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Sozialethik. Mit internationaler Bibliographie, V. Teil - stiftung-utz.de

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Das große Risiko: Die <strong>de</strong>m Ermessen <strong>de</strong>s Politikers überlassenen Normen 185<br />

malum in se vorgetragen wur<strong>de</strong>, gehört darum in die rationale Ethik, nicht<br />

typisch in <strong>de</strong>n Bereich <strong>de</strong>s Glaubens. Je<strong>de</strong>r Politiker ist darum gehalten, die<br />

daraus sich ergeben<strong>de</strong>n For<strong>de</strong>rungen zu verwirklichen. Das ist auf weite<br />

Sicht <strong>de</strong>r einzige Weg, um die Staatsgesellschaft vor <strong>de</strong>m Verfall <strong>de</strong>r Gesellschaftsmoral<br />

und damit vor <strong>de</strong>r politischen Krise zu bewahren. Das politisch<br />

Mögliche, das von <strong>de</strong>n politischen Wissenschaften allgemein als Objekt <strong>de</strong>r<br />

politischen Handlung aufgestellt wird, bedarf darum einer grundsätzlichen<br />

Korrektur durch die naturrechtlich orientierte politische Ethik. Doch wie soll<br />

diese je greifbaren Erfolg haben in einer moralisch kaum o<strong>de</strong>r gar nicht geschulten<br />

Gesellschaft? Wer auf <strong>de</strong>r politischen Ebene Erfolg haben will, muß<br />

sich <strong>de</strong>m Trend <strong>de</strong>r Gesellschaft anpassen, das heißt reell, sich von einer<br />

Krisensituation in die an<strong>de</strong>re ziehen lassen, wobei die Ethik <strong>de</strong>r Scha<strong>de</strong>nbegrenzung,<br />

d.h. <strong>de</strong>r dauern<strong>de</strong> Kompromiß mit <strong>de</strong>m kleineren Übel <strong>de</strong>r Ersatz<br />

für die echte, weitsichtige Ethik sein soll. 4<br />

Die Komplexität<br />

<strong>de</strong>s bonum in se<br />

Das „bonum in se" und entsprechend das „malum in se" sind aber trotz <strong>de</strong>r<br />

universalen Gültigkeit differenziert. Gemäß <strong>de</strong>r allgemeinen Erklärung <strong>de</strong>r<br />

Menschenrechte hat je<strong>de</strong>r Mensch das Recht auf Arbeit, und zwar auf eine<br />

Arbeit, die im Sinn seiner Leistungspotenzen liegt. Dieses Recht steht als<br />

<strong>Teil</strong> <strong>de</strong>s Gemeinwohls im allgemeinen sozialen Verbund. Um diese individuell<br />

so vielfältigen Rechte zu verwirklichen, muß <strong>de</strong>r Staat eine Vollbeschäftigungspolitik<br />

betreiben, die nicht wie die heutige Konkurrenzwirtschaft nur<br />

das Wachstum <strong>de</strong>r materiellen Wohlfahrt, son<strong>de</strong>rn das umfassen<strong>de</strong> vorstaatliche<br />

Gemeinwohl im Auge hat. Das Menschenrecht auf Arbeit ist darum im<br />

Hinblick auf die vielfältige Differenzierung <strong>de</strong>r Leistungsqualitäten nicht<br />

univok wie das Recht auf die reine Existenz, son<strong>de</strong>rn analog. In <strong>de</strong>r Erfüllung<br />

ihrer naturrechtlichen Pflicht sind <strong>de</strong>r Autorität kurzfristig Grenzen gesetzt.<br />

Diese dürfen aber nicht Norm <strong>de</strong>s politischen Han<strong>de</strong>lns sein. Als bonum in se<br />

hat das vorstaatliche Gemeinwohl zu gelten, nicht die aktuelle Situation.<br />

Diese dient lediglich als Riegel gegen utopische Erwartungen. 5<br />

Die aktuelle<br />

moralische Situation kann nur insofern als Begrenzung <strong>de</strong>r moralischen For<strong>de</strong>rung<br />

gelten, als das gesellschaftliche Niveau <strong>de</strong>m bonum in se „noch nicht"<br />

gewachsen ist, nicht aber, wenn es sich um einen Abstieg han<strong>de</strong>ln wür<strong>de</strong>.<br />

Ein typisches Beispiel dieses Sachverhalts ist <strong>de</strong>r Fall, in <strong>de</strong>m über ein Ehegesetz<br />

abgestimmt wer<strong>de</strong>n muß. Die Ehe ist eine soziale Institution. Sie ist an<br />

4<br />

Vgl. A.F. Utz, Die Ethik <strong>de</strong>r Scha<strong>de</strong>nsbegrenzung und die Politik. In: NO 54. Jg., Heft 1,<br />

Februar 2000, 44-49.<br />

5<br />

Das ist <strong>de</strong>r Grund, warum Thomas (S.Theol. I-II 94,5) erklärt, das Naturrecht sei wan<strong>de</strong>lbar.<br />

Vgl. Thomas von Aquin, Naturgesetz und Naturrecht, 1996, Kommentar von A.F. Utz, 205f.<br />

Naturrechtliche Normen sind also <strong>de</strong>swegen analog, weil sie nur im sozialen Verbund ihre<br />

Definition fin<strong>de</strong>n.

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