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Sozialethik. Mit internationaler Bibliographie, V. Teil - stiftung-utz.de

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IV. DIE ETHISCHEN ELEMENTE IN DER STAATSVERFASSUNG<br />

Die soziologische Definition - Die Verfassung als Lebensprozeß <strong>de</strong>r Gesellschaft<br />

Je<strong>de</strong> menschliche Gemeinschaft, die auf Dauer bestehen will, hat ihre bestimmten<br />

Grundnormen, durch die sie in Einheit (zusammengehalten wird und<br />

im Hinblick auf ihre Zielsetzung funktionsfähig ist. Man kann diese Grundnormen<br />

<strong>de</strong>r Gemeinschaft, seien sie schriftlich o^ler mündlich o<strong>de</strong>r nur durch<br />

Gewohnheit vereinbart, mit Verfassung bezeichnen. Der Inhalt <strong>de</strong>r Verfassung<br />

ist je nach Größe und Fülle <strong>de</strong>r Aufgaben verschie<strong>de</strong>n. Je umfangreicher<br />

<strong>de</strong>r Zielkatalog <strong>de</strong>s Gemeinschaftslebens wird, um so mehr nähert sich die<br />

Gemeinschaft <strong>de</strong>m, was man in <strong>de</strong>r klassischen Iphilosophie unter <strong>de</strong>m Staat<br />

als <strong>de</strong>r vollkommenen Gesellschaft verstan<strong>de</strong>n hat, d.h. einer Gesellschaft,<br />

die alle zum Leben <strong>de</strong>r Bürger notwendigen materiellen und geistigen Güter<br />

zu schaffen vermag. Die Verfassung dieser Gesellschaft muß darum die vollgültige<br />

Selbständigkeit zum Ausdruck bringen: Abgrenzung gegen alle an<strong>de</strong>rn<br />

Staaten und zugleich Selbstorganisation und, Selbstherrschaft.<br />

Bevor eine Gesellschaft dieses Grundanliegen ejnes Staates in einer formellen<br />

Verfassung formulieren kann, muß sie selbst in ihrem Wesen in dieser<br />

Weise „verfaßt" sein, d.h. sich als Rechtsperson [verstehen und erleben. Eine<br />

hochgradige geistige Grundlage ist darum Voraussetzung für eine ausdrückliche,<br />

schriftliche, mündliche o<strong>de</strong>r in <strong>de</strong>r Gewohnheit sich manifestieren<strong>de</strong><br />

Verfassung einer „vollkommenen Gesellschaft". Aus diesem Grund hat Rudolf<br />

Smend (Verfassung und Verfassungsrechtl 1928) die Verfassung als<br />

einen Integrationsprozeß bezeichnet. Für ihn ist die Verfassung ein sich stets<br />

erneuern<strong>de</strong>s Verfassungsleben. Er übernahm damit <strong>de</strong>n Gedanken von Th.<br />

2<br />

Litt (Individuum und Gemeinschaft, 1924), gemäß <strong>de</strong>m die Gesellschaft<br />

wesentlich eine „Sinneneinheit reellen geistigen Lebens" ist, von <strong>de</strong>r aus <strong>de</strong>r<br />

einzelne nicht ohne die Ganzheit und diese nicht ohne die einzelnen <strong>de</strong>nkbar<br />

sind. An sich ist das nichts an<strong>de</strong>res als was bereits Aristoteles unter Gesellschaft<br />

verstan<strong>de</strong>n hat, nämlich das einheitliche Streben mehrerer Menschen<br />

nach einem gemeinsamen Ziel, das man mit Gemeinwohl bezeichnet. Die<br />

Verfassung <strong>de</strong>s Staates wäre <strong>de</strong>mnach die alle jnenschlichen Anliegen umfassen<strong>de</strong><br />

Lebensgemeinschaft. Im Grun<strong>de</strong> ist damit gemäß Smend die Verfassung<br />

<strong>de</strong>s Staates nichts an<strong>de</strong>res als sein Leben. |

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