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Sozialethik. Mit internationaler Bibliographie, V. Teil - stiftung-utz.de

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74 2. Kap.: Grundsätzliches zur Strukturierung <strong>de</strong>s Staates<br />

antwortet, wie man es anstellen muß, daß es solche Leute gibt und, wenn es<br />

sie geben sollte, wie man sie auf <strong>de</strong>n entsprechen<strong>de</strong>n Posten bringen kann. Zu<br />

letzterem ist schließlich noch ein allgemeiner Konsens Voraussetzung in <strong>de</strong>r<br />

Form <strong>de</strong>r allgemeinen gleichen moralischen Einstellung.<br />

An dieser Stelle haken die mo<strong>de</strong>rnen Politikwissenschaftler mit ihrer Trennung<br />

von Sein und Sollen ein. <strong>Mit</strong> <strong>de</strong>r Ausschaltung <strong>de</strong>r Wertordnung beginnt<br />

eine neue Epoche <strong>de</strong>r Politikwissenschaft und <strong>de</strong>r Politik überhaupt.<br />

Diese kann zwar im einzelnen Bürger die Bindung an die Werte nicht ausmerzen.<br />

Doch spielen diese im politischen Denksystem keine Rolle mehr.<br />

Das politische System in einer wertfreien pluralistischen<br />

Gesellschaft<br />

Die mo<strong>de</strong>rne Politikwissenschaft kann mit <strong>de</strong>m qualitativen Gemeinwohlbegriff<br />

<strong>de</strong>r aristotelischen Philosophie nichts anfangen. Sie verlangt die meßbare<br />

und allseits einsichtige Kontrolle, und diese gibt es im Hinblick auf das<br />

Gemeinwohl nicht. Dennoch versucht <strong>de</strong>r Mo<strong>de</strong>rne, mit Hilfe <strong>de</strong>r Statistik<br />

grobe Ungerechtigkeiten in <strong>de</strong>r Verteilung zu erfassen, in<strong>de</strong>m er z.B. mathematisch<br />

feststellt, daß in einer Gesellschaft zwei Drittel <strong>de</strong>r Bevölkerung<br />

unter <strong>de</strong>m Existenzminimum leben. Er scheint sich <strong>de</strong>r moralischen Bewertung<br />

doch nicht entledigen zu können. Gegen diesen Vorwurf <strong>de</strong>r Unlogik<br />

erklärt er, er stütze sich nicht auf ein moralisches Urteil, son<strong>de</strong>rn entnehme<br />

das Urteil <strong>de</strong>r Ungerechtigkeit <strong>de</strong>m Faktum <strong>de</strong>r aufbegehren<strong>de</strong>n Mehrheit <strong>de</strong>r<br />

Bevölkerung, die mit einer Revolution droht. Damit gelingt es ihm tatsächlich,<br />

<strong>de</strong>r moralischen Ordnung auszuweichen und bei <strong>de</strong>r rein empirischen<br />

Wissenschaft zu bleiben. Er bleibt somit beim rationalistisch und empirisch<br />

begrün<strong>de</strong>ten Wissen, das nur sagen kann, was ist und was entsprechend <strong>de</strong>n<br />

vorliegen<strong>de</strong>n Erfahrungsdaten mit Wahrscheinlichkeit sein wird.<br />

Dennoch steht auch <strong>de</strong>r Rationalist und Empiriker vor <strong>de</strong>r Aufgabe, ein politisches<br />

Regime zu bezeichnen, gemäß <strong>de</strong>m die Ordnung in <strong>de</strong>r staatlich geeinten<br />

Gesellschaft stabil bleibt. Wenn auf einen Wert verzichtet wer<strong>de</strong>n<br />

muß, dann ist das einzige Soll die stabile Ordnung von freien Menschen, in<br />

<strong>de</strong>r keiner <strong>de</strong>m an<strong>de</strong>rn sein Urteil aufzwingt, d.h. je<strong>de</strong>m völlige Wertfreiheit,<br />

also sachlich unbeschriebene Freiheit beläßt. Das Instrument einer solchen<br />

Ordnung kann nur eine technische Regel sein.<br />

Es ist nun seltsam, daß in <strong>de</strong>n verschie<strong>de</strong>nen vorgetragenen Lösungen<br />

manchmal im Hintergrund doch die Sorge um die sachliche Gerechtigkeit<br />

mitwirkt. So vor allem bei Montesquieu in <strong>de</strong>r <strong>de</strong>taillierten Aufteilung <strong>de</strong>r<br />

Macht in legislative, exekutive und richterliche. Hume versteht unter Gerechtigkeit<br />

offenbar nicht nur die zahlenmäßige Berücksichtigung <strong>de</strong>r Wähler,<br />

wenn er von <strong>de</strong>r Pflicht <strong>de</strong>r Regierung zur Gerechtigkeit spricht. Der Sinn<br />

für eine sachliche Bestimmung <strong>de</strong>r Gerechtigkeit scheint noch nicht ganz

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