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Sozialethik. Mit internationaler Bibliographie, V. Teil - stiftung-utz.de

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62 2. Kap.: Grundsätzliches zur Strukturierung <strong>de</strong>s Staates<br />

aufweist. An sich ist im menschlichen Bereich die Vernunft zuständig, die<br />

Frage nach <strong>de</strong>m Träger <strong>de</strong>r Gewalt unter Berücksichtigung aller konkreten<br />

Umstän<strong>de</strong>, worunter nicht nur die körperliche und geistige Überlegenheit,<br />

son<strong>de</strong>rn auch die Gewohnheit zu verstehen sind, zu entschei<strong>de</strong>n. In all diesen<br />

Fällen spielt, wie man feststellt, die Effizienz <strong>de</strong>r Führung die entschei<strong>de</strong>n<strong>de</strong><br />

Rolle, also das Naturgesetz, wie es allgemein in <strong>de</strong>r Natur gültig ist.<br />

Im staatlichen Bereich folgt man zum größten <strong>Teil</strong> <strong>de</strong>r Tradition, d.h. <strong>de</strong>r von<br />

jeher überlieferten Gewohnheit. In <strong>de</strong>n Industriestaaten hat sich die <strong>de</strong>mokratische<br />

Abstimmung durchgesetzt, die dann auch <strong>de</strong>n Entwicklungslän<strong>de</strong>rn<br />

aufgebür<strong>de</strong>t wird, auch wenn sie darauf noch nicht ausreichend vorbereitet<br />

sind und somit noch keine stabile Ordnung garantieren können. Erst und<br />

einzig in <strong>de</strong>r <strong>de</strong>mokratischen Wahl <strong>de</strong>s Inhabers <strong>de</strong>r Staatsgewalt bewahrheitet<br />

sich <strong>de</strong>r Satz, daß alle Gewalt vom Volk stamme, wenngleich es nicht<br />

richtig ist, die Gewalt als solche im Volk zu suchen. Aber schließlich kommt<br />

es in <strong>de</strong>r Praxis nicht darauf an, woher die Macht als solche kommt, son<strong>de</strong>rn<br />

in welchen Hän<strong>de</strong>n sie sich befin<strong>de</strong>t<br />

Aus <strong>de</strong>m Gesagten ergibt sich die Einsicht, daß die Bestimmung <strong>de</strong>s Trägers<br />

<strong>de</strong>r Gewalt weitgehend das Ergebnis <strong>de</strong>r freien o<strong>de</strong>r erzwungenen Anerkennung<br />

von Seiten <strong>de</strong>r Gesellschaftsglie<strong>de</strong>r ist, d.h. daß wir uns hier auf <strong>de</strong>m<br />

Bo<strong>de</strong>n <strong>de</strong>r Faktizität bewegen, wer immer <strong>de</strong>n Träger <strong>de</strong>r Staatsgewalt bestimmt<br />

o<strong>de</strong>r zu bestimmen für sich das Recht beansprucht.<br />

Das hat bereits Thomas von Aquin erkannt. Die Frage nach <strong>de</strong>r Rechtmäßigkeit<br />

<strong>de</strong>r Revolution gegen ein Unrechtssystem hat er unter <strong>de</strong>r Überschrift <strong>de</strong>r<br />

moralischen Voraussetzungen <strong>de</strong>s Tyrannenmor<strong>de</strong>s behan<strong>de</strong>lt. Danach ist<br />

die Revolution gegen ein Unrechtssystem unter folgen<strong>de</strong>n Bedingungen verantwortbar:<br />

1. daß die Tyrannenherrschaft <strong>de</strong>m Gemeinwohl wi<strong>de</strong>rspricht, 2.<br />

daß die sichere Aussicht besteht, <strong>de</strong>n Tyrannen zu beseitigen, 3. daß man<br />

damit rechnen kann, bessere Gesellschaftsverhältnisse als die augenblicklichen<br />

zu schaffen. Wenn diese drei Bedingungen nicht erfüllt sind, ist die<br />

Tyrannenherrschaft anzunehmen, weil einzig das Unrechtssystem <strong>de</strong>s Tyrannen<br />

momentan eine sichere Ordnung garantiert. Die Faktizität ist somit am<br />

Schluß das entschei<strong>de</strong>n<strong>de</strong> Moment. 6<br />

Aus <strong>de</strong>r Erkenntnis, daß am En<strong>de</strong> <strong>de</strong>rjenige die Macht hat, <strong>de</strong>r sie nicht nur<br />

erhalten, son<strong>de</strong>rn auch behalten kann, ergeben sich für die Gesellschaft<br />

Pflichten, von <strong>de</strong>ren Erfüllung es schließlich abhängt, ob <strong>de</strong>rjenige die Macht<br />

erhält, <strong>de</strong>r am besten für das Gemeinwohl sorgt. Je<strong>de</strong>r <strong>de</strong>mokratische Staat<br />

hat <strong>de</strong>n Machthaber an <strong>de</strong>r Spitze, <strong>de</strong>n er verdient. So wird die politische<br />

Ethik schließlich an die <strong>Sozialethik</strong> verwiesen. Die politische Ethik erhält<br />

6<br />

Vgl. Thomas von Aquin, Naturgesetz und Naturrecht, Bonn 1996, daselbst in meinem Kommentar<br />

S. 225.

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