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Sozialethik. Mit internationaler Bibliographie, V. Teil - stiftung-utz.de

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60 2. Kap.: Grundsätzliches zur Strukturierung <strong>de</strong>s Staates<br />

zu ihrer Existenz immer ein intellektuelles Wesen voraussetzen, kann als<br />

letzte Ursache <strong>de</strong>r sozialen Zweckordnung samt <strong>de</strong>r darin enthaltenen Ordnungskompetenz<br />

nur <strong>de</strong>r Schöpfer <strong>de</strong>r menschlichen Natur in Frage kommen,<br />

<strong>de</strong>n wir Gott nennen. Um diese notwendige Konsequenz, die sich aus <strong>de</strong>r<br />

Annahme einer natürlichen Zweckordnung ergibt, zu umgehen, spricht die<br />

materialistische Naturwissenschaft nur von Entwicklung, nicht aber von<br />

natürlicher Finalität. Diese Erklärung <strong>de</strong>r Staatsmacht als einer naturrechtlichen<br />

Institution, die ihrerseits auf <strong>de</strong>n Begriff <strong>de</strong>r Schöpfung bezogen ist,<br />

fin<strong>de</strong>t sich bereits bei Francisco <strong>de</strong> Vitoria in <strong>de</strong>ssen Vorlesung De potestate<br />

civili. 2<br />

Diese naturrechtliche Argumentation hat mit <strong>de</strong>m Kapitel 3 <strong>de</strong>s Paulusbriefes<br />

an die Römer nichts zu tun. Dort ist vom Gehorsam gegenüber <strong>de</strong>r aktuellen<br />

Staatsmacht die Re<strong>de</strong>. In <strong>de</strong>r Folge ist darin auch kein Zusammenhang mit<br />

<strong>de</strong>r mittelalterlichen These vom Gottesgna<strong>de</strong>ntum <strong>de</strong>r staatlichen Obrigkeit<br />

zu suchen. Daß die naturrechtliche Erklärung <strong>de</strong>r staatlichen Herrschaftsgewalt<br />

in keiner Weise mit <strong>de</strong>r Politischen Theologie Carl Schmitts 3<br />

zusammenhängt,<br />

dürfte auch einsichtig sein. C. Schmitt hat keine Ahnung von einem<br />

Naturrecht, das seine Legitimation in einem Schöpfergott fin<strong>de</strong>t. Für ihn<br />

beinhaltet die Metaphysik bereits eine Verabschiedung von <strong>de</strong>r Religion,<br />

auch von <strong>de</strong>r natürlichen. 4<br />

Wem dieser metaphysische Rückgriff auf eine durch einen Schöpfer erdachte<br />

und geschaffene Wesensordnung nicht gefällt, mag abkürzend mit <strong>de</strong>r Allgemeinen<br />

Erklärung <strong>de</strong>r Menschenrechte sagen, daß die Natur <strong>de</strong>s Menschen<br />

eine solche Rechtsordnung erfor<strong>de</strong>re. Rechtsphilosophisch ist dieser naturalistische<br />

Rationalismus allerdings ein Monstrum. Wenn man schon <strong>de</strong>n Schöpfer<br />

ausklammern will, bleibt rechtslogisch nur die hypothetische Unterstellung<br />

einer nicht bestimmbaren Autorität, wie sie in <strong>de</strong>r Reinen Rechtslehre<br />

vorgenommen wird, jedoch mit <strong>de</strong>r Konsequenz, daß man an <strong>de</strong>r Realität<br />

vorbeire<strong>de</strong>t.<br />

Das Ergebnis dieser naturrechtlichen Erörterung ist somit dieses: Im Hinblick<br />

darauf, daß das geordnete Leben in einem Staat die höchste Erfüllung <strong>de</strong>r in<br />

<strong>de</strong>r menschlichen Sozialnatur liegen<strong>de</strong>n Zielordnung darstellt, ist mit <strong>de</strong>r<br />

Schaffung dieses existentiellen Sachverhaltes durch ein höchstes intellektuelles<br />

Wesen auch die Gewalt institutionell mitgegeben wor<strong>de</strong>n, so daß es für<br />

2<br />

Vgl. Francisco <strong>de</strong> Vitoria, Vorlesungen I (Relectiones), Völkerrecht, Politik, Kirche, hrsg von<br />

U. Horst, H.-G. Justenhoven, J. Stuben, Stuttgart 1995, 127; ebenso Vorlesungen II (Relectiones),<br />

Stuttgart, 1997, 26 ff.<br />

3<br />

Carl Schmitt, Politische Theologie, Vier Kapitel zur Lehre von <strong>de</strong>r Souveränität, Berlin 7 1996;<br />

<strong>de</strong>rs., Politische Theologie II, Die Legen<strong>de</strong> von <strong>de</strong>r Erledigung je<strong>de</strong>r Politischen Theologie,<br />

Berlin 4 1996.<br />

4<br />

Vgl. hierzu das Kapitel „Politische Theologie".

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