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Sozialethik. Mit internationaler Bibliographie, V. Teil - stiftung-utz.de

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V. DIE LEGITIMITÄT<br />

Die Legitimität ist wohl <strong>de</strong>r komplizierteste Begriff <strong>de</strong>r politischen Philosophie<br />

und Ethik. Im Lauf <strong>de</strong>r Geschichte haben sich alle grundlegen<strong>de</strong>n Begriffe<br />

<strong>de</strong>r gesellschaftlichen und politischen Ordnung in die Diskussion über<br />

die Definition von Legitimität eingedrängt: Gemeinwohl, Gesetz, Gesetzesgehorsam,<br />

Autoritätserwerb und Autoritätsausübung, Mehrheitsprinzip, Demokratie,<br />

Partizipation, Gewaltenteilung, Freiheit, Gleichheit, Pluralismus<br />

usw. Am sichersten geht man wohl, wenn man <strong>de</strong>n historischen Wer<strong>de</strong>- und<br />

Entwicklungsgang dieses Begriffes verfolgt. Eine sachlich begrün<strong>de</strong>te Definition<br />

läßt sich nur aufgrund einer Welt- und Lebensauffassung formulieren.<br />

Sie wird erst am Schluß möglich sein, wenn man die verschie<strong>de</strong>nen möglichen<br />

Schwerpunkte zur Kenntnis genommen hat.<br />

Überblick über die historische Entwicklung <strong>de</strong>s Begriffs<br />

Für die griechischen und lateinischen Klassiker war die Anerkennung einer<br />

staatlichen Autorität eine Selbstverständlichkeit. Sie konnten nur zwischen<br />

guter und schlechter Autorität unterschei<strong>de</strong>n. Welche gut und welche<br />

schlecht ist, entschied sich nach ihrer übergeordneten Norm, <strong>de</strong>m Gemeinwohl.<br />

Welche gerechtfertigt ist und welche nicht, wur<strong>de</strong> danach bestimmt, ob<br />

sie auf <strong>de</strong>m „normalen", d.h. <strong>de</strong>m traditionellen Weg erworben wor<strong>de</strong>n war.<br />

Daraus ergab sich die Unterscheidung <strong>de</strong>r Usurpation von <strong>de</strong>r legitimen Aneignung<br />

<strong>de</strong>r staatlichen Gewalt. Die Gehorsamspflicht gegenüber einer legitimen<br />

Gewalt war kein Objekt <strong>de</strong>r Diskussion. Die Absage an <strong>de</strong>n Bürgergehorsam<br />

entsprechend <strong>de</strong>m Rousseauschen Wunschmo<strong>de</strong>ll <strong>de</strong>r I<strong>de</strong>ntität von<br />

Herrscher und Beherrschtem vollzog sich erst in <strong>de</strong>r französischen Revolution<br />

von 1789. Jedoch zur Zeit <strong>de</strong>r Restauration nach <strong>de</strong>m Wiener Kongreß<br />

(1814/15) war die alte Fassung <strong>de</strong>s Begriffs <strong>de</strong>r Legitimität wie<strong>de</strong>r gültig. Als<br />

legitim wur<strong>de</strong> nur die historisch überkommene, auf rechtlichem Weg erworbene<br />

und über längere Dauer hinweg bewährte Herrschaftsmacht anerkannt.<br />

We<strong>de</strong>r die mit äußerer Gewalt, z.B. durch Annexion, erworbene Macht, noch<br />

eine innerhalb <strong>de</strong>s Staats durch Revolution vollzogene Machtergreifung<br />

konnte sich legitim nennen.<br />

Durch die Abschaffung <strong>de</strong>r Monarchien, bzw. die Schaffung konstitutioneller<br />

Monarchien im Verlauf <strong>de</strong>s 19. und 20. Jahrhun<strong>de</strong>rts ergab sich ein grundsätzlicher<br />

Wan<strong>de</strong>l <strong>de</strong>s Begriffes <strong>de</strong>r Legitimität, insofern sowohl <strong>de</strong>r Herr-

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