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Sozialethik. Mit internationaler Bibliographie, V. Teil - stiftung-utz.de

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III. Die Frage nach <strong>de</strong>m politischen Regime - Die Staatsformen 73<br />

die Frage abschließend nicht zu lösen. Thomas von Aquin hat sich im allgemeinen<br />

für <strong>de</strong>n König entschie<strong>de</strong>n aufgrund <strong>de</strong>r rein spekulativen Überlegung,<br />

daß das Gemeinwohl die Einheit aller gesellschaftlichen Handlungen<br />

umschließe und es immer auf die Klugheit ankomme, die zum Schluß nach<br />

reiflicher, vielseitiger Beratung doch zu einer einzigen, nicht aufteilbaren<br />

moralisch zu verantworten<strong>de</strong>n Entscheidung kommen muß. Er nimmt damit<br />

nicht, wie es <strong>de</strong>n Anschein macht, <strong>de</strong>n platonischen Vorschlag eines Philosophen<br />

auf. Überblickt man alle Stellen, an <strong>de</strong>nen Thomas über <strong>de</strong>n Inhaber <strong>de</strong>r<br />

Gewalt spricht, dann kommt man wie bei Aristoteles zu keinem endgültigen<br />

Ergebnis. Er anerkennt auch die Möglichkeit einer konstitutionellen Monarchie.<br />

Ausdrücklich sagt er, daß eine gemischte Regierung die beste sei (I-II<br />

95,4). Allgemein für das gesellschaftliche Leben anerkennt er auch die<br />

Wahrnehmung <strong>de</strong>r Gemeinwohlfor<strong>de</strong>rungen durch die Mehrheit selbst (I-II<br />

90,3). Immer steht im Blick die Sorge um die Bewahrung <strong>de</strong>r Einheit und <strong>de</strong>s<br />

Frie<strong>de</strong>ns im Sinn <strong>de</strong>r objektiv vorgegebenen Gemeinwohlwerte.<br />

Der Gedanke an eine Beschränkung <strong>de</strong>r Staatsmacht zugunsten <strong>de</strong>r individuellen<br />

Freiheit <strong>de</strong>r Bürger abseits vom sachlich gefor<strong>de</strong>rten Gemeinwohl<br />

konnte nicht aufkommen, da sowohl bei Aristoteles wie bei Thomas <strong>de</strong>r allgemeine<br />

Konsens angenommen wur<strong>de</strong>, daß alle Bürger so vernünftig seien,<br />

die Notwendigkeit eines allen übergeordneten Gemeinwohls und damit auch<br />

die entsprechen<strong>de</strong> Gewalt anzuerkennen. Von bei<strong>de</strong>n wird auch vorausgesetzt,<br />

daß <strong>de</strong>r Inhaber <strong>de</strong>r Macht sich seiner Verantwortung bewußt ist. Bei<br />

Thomas von Aquin kommt noch <strong>de</strong>r Gedanke hinzu, daß das Staatsoberhaupt<br />

sich nicht nur <strong>de</strong>m Volk, son<strong>de</strong>rn auch und vor allem <strong>de</strong>m Schöpfer gegenüber<br />

verantwortlich weiß. Wo <strong>de</strong>r Inhaber <strong>de</strong>r Macht die moralische Verantwortung<br />

nicht mehr wahrnimmt, kann nicht mehr die Re<strong>de</strong> von einem guten<br />

Regime, son<strong>de</strong>rn nur von einer Tyrannis sein. Diese entsteht nicht nur auf<br />

<strong>de</strong>m Weg über wi<strong>de</strong>rrechtliche Machtergreifung, son<strong>de</strong>rn auch durch grobe<br />

Verfehlungen gegen das Gemeinwohl.<br />

Auf <strong>de</strong>m Bo<strong>de</strong>n <strong>de</strong>r Unterscheidung <strong>de</strong>r Regime nach gut und schlecht<br />

kommt man nicht weiter als zur Abtrennung <strong>de</strong>r Tyrannis aus <strong>de</strong>n möglichen<br />

Arten von Regimen und zur Erklärung, daß es im Grun<strong>de</strong> unerheblich ist, wie<br />

das Regime aussieht, wenn nur das Gemeinwohl gesichert ist. Die alten Klassiker<br />

konnten darum nur angeben, welche moralischen Gesichtspunkte ins<br />

Gewicht fallen, wenn es um die Frage geht, wem man die Regierung übergeben<br />

soll. Immerhin ist dies ein entschei<strong>de</strong>n<strong>de</strong>r Hinweis für diejenigen, die mit<br />

<strong>de</strong>r Aufgabe betraut sind o<strong>de</strong>r sich als zuständig betrachten, die Träger <strong>de</strong>r<br />

Verantwortung zu bestimmen, in welchem Regime auch immer. An <strong>de</strong>r Regierung<br />

müssen Leute sein, die eine hohe moralische Qualität aufweisen in<br />

<strong>de</strong>r Form einer beachtlichen Lebensweisheit, sodann einer Uneigennützigkeit<br />

im Dienst für das Gemeinwohl, nicht zuletzt einer umsichtigen und durch<br />

Erfahrung angereicherten Klugheit. Damit ist aber die Frage noch nicht be-

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