Sozialethik. Mit internationaler Bibliographie, V. Teil - stiftung-utz.de
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I. Die Herrschaftsmacht <strong>de</strong>s Staates 59<br />
Möglichkeit sittlichen Gehorsams zu schaffen. Man könnte nun sagen, je<strong>de</strong>r<br />
einzelne und das ganze Volk besitze das Lebensrecht, so daß sich daraus die<br />
rechtliche Begründung <strong>de</strong>r Gewalt als Sch<strong>utz</strong>macht von selbst ergebe. In <strong>de</strong>r<br />
Tat war das die simple Überlegung, die in <strong>de</strong>n Vorbereitungen <strong>de</strong>r allgemeinen<br />
Erklärung <strong>de</strong>r Menschenrechte von 1948 gemacht wor<strong>de</strong>n ist. Aber aus<br />
<strong>de</strong>m Sein allein kann man noch kein Recht begrün<strong>de</strong>n. Zumin<strong>de</strong>st ist hypothetisch<br />
ein Gesetzgeber anzunehmen, wie es Kelsen mit seinem hypothetisch<br />
gesetzten Völkerrecht getan hat. Doch mit Suppositionen kann man nur theoretisch,<br />
nicht aber real etwas begrün<strong>de</strong>n. Die klassische Naturrechtslehre hat<br />
darum <strong>de</strong>n Begriff <strong>de</strong>r rein physischen Entwicklung durch <strong>de</strong>n <strong>de</strong>r Finalität<br />
ersetzt und hat damit die Sicht zur Anordnung <strong>de</strong>s Schöpfers geöffnet. Das<br />
geordnete Zusammenleben im Staat ist in <strong>de</strong>r Natur <strong>de</strong>s Menschen als Ziel<br />
grundgelegt und damit auch mit <strong>de</strong>n nötigen Rechten institutionell ausgestattet.<br />
Sowohl die Rechte <strong>de</strong>s einzelnen als auch die eines Volkes sind wesentliche<br />
Elemente in <strong>de</strong>r Erfüllung menschlicher Existenz.<br />
In <strong>de</strong>r Sozialnatur <strong>de</strong>s Menschen liegt also ein Zweck, nämlich die gemeinsame<br />
Verwirklichung <strong>de</strong>s menschlichen Glücks in einem umfassen<strong>de</strong>n<br />
Staatswesen, und diese Gemeinschaft kann nur durch eine Autorität zusammengehalten<br />
wer<strong>de</strong>n. Die final auf <strong>de</strong>n Staat ausgerichtete Sozialnatur bedarf<br />
also zur Erfüllung ihres Zweckes <strong>de</strong>r Staatsmacht. Diese gehört darum zur<br />
natürlichen Institution <strong>de</strong>r menschlichen Natur. Als Institution wird ein Gebil<strong>de</strong><br />
verstan<strong>de</strong>n, das mehrere Elemente in gegenseitiger Relation zusammenhält.<br />
Wie an an<strong>de</strong>rer Stelle dargestellt', gibt es verschie<strong>de</strong>ne Institutionen.<br />
Die rein soziologische Institution verdankt ihre Entstehung einer gemeinsamen<br />
freien Entscheidung. In dieser Weise ist eine Genossenschaft eine<br />
Institution. Er gibt aber auch in <strong>de</strong>r Wesensnatur <strong>de</strong>s Menschen begrün<strong>de</strong>te<br />
Institutionen, die <strong>de</strong>swegen als natürliche Institutionen zu bezeichnen sind.<br />
Dazu gehört z.B. die Ehe, die in <strong>de</strong>r natürlichen geschlechtlichen Verschie<strong>de</strong>nheit<br />
von Mann und Frau begrün<strong>de</strong>t ist. Die Zweigeschlechtlichkeit von<br />
Mann und Frau ist ihrem Wesen nach auf die Ehe als unauflöslicher Lebensgemeinschaft<br />
hin finalisiert. Im gleichen Sinn gehört das in <strong>de</strong>r Sozialnatur<br />
<strong>de</strong>s Menschen begrün<strong>de</strong>ten Gebil<strong>de</strong>, das wir Staat nennen, zu <strong>de</strong>n natürlichen<br />
Institutionen. Der Staat schließt aber wesensgemäß die Staatsmacht ein. Staat<br />
und Staatsmacht sind voneinan<strong>de</strong>r nicht zu trennen, sie haben die gleiche<br />
Voraussetzung, nämlich die Finalität <strong>de</strong>r Sozialnatur <strong>de</strong>s Menschen. Diese ist<br />
ihrerseits nicht aus einer rein physischen Entwicklung, erst recht nicht aus<br />
gegenseitiger Übereinkunft entstan<strong>de</strong>n, son<strong>de</strong>rn vorgegeben. Bei <strong>de</strong>r konkreten<br />
Gründung eines Staates wird selbstverständlich <strong>de</strong>r freie Wille <strong>de</strong>s<br />
Menschen wirksam, doch ganz in Abhängigkeit von <strong>de</strong>r Naturanlage <strong>de</strong>s<br />
Menschen, die, wie gesagt, auf <strong>de</strong>n Staat als Ziel hingeordnet ist. Da Zwecke<br />
1<br />
Vgl. A.F. Utz, <strong>Sozialethik</strong>:, II. <strong>Teil</strong>, Rechtsphilosophie, Hei<strong>de</strong>lberg 1963, 172 ff.