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Sozialethik. Mit internationaler Bibliographie, V. Teil - stiftung-utz.de

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176 5. Kap.: Der Krieg<br />

müsse er <strong>de</strong>n Kriegsdienst verweigern, auch wenn <strong>de</strong>r Krieg <strong>de</strong> facto gerecht<br />

sein sollte. 16<br />

Diese Aussage, die sich einzig auf das individuelle Gewissen<br />

bezieht, entspricht <strong>de</strong>m mo<strong>de</strong>rnen Recht hinsichtlich <strong>de</strong>r Kriegsdienstverweigerer.<br />

Würdigung <strong>de</strong>r mittelalterlichen<br />

Ethik <strong>de</strong>s Krieges<br />

Solange es in <strong>de</strong>r mo<strong>de</strong>rnen Zeit keinen übernationalen Gerichtshof für kriegerische<br />

Auseinan<strong>de</strong>rsetzungen von Staaten gibt, können die Ausführungen<br />

Vitorias immerhin als Vorbild für die Definition <strong>de</strong>s bellum iustum dienen.<br />

Selbst ein Großteil <strong>de</strong>r juristischen Regeln <strong>de</strong>s Völkerrechts hinsichtlich <strong>de</strong>r<br />

gerechten Kriegführung wur<strong>de</strong> durch Vitoria als moralische Imperative formuliert.<br />

Die Schlußfolgerungen 1 '', mit <strong>de</strong>nen er seinen Traktat über <strong>de</strong>n gerechten<br />

Krieg abschließt, geben davon <strong>de</strong>utlich Zeugnis.<br />

1. „Die Herrscher, die Vollmacht zum Kriegführen haben, müssen danach<br />

streben, „wenn möglich, mit allen Frie<strong>de</strong>n zu halten".<br />

2. „Wenn ein Krieg aus gerechten Grün<strong>de</strong>n entfacht wor<strong>de</strong>n ist, muß man<br />

diesen Krieg nicht in <strong>de</strong>r Absicht führen, das Volk zu vernichten, das bekriegt<br />

wer<strong>de</strong>n muß, son<strong>de</strong>rn in <strong>de</strong>r Absicht, das eigene Recht geltend zu machen<br />

und das Vaterland zu verteidigen, damit aus <strong>de</strong>m Krieg einmal Frie<strong>de</strong><br />

und Sicherheit erwachsen."<br />

3. „Nach Erringung <strong>de</strong>s Sieges und nach Beendigung <strong>de</strong>s Krieges muß man<br />

<strong>de</strong>n eigenen Sieg umsichtig und mit christlicher Mäßigkeit n<strong>utz</strong>en. Der Sieger<br />

muß sich als Richter betrachten, <strong>de</strong>r zwischen zwei Gemeinwesen sitzt:<br />

zwischen <strong>de</strong>m einen, das geschädigt wur<strong>de</strong>, und <strong>de</strong>m an<strong>de</strong>ren, das das Unrecht<br />

beging. Demzufolge verhängt er nicht als Ankläger einen Urteilsspruch,<br />

son<strong>de</strong>rn verschafft als Richter <strong>de</strong>m geschädigten Gemeinwesen Genugtuung.<br />

Dies aber, soweit es ohne Nachteil für das Gemeinwesen geschehen kann,<br />

das <strong>de</strong>n Scha<strong>de</strong>n verursachte, und zwar in erster Linie <strong>de</strong>swegen, weil die<br />

ganze Schuld meistens, zumal bei Christen, bei <strong>de</strong>n Herrschern liegt. Denn<br />

die Untertanen kämpfen für ihre Herrscher im guten Glauben."<br />

Diese Mahnung gilt nicht nur für Christen, son<strong>de</strong>rn, weil eigentlich <strong>de</strong>m<br />

Naturrecht entnommen, für alle Menschen. Vitoria war wie Thomas von<br />

Aquin entsprechend <strong>de</strong>m Naturrecht zuerst um das Wohl <strong>de</strong>r Menschheitsfamilie<br />

bemüht, von <strong>de</strong>m aus er die einzelnen Rechte glie<strong>de</strong>rte. Von diesem<br />

Gesichtspunkt aus drängte sich in <strong>de</strong>r Beurteilung <strong>de</strong>r Kriegsprobleme die<br />

Frage auf, ob und inwieweit sich im Hinblick auf die Schä<strong>de</strong>n ein Krieg<br />

überhaupt rechtfertige. Diese Frage stellt sich heute noch mehr als im <strong>Mit</strong>tel-<br />

16<br />

17<br />

De iure belli, Quaestio quarta (I pars), op. cit. 568.<br />

De iure belli, Conclusiones, op. cit. 602 ff.

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