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Sozialethik. Mit internationaler Bibliographie, V. Teil - stiftung-utz.de

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18 1. Kap.: Die Politik als Objekt <strong>de</strong>r Ethik<br />

ren, wie E.-W. Böckenför<strong>de</strong>' meint. <strong>Mit</strong> dieser Definition ist keine Ethik <strong>de</strong>s<br />

Politischen <strong>de</strong>nkbar. Es gibt gemäß <strong>de</strong>r aristotelisch-thomistischen Erkenntnislehre<br />

keine Ethik ohne ein bestimmtes (!) Ziel. Die mo<strong>de</strong>rne, von Kant<br />

beeinflußte Erkenntnistheorie kann auf das primum analogatum verzichten,<br />

weil sie i<strong>de</strong>alistisch ist, d.h. keine Realabstraktion, son<strong>de</strong>rn nur die Formalabstraktion<br />

kennt, die auch als „pointierend hervorheben<strong>de</strong> Abstraktion" bezeichnet<br />

wird. 2<br />

Die Geschichte <strong>de</strong>r Entwicklung <strong>de</strong>r Sozial- und Politikwissenschaften hängt<br />

zutiefst zusammen mit <strong>de</strong>r Geschichte <strong>de</strong>r Erkenntnislehre im gesamten.<br />

Seit<strong>de</strong>m Descartes (1596-1650) jegliche Wissenschaft am Grad ihrer Präzision<br />

und Gewißheit maß und alle Erkenntnis, welche die mathematische Genauigkeit<br />

und Gewißheit nicht erreicht, aus <strong>de</strong>m Bereich <strong>de</strong>r Wissenschaften<br />

ausschloß, hat man sich in allen Zweigen <strong>de</strong>s Wissens bemüht, die naturwissenschaftliche<br />

Metho<strong>de</strong> wenigstens in <strong>de</strong>r Theorie anzuwen<strong>de</strong>n. Die scharfe<br />

Präzision, die in <strong>de</strong>n Naturwissenschaften noch verständlich ist, suchten die<br />

Geisteswissenschaftler auf ihrem Gebiet zu verwirklichen, in<strong>de</strong>m sie die<br />

verschie<strong>de</strong>nen Aspekte, unter <strong>de</strong>nen die menschliche Handlung betrachtet<br />

wer<strong>de</strong>n kann, gleichsam substantivierten und so das Wirtschaftliche getrennt<br />

von <strong>de</strong>r wirtschaftlichen Handlung und das Politische getrennt von <strong>de</strong>r politischen<br />

Handlung subjektivierten. Hinsichtlich <strong>de</strong>s wirtschaftlichen Han<strong>de</strong>lns<br />

hieß dies, daß dieses Han<strong>de</strong>ln nach einer bestimmten Gesetzmäßigkeit, nämlich<br />

<strong>de</strong>r Konkurrenzregel abläuft, unbesehen <strong>de</strong>ssen, was sonst in <strong>de</strong>r Wirklichkeit<br />

wesentlich mit <strong>de</strong>m wirtschaftlichen Han<strong>de</strong>ln als menschlichem<br />

Han<strong>de</strong>ln verbun<strong>de</strong>n ist. Gleiches tat man mit <strong>de</strong>r politischen Handlung, die<br />

1<br />

E.-W. Böckenför<strong>de</strong>, Was heißt heute eigentlich „politisch"? in: J. Manemann, Hrsg., Demokratiefähigkeit,<br />

Jahrbuch Politische Theologie, Münster, 1 (1996) 2-5.<br />

2<br />

Vgl. W. Eucken, Die Grundlagen <strong>de</strong>r Nationalökonomie, 5., verän<strong>de</strong>rte Auflage, Go<strong>de</strong>sberg<br />

1947, 396 f. Man kann zwar das Qualitativum einer Handlung <strong>de</strong>finieren, z.B. das Rechtliche<br />

o<strong>de</strong>r das Politische (Strategische). Aber das ist dann nur eine Nominal<strong>de</strong>finition. Wenn man es in<br />

die Realität projizieren wür<strong>de</strong>, dann müßte z.B. alles positiv Rechtliche „Recht" sein. Dann wäre<br />

also das sowjetische Recht, weil man es Recht nennt, auch real Recht, während es real Unrecht<br />

ist, also ein wi<strong>de</strong>rsprüchliches Recht. Kelsen hat sich ausdrücklich dagegen verwahrt, daß er<br />

seine formale Definition vom Recht in die Seinswirklichkeit übertrage. Er wollte in <strong>de</strong>r i<strong>de</strong>alisierten<br />

Ordnung bleiben und bezeichnete die oberste Norm als Hypothese, um sie nicht real<br />

<strong>de</strong>finieren zu müssen, im Gegensatz zu Schmitt, <strong>de</strong>r die rein formale Norm direkt in die Wirklichkeit<br />

hinüberführte und sie so mit <strong>de</strong>m Factum i<strong>de</strong>ntifizierte. Das Qualitativum einer Handlung<br />

kann sachlich von <strong>de</strong>r Handlung nicht getrennt wer<strong>de</strong>n. Von <strong>de</strong>r Sache her, zu <strong>de</strong>r es gehört,<br />

muß es <strong>de</strong>finiert wer<strong>de</strong>n, wenn die Definition real gültig sein soll. Die Trennung ist rein theoretisch,<br />

d.h. nominalistisch. Man kann sie nur im Bereich <strong>de</strong>r sogenannten Nominal<strong>de</strong>finition (in<br />

<strong>de</strong>r Analyse <strong>de</strong>s Sprachgebrauchs) vornehmen. In <strong>de</strong>r Realität ist das Politische immer mit <strong>de</strong>m<br />

Substrat, das politisch genannt wird, zu <strong>de</strong>finieren. Sonst verliert man sich in einer Konfusion<br />

von Realitäten. Menschlich ist im Sprachbereich z.B. das Denken und das Sündigen. Das Denken<br />

ist real wesentlich menschlich, weil es zur Natur <strong>de</strong>s Menschen gehört. Das Sündigen ist<br />

dagegen real eine Entartung <strong>de</strong>s Menschen.

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