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Sozialethik. Mit internationaler Bibliographie, V. Teil - stiftung-utz.de

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I. Das Wesen <strong>de</strong>r Politik 25<br />

Die Bestimmung <strong>de</strong>r politischen Handlung hat, wie man sieht, mit <strong>de</strong>r Frage<br />

nach <strong>de</strong>m politischen Regime nichts zu tun. Die politische Handlung ist einzig<br />

bestimmt durch ihren Bezug zum Gemeinwohl. Da das Gemeinwohl nicht<br />

das Ergebnis vieler Einzelhandlungen sein kann, weil <strong>de</strong>r Charakter <strong>de</strong>s überindividuell<br />

Gemeinsamen verlorenginge, braucht es eine übergeordnete<br />

Kompetenz, die das Gemeinwohl konkret <strong>de</strong>finiert. Diese Kompetenz nennen<br />

wir die politische Macht.<br />

Auf diese hat die mo<strong>de</strong>rne politische Wissenschaft sich konzentriert. Die<br />

normative Konzeption <strong>de</strong>r politischen Handlung kann von <strong>de</strong>r politischen<br />

Wissenschaft lernen, daß je<strong>de</strong> politische Handlung im formalen Sinn <strong>de</strong>n<br />

Charakter <strong>de</strong>s Politischen dadurch erhält, daß sie als Handlung auf das Gemeinwohl<br />

hin zugleich auch eine Bewegung zur Macht ist. Denn effizient ist<br />

<strong>de</strong>r Imperativ <strong>de</strong>s Gemeinwohls erst durch die autoritative Entscheidung.<br />

In <strong>de</strong>m Augenblick, in <strong>de</strong>m wir die Person bestimmen wollen, welche Träger<br />

dieser Macht sein soll, begeben wir uns auf <strong>de</strong>n Bo<strong>de</strong>n, auf <strong>de</strong>m die Frage<br />

nach <strong>de</strong>m Regime diskutiert wird.<br />

Seit <strong>de</strong>m Einbruch <strong>de</strong>s Empirismus und Rationalismus in die Wissenschaftstheorie<br />

gibt es in <strong>de</strong>r politischen Wissenschaft nur noch einzelne Han<strong>de</strong>ln<strong>de</strong>.<br />

Damit ist die Frage nach <strong>de</strong>m Regime wesentlich verbun<strong>de</strong>n mit <strong>de</strong>m Bestreben,<br />

die Gewalt zu begrenzen, um die Freiheit <strong>de</strong>r Einzelpersonen so weit<br />

wie möglich unangetastet zu lassen. <strong>Mit</strong> an<strong>de</strong>ren Worten: die aristotelische<br />

Sicht, wonach die Staatsgewalt die Gesellschaft so ordnen soll, daß das<br />

menschliche Glück aller in gemeinsamem Bemühen verwirklicht wird, ist<br />

damit verlassen. Die politische Wissenschaft hat Abschied von <strong>de</strong>r Ethik<br />

genommen, sie ist zur Wissenschaft <strong>de</strong>r Regime, <strong>de</strong>r Aufteilung <strong>de</strong>r politischen<br />

Macht gewor<strong>de</strong>n. Auch Aristoteles hat sich mit <strong>de</strong>r Machtverteilung<br />

beschäftigt, aber nicht aus <strong>de</strong>r grundsätzlichen Absicht, die Macht zugunsten<br />

<strong>de</strong>r subjektiven Freiheit <strong>de</strong>r Individuen aufzuteilen, son<strong>de</strong>rn nur dazu, jene<br />

Regierungsform zu fin<strong>de</strong>n, die am sichersten das Gemeinwohl zu <strong>de</strong>finieren<br />

vermag. Gleiches gilt von Thomas von Aquin.<br />

Die ethische Grun<strong>de</strong>instellung hat allerdings noch einige schwierige praktische<br />

Fragen zu lösen, dies vor allem im Hinblick auf <strong>de</strong>n fast völligen Ver­<br />

Wissenschaft in Deutschland, München 1969; H. J. Spiro, Politics as the Master Science, From<br />

Plato to Mao, New York/London 1970; Volker Gerhardt, Hrsg., Der Begriff <strong>de</strong>r Politik, Bedingungen<br />

und Grün<strong>de</strong> politischen Han<strong>de</strong>lns, Stuttgart 1999. Der Hinweis auf die Transzen<strong>de</strong>nz <strong>de</strong>s<br />

Menschen, <strong>de</strong>m man in <strong>de</strong>n verschie<strong>de</strong>nsten Versionen begegnet, reicht nicht aus, um die normative<br />

Theorie zu erklären. Die Beziehung zur Transzen<strong>de</strong>nz <strong>de</strong>s Menschen ist nur <strong>de</strong>swegen<br />

notwendig und unabdingbar, weil die „Natur" ihren verpflichten<strong>de</strong>n o<strong>de</strong>r normativen Charakter<br />

von <strong>de</strong>r Intention ihres transzen<strong>de</strong>nten Schöpfers erhält. Den Inhalt kann man aber nicht in <strong>de</strong>r<br />

Transzen<strong>de</strong>nz suchen. Er ist als wesentlicher Sachverhalt aus <strong>de</strong>r Wirklichkeit durch die Vernunft<br />

zu eruieren. Hier befin<strong>de</strong>t sich das grundlegen<strong>de</strong>, nämlich das erkenntnistheoretische<br />

Problem, d.h. die Suche nach <strong>de</strong>n allgemein gültigen Normen.

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