27.04.2015 Aufrufe

Sozialethik. Mit internationaler Bibliographie, V. Teil - stiftung-utz.de

Sozialethik. Mit internationaler Bibliographie, V. Teil - stiftung-utz.de

Sozialethik. Mit internationaler Bibliographie, V. Teil - stiftung-utz.de

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.

YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.

V. Die Legitimität 91<br />

J. Habermas 4 hat gegen die Abstraktion <strong>de</strong>r Gehorsamsmotivation von jeglichem<br />

Inhalt Stellung genommen und die sozialintegrative Be<strong>de</strong>utung <strong>de</strong>r<br />

Legitimität betont. Legitimität ist nach ihm „die Anerkennenswürdigkeit<br />

einer politischen Ordnung", die ohne Inhalte nicht <strong>de</strong>nkbar ist. Sie verwirklicht<br />

die Werte, die für die I<strong>de</strong>ntität <strong>de</strong>r Gesellschaft konstitutiv sind. Von da<br />

aus führt <strong>de</strong>r Weg in die verschie<strong>de</strong>nen For<strong>de</strong>rungen nach einer sozialen<br />

Politik, d.h. in <strong>de</strong>n Wohlfahrts- und Daseinsvorsorgestaat.<br />

Hat die Legitimität rechtsbil<strong>de</strong>n<strong>de</strong><br />

Kraft?<br />

Die Legitimität kann gemäß H. Kelsen nur als „Legitimitäts-I<strong>de</strong>ologie" bezeichnet<br />

wer<strong>de</strong>n 5 . Gemäß Kelsen sind Staat und Recht i<strong>de</strong>ntisch. Das heißt,<br />

die moralischen Wertvorstellungen haben aus sich mit <strong>de</strong>m Recht nichts zu<br />

tun. „Wenn die Reine Rechtslehre eine Legitimierung <strong>de</strong>s Staates durch das<br />

Recht ablehnt, so nicht etwa darum, weil sie je<strong>de</strong> Legitimierung <strong>de</strong>s Staates<br />

für unmöglich erklärt. Sie leugnet nur, daß die Rechtswissenschaft eine<br />

Rechtfertigung <strong>de</strong>s Staates durch das Recht o<strong>de</strong>r - was dasselbe ist - <strong>de</strong>s<br />

Rechts durch <strong>de</strong>n Staat zu leisten vermag. Und sie leugnet insbeson<strong>de</strong>re, daß<br />

es die Aufgabe <strong>de</strong>r Rechtswissenschaft sein kann, irgend etwas zu rechtfertigen.<br />

Rechtfertigung be<strong>de</strong>utet Wertung; und Wertungen - stets subjektiven<br />

Charakters - sind Sache <strong>de</strong>r Ethik und Politik, nicht aber <strong>de</strong>r objektiven Erkenntnis.<br />

Nur ihr hat die Rechtswissenschaft zu dienen, wenn sie Wissenschaft<br />

sein will und nicht Politik". 6<br />

Die Legitimität ist <strong>de</strong>mnach gemäß Kelsen<br />

ein rein politischer Begriff, <strong>de</strong>r erst dann rechtliche Bewandtnis bekommt,<br />

wenn ihr Sachverhalt vom Staat in das Rechtsgefüge aufgenommen<br />

ist. Das alles stimmt aber nur teilweise. Die Diskussion über die Legitimität<br />

befin<strong>de</strong>t sich auf <strong>de</strong>m Vorfeld <strong>de</strong>s positiven Rechts. Die Untersuchung <strong>de</strong>r<br />

Legitimität eines Gesetzes verfolgt keinen an<strong>de</strong>rn Zweck, als die Übereinstimmung<br />

o<strong>de</strong>r Nichtübereinstimmung <strong>de</strong>r staatlichen Direktive mit <strong>de</strong>m<br />

Willen <strong>de</strong>s souveränen Volkes festzustellen. Damit ist aber nicht gesagt, daß<br />

alle moralischen Normen, die in <strong>de</strong>n Wertvorstellungen <strong>de</strong>s souveränen Volkes<br />

enthalten sind, im vorhinein keine rechtliche Bewandtnis hätten, son<strong>de</strong>rn<br />

diese erst durch die Einordnung in das (positive) Staatsrecht erhielten. Man<br />

kann und muß sich nämlich im Unterschied zum Positivisten Kelsen fragen,<br />

ob es nicht auch sogenannte moralische Imperative gibt, die, ohne positivrechtlich<br />

formuliert zu sein, rechtliche Beachtung verlangen. Wenn es<br />

diese nicht gäbe, wäre z.B. niemals ein Nürnberger Prozeß gegen das nationalsozialistische<br />

Regime möglich gewesen. Heute bemüht sich je<strong>de</strong>r <strong>de</strong>mokratische<br />

Staat darum, allgemeine, d.h. noch abstrakte, aus <strong>de</strong>r Moral stam-<br />

4<br />

5<br />

6<br />

Legitimationsprobleme im Spätkapitalismus. Frankfurt 1975.<br />

Reine Rechtslehre, Leipzig - Wien 1934, 127.<br />

A.a.O. 128.

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!