Sozialethik. Mit internationaler Bibliographie, V. Teil - stiftung-utz.de
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184 6. Kap.: Die politische Krise<br />
<strong>de</strong>n, angestrebt wer<strong>de</strong>n. Keine, auch noch so gut gemeinte Intention kann<br />
daran etwas än<strong>de</strong>rn. Gewiß steht je<strong>de</strong>s malum o<strong>de</strong>r bonum in se in Beziehung<br />
zum Wollen <strong>de</strong>s Menschen, jedoch nicht zu einem bestimmten, son<strong>de</strong>rn allgemein<br />
zum menschlichen Wollen, so daß je<strong>de</strong>r Ausweg in eine individuelle<br />
Interpretation ausgeschlossen ist. Eine giftige Nahrung ist „in sich" als ungenießbar<br />
zu mei<strong>de</strong>n ohne je<strong>de</strong> Beziehung zu einem bestimmten Subjekt. Sie ist<br />
als Sache ein malum in se für <strong>de</strong>n Menschen. Ebenso ist die Tötung eines<br />
unschuldigen Menschen „in sich" ein Verbrechen. Unter welchen Umstän<strong>de</strong>n<br />
ein einzelner Mensch in einem konkreten Fall sein Gewissen danach einstellt,<br />
eine solche Tötung zu rechtfertigen, spielt keine Rolle. Tötung eines Unschuldigen<br />
ist und bleibt „in sich" Sün<strong>de</strong>. Und je<strong>de</strong> <strong>Mit</strong>wirkung bei <strong>de</strong>r Tötung<br />
eines Unschuldigen ist „in sich" Sün<strong>de</strong>. Auch die Befürwortung eines<br />
Gesetzes, durch das die Zahl <strong>de</strong>r Abtreibungen im Vergleich zu einem an<strong>de</strong>ren<br />
liberaleren Gesetz verkleinert wer<strong>de</strong>n soll, ist „in sich" Sün<strong>de</strong>, <strong>de</strong>nn man<br />
kann die Nuance <strong>de</strong>s „minus", d.h. <strong>de</strong>r kleineren Zahl nicht von <strong>de</strong>r Abtreibung<br />
trennen. Das „malum in se" ist in je<strong>de</strong>m Fall zu mei<strong>de</strong>n. Da gibt es<br />
keinen Unterschied zwischen größerem und kleinerem malum. Die For<strong>de</strong>rung<br />
<strong>de</strong>r Vermeidung ist absolut. Es gibt kein größeres und kleineres Vermei<strong>de</strong>n.<br />
Die Tötung eines unschuldigen Menschen ist also „in sich" sündhaft und<br />
strafwürdig. Eine Güterabwägung mit einer an<strong>de</strong>rn Handlung ist ausgeschlossen.<br />
Auch ein kleineres moralisches Vergehen kann als ein malum in se<br />
nicht durch eine Güter- o<strong>de</strong>r Scha<strong>de</strong>nsabwägung verteidigt wer<strong>de</strong>n. Es ist „in<br />
sich" ein Vergehen. Wenn wir das nicht annehmen, dann wird je<strong>de</strong> Überlegung<br />
über das, was „in sich" Sün<strong>de</strong> ist, illusorisch, weil wir uns zu je<strong>de</strong>r<br />
Sün<strong>de</strong> immer noch eine größere Sün<strong>de</strong> vorstellen könnten. Dann wäre es<br />
konsequenter, überhaupt keine Handlung als „in sich" schlecht zu bezeichnen<br />
und die moralische Handlung von <strong>de</strong>r Natur <strong>de</strong>r Sache zu trennen und einzig<br />
nach <strong>de</strong>r Absicht <strong>de</strong>s Täters zu beurteilen. Damit wäre aber die gesamte Moral<br />
eine Angelegenheit unserer gedanklichen Kombination, genau gesagt,<br />
unseres subjektiven Wertempfin<strong>de</strong>ns im Sinn <strong>de</strong>r Wertlehre von Max Scheler.<br />
Entschei<strong>de</strong>nd für die moralische Beurteilung ist jedoch die Realität <strong>de</strong>r<br />
Handlung, die in einem von ihr untrennbaren Kausalzusammenhang zur geschaffenen<br />
Natur und damit zum Lebensziel <strong>de</strong>s Menschen steht. Darum<br />
spricht Thomas von Aquin nie von „Werten", son<strong>de</strong>rn von Zielentscheidungen,<br />
die sich aus <strong>de</strong>r Natur <strong>de</strong>s Menschen ergeben. Wertvoll ist <strong>de</strong>mentsprechend<br />
nur, was seinem Sachverhalt nach <strong>de</strong>m letzten Zweck <strong>de</strong>s Menschen<br />
dient. Diese auf das reale, geschaffene Sein <strong>de</strong>s Menschen eingestellte Ethik<br />
<strong>de</strong>s Thomas von Aquin steht in konträrem Gegensatz zu <strong>de</strong>r von <strong>de</strong>r i<strong>de</strong>alistischen<br />
Erkenntnistheorie Hegels beeinflußten Phänomenologie Schelers.<br />
Die Konzeption <strong>de</strong>r Schöpfungsordnung grün<strong>de</strong>t, wie öfters betont, nicht auf<br />
einer Glaubenserkenntnis. Sie ist durch und durch rational. Was hier über das