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Sozialethik. Mit internationaler Bibliographie, V. Teil - stiftung-utz.de

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II. Die Politische Theologie 53<br />

dann gibt es keine an<strong>de</strong>re Lösung als die von Schmitt. Der Extremfall, d.h.<br />

<strong>de</strong>r Notzustand ist für die bürgerliche Gemeinschaft die Gefahr <strong>de</strong>r Vernichtung<br />

<strong>de</strong>s existieren<strong>de</strong>n Staates. Dagegen gibt es diesen Extremfall für die<br />

katholische Kirche nicht, weil sie direkt unter göttlicher Einwirkung steht.<br />

Deswegen sagt Schmitt, <strong>de</strong>r Extremfall <strong>de</strong>r Kirche sei ein Fall <strong>de</strong>s Wun<strong>de</strong>rs. 53<br />

In <strong>de</strong>r Tat grün<strong>de</strong>t sich <strong>de</strong>r Glaube an die Unfehlbarkeit <strong>de</strong>s Papstes in Sachen<br />

<strong>de</strong>s Dogmas und <strong>de</strong>r Moral auf ein rational nicht greifbares Faktum,<br />

nämlich auf <strong>de</strong>r göttlichen Versicherung Christi an Petrus, daß die Pforten<br />

<strong>de</strong>r Hölle die Kirche nicht überwältigen wer<strong>de</strong>n.<br />

Nimmt man die These Schmitts an, daß wir dauernd in <strong>de</strong>r Extremsituation<br />

leben, kann man seiner Logik nicht wi<strong>de</strong>rsprechen. Obwohl Schmitt <strong>de</strong>m<br />

I<strong>de</strong>alismus <strong>de</strong>s Neokantianismus erlegen ist, steht für ihn nicht die individuelle<br />

Freiheit im Vor<strong>de</strong>rgrund, son<strong>de</strong>rn die absolute Geschlossenheit <strong>de</strong>r staatlichen<br />

Gemeinschaft gegenüber <strong>de</strong>m möglichen Feind. Eine Autorität, die,<br />

wie es in <strong>de</strong>r Demokratie <strong>de</strong>r Fall ist, ihre Legitimation stets im Konsens <strong>de</strong>r<br />

Bürgerschaft suchen muß, ist diesem Denken völlig fremd. Um die Funktion<br />

<strong>de</strong>r Autorität, die Einheit <strong>de</strong>r bürgerlichen Gesellschaft zu garantieren, mußte<br />

Schmitt auf eine Autorität zurückgreifen, die in <strong>de</strong>r Transzen<strong>de</strong>nz ihr Fundament<br />

hat. Darum seine Sympathie für Donoso Cortes. Er täuscht sich aber,<br />

wenn er meint, damit einen Vorteil gegenüber <strong>de</strong>r Demokratie gewonnen zu<br />

haben. Denn auch die Demokratie bezieht ihre Autorität aus <strong>de</strong>r Transzen<strong>de</strong>nz,<br />

vom Schöpfer. 54<br />

Nur <strong>de</strong>r Träger <strong>de</strong>r Autorität wird <strong>de</strong>mokratisch mit<br />

<strong>de</strong>m Mehrheitsentscheid bestimmt. Der Gebrauch <strong>de</strong>r Autorität steht in je<strong>de</strong>m<br />

Fall <strong>de</strong>m freien (und hinfälligen) Willen <strong>de</strong>s menschlichen Trägers <strong>de</strong>r Autorität<br />

zu. Wenn dieser sein Verantwortungsbewußtsein in <strong>de</strong>r Transzen<strong>de</strong>nz<br />

verankert hätte und zu<strong>de</strong>m mit einer Bürgerschaft rechnen könnte, die vom<br />

gleichen Geist beseelt ist, dann wäre die Homogenität <strong>de</strong>r staatlichen Gemeinschaft,<br />

ob monarchisch o<strong>de</strong>r <strong>de</strong>mokratisch organisiert, gesichert. Dann<br />

wür<strong>de</strong> auch <strong>de</strong>r Parallelismus <strong>de</strong>r staatlichen und <strong>de</strong>r kirchlichen Gemein-<br />

Abstraktion Kants). Dann sucht er die Möglichkeit <strong>de</strong>r Verwirklichung dieses Rechts im existenten<br />

gesellschaftlichen Raum. Auf diesem Bo<strong>de</strong>n kommt als Orientierungspunkt nur <strong>de</strong>r<br />

Extremfall in Frage. Kelsen hat diesen Weg in die existente Welt nicht mehr gemacht, weil er<br />

innerhalb <strong>de</strong>s reinen Rechts bleiben wollte. Darum hat er sich gegen <strong>de</strong>n Vorwurf, er sei Positivist<br />

energisch gewehrt, im Unterschied zu C. Schmitt, für <strong>de</strong>n aber <strong>de</strong>swegen <strong>de</strong>r Vorwurf <strong>de</strong>s<br />

Positivismus gilt. Für Thomas von Aquin ist dieser Gedankengang monströs, weil nach ihm <strong>de</strong>r<br />

Begriff <strong>de</strong>s Rechts nur in <strong>de</strong>r realen Welt, nämlich <strong>de</strong>r metaphysischen Natur <strong>de</strong>s Menschen,<br />

gefun<strong>de</strong>n wer<strong>de</strong>n kann. Darum gibt es für Thomas (entgegen Kelsen und Schmitt) nur die Definition<br />

<strong>de</strong>s Rechts als richtigen o<strong>de</strong>r gerechten Rechts.<br />

53<br />

Politische Theologie, 43.<br />

54<br />

Dieser Gedanke ergibt sich aus <strong>de</strong>r Tatsache, daß <strong>de</strong>r Mensch als soziales Wesen geschaffen<br />

wur<strong>de</strong>, das seine Vervollkommnung nur im gesellschaftlichen Verbund fin<strong>de</strong>t, <strong>de</strong>r seinerseits<br />

ohne Autorität nicht bestehen kann. Die Autorität ist also in <strong>de</strong>r Institution <strong>de</strong>s gesellschaftlichen<br />

rationalen Wesens eingeschlossen. So die Erklärung <strong>de</strong>r Vertreter <strong>de</strong>s klassischen Naturrechts.

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