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Sozialethik. Mit internationaler Bibliographie, V. Teil - stiftung-utz.de

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II. Die Politische Theologie 51<br />

gentum, eine <strong>de</strong>m Eigeninteresse entgegenkommen<strong>de</strong> Institution, weil sich<br />

daraus im Vergleich zum Kollektivismus eine sicherere Verwirklichung <strong>de</strong>s<br />

Gemeinwohls ergibt. Thomas von Aquin hat dann diese positive Beziehung<br />

<strong>de</strong>s Privaten zum Gemeinwohl noch <strong>de</strong>utlicher ausgearbeitet. Die mo<strong>de</strong>rnen<br />

Wirtschaftswissenschaftler betrachten das Eigeninteresse als einziges Motiv<br />

<strong>de</strong>s wirtschaftlichen Fortschritts. Aus dieser Sicht entstand <strong>de</strong>r Kapitalismus,<br />

<strong>de</strong>r je<strong>de</strong> staatliche Dosierung <strong>de</strong>s wirtschaftlichen Eigeninteresses ablehnt,<br />

die im Sinn <strong>de</strong>s gesamtheitlichen Gemeinwohls liegt.<br />

Wür<strong>de</strong> man die rigi<strong>de</strong> Segmentierung in politische, soziale und wirtschaftliche<br />

Ordnung, wie sie in <strong>de</strong>n heutigen Sozialwissenschaften üblich ist, in <strong>de</strong>r<br />

Strenge <strong>de</strong>r Wirtschaftswissenschaftler durchführen, dann wür<strong>de</strong> sich auf<br />

politischer Ebene hinsichtlich <strong>de</strong>r Demokratie die Form <strong>de</strong>r totalen Demokratie<br />

ergeben, was gleichbe<strong>de</strong>utend wäre mit <strong>de</strong>m Kampf aller gegen alle<br />

um die Macht. Von einer Homogenität könnte also nicht mehr die Re<strong>de</strong> sein.<br />

Da Schmitt sein politisches Konzept ganz auf <strong>de</strong>n Extremfall eingerichtet<br />

hatte, mußte er die Frage nach einem geringeren Grad von Homogenität ausklammern,<br />

das heißt, er konnte sich nicht mit <strong>de</strong>r Frage befassen, wie innerhalb<br />

<strong>de</strong>r Demokratie noch ein solcher Konsens möglich ist, um <strong>de</strong>m Staat<br />

seine Einheit zu erhalten. Es blieb ihm nur die Skepsis gegenüber <strong>de</strong>r Demokratie.<br />

An <strong>de</strong>r römischen Kirche, die ihrer Hierarchie gemäß keine Demokratie<br />

sein kann, konnte sich Schmitt selbstverständlich nicht mehr orientieren.<br />

Er hat es aber trotz<strong>de</strong>m getan, und das war sein Irrtum. Die mo<strong>de</strong>rne Demokratie<br />

steht allerdings wegen ihrer völligen Wertneutralität und somit aufgrund<br />

<strong>de</strong>s Fehlens jeglichen moralischen Konsenses in Gefahr, zur totalen<br />

Demokratie auszuarten. Das wäre dann <strong>de</strong>r Untergang <strong>de</strong>r Demokratie.<br />

Zu II, 2: Die Dezisionsgewalt in <strong>de</strong>r römischen Kirche und im Staat<br />

Das Interesse C. Schmitts an <strong>de</strong>r juristischen Struktur <strong>de</strong>r katholischen Kirche<br />

war motiviert durch die Suche nach einem Vorbild für die vollkommene<br />

Organisation <strong>de</strong>s Staates, die immer funktionieren und vor allem im Extremfall<br />

sich als wirksam ausweisen muß. Die Entscheidungsgewalt erhält dadurch<br />

die Be<strong>de</strong>utung von etwas Absolutem. Die verheeren<strong>de</strong> Wirkung <strong>de</strong>r<br />

Sün<strong>de</strong> sollte offenbar durch die Dezisionsgewalt <strong>de</strong>r öffentlichen Autorität<br />

verhin<strong>de</strong>rt wer<strong>de</strong>n. Schmitt ist von <strong>de</strong>r Entscheidungsgewalt <strong>de</strong>s Papstes<br />

gera<strong>de</strong>zu fasziniert. Nur hätte er überlegen sollen, woher <strong>de</strong>r Papst seine<br />

Ordnungsmacht bezieht, nicht aus <strong>de</strong>r Legitimierung durch <strong>de</strong>n Glauben <strong>de</strong>s<br />

Volkes, son<strong>de</strong>rn als göttliches Privileg. Gemäß Schmitt kann die Demokratie<br />

nur im seltenen Fall <strong>de</strong>r charismatischen Anerkennung <strong>de</strong>r Autorität, wovon<br />

bei Max Weber die Re<strong>de</strong> ist, eine gehorsame Bügerschaft konstituieren.

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