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Sozialethik. Mit internationaler Bibliographie, V. Teil - stiftung-utz.de

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II. Der Rechtsstaat - Die Gewaltenteilung 67<br />

Stimmung. Daß einzelne mit ihrer Stimme nicht durchkommen, muß in Kauf<br />

genommen wer<strong>de</strong>n. Unter Umstän<strong>de</strong>n kann das Resultat sachlich nicht korrekt<br />

sein, aber das ist dann <strong>de</strong>r Preis, <strong>de</strong>n die Demokratie zu verantworten<br />

hat. Wenn kein entsprechen<strong>de</strong>s <strong>de</strong>mokratisch beschlossenes Gesetz zur vom<br />

Gemeinwohl gefor<strong>de</strong>rten Beschränkung <strong>de</strong>s Individualrechts vorliegt, interpretiert<br />

die Verwaltung o<strong>de</strong>r <strong>de</strong>r Richter das individuelle Recht im formalen<br />

Sinn <strong>de</strong>r Freiheit. Einen an<strong>de</strong>rn Maßstab gibt es in <strong>de</strong>r Rechtspraxis dann<br />

nicht. Unter Umstän<strong>de</strong>n ergibt sich daraus eine Situation, die in <strong>de</strong>r Bevölkerung<br />

Protest hervorruft. Deutlich zeigt sich diese Entwicklung hinsichtlich<br />

<strong>de</strong>s autonomen Begriffs <strong>de</strong>r freien Meinungsäußerung in <strong>de</strong>n Medien, die<br />

mehr und mehr <strong>de</strong>n Rahmen ethischer Normen sprengt. Wie man leicht sieht,<br />

hängt auch <strong>de</strong>r <strong>de</strong>mokratische Rechtsstaat, wenn er sich gesund entwickeln<br />

soll, von einem allgemeinen Wertkonsens ab, <strong>de</strong>r seinerseits nur durch ein<br />

entsprechen<strong>de</strong>s Bildungskonzept bewirkt wer<strong>de</strong>n kann. Rein juristische<br />

Techniken o<strong>de</strong>r Regelsysteme, so <strong>de</strong>mokratisch sie erstellt wor<strong>de</strong>n sind,<br />

nützen nichts ohne ein Min<strong>de</strong>stmaß von gemeinsamen Wertvorstellungen. Zu<br />

guter Letzt lan<strong>de</strong>t man immer bei <strong>de</strong>r <strong>Sozialethik</strong>. Dies gilt auch von <strong>de</strong>r<br />

Gewaltenteilung.<br />

Die<br />

Gewaltenteilung<br />

An sich läßt sich die staatliche Herrschaftsgewalt nicht teilen. Es wäre höchstens<br />

an eine Aufteilung <strong>de</strong>r Staatsfunktionen in die Funktion <strong>de</strong>r Gesetzgebung,<br />

<strong>de</strong>r Verwaltung und <strong>de</strong>r Rechtsprechung zu <strong>de</strong>nken. Montesquieu hat<br />

nie daran gedacht, von drei getrennten Gewalten zu sprechen. Die richterliche<br />

Gewalt tritt bei ihm in <strong>de</strong>n Hintergrund, da sie nichts mit <strong>de</strong>r Staatslenkung<br />

zu tun hat. Die Gesetzgebung und die Verwaltung sollten nicht getrennt,<br />

son<strong>de</strong>rn durch gegenseitige Verschränkung ins Gleichgewicht gebracht wer<strong>de</strong>n,<br />

um die Einheit staatlicher Entscheidung zu gewährleisten. Dagegen<br />

sollte die Rechtsprechung möglichst aus <strong>de</strong>r sozialen, d.h. politischen Verstrickung<br />

freigehalten wer<strong>de</strong>n, um die Einwirkung von Gruppeninteressen<br />

auszuschließen.<br />

Diese dynamische Auffassung <strong>de</strong>r „Gewaltenteilung" setzt naturgemäß eine<br />

gemischte Staatsform o<strong>de</strong>r Staatsverfassung voraus. Dieser Bezug <strong>de</strong>r Gewaltentrennung<br />

zur Staatsform erklärt zugleich, warum Aristoteles die Staatsformenlehre<br />

im Hinblick auf die Funktionsfähigkeit <strong>de</strong>r staatlichen Gewalt<br />

behan<strong>de</strong>lt und sich für eine gemischte Verfassung ausgesprochen hat. Ähnlich<br />

hat auch Thomas von Aquin, obwohl er rein spekulativ zur Wahrung <strong>de</strong>r<br />

Einheit <strong>de</strong>s Gemeinwohls für die Monarchie plädierte, im Blick auf die Praxis<br />

doch die gemischte Verfassung als die beste bezeichnet, nicht zuletzt auch<br />

um <strong>de</strong>r Be<strong>de</strong>utung <strong>de</strong>r Stän<strong>de</strong> in seiner Staatsformenlehre willen. Aus diesem<br />

Grund gibt es we<strong>de</strong>r bei Aristoteles noch bei Thomas von Aquin einen be-

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