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Sozialethik. Mit internationaler Bibliographie, V. Teil - stiftung-utz.de

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IV. Die ethischen Elemente in <strong>de</strong>r Staatsverfassung 81<br />

Die juristische Definition <strong>de</strong>r Verfassung als Gnjindordnung eines staatlichen<br />

Gebil<strong>de</strong>s kommt einer Momentaufnahme <strong>de</strong>s Willens einer umfassen<strong>de</strong>n<br />

Gesellschaft zur gemeinsamen Bewältigung <strong>de</strong>r iLebensbedürfnisse gleich. Im<br />

Hinblick darauf, daß die Verfassungsgründung ajif die Zukunft eingestellt ist,<br />

muß sie ihre Normen so allgemein fassen, daß die verschie<strong>de</strong>nsten konkreten<br />

Situationen rechtlich gemeistert wer<strong>de</strong>n können.! Diese Allgemeinfassung ist<br />

ihr Vorteil, zugleich aber auch ihr Nachteil, weil i <strong>de</strong>r Weg in die Konkretisierung<br />

jeweils eine Rückbesinnung auf die ursprüngliche Wertvorstellung verlangt,<br />

sofern man positivrechtlich korrekt sein uiid sich nicht dauernd in eine<br />

Verfassungsän<strong>de</strong>rung verwickeln will. Hier konfrontieren wir uns mit <strong>de</strong>r<br />

schwierigen Frage, gemäß welchen Normen das Verfassungsgericht in einem<br />

konkreten Fall zu urteilen hat, ob gemäß <strong>de</strong>n | alten, geschichtlichen o<strong>de</strong>r<br />

gemäß <strong>de</strong>n durch die Entwicklung geän<strong>de</strong>rten Wertvorstellungen.<br />

Die Formulierung <strong>de</strong>r<br />

Bürgerrechte<br />

Die Verteilung <strong>de</strong>r Zuständigkeiten auf verschie<strong>de</strong>ne Institutionen (Legislative,<br />

Exekutive, Richterliche Gewalt usw.) läßt sich leicht formulieren.<br />

Schwieriger wird die Definition von subjektiven Rechten wie <strong>de</strong>r Grundo<strong>de</strong>r<br />

Menschenrechte <strong>de</strong>r Bürger, die in je<strong>de</strong>m Fall in die Verfassung eines<br />

<strong>de</strong>mokratischen Staates gehören, weil diese immerhin <strong>de</strong>m Grundanliegen<br />

<strong>de</strong>s Volkes gerecht wer<strong>de</strong>n muß. Durch diese Rechte soll durch Beschränkung<br />

<strong>de</strong>r Staatsmacht <strong>de</strong>m einzelnen die proportionale Integration in die<br />

Staatsgemeinschaft garantiert wer<strong>de</strong>n.<br />

Schon <strong>de</strong>r Wille eines Volkes, sich eine Verfassung für die Zukunft zu geben,<br />

muß die ethisch begrün<strong>de</strong>te Absicht enthalten, Gerechtigkeit für alle zu verwirklichen.<br />

Gerechtigkeit für alle heißt Gemeinwohl. Da die Verfassung das<br />

politische Han<strong>de</strong>ln ordnen muß, ergibt sich von selbst die Frage, bei wem das<br />

politische Han<strong>de</strong>ln beginnen, d.h. durch wen es in Gang gesetzt wer<strong>de</strong>n soll,<br />

durch das Individuum o<strong>de</strong>r das Kollektiv. Nicht nur die <strong>de</strong>mokratische<br />

Grundordnung, son<strong>de</strong>rn ganz allgemein das angewandte Naturrecht gibt <strong>de</strong>m<br />

Individuum <strong>de</strong>n Vorzug, so daß bei Eingriffen | in das Individualrecht die<br />

Beweislast beim Kollektiv liegt.<br />

Dieser grundlegen<strong>de</strong> Satz, <strong>de</strong>r nichts an<strong>de</strong>res als das Subsidiaritätsprinzip<br />

ausdrückt, bedarf einer näheren Erklärung. Auf \ler Ebene <strong>de</strong>s allgemeinen<br />

Naturrechts kann man noch nicht vom Vorrecht <strong>de</strong>s Individuums vor <strong>de</strong>m<br />

Kollektiv sprechen. Vielmehr gilt hier <strong>de</strong>r Grundsatz „Gemeinwohl geht vor<br />

Eigenwohl". Das Eigenwohl erhält seine Legitimation aufgrund seiner Inte-<br />

Wilhelm Hennis in: Wilhelm Hennis, Politik und praktische Philosophie, Stuttgart 1977, 243-274.<br />

Peter Häberle, Verfassung als öffentlicher Prozeß, Materialieh zu einer Verfassungstheorie <strong>de</strong>r<br />

offenen Gesellschaft, Dritte Auflage, Berlin 1998.

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