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Sozialethik. Mit internationaler Bibliographie, V. Teil - stiftung-utz.de

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52 1. Kap.: Die Politik als Objekt <strong>de</strong>r Ethik<br />

Bei seiner Bewun<strong>de</strong>rung <strong>de</strong>s päpstlichen Primates hat Schmitt übersehen, daß<br />

im weltlichen Bereich und vor allem im Staat auch <strong>de</strong>r Träger <strong>de</strong>r Autorität<br />

ein Sün<strong>de</strong>r ist, <strong>de</strong>m man um <strong>de</strong>r Gerechtigkeit willen gewisse Zügel anlegen<br />

muß. Er hat zwar klar erkannt, daß man auch im Papst unterschei<strong>de</strong>n muß<br />

zwischen seiner persönlichen Moral und seinen physischen Qualitäten einerseits<br />

und seiner Funktion als Träger <strong>de</strong>r Autorität. Doch vermischen sich<br />

diese bei<strong>de</strong>n Seiten im weltlichen Bereich. Damit hat sich Schmitt <strong>de</strong>n Zugang<br />

zum Verständnis <strong>de</strong>r Demokratie verbaut. Das Leitwort „Ein Gott, ein<br />

Volk, ein König" ist eine zeitlich bedingte Interpretation <strong>de</strong>s Monotheismus.<br />

Der Kern <strong>de</strong>s Monotheismus besteht in <strong>de</strong>r Überzeugung, daß Gott die Welt<br />

geschaffen und auf ein einheitliches Ziel ausgerichtet hat, so daß es Aufgabe<br />

<strong>de</strong>r vernunftbegabten Geschöpfe ist, ihr eigenes Leben und alles, womit sie<br />

auf dieser Welt umgehen, in diese universale Einheit einzubin<strong>de</strong>n, d.h. nichts<br />

aus diesem Verbund aus egoistischem Trieb herauszureißen. Im einzelnen<br />

besagt diese allgemeine Finalität, daß auf allen Stufen <strong>de</strong>s Lebens und vor<br />

allem auch im gesellschaftlichen Zusammensein das Gemeinwohl <strong>de</strong>r oberste<br />

Maßstab <strong>de</strong>r Bewertung sein muß, wer immer diesen Maßstab autoritativ im<br />

Konkreten verwaltet. Hinsichtlich dieser hohen moralischen Aufgabe <strong>de</strong>s<br />

Autoritätsträgers liegt natürlich <strong>de</strong>r Gedanke an die Monarchie nahe. Daß<br />

Thomas von Aquin die Monarchie gegenüber <strong>de</strong>r Demokratie bevorzugte, war<br />

einzig dadurch begrün<strong>de</strong>t, daß er die moralisch zu verantworten<strong>de</strong> Entscheidung<br />

für das Gemeinwohl in <strong>de</strong>r Demokratie gefähr<strong>de</strong>t sah, <strong>de</strong>nn wie soll<br />

durch eine individualistisch eingestellte Vielheit die Einheit garantiert wer<strong>de</strong>n?<br />

Von <strong>de</strong>r Möglichkeit, daß in einer solchen Gesellschaft gegen allen<br />

Zweifel doch soviel Vernunft besteht, daß ein Konsens, also eine Homogenität<br />

im Sinn <strong>de</strong>s Gemeinwohls möglich wird, konnte Thomas von Aquin in<br />

seiner Zeit nicht einmal träumen. Er wäre aber nie Hobbes o<strong>de</strong>r Schmitt gefolgt<br />

in <strong>de</strong>r grundsätzlichen Aussage: Autoritas, non veritas facit legem,<br />

„Nicht die Wahrheit, son<strong>de</strong>rn die Entscheidung ist Schöpfer <strong>de</strong>s Gesetzes".<br />

Diese Lösung hat er nur für <strong>de</strong>n Fall angenommen, in <strong>de</strong>m es in keiner an<strong>de</strong>ren<br />

Weise mehr möglich ist, die Vernunft walten zu lassen. Er ist nicht <strong>de</strong>r<br />

I<strong>de</strong>e verfallen, <strong>de</strong>n Extremfall zum Maßstab <strong>de</strong>r gesamten Politik zu machen.<br />

Der Einwand, daß die Schöpfung selbst ihre Existenz nur einer Entscheidung,<br />

nämlich <strong>de</strong>r Gottes, verdankt, übersieht, daß auch die göttliche Entscheidung<br />

eine Erkenntnis, d.h. die Wahrheit voraussetzt. Die mittelalterlichen Scholastiker<br />

haben viel darüber geschrieben, worin genau diese Wahrheit fundiert<br />

ist.<br />

Wenn man von <strong>de</strong>r Ansicht ausgeht, daß <strong>de</strong>r Extremfall das erkenntnistheoretische<br />

<strong>Mit</strong>tel ist, um zur Definition <strong>de</strong>s faktischen Rechts 52<br />

zu gelangen,<br />

52<br />

Man muß sich <strong>de</strong>n logischen Gedankengang Schmitts vor Augen halten. Zunächst setzt er<br />

genau wie Kelsen eine formale Definition <strong>de</strong>s Rechts voraus (entsprechend <strong>de</strong>r i<strong>de</strong>alistischen

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