverse um die Legitimität<br />

auf eine Frage <strong>de</strong>r Erkenntnistheorie reduziert ist.<br />

In <strong>de</strong>r politischen Praxis läßt sich <strong>de</strong>r Grad <strong>de</strong>r Legitimität einer Regierung in<br />

etwa an <strong>de</strong>n Wahlergebnissen ablesen, sofern man unter Legitimität nur die<br />

momentane Sympathie <strong>de</strong>r Mehrheit eines Volkes für die augenblickliche<br />

Regierung versteht. Wenn diese Sympathie keinen weiteren Horizont hat,<br />

be<strong>de</strong>utet die auf ihr beruhen<strong>de</strong> Legitimität, von <strong>de</strong>r Ethik aus besehen, auf<br />

Seiten <strong>de</strong>s Volkes Verirrung und auf Seiten <strong>de</strong>r Regierung Betrug. Eine Legitimität<br />

mit einem so engen Horizont hat nicht das Format, um als Norm politischer<br />

Entscheidungen zu gelten. Die Tatsache, daß die Legitimität einer<br />

Regierung von <strong>de</strong>n Eigeninteressen <strong>de</strong>r Mehrheit abhängt, sollte im ethisch<br />

eingestellten Politiker das Bewußtsein wecken, daß die Legitimität für <strong>de</strong>n

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