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Sozialethik. Mit internationaler Bibliographie, V. Teil - stiftung-utz.de

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76 2. Kap.: Grundsätzliches zur Strukturierung <strong>de</strong>s Staates<br />

<strong>de</strong>n Wi<strong>de</strong>rstreit ihrer unfriedlichen Gesinnungen in einem Volk so zu richten,<br />

daß sie sich unter Zwangsgesetze zu begeben einan<strong>de</strong>r selbst nötigen, und so<br />

<strong>de</strong>n Frie<strong>de</strong>nszustand, in welchem Gesetze Kraft haben, herbeiführen müssen.<br />

Man kann dieses auch an <strong>de</strong>n wirklich vorhan<strong>de</strong>nen, noch sehr unvollkommen<br />

organisierten Staaten sehen, daß sie sich doch im äußeren Verhalten<br />

<strong>de</strong>m, was die Rechtsi<strong>de</strong>e vorschreibt, schon sehr nähern, ob gleich das Innere<br />

<strong>de</strong>r Moralität davon sicherlich nicht die Ursache ist (wie <strong>de</strong>nn auch nicht von<br />

dieser die gute Staatsverfassung, son<strong>de</strong>rn vielmehr, umgekehrt, von <strong>de</strong>r letzteren<br />

allererst die gute moralische Bildung eines Volkes zu erwarten ist),<br />

mithin <strong>de</strong>r Mechanism <strong>de</strong>r Natur durch selbstsüchtige Neigungen, die natürlicherweise<br />

einan<strong>de</strong>r auch äußerlich entgegen wirken, von <strong>de</strong>r Vernunft zu<br />

einem <strong>Mit</strong>tel gebraucht wer<strong>de</strong>n kann, dieser ihrem eigenen Zweck, <strong>de</strong>r rechtlichen<br />

Vorschrift, Raum zu machen, und hiemit auch, soviel an <strong>de</strong>m Staat<br />

selbst liegt, <strong>de</strong>n inneren sowohl als äußeren Frie<strong>de</strong>n zu beför<strong>de</strong>rn und zu<br />

sichern."<br />

Das ist die sogenannte „Ethik", die heute allgemein die Sozial- und Politikwissenschaft<br />

beherrscht: Es braucht keine Sozialmoral mehr, son<strong>de</strong>rn nur<br />

einen Mechanismus, <strong>de</strong>r die privaten Wünsche aller miteinan<strong>de</strong>r ins Gleichgewicht<br />

bringt, damit keiner <strong>de</strong>n an<strong>de</strong>rn stört. Voraussetzung dazu ist nur,<br />

daß die vielen eigenwilligen Menschen, die für sich keine Ethik brauchen,<br />

sich aus rein rationaler, theoretischer Überlegung einem allgemeinen Gesetz<br />

unterwerfen, weil sie selbst in ihrem Eigensinn nicht mehr bestehen könnten.<br />

Genau das ist auch die „Ethik" <strong>de</strong>r liberalen Vertreter <strong>de</strong>r Marktwirtschaft,<br />

von <strong>de</strong>nen man immer hört, die Marktwirtschaft sei die Wirtschaftsordnung,<br />

in welcher die geringsten ethischen For<strong>de</strong>rungen an <strong>de</strong>n einzelnen gestellt<br />

wer<strong>de</strong>n.<br />

Auf diesem Denken fußt das mo<strong>de</strong>rne Verständnis <strong>de</strong>r Demokratie. Es<br />

kommt dann nur noch darauf an, wie dieser allgemeine Wille sachlich bestimmt<br />

wird. Man kann <strong>de</strong>n allgemeinen Willen nicht ohne Nennung eines<br />

Inhaltes real bestimmen., etwa mit <strong>de</strong>r Klausel „keinerlei diskriminieren<strong>de</strong><br />

Begrenzung <strong>de</strong>r Freiheit". In <strong>de</strong>r Abstimmung gibt je<strong>de</strong>r ein sachlich bestimmtes<br />

Votum ab, das natürlich nur soviel Kraft hat wie die Zahl seiner<br />

Votanten im Verhältnis zur Summe aller Voten. Ob das Ergebnis schließlich<br />

verwirklicht wird, hängt davon ab, daß dabei die Schmerzgrenze <strong>de</strong>r Verlierer<br />

nicht überschritten ist. Denn irgendwo hört die Übereinstimmung <strong>de</strong>r<br />

Freiheiten auf. Die Supposition Kants, daß die Regel von vernünftigen Menschen,<br />

so schlecht diese auch sonst sein mögen, angenommen wer<strong>de</strong>n kann,<br />

ist ein rein theoretisches, spielerisches Mo<strong>de</strong>ll. Kant unterliegt wie K. Marx<br />

<strong>de</strong>m Irrtum, das falsche Menschenbild zugrun<strong>de</strong> zu legen, mit <strong>de</strong>m Unterschied,<br />

daß er einen i<strong>de</strong>alisierten Menschen im Auge hat gegenüber <strong>de</strong>m<br />

Marx'sehen materialistischen.

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