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Sozialethik. Mit internationaler Bibliographie, V. Teil - stiftung-utz.de

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II. Der gerechte Krieg 175<br />

verordneten Krieg direkte Tötung statthaft ist, wur<strong>de</strong> bereits besprochen. Nun<br />

ist im Recht <strong>de</strong>s Staates auf Verteidigung zugleich das Recht auf die Wie<strong>de</strong>rgutmachung<br />

von Scha<strong>de</strong>n und die Vergeltung <strong>de</strong>s erfahrenen Unrechts eingeschlossen,<br />

so daß sich die Verteidigung, wie gesagt, von selbst zum Angriff<br />

ausweitet.<br />

Damit wird die Frage nach <strong>de</strong>r Gerechtigkeit <strong>de</strong>s Krieges komplizierter. In<br />

welcher Zeitspanne kann ein Staat das ihm zugefügte Unrecht rächen? Wie<br />

soll Gerechtigkeit gesichert sein, wenn bei einem Frie<strong>de</strong>nsschluß <strong>de</strong>r unterlegene<br />

Staat ungerechterweise zerstückelt wor<strong>de</strong>n ist, wie kommt er wie<strong>de</strong>r zu<br />

seinem Recht? Auf welcher Seite ist die Gerechtigkeit, wenn je<strong>de</strong> <strong>de</strong>r Parteien<br />

<strong>de</strong>r Überzeugung ist, daß die Gerechtigkeit auf ihrer Seite stehe?<br />

Francisco <strong>de</strong> Vitoria kommt auf diese Probleme zu sprechen. Er steht zwar<br />

auf <strong>de</strong>m Standpunkt, daß <strong>de</strong>rjenige im Recht ist, <strong>de</strong>r das vom Angreifer bedrohte<br />

Land bislang in unangefochtenem Besitz hatte. Doch betrachtet er -<br />

übrigens im Anschluß an seinen Meister Thomas von Aquin, <strong>de</strong>r ausdrücklich<br />

auf die notwendige Berücksichtigung <strong>de</strong>r Kriegsfolgen hinwies - einen Krieg<br />

als von bei<strong>de</strong>n Seiten ungerecht, wenn bei<strong>de</strong>n schwerste Schä<strong>de</strong>n entstehen<br />

wür<strong>de</strong>n. 12<br />

Es ist überhaupt typisch für Vitoria, daß bei allen Überlegungen<br />

über die Gerechtigkeit <strong>de</strong>s Krieges die Folgen <strong>de</strong>s Krieges abgewogen wer<strong>de</strong>n.<br />

Beson<strong>de</strong>rs sei auf die Unschuldigen Rücksicht zu nehmen, obwohl unter<br />

Umstän<strong>de</strong>n am Krieg Unbeteiligte in <strong>Mit</strong>lei<strong>de</strong>nschaft gezogen wer<strong>de</strong>n könnten.<br />

13 Kriegsgefangene zu töten ist nach Vitoria unerlaubt. 14 Obwohl er die<br />

Bestrafung <strong>de</strong>s Besiegten auch in <strong>de</strong>m Sinn versteht, daß man <strong>de</strong>n Besiegten<br />

von weiteren Kriegsmachenschaften abschreckt, so weist er doch auf die<br />

Gefahr hin, daß sich in diese Aktion die Rachsucht einmischt. Die Zerstükkelung<br />

<strong>de</strong>s besiegten Staates beurteilt Vitoria als großes Unrecht. Dieses<br />

Urteil ist im Zusammenhang mit <strong>de</strong>r aristotelischen Staatslehre zu sehen,<br />

wonach <strong>de</strong>r Staat sich von <strong>de</strong>r Familie über das Dorf, die Stadt und die Region<br />

als „vollkommene Gesellschaft" aufbaut. Eine Zerstückelung käme darum<br />

<strong>de</strong>r Vernichtung einer Familie gleich.<br />

Der zum Kriegsdienst Einberufene ist nach Vitoria nicht zur Prüfung <strong>de</strong>r<br />

Gerechtigkeit <strong>de</strong>s Krieges verpflichtet. Er habe darum im Zweifelsfall die<br />

Pflicht, <strong>de</strong>m Befehl zum Kriegsdienst zu folgen. An<strong>de</strong>rerseits meint Vitoria,<br />

daß es <strong>de</strong>utliche Anzeichen eines ungerechten Krieges gebe, die auch <strong>de</strong>r<br />

Soldat erkennen sollte. Gegen einen Angriff von an<strong>de</strong>rer Seite sei die kriegerische<br />

Abwehr unbestreitbar eine gerechte Handlung. 15<br />

Wenn jedoch <strong>de</strong>r zum<br />

Krieg Einberufene von <strong>de</strong>r Ungerechtigkeit eines Kriege fest überzeugt sei,<br />

12<br />

13<br />

14<br />

15<br />

De iure belli, Quaestio quarta (I pars), in: Vorlesungen II (Relectiones), 578.<br />

De iure belli, Quastio quarta (II pars), op. cit. 584.<br />

De iure belli, a.a.O., op. cit. 594.<br />

De iure belli, a.a.O., op. cit. 574.

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