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Sozialethik. Mit internationaler Bibliographie, V. Teil - stiftung-utz.de

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9<br />

ZUR EINFÜHRUNG<br />

Die politische Ethik und die empirischen<br />

Politikwissenschaften<br />

Das seit einiger Zeit in Gang gebrachte interdisziplinäre Gespräch, in <strong>de</strong>m die<br />

Vertreter <strong>de</strong>r verschie<strong>de</strong>nen praktischen Wissenschaften zum Gedankenaustausch<br />

und zur gemeinsamen Formulierung praktischer Orientierung zusammenkommen,<br />

kann nur dann zu einem brauchbaren Ergebnis führen, wenn<br />

die einzelnen Repräsentanten eines Wissenszweiges ihre erkenntnistheoretische<br />

Grun<strong>de</strong>instellung kundtun. Was nützt es z.B., wenn ein Politikwissenschaftler<br />

und ein Ethiker sich darin einig sind, daß man in Entwicklungslän<strong>de</strong>rn<br />

die Demokratie einführen müsse, jedoch von je verschie<strong>de</strong>nen Erkenntnisgrundlagen<br />

ausgehen, von <strong>de</strong>nen aus sie zu ihrem Menschenbild gelangt<br />

sind. Der Politikwissenschaftler ist als Empirist erkenntnistheoretisch Sensualist,<br />

<strong>de</strong>r, <strong>de</strong>m Subjektivismus verpflichtet, <strong>de</strong>n Menschen nur als Individuum<br />

mit eigenen Aspirationen begreifen kann. Für <strong>de</strong>n Empiristen ist die<br />

Demokratie das einzige <strong>de</strong>n Menschen ansprechen<strong>de</strong> politische Mo<strong>de</strong>ll, das<br />

in je<strong>de</strong>m Fall entwe<strong>de</strong>r nur ganz o<strong>de</strong>r gar nicht realisierbar ist (USA-Mo<strong>de</strong>ll<br />

<strong>de</strong>r Politik). Für <strong>de</strong>n Aristoteliker ist die Demokratie keine im Wesen <strong>de</strong>s<br />

Menschen begrün<strong>de</strong>te politische Institution, son<strong>de</strong>rn nur ein mögliches Mo<strong>de</strong>ll<br />

von mehreren Staatsformen. Welches davon im konkreten Fall richtungweisend<br />

ist, kann er nur nach <strong>de</strong>m Studium <strong>de</strong>r konkreten Lebensbedingungen<br />

und Anschauungen <strong>de</strong>s Volkes bestimmen. Kompromisse mit <strong>de</strong>r konkreten<br />

moralischen Einstellung <strong>de</strong>s Volkes kann <strong>de</strong>r Aristoteliker allerdings<br />

nur unter <strong>de</strong>r Bedingung vornehmen, daß diese nicht im Wi<strong>de</strong>rspruch zu <strong>de</strong>n<br />

übergeordneten natürlichen Normen stehen, während <strong>de</strong>r Empirist, z.B. <strong>de</strong>r<br />

Soziologe, sich unbekümmert an die existente Situation anpassen kann.<br />

Der Empirist wird aber an sich später einstellen<strong>de</strong>n katastrophalen Folgen<br />

erkennen, daß die Verleugnung von natürlichen Prinzipien sich rächt. Er wird<br />

dann feststellen, daß die natürlichen Normen politischen Han<strong>de</strong>lns, die nur<br />

durch die aristotelisch-metaphysische Erkenntnistheorie ent<strong>de</strong>ckt wer<strong>de</strong>n<br />

können, doch reale Geltung haben.<br />

Der Empirist rühmt sich, daß er die politische Realität erfasse, während <strong>de</strong>r<br />

Ethiker nur moralische Normen erstelle o<strong>de</strong>r Werte vorweise. Gegen dieses<br />

Mißverständnis, das auch bei <strong>de</strong>n Juristen verbreitet ist, gemäß <strong>de</strong>nen das<br />

Naturrecht in <strong>de</strong>n Sternen zu fin<strong>de</strong>n sei, wehrt sich <strong>de</strong>r Aristoteliker. Die<br />

aristotelische Ethik ist nicht mit <strong>de</strong>r phänomenologisch begrün<strong>de</strong>ten Wertleh-

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