27.04.2015 Aufrufe

Sozialethik. Mit internationaler Bibliographie, V. Teil - stiftung-utz.de

Sozialethik. Mit internationaler Bibliographie, V. Teil - stiftung-utz.de

Sozialethik. Mit internationaler Bibliographie, V. Teil - stiftung-utz.de

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.

YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.

II. Der gerechte Krieg 169<br />

einen Angreifer gerechtfertigt ist. Der mittelalterliche Mensch konnte sich<br />

<strong>de</strong>mnach mit <strong>de</strong>m Argument beruhigen, daß die Verantwortung für die Gerechtigkeit<br />

<strong>de</strong>s Krieges beim Fürsten liege. Franciscus Suarez (f 1617) hat<br />

sich darum mit <strong>de</strong>r Frage befaßt, welche Gewißheit bezüglich <strong>de</strong>r Gerechtigkeit<br />

eines Krieges <strong>de</strong>r Fürst haben müsse, um die Entscheidung für <strong>de</strong>n Krieg<br />

verantworten zu können. 2<br />

Aber dadurch ist das Problem nicht gelöst. Wenn<br />

auch <strong>de</strong>r Fürst <strong>de</strong>r Gegenpartei, also <strong>de</strong>s Angreifers aus irgen<strong>de</strong>inem Grund<br />

auf seiner Interpretation <strong>de</strong>r Gerechtigkeit besteht, ist <strong>de</strong>r ewige Krieg zementiert.<br />

Die mittelalterliche Theorie <strong>de</strong>s gerechten Krieges (bellum<br />

iustum) 3 , von dieser Konstellation <strong>de</strong>r bei<strong>de</strong>rseitigen Berufung auf die Gerechtigkeit<br />

aus gesehen, kann also die Gerechtigkeitsfrage im konkreten Fall<br />

nicht lösen. Auch wenn man mit <strong>de</strong>n mittelalterlichen Theologen annimmt,<br />

daß die Frage <strong>de</strong>s gerechten Krieges auf <strong>de</strong>n Fall <strong>de</strong>r Verteidigung gegen<br />

einen Überfall zugeschnitten war, in welchem die Gerechtigkeit <strong>de</strong>s Verteidigers<br />

im Hinblick auf das naturrechtlich begrün<strong>de</strong>te Staatsnotstandsrecht feststand,<br />

hing die Verwirklichung <strong>de</strong>r Gerechtigkeitsi<strong>de</strong>e doch vom Ausgang<br />

<strong>de</strong>r Notwehrhandlung ab. Die Theologen waren sich darin einig, daß eine<br />

n<strong>utz</strong>lose Verteidigung nicht zu verantworten sei, so daß nur die Verhandlung<br />

über die Bedingungen <strong>de</strong>r Kapitulation übrigbleibe. Um <strong>de</strong>r Gerechtigkeit<br />

näherzukommen, hätte man eine über <strong>de</strong>n Fürsten stehen<strong>de</strong> Frie<strong>de</strong>nsinstanz<br />

fin<strong>de</strong>n müssen. Diese ist auch <strong>de</strong>swegen notwendig, weil die Begriffe Verteidigung<br />

und Angriff konkret oft schwer zu bestimmen sind. 4<br />

Im <strong>Mit</strong>telalter<br />

dachte man bei rechtlichen Auseinan<strong>de</strong>rsetzungen von zwei Staaten an die<br />

Kompetenz <strong>de</strong>s Papstes. Zu verweisen ist hierbei auf die Gebietszuteilung an<br />

die bei<strong>de</strong>n Kolonialmächte Spanien und Portugal (Demarkationslinie, 1493).<br />

In neuester Zeit versuchte man in <strong>de</strong>r UNO eine solche übernationale Instanz<br />

zu orten. Doch präsentiert sich diese noch nicht als real übergeordnet, so lang<br />

es einigen privilegierten Nationen gelingt, mit ihrem Vetorecht ihre eigenen<br />

politischen Intentionen durchzusetzen. Wenn die UNO sich zu einem übergeordneten,<br />

partnerschaftlich gewählten Frie<strong>de</strong>nsorgan entwickeln wür<strong>de</strong>, wäre<br />

immerhin auf positiv-rechtlicher, also Kontraktebene, die entschei<strong>de</strong>n<strong>de</strong><br />

naturrechtliche For<strong>de</strong>rung annähernd erfüllt, daß nämlich eine über <strong>de</strong>m<br />

Kriegsgeschehen stehen<strong>de</strong> Autorität für die Gerechtigkeit bürgt, in<strong>de</strong>m sie<br />

über die nötigen <strong>Mit</strong>tel verfügt, <strong>de</strong>n Frie<strong>de</strong>nsbrecher zu bestrafen. Gewiß<br />

2<br />

De bello, disp. XIII. s. VI. § 2, in Tract. III von: De Fi<strong>de</strong>, Spe et Caritate.<br />

3<br />

Zur geschichtlichen Entwicklung <strong>de</strong>s Begriffes bellum iustum vgl. die gute Analyse von Margit<br />

Hintersteininger, Der Kosowo-Konflikt und die Renaissance <strong>de</strong>r Bellum iustum-Doktrin, in:<br />

Wiener Blätter zur Frie<strong>de</strong>nsforschung 99, Wien, Juni/1999, 24-41 (mit reichhaltigen Literaturhinweisen);<br />

sowie: Heribert Franz Köck, Rechtliche und politische Aspekte <strong>de</strong>r NATO-Aktion<br />

im Kosowo, a.a.O. 17-23.<br />

4<br />

Der durch die Nationalsozialisten hervorgerufene zweite Weltkrieg wur<strong>de</strong> von <strong>de</strong>n Deutschen<br />

zunächst als Verteidigung gegen die grausamen Bestimmungen <strong>de</strong>s Versailler Vertrags interpretiert.

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!