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Sozialethik. Mit internationaler Bibliographie, V. Teil - stiftung-utz.de

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II. Die Politische Theologie 39<br />

Legitimation in <strong>de</strong>r Religion fin<strong>de</strong>t, unter Umstän<strong>de</strong>n auch in einem Substitut<br />

wie <strong>de</strong>r Nation. 22<br />

<strong>Mit</strong> dieser politischen Konzeption - wohl kaum aus religiöser Sympathie, von<br />

<strong>de</strong>r man in seiner politischen Philosophie nichts gemerkt hat - geht nun<br />

Schmitt an die Analyse <strong>de</strong>r katholischen Kirche als gesellschaftliches Gebil<strong>de</strong>.<br />

Aus Freu<strong>de</strong> an <strong>de</strong>r Übereinstimmung seines politischen Konzeptes mit<br />

<strong>de</strong>r Institution <strong>de</strong>r römisch-katholischen Kirche läßt Schmitt seiner politisch<br />

motivierten Begeisterung freien Lauf, vielleicht manchmal zu freien, da er<br />

bei seiner Konzentration auf die faktische politische Tätigkeit <strong>de</strong>r Kirche die<br />

Frage ausklammert, ob die einzelnen Operationen <strong>de</strong>m göttlichen Auftrag <strong>de</strong>s<br />

Grün<strong>de</strong>rs <strong>de</strong>r Kirche noch entsprechen.<br />

Schmitt bewun<strong>de</strong>rt die Macht <strong>de</strong>s Katholizismus: „<strong>Mit</strong> je<strong>de</strong>m Wechsel <strong>de</strong>r<br />

politischen Situation wer<strong>de</strong>n anscheinend alle Prinzipien gewechselt, außer<br />

<strong>de</strong>m einen, <strong>de</strong>r Macht <strong>de</strong>s Katholizismus". 23<br />

Den Grund fin<strong>de</strong>t Schmitt im<br />

politischen Universalismus. An<strong>de</strong>rerseits befreun<strong>de</strong>t sich <strong>de</strong>r Katholizismus<br />

auch mit <strong>de</strong>m nationalen Patriotismus. „Gera<strong>de</strong> katholische Nationen [verdanken]<br />

einen Hauptteil ihrer nationalen Wi<strong>de</strong>rstandskraft <strong>de</strong>m Katholizismus<br />

- Tiroler, Spanier, Polen, Irlän<strong>de</strong>r, - und zwar nicht nur, wenn <strong>de</strong>r Unterdrücker<br />

ein Feind <strong>de</strong>r Kirche war". 24<br />

Für diese „complexio oppositorum"<br />

scheint es „keinen Gegensatz zu geben, <strong>de</strong>n sie nicht umfaßt" 25 . „Von <strong>de</strong>r<br />

politischen I<strong>de</strong>e <strong>de</strong>s Katholizismus aus betrachtet, liegt das Wesen <strong>de</strong>r römisch-katholischen<br />

complexio oppositorum in einer spezifisch formalen<br />

Überlegenheit über die Materie <strong>de</strong>s menschlichen Lebens, wie sie bisher kein<br />

Imperium gekannt hat. Hier ist eine substantielle Gestaltung <strong>de</strong>r historischen<br />

und sozialen Wirklichkeit gelungen, die trotz ihres formalen Charakters in<br />

<strong>de</strong>r konkreten Existenz bleibt, lebensvoll und doch im höchsten Maße rational<br />

ist". 26<br />

Diese Rationalität ist aber politisch erst wirksam, wenn sie sich<br />

repräsentiert. Die strenge Durchführung <strong>de</strong>s Prinzips <strong>de</strong>r Repräsentation <strong>de</strong>r<br />

Rationalität ist nach Schmitt das typische Merkmal <strong>de</strong>r Politik <strong>de</strong>r römisch-<br />

2 2<br />

Es wäre natürlich wissenswert, was o<strong>de</strong>r wen Schmitt als Feind <strong>de</strong>r Kirche <strong>de</strong>finiert. Da er in<br />

<strong>de</strong>r römischen Kirche die Hüterin <strong>de</strong>r Wahrheit sieht, kann er nur in <strong>de</strong>r Lüge diesen Feind<br />

erkennen. Am En<strong>de</strong> <strong>de</strong>r Geschichte wird <strong>de</strong>r Fürst <strong>de</strong>r Lüge, <strong>de</strong>r Antichrist, endgültig erledigt,<br />

wie im zweiten Paulusbrief an die Thessalonicher (2, 6 ff.) erklärt wird. Schmitt hat diese Stelle<br />

zum Kern eines christlichen Geschichtsverständnisses gemacht. Dort ist nämlich vom hemmen<strong>de</strong>n<br />

o<strong>de</strong>r aufschieben<strong>de</strong>n Faktor (katechon) die Re<strong>de</strong>, durch <strong>de</strong>n das En<strong>de</strong> <strong>de</strong>r Weltgeschichte<br />

retardiert wird. Die Auffassung Schmitts bezüglich dieses apokalyptischen Begriffes <strong>de</strong>s Katechons<br />

ist für das hier besprochene Thema irrevelant. Vgl. C. Schmitt, Tagebucheintrag vom<br />

19.12.1947 in: Glossarium, 62 f.<br />

23<br />

Römischer Katholizismus und politische Form, 7 f.<br />

24<br />

Op.cit. 11.<br />

25<br />

A.a.O.<br />

26<br />

Op.cit. 14.

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