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Sozialethik. Mit internationaler Bibliographie, V. Teil - stiftung-utz.de

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Das große Risiko: Die <strong>de</strong>m Ermessen <strong>de</strong>s Politikers überlassenen Normen 181<br />

global <strong>de</strong>m Fundamentalismus zuordnet, sind ihre politischen Aussagen im<br />

einzelnen zu überprüfen. Vor allem müßte <strong>de</strong>finiert wer<strong>de</strong>n, was man unter<br />

rational versteht. Die aufgrund <strong>de</strong>r metaphysischen Abstraktion erkannte<br />

Natur <strong>de</strong>s Menschen ermöglicht eine rational begrün<strong>de</strong>te Philosophie <strong>de</strong>r<br />

Naturrechte, in <strong>de</strong>r Sein und Recht real zusammengehören, so daß die Ansicht,<br />

die vorstaatlichen Naturrechte seien rein moralische und religiöse For<strong>de</strong>rungen,<br />

irrig ist.<br />

Gegen diese irrige Meinung wen<strong>de</strong>t sich vor allem die katholischnaturrechtliche<br />

Interpretation <strong>de</strong>r vorstaatlichen Rechte. Ihre Begründung <strong>de</strong>s<br />

Rechts auf Leben ist durch und durch rational naturrechtlicher, nicht typisch<br />

religiöser Natur. Sie beruht nicht auf einem positiven göttlichen Gesetz.<br />

Vielmehr ist die Absicht Gottes im Wesen <strong>de</strong>r Geschöpfe erkennbar. Diese<br />

Erklärung <strong>de</strong>r I<strong>de</strong>ntität von Sein und Gesetz steht im Zentrum <strong>de</strong>r katholischen<br />

Naturrechtslehre. Unter <strong>de</strong>r Voraussetzung, daß <strong>de</strong>r Mensch und das<br />

All Schöpfungen Gottes sind, sind die Naturrechte, d.h. die Rechte, die mit<br />

<strong>de</strong>r Natur <strong>de</strong>s Menschen gegeben sind, auch Anordnungen Gottes. Nur unter<br />

diesem Betracht eines ewigen Gesetzgebers, <strong>de</strong>r zugleich Schöpfer ist, kann<br />

man begreifen, daß Wesensstrukturen zugleich Rechts strukturen sind. Der<br />

mo<strong>de</strong>rne Jurist kann diese Verbindung von Sein und Recht nicht mehr begreifen,<br />

seit er <strong>de</strong>n Kontakt mit <strong>de</strong>r aristotelischen Metaphysik verloren hat.<br />

Darum ist nicht verwun<strong>de</strong>rlich, daß in <strong>de</strong>r Politikwissenschaft Vertreter <strong>de</strong>s<br />

Naturrechts unterschiedslos mit <strong>de</strong>n Vertretern i<strong>de</strong>alistischer und religiöser<br />

Weltanschauungen i<strong>de</strong>ntifiziert und als Fundamentalisten gebrandmarkt wer<strong>de</strong>n.<br />

Die Kirche dagegen nennt die katholische Naturrechtslehre nur <strong>de</strong>swegen<br />

„katholisch", weil sie bereits in ihrer Glaubenslehre erklärt, daß die<br />

I<strong>de</strong>ntität von Sein und Recht rational aus <strong>de</strong>r Schöpfungsordnung abgeleitet<br />

wer<strong>de</strong>n kann, ohne auf ein positives göttliches Gesetz im Sinn einer göttlichen<br />

Offenbarung rekurrieren zu müssen. Im Protestantismus kann man -<br />

abgesehen von <strong>de</strong>r lutherischen Richtung - keine eigentliche Naturrechtslehre<br />

ent<strong>de</strong>cken. Dies hängt mit <strong>de</strong>m an<strong>de</strong>rs gearteten Verständnis <strong>de</strong>s Verhältnisses<br />

von Glaube und Vernunft zusammen.<br />

Es ist unmöglich, die verschie<strong>de</strong>nen religiösen Überzeugungen auf ihre fundamentalistische<br />

Ten<strong>de</strong>nz zu untersuchen. Es sei hier nur kurz vom Islam die<br />

Re<strong>de</strong>, um auf die katholische Glaubensüberzeugung und die von ihr bevorzugte<br />

Naturrechtslehre näher einzugehen.'<br />

1<br />

Auf das Ju<strong>de</strong>ntum und seine Ten<strong>de</strong>nz zum religiös fundierten Staat wird hier nicht eingegangen.

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